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Dresdner Journal : 10.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961010
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961010
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-10
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 10.10.1896
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Nichtamtlicher Teil. „Tas Gefühl der Waffeubrüderschast" besteht nach den gestrigen Worten des Kaisers Nikolaus zwischen der russischen und französischen Armee. „Ruß land und Frankreich sind miteinander verschmolzen; ihre Armeen und ihre Diplomatien vereinigen sich" — so versichert das offiziöse Organ der französischen Regierung In den vollsten Akkorden klingt also die Melodie aus, die seit einigen Tagen von Paris zu der übrigen „bewundernden" Welt herübertönte. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß der Schlußeffekt der französischen Russenfeste, der in den gestrigen Worten des Zaren zu erblicken ist, die Tebat e darüber, ob ein Allianzvertrag zwischen Ruß land und Frankreich vorliege, zu einer noch müßigeren Sache macht, als sie es schon bisher war. Denn wenn auch die Zarenworte nicht eine neue Situation in dem Sinne schaffe», daß man erst nach ihnen von den bestehenden engen Beziehungen zwischen Frank reich und Rußland sich für überzeugt hallen müßte, da alle verständigen Politiker, wie schon zum Über- drusse oft ausgeführt worden ist, längst mit diesen Beziehungen als mit einer feststehenden That fache gerechnet haben, fo bezeichnet doch der Kaiserliche Trinkspruch ein so weites Entgegenkommen den fran zösischen Neigungen gegenüber, daß es eine ganz gleichgiltige Thatsache ist, ob ein Vertrag zwischen den beiden Freunden unterzeichnet worden ist oder nicht. Die Pläne, die Rußland mit Hilfe des fran zösischen Geldes und der französischen Diplomatie auszuführen gedenkt, mußten es von vornherein als ganz selbstverständlich erscheinen lassen, daß den Fran zosen aus dem Kaiserlichen Munde weitgehende Liebenswürdigkeiten gesagt werden würden. Es kann sogar als völlig erklärlich bezeichnet werden, daß für Rußland gar keine Veranlasfung vorlag, ausdrücklich gegen die deutlich zum Ausdruck gelangte Auffassung der Franzosen zu protestieren, als ob die Allianz dazu bestimmt sei, die französischen Rachepläne gegen Deutschland zu fördern. Aber nur wenige hatten wohl eine ausdrückliche Betonung der „Waffenbrüder schaft" durch den Zaren erwartet. Denn ein Frank reich, das der russischen Waffenbrüderschaft sicher ist, oder sich nur sicher hält, ist eine eminente Gefahr für den Weltfrieden. Darüber darf man sich nicht täusche». Und mag mau auch in Rußland im Geiste diese Waffenbrüderschaft nur auf den Fall der De fensive beziehen, — für französische Gemüter existiert diese Einschränkung jedenfalls nicht und sie ist ja auch thatsüchtich in den Worten des Zaren nicht zu finden. Die angebliche Förderung des Friedens, die das Ergebnis des Zarenbesuchs in Paris sein sollte, wird sich daher möglicherweise sehr bald als ein Phantom herausstellen Wir Deutsche haben jedenfalls nicht den geringsten Grund, nach den Tagen von Paris auch nur einen einzigen unserer Soldaten als unnötig »ach Hause zu schicken. — DieMitteilungder„Kvln.Ztg."in der Sansibar angelegenheit hat die Londoner Presse natürlich von neuem in Harnisch gebracht. So schreibt z. B. die „Pall Mall Gazette": „Goethe sagt irgendwo, jeder sei gut, der in voller Über einstimmung mit seinem Charakter handele, sei der nun gut oder böse. Wenn man dies Kriterium des deutschen Dichters ans die deutsche Presse anwendel, so muß man ihr jüngstes Betragen mit der Bewunderung hinnehmen, die ihm als der Krönung deS in der Vergangenheit begonnenen Werkes gebührt. Die deutsch.' Presse hat gegen das rnglische Protektorat über Sansibar in der Vergangenheit gelogen und intriguiert und sie setzt daS Lügen und Jmri- guiercn mit wachsender Energie sort. Der Bericht, den die „Köln. Ztg." über die Vorgänge anläßlich des Aus standes nod dec Nicderwcrsung Said Khalids und des Bom bardements des Palastes veröffentlicht, ist ein Gewebe von Falschheit von Ansang bis zum Schluß -- mehr brauchen wir über seinen Inhalt nicht zu sagen. (!) Gleichwohl ist es ein nützliches Dokument und »wr sind sroh, daß es zum Vorschein kam. Es w.rd dazu dienen, dem britischen Publikum deutlich vor das Auge zu sührcn, wie Deutschland aus uns blickt und wie die bona Käe8 beschaffen ist, mit der man drüben den Vertrag zu halten gesonnen ist, der unS Helgoland gekostet hat. Wenn wir richtig unterrichtet sind, wird es in ab sehbarer Zeit sich als nötig erweisen, unseren deut schen Freunden in Bezug aus Sansibar einen Denk zettel zu geben, den sie sicher nicht vergessen werden." entkam, längst in der Hölle, als er plötzlich in der Rolle eines Hofnarren an der Seite des Königs wieder vor ihr erscheint. Die Bauern erkennen den Schlingel und wollen ihm nachträglich den Garaus machen. Da verkriecht sich Tibor in einen ausgetrockneten Brunnen, und als Jrmula in Verzweiflung darüber, daß ihr Liebster ihr nun zum zweiten Male entrissen sei, sich in denselben Brunnen stürzen will, führt dieser Teil der Fabel schnell zum fröhlichen Ende Der Roman des Königs besteht darin, daß er in dem Dörfchen von den Herrschersorgen auSruhen und vergessen will, daß er in der Prinzessin von Neapel ein ungeliebtes Weib heiraten soll Die Prinzessin hat aber, um das Herz ihres künftigen Gemahls kennen zu lernen, den Plan gefaßt, ihm in der Tracht einer Bäuerin zu nahen. Der König erklärt ihr seine Liebe, der er aber entsagen zu müßen glaubt, bis sich alles in gutem Sinne aufklärt. Dazwischen liegen noch eine Reihe drolliger Ueberrasch- ungen Der von niemandem erkannte König soll einen Pußtenrichter ernennen und wählt sich selbst. Als ihm das von den Bauern verdacht wird und sie gegen ihn zu Felde ziehen, treibt er sie mit dem Dreschflegel zu Paaren. Zum Schluß Apotheose des ungarischen Königtums. Niemand kann dem Werk große Erfindung nachsagen. Aber es ist einschmeichelnd vom ersten bis zum letzten Wort durch den romantischen Stoff, durch den glatten Fluß der Verse, durch den gesunden Humor, der drollige Situationen zu schaffen und sie mit wirksamen Witzen zu krönen weiß, endlich durch das echte Bühnentemperament, das ein Ganzes aus einem Guß schafft. 88 In der Schulteschen Herbstausstellung in Berlin befinden sich mehrere neue Gemälde hervorragender Maler. So von Arnold Böcklin neben einem älteren „Adam und Gottvater" eine ParavieSlandschaft, die von großer Schönheit ist. Ihr Himmel, ihre Vegetation, ihr hlumigcS Erdreich, alles leuchtet in einer wunderbaren klaren Helligkeit und milden farbigen Glut Diese« warme Leuchten des Tons bei hellster Stimmung, die bei anderen Malern so leicht in« Kreidige verfällt, ist ebenfalls ein Hauptvorzug des andern Böcklinschen Bilde» „Frühling»- Auch fonst sind die Blätter unserer lieben Vettern und ihre auswärtigen Mitarbeiter eifrig bemüht, die Pariser Vorgänge mit hämischer Schadenfreude als eine» Echec Deutschlands darzustellen. In den unehr- erbiengsten Wendungen gegen den Deutschen Kaiser auf Kosin des Zaren ergeht sich besonders der Wiener Berichterstatter der „T:meS", ein Hr. Lavisio, dessen eigentlicher Name etwas weniger italienisch nämlich Levy lautet. Tagesgeschichte. Dresden, 10. Oktober. Der Kaiser!, und Königl. Österreichisch Ungarische Gesandte und bevollmächtigte Minister Graf Lützow hat einen mehrwöchigen Urlaub angetretcu Während dieser Zeit ist die Leitung der Kaiser!, und Königl. Gesandtschaft dem Lcgatious- sekretär Grafen Kinsky übertragen. Deutsche» Reich. Berlin. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin gedenken heute abend nach dem Neuen Palais zurückzukehren. — Die „Kölnische Zeitung" läßt sich aus St Peters burg melden: „In den letzten Tagen wird hier vielfach die Frage erörtert, ob und wann Präsident Faure als Vertreter der französischen Republik in St. Petersburg einen Gegenbesuch machen würde. Ich höre nun, daß hier einem Gegenbesuche des Hrn Faure überhaupt nicht entgegengesehen wird und bereits bei den bekanntlich sehr eingehenden und ziemlich langwierigen Vorverhand lungen zum jetzigen Pariser Zarenbesuch soll davon end- giltig Abstand genommen worden sein, wenn da« auch sehr gegen die Hoffnungen und Wünsche des hiesigen französischen Botschafters, Grafen Montebello, geschehen fei. (ES erscheint diese Nachricht zum mindesten sehr srag- jich und eS hat wenig Zweck, daß solche Meldungen gerade von deutscher Seite verbreitet werden D Ned.) Für den Gegenbesuch des Kaisers Franz Joseph glaubt man jetzt schon den Monat Mai künftigen Jahres als den be reits in Wien gleich beim Besuch des Kaisers von Rußland vereinbarten Zeitpunkt angeben zu können. Kaiser Wilhelm, heißt es, würde mit seiner Gemahlin wahr scheinlich zu ungefähr derselben Zeit als Gast des russischen Kaiserpaares an der Newa weilen. — Der bereits seit einem Jahre krankheitshalber be urlaubte Legationssekretär in Belgrad Legationsrat vom Rath ist der „Nordd. Allg Ztg" zufolge zur Disposition gestellt und der Posten des Legationssekretärs dem Frhrn. Speck v. Sternburg übertragen worden Zum Sekretär an der Gesandtschaft in Buenos Aires ist der bisherige Legationssekretär in Tanger Frhr. v. d Bussche- Hadden Hausen ernannt, der zum Nachfolger den bis herigen Sekretär bei der Gesandtschaft in Teheran, Erb grafen zu Castell-Rüdenhaufen, erhalten hat. Die Legationssekretärstelle in Teheran ist dem bisherigen dritten Sekretär bei der Botschaft in St. Petersburg, Frhrn. v. Bodmann übertragen und dieser in St. Petersburg durch den bisher kommissarisch in Belgrad beschäftigten Legationssekretär Frhrn. v. Ritter zu Grün st ein ersetzt worden. — Über die bevorstchenoe Tagung des preußischen Landtages wissen die „Berl. Pol. Nachr." zu melden: Daß der Landtag im November berufen werden wird, ist sicher. Auch dürfte die Meldung zutreffen, daß die Er öffnung am 20. November stattfinden wird Wegen des auf den 18. November fallenden Bußtages konnte ein früherer Termin nicht wohl gewählt werden. Die Vorlage wegen der Konvertierung der vierprozentigen Konsols wird dem Landtage gleichzeitig mit dem bezüglichen Vor gehen im Reiche ajsbald zugehen Mit der Konvertierungs vorlage wird dem Landtage der Entwurf eines Finanz- pesetzes (Schulventilgung und Ausgleichssonds) zugehen. Ebenso natürlich die Vorlage wegen Verstaatlichung der hessischen Ludwigsbahn, welche allein schon für die Berufung des Landtages im November entscheidend ins Gewicht gefallen märe Das Ministerium des Innern wird gleichfalls mit einigen Vorlagen, namentlich der Landgemeinde- und Städteordnung für Hessen- Nassau, auf dem Plane sein. Das Lehrerbesoldungs gesetz bietet bekanntlich ernste Schwierigkeiten, weil e« darauf ankommt, zwischen dem namentlich von den Ver tretern der Großstädte eingenommenen Standpunkte des Herrenhauses und dem davon sehr abweichenden Stand punkte der Mehrheit des Abgeordnetenhauses einen Ver einigungspunkt zu finden. Inzwischen sind die Verhand lungen zwischen dem Kultus- und Finanzministerium so weit gediehen, daß auf einen sehr baldigen befriedigenden Abschluß und die dcmnächstige Vorlage des Entwurfs an das Staatsministerium gerechnet werden darf. Auch diese Vorlage wird daher dem Landtage alsbald unterbreitet Hymne". Drei jugendlich weibliche Gestalten, die eine in fast völliger Nacktheit, die andern beiden in lichtfarbigen Jdealgewändern bilden eine Gruppe nach dem Muster der „drei Grazien" inmitten einer Frühlingslandschaft mit weißen „Schäfchenwölkchen" am blauen Himmel und mit von srifchcm Grün bedeckten Boden, dem bunte Tulpen und andre Blumen in Mafien entsprießen Ein Schwarm von rosigen Amoretten oder Frühlingsgenicn durchschwirrt lustig die sonnige Luft. Von Alma-Tadema ist eben falls ein Meisterwerk ausgestellt, „Das Kolosseum". Als Motto sind in die breite Fläche des vergoldeten Sockels des Bildes die Zeilen aus Lord Byrons Childe Harold cingraviert: tbers tks Lux?, ob eazer vations ran in murmur'ck or Iouäloar'6 applause " Hinter den weißen Marmorzinnen auf dem Dach des hohen Turmes eines römischen Hauses zur Kaiserzeit, das durch eine breite Zwischcn- strahe von dem Riesenbau des Kolosseums getrennt ist, sieht man zwei junge römische Damen und ein kleines Mädchen mit vollem rötlichem Lockenhaar, die eifrig auf das VolkSgewimmel und die festlichen Veranstaltungen in der Straße da unten hinabblicken Man scheint die An kunft des Kaisers und seinen Einzug in den Flavischen Zirkus zu erwarten, in welchem große Kampfspiele statt- sinden sollen. Zahlreiche Sänften werden herangetragen, in denen vornehme Besucher und Besucherinnen ruhen mögen. Liktoren, in langen Reihen aufgestellt, bilden Spalier für den erwarteten Kaiserlichen Zug bis zum Eingang des ungeheuren Gebäude«, über dessen ganzes Rund da« Sonnendach ausgespannt ist, und in dessen Bogennischen ein Heer von Marmorstatuen steht Die Gestalten da unten auf der Straße erscheinen winzig klein von der Höhe diese« Turme« oder Söllers herab gesehen. Aber auch in dieser Winzigkeit sind sie lebendig gezeichnet und wahr in den Bewegungen. Die Gruppe oben, au« der die eine, die blonde, junge Dame ganz im Vorder grund, auf dem Kissen kniet, da« aus die Marmorbank hinter den Zinnen gelegt ist, und das anmutige Haupt tief hinabsenkt, um zu schauen, was da unten am Fuß des Hause« vorgeht, ist mit jener Vollendung gezeichnet, malerisch durchgeführt und in Tönen von größter Feinheit ge stimmt, wie man e« auf den Bildern Alma Tadema« gewohnt weiden. Dagegen soll die Vorlage wegen der Erhöhung der Beamtenbesoldungen zugleich mit dem Staats haushaltsplan eingebracht werden. Damit aber Zeit für die Einverleibung der Gehaltserhöhungen in den Etat bleibt, wird dieser früher al« sonst, wenn auch wahrschein lich erst nach Neujahr, so doch so früh im Januar, wie möglich, vorgelegt werden Jedenfalls wird die Session des Landtages an Zahl und Bedeutung der Aufgaben hinter der de« Reichstag« nicht zurückstehen — Konferenzen über Kornsilo« veranstalten jetzt die preußischen Lberpräsidenten auf Veranlassung des Land- wirtschaftsminister» in den östUchen Provinzen unter Zu ziehung de« Vorstände« der Landwirtschastskammern, von Vertretern der Provinzialbehörden, sowie von Vertretern der Eisenbahnbehörden Diese Konferenzen sollen ihre Meinung darüber abgeben, ob die Silos in den größeren Städten der Provinz sür sich allein, oder aber als Zentralisationspunkte sür die einzelnen Kreise zu errichten seien — Über die Aussichten der Lebensversicherung in Deutschland schreibt die „VC": Die deutschen LebensversicherungSgesellschasten, deren Zahl jetzt 42 be trägt, haben sich in den letzten Jahren einer beispiellosen Entwickelung zu erfreuen gehabt. Im Jahre 1895 sind wiederum 134 725 Versicherungen auf ein Kapital von rund 500 Millionen Mark neu abgeschlossen worden, während noch im Jahre 1890 die neuen Abschlüsse nur 105 513 mit 372 Millionen Mark Versicherungssumme erreichten Diese Erfolge sind natürlich nicht ohne die härteste und aufreibendste Arbeit seitens der leitenden und wirkenden Organe der Gesellschaften erzielt worden, und cs taucht wohl hier und da die Frage auf, ob nicht dieser unausgesetzte Fortschritt endlich einmal an seiner Grenze angelangt sein und das Sparbedürsnis des Volkes, soweit es in der Lebensversicherung zum Ausdruck kommt, völlige Befriedigung gefunden haben wird. Diese Frage ist um so wichtiger, als das Nachlassen in der Anwerbung von Versicherungen auch die finanzielle Situation der meisten Gesellschaften sehr nachhaltig beeinflussen würde. Einen ge wissen Anhalt, welcher Ausdehnung das Lebens versicherungsgeschäft in Deutschland etwa noch fähig ist, bieten die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der Berufszählung vom 14. Juni 1895 und der Ver gleich der Zahl der gegenwärtig bei deutschen Gefell- schaften versicherten Perfonen zur Zahl der versicherunqs- möglichen ergiebt ein ganz überraschendes Resultat. Die Zahl der bei den deutschen Gesellschaften versicherten Po licen betrug Ende 1895 rund 1460000. Wird an genommen, daß jeder selbständige Handel- und Gewerbe treibende, sowie die besser gestellten Privatbeamten, ferner ein Teil der Staats- und Gemeindebeamten der Lebens versicherung zugänglich sind, so weist die neueste Be rufszählung ein fast noch unbegrenztes Geschäfts gebiet für die Lebensversicherung nach, denn allein im Handel und Gewerbe wurden 2 600000 selbständige Gcwerbtreibende und Geschäftsleiter und 520000 technisch oder kaufmännisch gebildetes Bureaupersonal gezählt, in der Landwirtschaft 2 576 000 selbständige Gewcrbtrcibende und 96173 Wirtschaftsbeamte, ferner in Hof-, Staats- und Gemeindedienftcn 1 426 169 Erwerbsthätige. Die Zahl der Personen, welche in Deutschland überhaupt ver sicherungsfähig sind, kann sonach gut auf 6 Mill, ver anschlagt werden, und dieser Zahl gegenüber steht der wirklich erreichte Versicherungsbestand von 1 '/, Mill. Per sonen weit zurück. Freilich ist nicht zu verkennen, daß die besten und am leichtesten zu gewinnenden Volksklafien der Versicherung meist schon zugeführt sind Die Angehörigen des Handels- und Gewerbestandes sind meist versichert, ebenso zahlreiche Mitglieder des Beamtenstandes. Gegen wärtig wird es sich darum handeln, bei der Landwirt schaft mehr und mehr Eingang zu gewinnen, sür welche die Lebensversicherung bei den heutigen Erwerbs- und Krcditverhältnifien kaum noch entbehrlich erscheint. — Die „Nationalzeitung" zieht die Konsequenzen aus der ihr von der nationalltberalen Partei erteilten Zensur, welche dahin ging, daß die Zeitung als Partei organ nicht mehr anzusehen sei. Denn das Blatt rät heute den Nation al liberalen, bei der bevorstehenden Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise West Havelland sofort im ersten Wahlgang Mann für Mann dem freisinnigen Kandidaten die Stimme zu geben. „Es fällt dafür ins Gewicht: die Unannehmbarkeit des agrarifch-reaktionären Bewerber-; die Thatsache, daß die Freisinnigen dort 1893 dem Nationalliberalen zum Siege verholfen haben; die Notwendigkeit nachdrücklicher Be kämpfung der Sozialdemokratie, welche in diesem Wahl kreise jetzt freisinnigerseits in der That erfolgt; endlich die Rücksicht darauf, nicht einen der wenigen Reichstagswahl kreise, welche in den östlichen preußischen Provinzen sich noch der Konservativen erwehrt haben, ihnen in die Hände fallen zu lassen." — Selbst die „Freis. Ztg " fügt dieser Aufforderung der „Nationalztg " die Frage hinzu: Wie weit werden diese Ausführungen von der Partei geteilt? ist. Ob alles auf dem Bilde wirklich so archäologisch richtig dargestellt ist, wie es den Anschein hat, ist für seine künstlerische Bedeutung sehr gleichgiltig. Aber man kommt gar nicht zum Zweifel daran, so überzeugend ist das Ganze und jede Einzelheit gegeben Es ist, als hätte der Maler hellseherisch jene untergegangene Welt, ihre Menschen und Sitten geschaut und so geschildert — Gabriel Max ist in seinem Bilde „Der Segen des Weinbergs" farbiger als in anderen Gemälden der letzten Jahre. Er wollte keine „Muttergottes" mit dem JesuSknaben malen, wofür manche Beschauer die Gruppe zu halten scheinen, sondern ein junges anmutiges Weib (dessen ideale Tracht freilich leicht zu jener Täuschung verleitet), da« seinen kleinen Buben auf den Armen emporhält, und sich am Anblick des nackten Liebling« weidet, zu dem sie mit glänzenden fröhlichen Augen hinausschaut. Er trägt eine große Weintraube in den Händen; aber sein Gesicht hat einen Ausdruck von trübem Ernst, der wenig zu der Freudigkeit der jungen Mutter stimmen will. Der Farben klang de« ganzen Bilde« erinnert in seiner klaren milden Harmonie, feinem blassen Blau, Weiß und Himbeerrot an den in einzelnen Madonnen- und anderen Bildern Mu rillos durchgeführten. * De Züricher Kunstgesellschast versendet folgende Mitteilung: Im Künstlerhau« Zürich wird demnächst das im Besitze des Hrn. Badrutt in St. Moritz befindliche vielbesprochene Bilv „^«oomptionv äslla Äackonna", das eine auffallende Ähnlichkeit mit der sixtinischen Madonna hat, ausgestellt. Das Werk ist der Gegenstand einer Streitfrage. Hr Badrutt glaubt den Nachweis leisten zu können, daß seine Madonna das Original Raffaels, daß aber die sixtinische Madonna zu Dresden nur eine Kopie de« Ferrareser Maler« Gerolamo da Carpi fei. Hr. Badrutt verlangt nun, daß die Frage der Echt heit durch eine Gegenüberstellung der beiden Bilder ent schieden werde, und begiebt sich jetzt mit seinem Bilde nach Deutschland. Auf der Durchreise wird das Werk auch im Künstlerhau« in Zürich ausgestellt werden. * Die Verlagsbuchhandlung F. A Brockhaus in ES wäre in der That auch zu lächerlich, wenn die Nationalliberalen e» für angebracht halten sollten, Herrn Richter und seiner dahinschwindenden Partei Vorspann dienste zu leisten! — Gegen die gestern von uns mitgeteilte Auslastung der „Confervativen Correspondenz" über den Antrag Kanitz wendet sich heute die „Deutsche Tageszeitung", da» Organ des Bundes der Landwirte, in einer längeren Ausführung, in der e» u. a. heißt: . E» ist ganz richtig, daß die großrn wirtschaftlichen Gruppen, Handwerkerbund, Bund der Landwirte u. a, zur Zeit noch darauf angewiesen sind, ihre Wünsche und Anträge an die Volksvertretungen durch die politifchenParteien zur Geltung bringen zu lasten. Damit wird jeder ver nünftige Politiker rechnen müssen. E» wäre somit aus gemachte Narrheit, wenn jene wirtschaftlichen Verbände die politischen Parteien bekämpfen oder nicht unterstützen wollten, die bisher sich als kraftvolle Vertreter ihrer Forder ungen erwiesen haben. Daß freilich die Berufsorganisationen, wie die „Cons. Corr." zu sagen beliebt, ohne den Hinterhalt, den ihnen eine große politifche Partei bietet, ohnmächtig seien, ist nur zum ganz geringen Teile ernst zu nehmen So bald die großen Berufsorganisationen von den gegenwärti gen politischen Parteien ganz im Stiche gelassen würden, würden sie bald Mittel und Wege finden, ihre Interessen auch in den Parlamenten sei bst zu ver treten. Aber dazu sind sie vorläufig noch nicht gezwungen. Die politischen Parteien wissen viel zu gut, daß sie mit ihrem rein politischen Programm keine Wahlgeschäfte mehr niachen können Sie rechnen mit den Berufsorganisationen, und diese werden dafür sorgen, daß sie weiter mit ihnen rechnen werden." — Überall wird es freudig begrüßt, daß die gegen wärtige günstige Geschäftskonjunktur ungeschwächt anhält und fortdauernd noch besser wird. Die rheinisch westfälische Industrie weist heute eine produktive Thätig- keit aus, gegen welche diejenige der früheren Jahre weit zurückbleibt Während die Eisenwerke mit ansehnlichen Aufträgen für längere Zeit hinaus versehen sind, nimmt die Produktion der Bergwerke infolge der starken Nach frage fortwährend bedeutend zu. Als unliebsame Folge dieses erfreulichen Ereignisses macht sich jedoch schon seit einiger Zeit ein empfindlicher Arbeitermangel auf den meisten Werken der niederrheinisch - westfälischen Industrie bemerkbar, der ihren geregelten Betrieb stark beeinträchtigt. Aber nicht allein aus den größeren Werken, sondern auch, was sonst wohl weniger der Fall ist, bei den Hand werkern und den kleinen Betrieben ist diese Kalamität eingetreten. Sowohl Schlosser, Schreiner, Maurer und Anstreicher als auch Erdarbeiter werden in den Städten stark gesucht. Ebenso hat sich die Nachfrage nach Dienstboten, die früher schon eine große war, in letzter Zeit erheblich gesteigert. Obgleich die Löhne saft in allen Gewerbezweigen gestiegen sind, hält es doch schwer, Arbeiter zu bekommen, sodaß die Arbeitgeber gezwungen sind, ihre Arbeitskräfte aus anderen Gegenden herüberzu holen. Nicht in demselben Maße wie in den Provinzen macht sich der Arbeitermangel in den großen Städten be merkbar. Hier war der Überschuß an Arbeitskräften, hervorgerufen durch die Anziehungskraft und die Lockmittel großstädtischen Lebens, zeitweise nicht ganz unbedeutend. Heute liegen die Dinge so, daß jeder, der arbeiten will, auch in den Städten mit dem denkbar größten Proletariat lohnende Arbeit findet. Für die Behauptung der Sozialdemokratie, daß sich das An gebot an Arbeitskräften fortwährend ganz bedeutend ver mehre, und daß im Laufe der Zeit die kapitalistischen Werkzeugs- und Dampfmaschinen eine ganze Armee von Arbeitslosen, die sogenannte Reservearmee, erzeugten, giebt cs wohl keinen besseren Gegenbeweis, als den heutigen Arbeitermangel. — Das Ergebnis der hessischen Landtagswahlen läßt sich nun einigermaßen klar übersehen Die hessische Kammer hat 50 Mitglieder, von denen bisher 32 national- liberal, 6 freisinnig, 5 Zentrumsleute, 4 Sozialdemokraten und 3 Antisemiten waren. Die Nationallibcralen werden voraussichtlich 3 Mandate verlieren, also die Mehrheit behalten Von diesen drei Mandaten verlieren sie eins an die Sozialdemokraten, zwei an die Antisemiten Österreich-Ungarn. Wien. Das Abgeordnetenhaus überwies in seiner gestrigen Sitzung das Budget dem Budgetausschufie. Menger erklärte, die Linke erblicke in der Zuweisung kein Präjudiz für ihre politische Haltung, um so mehr, als die Interpellation über den Salzburger Katholikentag unbefriedigend beantwortet worden sei. — In der gestrigen Konferenz der Klub-Ob männer, bei welcher auch die Minister Graf Badeni, v. Bilinski, Frhr v. Gaubach und Graf GleiSpach zu gegen waren, wurde der Vorschlag v. Chlumeckys an genommen, für die Dauer der Budgetberatungen des Budgetausschustes wöchentlich höchstens drei Plenarsitzungen Leipzig hat mit Nansen einen Kontrakt abgeschlossen, be treffend die Ausgabe des Werke» über seine Polarreise, und zwar für Deutschland, Oesterreich und Ungarn Geographie. An neuen Polarprojekten ist jetzt kein Mangel. Es scheint, daß der Ruhm Nansens manchen ehrgeizigen Mann nicht schlafen läßt. Die neueste Idee zur Erreichung des Nordpols kann zweifellos den Preis der Originalität in Anspiuch nehmen Ein Franzose mit Namen Pence will nämlich den Nordpol mit einem unterseeischen Boot erreichen, d. h, er will eigentlich nicht, er giebt nur die Idee und hofft, daß sich ein Mutiger findet, welcher sie ausführen wird. Vorläufig hat sich noch niemand gemeldet. Die Idee ist im Kopfe ihres Urhebers ohne Zweifel infolge der Meldung Nansens entstanden, daß in den höchsten Breiten ein verhältnis mäßig tiefe» Meer aufgefunden worden sei. AuS diesem Faktum und aus der Thatsache, daß das Polarmeer nicht in seiner ganzen Länge und Breite von Eis bedeckt ist, sondern hie und da offene Stellen besitzt, schließt Pence, daß für ein submarines Boot dort die Möglichkeit eines Fortkommens gegeben sein müßte Die freien Stellen des Polarmeeres würden dem Boot gestatten, oft an die Ober fläche zu steigen, damit seine Besatzung Beobachtungen machen und frische Luft einnehmen könnte. Dies wird so beiläufig erwähnt, als ob die frische Luft nur ein neben sächliche« Bedürfnis für eine solche Expedition sein würde. Pence schlägt ferner vor, elektrische Scheinwerfer an zuwenden, um mit diesen nach den Klippen und unter meerischen Inseln auszuspähen. Daß das Boot, um eine Anwendung solcher Scheinwerfer zu gestattcn, zu einem guten Teile aus Gla« gebaut sein müßte, scheint dem Schöpfer dieser genialen Idee ebenfalls nicht eingefallen zu sein. Auch die Lenkung de« Schiffe» würde keinen geringen Schwierigkeiten begegnen, da wir über die Abweichung der Kompaßnadel in jenen Gebieten so gut wie gar nicht» wissen. Freilich ist Pence vorsichtig genug zuzugeben, daß in dem Bau und in der Ausrüstung de» submarinen Boote» noch einige Fortschritte gemacht sem müßten, ehe man an die Ausführung diese» Projekt» denken könnte Alle» in allem hat e» wohl noch keinen so merkwürdigen Plan in
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