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ft 3 ERLÄUTERUNGEN r* *2 Paul Sdieinpflug. Ouvertüre zu einem Lustspiel von Shakespeare {Werk 15.) Paul Scheinpflug (geb. 1875 zu Loschwitz, am Dresdner Konservatorium ausgebildet) gibt in dieser Ouvertüre nicht eine Einleitung zu einem be stimmten Lustspiel von Shakespeare, sondern gewissermaßen das tönende Abbild des Shakespeareschen Lustspieitypus an sich, mit seinen munteren und sentimentalen Frauengestalten, seinen drastisch steifen Pedanten, seiner farbigen Volkstümlichkeit. Ein drollig erst tonleitermäßig ansteigendes, dann springendes Fagottmotiv bildet das Hauptthema, dem kichernde Tanz rhythmen der Holzbläser antworten. Als Gegensatz entfaltet ein Gesangs thema der Klarinette warme schwärmerische Innigkeit, der freilich bald wieder die launigen Tanzrhythmen das Wort entziehen. Im Mittelteil ergreift eine ganz schlichte Tonweise des Englischhorns die Führung, ein Tanz aus dem sogenannten Fitzwilliam Virginal-Book, einer dereinst für die Königin Elisabeth um 1600 zusammengestellten Sammlung englischer Klavierstücke. Die ruhige Beschaulichkeit dieser historischen Melodie wird freilich schnell in das fröhliche Getümmel der Hauptthemen hineingezogen, das mit einem pathetisch - grotesken Tanzmotiv der Trompeten seinen Höhepunkt erreicht. Die kichernde Holzbläser-Fröhlichkeit leitet zur Wiederholung des Themen teils über, der die fröhliche Stimmung mit allen angedeuteten Abstufungen und Gegensätzen noch einmal voN und laut sieh austönen läßt. — h — Anton Dvoräk. Fünfte Sinfonie „Aus der neuen Welt“. Die Sinfonie stammt aus der Zeit, da der tschechische Tonmeister Direktor des Konservatoriums in New-York war. Ohne eigentlich „Programm musik“ zu sein, prägt sie doch sehr deutlich die Eindrücke der Verhältnisse aus, unter denen sie entstand. Sie verwendet einige aus der Volksmusik der Neger und Indianer stammende Themen. Der erste Satz (Adagio 4 / 8 E - Moll) beginnt mit einer versonnenen, zu kühnem Aufschwung sich steigernden langsamen Einleitung. Schwungvoll rauscht auch der Beginn des Hauptsatzes auf, bis eine in engem Zirkelkreis sich drehende komische exotische G-Moll-Tanzmelodie als erster „amerika nischer“ Gedanke die Führung an sich reißt. Ihren Ton führt etwas „zivili sierter“ das in der Soloflöte eintretende zweite G-Dur-Thema weiter. Humoristisch gekünstelte, oft auch recht lärmende Verarbeitung der Einzel elemente dieser amerikanischen Themen macht der Durchführungsteil aus. Die Reprise des Hauptsatzes mündet in eine Coda, die den Charakter einer glänzenden Apotheose trägt. Der zweite Satz (Largo, D-Dur </*) zerfällt in drei gegensätzliche Abschnitte: einen feierlich friedvollen, lieblichen Liedsatz, einen bewegteren, nach Moll gewendeten und in der Stimmung beschatteten Mittelteil und einen in ausgelassener Fröhlichkeit dahinhüpfenden Schlußteil, dessen Ende sich aber wieder auf den ersten Liedsatz besinnt und dadurch zu poesievoll ruhigem Abschluß kommt. Das Scherzo (Molto vivace, G-Dur 3 /<) setzt mit einem schrullen haft durchgeführten humoristischen Motiv ein. Eine gesangvolle, an den Anfang des Largos gemahnende E-Dur-Melodie vertritt das Trio, dessen Entfaltung aber alsbald wieder von dem humo ristischen Treiben unterbrochen wird. Das überraschend eintretende Haupt thema des ersten Satzes wirkt beruhigend: es folgt ein lieblicher tanzmäßiger C-Dur-Satz, gleichsam ein Erinnerungsblick aus der „Neuen Welt“ in die gemütliche böhmisch - österreichische Heimat, der den Eindruck bis zum Schluß beherrscht. Das Finale (Allegro con fuoco C - Moll, */<) stellt an die Spitze einen feurigen, kühn geschwungenen indianischen Kriegsgesang. Seine klang prächtige Entwicklung wird unterbrochen durch ein schmerzlich akzentuiertes, wehmutsvolles Klarinettenthema, dem sich dann ein dem Schlußteil des Scherzos ähnliches fröhliches Bild aus der alten Heimat anschließt. In der Durchführung streiten die Themen der „Neuen“ und der „Alten Welt“ um die Vorherrschaft, wobei auch das Liedchen des zweiten und das .Haupt thema des ersten Satzes abermals hereintönen. Die Reprise bringt die indianische Melodie abgedämpft, das wehmütige Klarinettenthema dagegen trostvoll nach Dur gewendet: die Rückkehr in die Heimat scheint nahe, und die Freude darüber läßt das Werk glanzvoll ausklingen. — h —