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Dresdner Journal : 26.09.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189609260
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960926
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-09
- Tag 1896-09-26
-
Monat
1896-09
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 26.09.1896
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ve»»»»»r«t« Kür Dresden vienellShrlUh d Marl »o Pf, b«, den Kaiser- lich deukitden Poftanstalten vicr'cl;ahrlich»Mart; anher- bald de« Deutfchen Reiche» Post- und Stempeljufchlaa Einzelne Nummern: tu Pi »rschetne«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend» Fernfpr -Aafchluh: NrlLKL Dresdner S Journal «nkaudlgung^,tztzh„n: Für den Raum eine,, -efpal- tenen Zeile kleiner «0 Pf Unter „Eingcsani-v - die Zeile St- Pf. Be> Tabellen- und Ziffernfatz enlfplechendrr Aufschlag. Herausgeber. Königliche Expedition de» Dresdner Journal- Dresden, Zwingerstr LV Fernspr -Anschluß: Nr I2SL. M22S. 189«. Sonnabend, den 26. September, abends. Bestellungen auf das „Dresdner Journal" für das nächste Vierteljahr werden zum Preise vou 2 M. 50 Pf. angenommen für Dre-de«: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), fir a»S- V-irt-.' bei den Postanstalten des betreffenden Orts zum Preise von 3 M. WE" Wir ersuchen unsere geehrten Post bezieher um rechtzeitige Erneuerung der Be stellungen bei den betreffenden Postämtern, da- - mit in der Zustellung der bezogenen Exemplare keine Unterbrechung eintritt. König!. Expedition des Dresdner Lonrnals. Amtlicher Teil. Dresden, 25. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem außerordentlichen Professor für Chirurgie an der Universität Leipzig und chirurgischen Oberarzt am dortigen Kinderkranken hause I)r. weck. Robert Hermann Tillmanns den Titel und Rang als „Medizinalrat" in der IV. Klasse der Hofrangordnung zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Postschaffner Kumm in Dresden das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Ernennuugcn, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zur Erledigung kommt: die Schulstelle zu Schmalbach b Roßwein. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen außer freier Wohnung und Honorar für Fortbildungs schule 1002.50 M. Bemerbungsgesuche sind bis 15. Oktober bei dem König!. BezirkSschulinspektor in Döbeln, Schulest Mushacke einzureichen Wieder zu besetzen ist die 4 ständige Lehrerstelle an der katholischen Siadlschule zu Ostritz Kollator: das König! Mini sterium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Das Ein kommen der Stelle beträgt: 1000 M. und 150 M. Logisgeld. Gesuche nebst den gesetzlichen Beilagen sind bis zum 30. Sep tember an den königl. Bezirksschulinspekivr, Schulrat Prof. Michael zu Zittau einzureichen; — zu besetzen: eine ständige Lehrerslelle in Niederhaßlau Kollator: der Gemcindervt daselbst. Einkommen: 1000 M Gehalt und freie Wohnung oder 150 M Wohnungsgeld Gesuche sind unler Beifügung sämtlicher Prüfung-- und Amtsführungszeugnisse bis zum 15 Oktober bei dem Gemeinderate in Niederhaßlau einzu reichen; eine ständige Lehrerslelle in Langenbernsdorf. Kollator: die obcrsle Schulbehörde. Einkommen: 1000 M. Ge halt, io> M unwiderrufliche, in die Alterszulagen nicht einzu rechnende persönliche Zulage und sreie Wohnung Gesuche sind unter Beifügung sämtlicher Prüsuugs- und Amtssührungszeug niste bis zum 15. Oktober bei dem Königl. Bezirksschulinspektor, Schulrat Lohse in Zwickau einzureichen Nichtamtlicher Teil. Die italienisch-russische Annäherung. Aus Rom wird uns geschrieben: Die Anzeichen für die erfreuliche Thatfache, daß in den italienisch-russischen Beziehungen eine entichie- dene Wendung zum Besseren eingetreten ist, mehren sich immer mehr und in hiesigen diplomatischen Kreisen geht man sogar schon so wnt, von einem freundschaft lichen Verhältnisse der beiden Staaten zu einander zu sprechen. Die Verstimmung, die unleugbar zwischen beiden Mächten unter dem vorigen Kabinett bestand, hatte zwei Gründe. Zunächst war in Rußland eine Er klärung des Ministerpräsidenten Crispi in der Kammer, er habe Stambulow in seinem Kampfe gegen Rußland unterstützt, sehr übel vermerkt worden. Ein zweiter ernsterer, weil an Kon sequenzen reicherer Punkt dcS Anstoßes war der italienische Anspruch auf die Oberhoheit über Abessynien in Gemäßheit von 8 17 des Vertrages von Uccialli. Die vielbesprochene Frage der völkerrechtlichen Giltig keit dieses Paragraphen soll hi« r nicht erörtert werden, denn thatsächlich hatte er wenig Wert, solange Ruß land ihn nicht anerkannte, und über letzteres ließen die Erklärungen des Botschafters Baron Uxküll und die Art und Weise des Verkehrs Rußlands mit NeguS Menelik keinen Zweifel. Heute gehört die deregte Vertragsbestimmung thatsächlich der Vergangenheit an, denn Ministerpräsident di Rudini hat in Verleugnung des Standpunktes seines Vorgängers erklärt, er wisse nicht, was er mit diesem Anspruch machen solle; er sei für das jetzige Kabinett wertlos. Glückt es Italien, einen formellen Frieden mit Abessynien abzuschließen, so wird daher die Beseitigung des Vertrages von Uccialli der erste Punkt des Friedensvertrages sein, wie er der erste der vorbereit« «den, dann gescheiterten FriedenSfestsetzungeu zwischen Major Salsa und Me nelik war. Wie sehr die russische Regierung dieses italienische Zurückweichen aus der bisherigen Position zu wür digen wußte, gelt schon daraus hervor, daß selbst die Weigerung Italiens, der russischen Sanitätskolonne unter General Schwedow von Massauah aus den Durchzug durch italienisches Gebiet nach dem Lager MenelikS zu gestatten, in St. Petersburg keine dauernde Bestimmung hervorrief. Damals, Ende April, ließ sich ein großes Berliner Blatt aus St Peteisbuig melden: „Zwischen Italien und Rußland ist nunmehr das Tischtuch auf absetzbare Zeit zerschnitten " Gerade das Gegenteil davon ist eingetreten. Denn zu der Wegräumung von Verstimmungen und Hindernissen kamen Vorgänge, die die Grund lage freundschaftlicher Beziehungen wurden. So mußte insbesondere die Art und Weise, wie di Rudini im Parlament die Ziele seiner auswärtigen Politik speziell im Hinblick auf Rußland darlegte, dort natürlich überaus sympathisch berühren. Die Antwort war eine sehr entgegenkommende Ausnahme des italienischen Kronprinzen bei der Krönungsfeier in Moskau. Und daß endlich der Kronprinz die in St Petersburg er zogene Prinzessin Helene von Montenegro als seine Braut wählte und zur künftigen Herrscherin Italiens machen will, mußte in Rußland erst recht die aller wärmste Zustimmung finden. Vermag irgend etwas den Zaren nach Italien zu führen, so wild es der Wunsch sein, der Prinzessin Helene an ihrem Ehren tage zur Seite zu stehen Naturgemäß drängt sich daher die Frage auf: Werden die afrikanifchen Angelegenheiten für Italien infolge der neu begründeten freundschaftlichen Be ziehungen mit Rußland in ein anderes Stadium treten, werden diese Beziehungen in einer günstigeren Regelung der Schwierigkeiten der afrikanischen Frage ihren Ausdruck finden? Die erstere Frage ist un bedingt zu bejahen. Rußland ist zweifellos bereit, seine Dienste als Friedensvermittler zwischen Italien und Abessynien bei den Mächten zu widmen, und Italien wird, wie die offiziöse „Opinione" schreibt, auch hierin einen Beweis der Besserung der Be ziehungen zwischen Rom und St. Petersburg erblicken „Diese Besserung ist immer von den Persönlichkeiten angestretzt worden, die jetzt am Ruder sitzen, und findet kein Hindernis in unserem Bündnis mit zwei Staaten, denn dieses letztere steht selbst, wie der Zaren besuch in Wien und Berlin — (soll heißen Breslau) — beweist, der größten Herzlichkeit und Freundschast Rußlands mit Deutschland und Oesterreich Ungarn nicht entgegen." Daß die Reise des italienischen Botschafters in St. Petersburg, des Grafen Maffei, nach Rom den Zweck hat, eine Einigung mit den italienischen Staats männern über die Grundlagen der russischen Ver mittlung herbeizuführen, darüber ist man denn auch hier sich völlig einig. Aber ob die russische Vermitt lung den von Italien gewünschten Erfolg, nämlich die Auslieferung der Gefangenen gegen Erstattung der Verpflegungskosten und dieHerstellung derMareb-Belesa- Mui:a-Grenze in vollem Umfange herbeiführen wird, darüber zu urteileü wäre zunächst noch sehr gewagt. Nicht oft genug muß man darauf Hinweisen, daß die entscheidende Persönlichkeit, Menelik von Abessy nien, eine durchaus unberechenbare Größe ist. Die Berstärkunfl der qroßmächtlichen Levante- gefchwader vollzieht sich in einem Maße, welches nur zu sehr geeignet ist, einer optimistischen Beurteilung ver Lage im Orient Zügel an- znlegen ES kann keinem Zweifel unterl egen, daß man es hier mit einem Rückschlag der armenischen Zettelungen zu Ihun hat. Ausdrücklich durch den Hinweis aus die armenischen Wirren begründet wird die beschleunigte Ausreise der nach dem Mittelmeer bestimmten vier deutschen Fregatten „Stosch", „Stein", „Moltke" und „Gneijenau", nach deren Eintreffen an Ort und Stelle die deutsche Flagge in den levantinischen Gewässern so stattlich vertreten sein wird, wie eS bislang noch nicht der Fall gewesen ist Aber auch die übrigen Mächte gehen mit er höhter Energie an die BervollNändigung ihrer maritimen Ver tretung im Ori nt. Ein italienisches Geschwader ist auf dem Wege nach der Besikabai, drei srcnzösifche Kriegsschiffe sind in Mitylene angekommen, drei andeie liegen in Tonlon reise fertig, und die russische Schwarzmeerflotte lreuzt nahe der Ein fahrt in den Bosporus. Tie Frage, was den» vorgehe, : m diese außergewöhnliche Ansammlung von Kriegsschiffen der Mächte in den levantinischen bez. Schwarzmcergcwässern zu begründen, liegt nahe Bei ihrer Beantwortung hat man sich vor allem die beinahe möchte man sagen krampfhafte Stimmungsmachc der Engländer für die Armenier und die Zusammenziehung einer gewaltigen eng lischen Flotte bei der Insel Lemnos zu vergegenwärtigen. Der greise und „große" Gladstone hat in Liverpool eine flammende Philippika zu grinsten der Armenier gehalten, wofür ihn der frenetische Jubel feiner Zuhörer gelohnt hat Mag man den alten Ehes der liberalen Partei nun für einen überzeugten Anwalt der armenischen Sache hallen oder argwöhnen, daß «s ihm nur um eine Erolution gegen die Stellung des konservativ - unionistrschen Ministeriums zu tyun ist, immer bleibt das Eine unbestreitbar, daß die armenische Frage zu einem Pfahl im Fleische sowohl des Oiientproblems an sich, als der Stellungnahme Lord Salisburys zu demselben geworden ist. Europa hat seine Anschauungen bezüglich des Orients nicht geändert; es w ll knn Christengemctzel dulden, w dersctzt sich aber mit nicht geringem Nachdruck allen Versuchen der eng lischen Politik, die armenischen Greuel als Köder für ein Ein schreiten der Mächte gegen die Türkei zu mißbrauchen, den» in Europa crachlet man nach wie vor jede gegen die Türkei sich kehrende Vergewalligungstendenz als der Wahrung d.s oricn- taiiscbcn statu» i;uo und damit des allgemeinen Friedens ab träglich Es ist deshalb nicht undenkbar, daß die von ten kon tinentalen Mächten g> tröffe,icn maritimen Vorkehrungen mit von dem Wunsche eingegebcn worden sind, aller Welt zu be weisen, daß Europa nicht bloß aus dein Papier, son dern auch in der Wirklichkeit zusammenhält und keinen Anstand nimmt, seinen Wünfäen auch entsprechenden materi ellen Rücknalt zu verleihen. Die erwähnten maritimen Beweg ungen erklären sich somit zur Genüge aus der Vorsicht der Mächte, und man hat nicht nölig, sie als Vorspiel zu einer Aktion auszusassen, in deren Verlaus dem Unvorhergesehen, n Thür und Thor geöffnet wäre. Unvorhergesehene Zwi'chensälle im gegenwäriigen Stadium der Orientsrage würden schwerlich angenehmer Art sein. Tagesgtschichk. Trtsdt», 26. September. Heute wurde auf Reich- steiner Revier eine Königl. Jagd abqehalten, an welcher Se. Majestät der König, Ihre Königl. Hoheiten der Prinz Georg und der Prinz Albert, sowie einige Kavaliere teilnahmen. Die Rückkehr nach Strehlen, wo das Jagddiner stattfindet, erfolgt voraussichtlich nachmittags 6 Uhr 55 Min. von Bahn hof Königstein aus. Kunst und Wissenschaft. „Die Athenerin." Drama in drei Auszügin von Leo Ebermann Wir haben von dem großen Erfolge berichtet, den Ebermanns Drama bei seiner Erstaufführung im Wiener Burgtheater davongetragen hat. Es wird nun Litteratur- und Theaterfreunden willkommen sein, etwas Nähere» über Inhalt und Bedeutung des Stückes zu erfahren Zu diesem Zwecke geben wir nachfolgend die Hauptstellen aus der Besprechung des Dramas von Alfred Frhr. v Berger („Presse") wieder: Nicht auf den Gegenstand kommt es in der Poesie an, sondern wie der Dichter ihn ansieht. Das Thema der „Athenerin" ist erschöpft, doch der Blick, mit welchem Ebermann es schaut, ist ungewöhnlich und selten Meistens wird das Problem von der wahren Liebe einer Hetäre alltäglich aufgesaßt. Die Einen, Sentimentalen, fabeln von der Läuterung der Sünderin durch die Liebe, die anderen, die strengen Menschenkenner, beweisen, daß solche Läuterung rin Hirngespinst ist; Alexander Dumas und Emile Augier sind die Wortführer der beiden Parteien. Für Ebermann existiert diese Streitfrage gar nicht. Vor ihm schwebt das Bild des Leben» in zwei Hälften ge teilt: eine sonnige, in welcher Freude und Schönheit walten, in welcher da« Glück des einzelnen Menschen höchste« Gut ist; und eine ernste, strenge, wo vom Indi viduum entsagende Hingabe an ein höheres Ganze« gefordert wird, wo Schmerz und Pflicht herrschen. Athen und Sparta nennt er die beiden Seiten de« Leben« Chari» ist von der Natur geschaffen für die Sonnenseite. Freude au«zu- strahlen, Freud« zu empfinden, dazu ist sie da Genuß, Glanz, Reichtum und Schönheit ist ihr Elemcnt. Doch was in ihr strebt in die Nachtseite hinüber, sie möchte den ganzen Gehalt des Lebens ausschöpfen „Ein anderes, ein völlig anderes", für welches ihr Begriff und Name fehlt, sehnt sie sich zu erleben. Das Bedürfnis nach Schmerz, Ernst und Leidenfchast regt sich in ihr. Da taucht Agis auf aus jener Lebensgegend, die ihr dunkel ist, der Spartanerjüngling, herb, stark und düster. Er bringt mit sich, was ihr gefehlt hat „Gar so seltsam" erscheint er ihr beim ersten Anblick. Sie zieht und lockt ihn in ihre Welt, verwandelt ihn äußerlich in einen Athener, mit Entzücken genießt sie die ihr neuen Em pfindungen der Treue, der Hingabe, des Gehorsams Und da er sie, stärker als sie, in seine Welt mit sich reißt, in sein Leben voll Armut, Ernst und Gefahr, flattert sie jubelnd aus ihrer Helle in seinen Schatten Doch der Schatten droht sie alsbald völlig zu verschlingen Nur ganz weit am Horizont sieht sie noch die verlorene Schön heit ihrer Welt, ihres Athen Da ergreift sie, stärker als sie selbst und ihre Liebe, der sie doch alles geopfert hat, Heimweh nach ihrem Element, nach ihrem Athen, nach sich selbst Ihr Sparter aber sinnt darauf, gerade dieses Athen vom Erdboden zu vertilgen; er vertraut ihr an, wie er das unternehmen will In diesem Moment naht ihr Thra- syllo«, ihr früherer Liebhaber, um sie in ihre Welt zurück- zusühren Sie zu verlocken, hält er ihr ein wunder schöne« Armband vor die Augen Sie unterliegt der Ver suchung, aber nicht au« Habgier In dem Schmucke sieht sie ihre Welt, ihr Athen, sich selbst, die Freude und die Schönheit, für welche sie geboren ist; wie durch Zauber gewalt macht der Schmuck das Unbewußte in ihr sprechen, wovon er da« sichtbare Sinnbild ist, und wider ihren Willen, in abgebrochener Worten kommt da« Geheimnis ihre« Agis, der vernichten will, wa« sie in diesem Schmucke vor sich sieht, über ihre Lippen. Agi« wird von den Bewaffneten de« Thrasyllo« ergriffen, und, um nicht unter den Oualen der Folter ganz zu verraten, wa« Ehari« halb verraten hat, stößt er sich den Dolch ins Herz. Charis aber, unfähig, dem Geliebten in den Tod zu folgen, reist nach Sizilien, wo sie den Nest ihrer Tage in Trauer verleben will. So sagt sie und so sagt der Dichter Der Zuschauer aber kann den Verdacht nicht unterdrücken, daß sie bald wieder sein wird, was sie vor ihrer Begegnung mit Agi« ge wesen Vielleicht ist dies auch die ihrer Herbheit wegen dem Publikum verschwiegene Meinung des Poeten Da« innerste Ich, der Kern der Persönlichkeit, das eingeborene Fatum ist stärker als alles Dieses ist der Gedanke, der durch die Fabel hindurchscheint Warum hat Ebermann seine Fabel in das alte Athen verlegt? Hat er ihr vielleicht das antike Kolorit nur an geschminkt, damit die alte Geschichte wie neu wirke? So fragen viele und wähnen damit da« Stück kritisiert zu haben Nun, daran, daß er den Gegenstand in altertüm liche Ferne rückte, hat Ebermann ganz recht gethan. Wäre es auch nur, um sich den Ver« zu erobern. Poesie in Prosa ist immer flügellahm „Götz", „Kabale und Liebe", „Der Erbförster", „Maria Magdalene" und Ibsen« moderne Dramen stoßen diese Wahrheit nicht um. Wenn die poetische Form eines Zeitalters fad, nüchtern und kon ventionell geworden ist, sodaß sich Starke« und Lebendige« in ihr gar nicht singen und sagen läßt, dann muß freilich der Dichter da« Leben, daß er in sich und um sich spürt, seine Natursprache reden lasten. Solcher Verzicht der Poesie auf die ihr gemäße Form ist vergleichbar einer strengen EnthaltungSkur, um wieder frisch und gesund zu wer den ; die Prosa ist ein Weg zur poetischen Form, nicht diese selbst. Wenn die Poesie ganz sie selbst sein will, muß sie in Versen erscheinen Der Ver« ist nicht ihr Kleid, sondern ihre Haut, verwachsen und ein« mit ihren innersten und edelsten Organen. Daß er die« ist, verrät er schon durch die Energie, mit welcher er den Dichter zwingt, der Poesie ihre wesentlichen Existenzbedingungen zu schaffen Vor allem nötigt er dazu, den Gegenstand in eine gewiss« — Ihre Majestäten der König und die Königin gedenken nächste Woche im Königl. Jagdhause Rehe- feld Aufenthalt zu nehmen. Deutsche» Reich. * Berlin. Se Majestät der Kaiser erledigen auch während Seine« Aufenthaltes in Nominten die laufenden Regierungsgeschäfte. Die Birschfahrten werden durch das anhaltend ungünstige Wetter sehr beeinträchtigt. — Der „Kreuz-Zeitung" zufolge wird dem Bundes rat außer den Abünderungsgesetzentwürfen, betreffend die Arbeiterversicherungsgesetze und betreffend die Gewerbe ordnung, auch alsbald ein Gesetzentwurf, betreffend die Besteuerung der Bergwerke, zugehen. Auch der Entwurf einer neuen Seemannsordnung werde dem Reichstage in seiner bevorstehenden Tagung zugehen — Zur Richtigstellung unrichtiger Angaben stellt die „Nordd Allgem. Ztg" fest, daß der armenische Pro fessor Thumajan verständigt worden ist, sich jeder wei teren agitatorischen Bethätigung zu Gunsten der Armenier bewegung zu enthalten, widrigenfalls er seine Ausweisung aus Preußen gewärtigen müsse. — Zu derselben Ange legenheit schreibt die „Köln. Ztg ": „Hr. Thumajan wurde als Verschwörer in Armenien zum Tode verurteilt und hatte es nur der wohlwollenden Dazwischenkunft der deutschen Regierung zu danken, daß das Todesurteil nicht an ihm vollstreckt wurde. Er mußte sich aber verpflichten, auf alle Agitationen gegen die Türkei zu verzichten, und nur unter dieser Bedingung wurde er in Freiheit gesetzt Als nun Thumajan in Widerspruch zu diesem Versprechen bei uns in Deutschland seine Agitation begann, wurde ihm von der Polizei bedeutet, daß man ihn ausweisen werde, wenn er in seinen Reden nochmals das politische Gebiet berühre Dagegen sollte ihm gestattet sein, für die Einsammlung milder Gaben zu wirken Thumajan erklärte hieraus, daß er sich jeder politischen Agitation enthalten werde. Schon einige Tage nachher hielt er aber in der Anarchistenversammlung eine Rede, in der er die türkische Regierung aufs heftigste angriff und u. a. die Behauptung aufstellte, daß der Angriff auf die Ottomanische Bank von türkischen Agenten »m Auf trage der türkischen Regierung ausgeführt worden sei Angesichts dieser Haltung zeigte die deutsche Regierung einen großen Grad von Milde und Mäßigung, indem sie Thumajan nicht sofort auswies, sondern ihm polizeilich zu wissen that, daß es ihm von nun ab, da er seine Versprechen nicht zu halten verstehe, überhaupt verboten sei, in Deutschland öffentlich aufzutreten und das Wort zu ergreifen. Wenn er gegen diese Weisung handeln sollte, werde man ihn unverzüglich ausweisen. Das ist der Sachverhalt, der höchstens beweist, daß die deutsche Regierung sehr maßvoll vorgegangen ist, und daß die dieserhalb gegen sie gerichteten Angriffe jeder Be gründung entbehren" — Die „Berl. Corresp." schreibt: In verschiedenen Zeitungen werden über den Internationalen landwirt schaftlichen Kongreß in Buda-Pest Nachrichten veröffentlicht, welche einer Richtigstellung bedürfen. Als amtliche Dele gierte der Reichsregierung und des preußischen landwirt schaftlichen Ministeriums waren der geh. Oberregierungs rat Thiel und der geh. Regierungsrat Conrad-Berlin entsandt. Dem bekannten Nationalökonomen Professor Conrad-Halle war seitens der Hauptleitung eine Einlad ung zugegangen und figurierte er infolgedessen in der Präsenzliste, er war aber nicht erschienen, da er zur Zeit auf einer Studienreise in Amerika begriffen ist Geh. Oberregierungsrat Thiel hat nur zu den Fragen der Über produktion und des genossenschaftlichen Zusammenschlusses der Landwirte gesprochen, aber weder die Äußerung ge than, daß die Weizenproduktion Argentiniens ohne Ein fluß auf den Weizenpreis sei, noch hat er sich für ein Brotmonopol ausgesprochen oder behauptet, daß die Brot- preise den Getreidepreisen nicht folgten. Die betreffenden, dem geh Lberregierungsrat Thiel fälschlich zugeschricbenen Ausführungen sind von dem Mühlenbesitzer Till in Bruck gemacht worden. — Zu den Vorgängen in Opalenitza liegt neuer dings eine von dem Posener Regierungspräsidenten an das „Pos. Tagcbl." gerichtete Veröffentlichung vor Es heißt darin: „Mit Bezug auf die Ausführungen in Nr. 443 des „Pos. Tagebl." über eine Beschwerde des Hrn Erz bischofs bei dem Hrn. Oberpräsidentcn über den Distrikts- kommissarius v. Carnap rc. ist folgendes zu bemerken: Zeitenferne zu rücken, in welcher seine starken typischen Grundzüge ausdrucksvoll hervortreten, während alles klein liche, gesellschaftliche und psychologische Detail, das sich aus der Nähe aufdringlich als die Hauptsache aeberdet, von selbst verschwindet Die Zeit stilisiert. MäW kann die nahe Umgebung nicht mit dem großen Blicke an schauen, welcher dem echten Dichterauge eingeboren ist, mit welchem Ebermann das Hetärenproblem geschaut hat Der Bildhauer Adolph Hildebrandt hat in einem gehalt reichen Büchlein nachgewiesen, daß die künstlerische Vor stellung des Gegenstandes vom räumlichen Fernbild desselben abstammt. Ein großartiges, für unsere Weltanschauung und Kunst unschätzbares Fernbild ist das Athen des Perikle« In dem Ebermann seiner Dichtung dieses Fernbild zu Grunde legt, hat er sein poetisches Fühlen und Wollen bekundet Die athenische Hetäre, der spartanische Jüngling, der reiche Machthaber Thrasyllo«, Epikuros — das sind weder zu fällige Individuen, noch bloße Allegorien, sondern symbolische Gestalten. Die aber braucht gerade die Poesie. Sie wirklich leben und reden zu machen, dazu ist freilich eine starke Dichtcrkraft erforderlich. Die realistischen Lehrjahre, die hinter uns liegen, haben unsere Forderungen origineller Wahrheit und pulsierender Lebendigkeit gesteigert. Besitzt Ebermann die e Schöpferkraft? Ist eS ihm gelungen, uns seine symbolischen Gestalten al« konkrete Menschen erscheinen zu lassen? Wir wollen das Lob, da« wir Ebermann schuldig sind, nicht durch Übertreibung ent werten. Sein Drama ist im ganzen gut komponiert. Durchsichtig baut sich die Handlung auf, dreigliedrig, wie ein regelrechter Syllogismus Nur einmal, am Anfang de« dritten Akte«, droht der Faden zu reißen, den der Poet bisher mit sicherer Hand gesponnen hatte. Da folgen einige Szenen nicht au«-, sondern nur nacheinander Ein unruhige« Kommen und Gehen der Personen, wie sie der Dichter gerade gebraucht und wieder sorthaben will, macht den Zuschauer zerstreut. Gerade hier aber thäte
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