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Dresdner Journal : 28.09.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189609280
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960928
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960928
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-09
- Tag 1896-09-28
-
Monat
1896-09
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 28.09.1896
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1812 eine rctro- verbunden * Eine aus Amerika importierte Operette „Der Zauberer vom Nil", Musik von Herbert, erschien vor gestern zum ersten Male im Wiener Carltheater. Es ist eine übermütige Burleske im Genre des „Mikado", gegen welches Werk sie an parodistischem Geist aber erheblich zurücksteht. Die an einem altägyptischcn Königshof vor sich gehende Handlung, worin eine stark karikierte Kleopatra und ein Magier die Hauptrollen spielen, ist voll derber Posseneffekte Die Musik ist nicht immer originell, aber in mehreren Nummern fein gemacht und von starkem melodischem Reiz. Ein sünsstimmiges Lied an den Mond erregte besonderen Beifall 8 Im Berliner Lessingtheater ist ein neues Lustspiel von Oskar Blumenthal, „Das Einmaleins", vor gestern bei seiner ersten Ausführung nach den beiden ersten Akten mit einigem Beifall ausgenommen, nach dem dritten aber entschieden abgelehnt worden. Da» Stück redet von modernem Luxus, von Frauen, welche die Exempel, die ihr Haushalt ihnen aufgiebt, nicht mit dem Einmaleins, sondern dem Eirmalhundert lösen Das und anderes wird ohne Ernst, ohne Sinn zur Sache behandelt; nicht als ob es dem Verfasser um seine eigenen Personen zu thun wäre, sondern al« ob diese nur da wären, von Zeit zu Zeit einige sorgsam aufgesparte Witze über sich ergehen zu lassen. Selbst das angestrengteste Bemühen der ersten Kräfte vermochte das Stück nicht über Wasser zu halten Hr Engels that, was er konnte, um aus einem alten Herrn, der allen Leuten Rat zu geben beflissen ist, eine lebensvolle Figur zu schaffen; aber von Einzelheiten ab gesehen, in denen die Natur de« Schauspieler« selbst sich Geltung verschaffte, konnte auch ihm keine Gebilde au« der wahllos zusammengetragenen Witzesammlung gelingen. (»Doss Ztg ") * Im Deutschen VolkStheater in Wien »st am Sonn abend „Ein unbeschriebene« Blatt", Lustspiel in drei Akten von E v. Wolzogen, erstmals gegeben worden E« scheint anfang« da« Motiv behandeln zu wollen, da» Moriz der eigentlichen Hauptausstellung wird spektive Eentenar - Ausstellung im Jsenland hat der Dichter sicher nicht in so krauS- phantastischem Rahmen geschaut, al« er hier beliebt wurde Wie untergeordnet dies alles gegenüber der Gestalten- verkörperung ist und wie r» die innere Handlung, die innere tragische Entwickelung ist, die uns in Spannung und Mit leidenschaft hält, war gegenüber „Siegfrieds Tod" merklicher als sonst zu spüren Den Preis des Abends trugen die vier Darsteller de« lichten und de« dunklen Gestalten- paarcü der Tragödie, die Herren Wiecke (Siegfried) und Winds (Hagen), die Damen Salbach (Kriemhild) und Ulrich (Brunhild) davon Hr. Wiecke stattete den arg losen, jugendfrohen und liebenswürdigen Helden aus Nieder land mit allem Zauber überschäumender Jugendkrast, treu herzigen Selbstgefühls und der tiefinnern germanischen Scham aus, die der Sagen- wie der Dramengestalt ge meinsam sind Die Unfähigkeit Siegfrieds, trotz der Tarn kappe heimlich Unrecht zu thun, die Treuherzigkeit, der das Wort wider Willen aus die Lippen springt, die tiefe Reue über die eigene Schuld und dabei die adelnde Liebeswärme seiner Seele, alles fand in Hrn Wiecke« Wiedergabe den überzeugenden herzgewinnenden Ausdruck, wundervoll hob sich diese allzu offene SiegfriedSnatur gegen die harte, in sich zusammengekrampfte des trotzigen Hagen von Tronje ab. Hr Winds war namentlich in der Er scheinung vortrefflich, die rauhe Außenseite de« TronjerS, die immer verhaltene Drohung in sich schließt, kam zu entschiedener Wirkung Eedr gut verkörperte Hr Winds den inneren Kampf in HagenS Seele, in dem der finstere Recke die in ihm gärende neidische Eifersucht gegen Siegfried« Vor züge zu besiegen sucht, um nachher gleichsam aufzujauchzen, als er die eigene wilde Leidenschaft mit seiner Vasallen- treue und seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit an da» BurgundenkönigShaus decken darf Frl Salbachs Kriem hild erhob sich namentlich vom dritten Akte an zur vollen Entfaltung der leidenschaftlichen Liebe und Hingabe an den vergötterten Helden; im Anfänge störte ein stereotype« Lächeln etwa» den Liebreiz der Erscheinung Frl Ulrichs Brunhild wurde in dem Maße lebensvoller, hinreißender, al« die Gestalt au« der traumhaften Nebelwclt de« Jsen- lande« auf den Boden der vollen Wirklichkeit tritt, die dumpfe und wilde Verzweiflung bei der Erkenntnis, wa« Siegfried ihr angethan hat, der wilde Racheaufschrei am Hartmann in „Gleich und gleich" so poetisch wie Herter behandelt, zerflattert aber später in Eingebungen eine« banalen und plumpen Possenhumors. Em älterer Uni- versilätsprofessor hat eine kindliche Natur heimgeführt — daS unbeschriebene weiße Blatt der Komödie. „Soll es mit einer Stahlfeder oder einem Gänsekiel beschrieben werden?" läßt der Dichter naiv fragen. Paula ist d«S letzteren würdig. Held und Heldin haben schon auf der Hochzeitsreise unter dem blauen Himmel Italien« ge stritten, sie setzen dies in der Heimat fort. Die kleine Paula kann sich nicht in die Sorgen der Häuslichkeit, am wenigsten in die Launen der alten Wirtschafterin des Professors finden. Sie hat in Venedig ein Mäuschen ge kauft, das von der Katze des alten Hausdrachen bedroht wird. Dieser Mäusekrieg giebt dem ersten Akte seine traurige Heiterkeit. Die Schrecken desselben spielen in den zweiten hinüber Mann, Frau, Haushälterin streiten in ermüdender Weise weiter, der eheliche Himmel unseres Professors bleibt unabläßlich umwölkt, da gerät Paulas Mutter auf den Einfall, ihrem Schwiegersöhne sanft zu zusprechen Entzückt hierüber wird der letztere versöhnlich gestimmt Das Stück ist au«, müßte man glauben. Nein Seine Schrecken beginnen erst. Paula ist auf ihre Mama eifersüchtig geworden und um die Ehre ihre« Vaters zu retten, läuft sie mit ihrem Vetter davon. Cousin und Cousine aber haben kein Geld und kehren zurück DaS Stück ist au«, möchte man wieder hoffen. Rian ist aber mals getäuscht Der Cchwiegerpapa, ein Korvettenkapitän, ist nach zweijähriger Abwesenheit zurückgekchrt. Er wird zum Othello. Während seiner Eifersuchtsstürme entdeckt Paula ihre Neigung zu dem Professor. „Ich liebe ihn", lispelt sie — „Warum hast du das nicht gleich gesagt?" fragt der erstaunte Papa. — „Weil ich dumm war", antwortet die Tochter. Diese Worte — die letzten auf dem unbeschriebenen Blatte — sind die logischsten des Lustspiels Die Darstellung war kaum erfreulicher als daS Stück * Da« Deutsche Theater in München ist am Sonnabend eröffnet worden Halbe« Liebe«drama „Jugend" und ein Schauspiel „Sünde wider den heiligen Geist" von Schaumbrrger hatten beide starken Erfolg. Auch ein dazu noch gegebene« Ballet wurde sehr freund lich ausgenommen gewaltigen Schluß des dritten Aktes waren von er schütternder Wahrhaftigkeit und Naturkraft. Von den Darstellern der kleineren Rollen des Dramas verdienen die Herren Bauer (Volker) und Claudius (Giselher) für ihre runden, überzeugenden Gestalten das vollste Lob. Hr. Dettmer (König Gunther) that sein Bestes, der passiven schwankenden Gestalt des BurgundenherrscherS Halt und Würde zu geben Leider hat auch Hebbel nicht, wenigstens im ersten Teil seiner Trilogie nicht, vermocht, diese Figur von der ihr auü dem Liede her anhaftenden Zweideutigkeit zu befreien. DaS vollbesetzte Hau« folgte der ganzen Vorstellung mit lebendigem Anteil und zeichnete die Hauptdarsteller durch reichen Beifall und wiederholte Hervorrufe aus. Hoffentlich gelingt eS diesmal, „Tie Nibelungen" dem Spielplan zu erhalten Adolf Stern sein, welche für jede Klasse die im Laufe des verflossenen Jahrhunderts in den verschiedenen Pro duktionszweigen erreichten Fortschritte in übersichtlicher Form veranschaulichen soll. Die ausgestellten Maschinen werden soweit als möglich vor den Äugen des Publikum« in Thätigkcit gesetzt und sollen unmittelbar neben den jenigen Produkten zur Schau gebracht werden, zu deren Herstellung sie dienen. Wie bei früheren Ausstellungen wird die zum Betriebe der Maschinen erforderliche Menge Wasser, Gas, Dampf- und Triebkraft von der französischen Ausstellungsleitung den Ausstellern kostenfrei geliefert wer den. — In der Kunstgalerie finden nur solche Werke Aufnahme, welche nach dem 1 Mai 1889 geschaffen sind. — Mit Bezug auf die Zulassung der sonstigen Ausstellungs gegenstände ist zu erwähnen, daß die Anmeldungen der französischen Aussteller hinsichtlich der Ausstellungswürdig keit der angemeldeten Schaustücke klassenwcise der Prüfung von Zulassungskomitees unterworfen werden sollen. In Anlehnung an diese Bestimmung sind auch für die verschiedenen Gruppen der deutschen Abteilung geeignete Maßnahmen geplant. Für den Transport der deutschen Ausstellungsgüter und die Wiedereinfuhr der unverkauft gebliebenen Gegenstände werden den Ausstellern die üblichen Vergünstigungen zugestanden werden — Auch über das Preisgericht enthält das Programm bereits ausführliche Vorschriften Danach soll die Zahl der französischen und fremden Juroren auf etwa ein Sechzigstel der Zahl der Aussteller bemessen werden und zwar derart, daß jede der an der Ausstellung beteiligten Nationen eine diesem Ver hältnis entsprechende Anzahl Preisrichter zu ernennen be fugt ist. Das Preisgericht wird aus drei Instanzen be stehen, nämlich den Klassenjurys (ckur^8 cko e>»88«), den Gruppenjurys (.kurz^ cke xroups) und der obersten Jury (ckur^ supörwur) Man beabsichtigt, die Thätigkeit der Jury derart einzurichten, daß bereits Ende August oder Anfang September 1900 die Verteilung der Preise er folgen kann, welche lediglich in Gestalt von Diplomen der Deutschen Kolonialgesellschaft zur Zeit nicht dienen könne — Von der Besatzung de« untergegangenen Kanonen boote» „Jlti»" sind, wie au« Wilhelmshaven gemeldet wird, weitere Leichen aufgefunden und rekogno-ziert worden, darunter die des Kapitänlieutenants Braun Im ganzen sind bis jetzt 27 Leichen gefunden worden, von denen sechs nicht erkannt werden konnten — Mehrfach wird in der Presse der Bedeutung der Eröffnung des Eisernen Thores gedacht So sagt die „Nordd. Allg. Ztg." u. a.: Vom Saume des Schwarz waldes bis zu den Fluten des Pontuü sei nun für die Schiffahrt auf der Donau vollkommen freie Bahn ge schaffen worden; damit vollziehe sich ein Akt, der durch seine Bedeutung für den Handelsverkehr zwischen Mittel europa und dem Osten den Rang einer welthistorischen Begebenheit beanspruchen dürfe Eine freudige Aussicht auf zahlreiche und fruchtbare neue Verkehrsverbindungen sei mit der Eröffnung des Eisernen Thore« erschlossen Jeder Schritt aber, den der Verkehr vorwärts thue, erhöhe den Wert des Friedens So dürfe denn auch das Wen, das von morgen ab in den Dienst des völkerverbindenden Handels trete, al« eine neue Bürgschaft für die Fortdauer des Friedens begrüßt werden, um so mehr als die Aus führung de« Werkes sich vollzogen habe unter den Auspizien des Kaisers Franz Joseph, den die Völker Europas längst als Hort des Friedens zu verehren gewohnt seien. — Die Jsteinnahme an Zöllen und Verbrauchs steuern hat in den ersten 5 Monaten de« laufenden Etatsjahres 279,3 Millionen oder 17 Millionen mehr als im gleichen Zeiträume des Vorjahre« betragen. Non dem Mehr entfallen 12,1 Millionen auf die Zölle, 2,3 auf die Zuckersteuer und 2 Millionen auf die Branntwein verbrauchsabgabe Mit Ausnahme der Branntweinmatecial- steuer haben sämtliche Verbrauchssteuern Erhöhungen ihrer Erträgt aufzuweisen. Von anderen Einnahmen ist zu vermerken, daß die Börsensteuer über 2 Millionen weniger, die Post- und Telegraphenverwaltung dagegen 4,4 und die Reichseisenbahnverwaltung 1,2 Millionen mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahre« eingebracht haben. — Der deutsche Reichskommissar für die Welt ausstellung in Paris im Jahre 1900 veröffentlicht Folgendes aus dem für die Ausstellung ausgestellten Programm: Die Ausstellung, welche am 15. April 1900 eröffnet und am 5. November desselben Jahres geschloffen werden soll, wird innerhalb der Stadt Paris an der selben Stelle belegen sein, wie die Ausstellung vom Jahre 1889; doch wird sich da« Ausstellungsgelände bis an den Place de la Concorde erstrecken, in dessen unmittel barer Nähe sich auch der Haupteingang befinden soll Zur Unterbringung der aus 18 Gruppen mit zusammen 120 Klassen verteilten Ausstellungsgegenstände ist die Errichtung einer größeren Anzahl, einen Flächenraum von insgesamt 39 ba bedeckender Gebäude geplant. Platz miete haben die Aussteller nicht zu entrichten — Mit geäußert: „Wie daS bei den gegenwärtigen Partei- dewrgungen ersichtlich der Fall ist, so wird sich auch bei den bevorstehenden Reich«tag«verhandlungen die Rücksicht auf die kommenden Wahlen bemerkbar machen . . Der „Aufmarsch der Parteien" für die nächste parlamentarische Kampagne hat sich im großen und ganzen bereit« voll zogen; die Stellungnahme zu den bi» jetzt bekannten Regierungsvorlagen ist erfolgt Anscheinend steht die große Mehrheit des Reichstages den Vorlagen wohl wollend gegenüber; natürlich unter Vorbehalt hinsichtlich verschiedener Einzelheiten Nur die Novelle zur Arbeiter- Versicherung scheint wenig Anklang zu finden Die Zentrum-presse verhält sich direkt ablehnend, und auch auf konservativer Seite vermißt man verschiedene Reformen, die auf der November-Konferenz im vorigen Jahre all gemein gefordert worden waren, und hält u a. die neuen Bestimmungen über die „Landeszentralbehörden" (8 134 a) für mindestens überflüssig, wenn nicht für schadenbringend, sowie die in 8 63 dem Ctaatskommiffar neu beigelegten Befugnisse für viel zu weitgehend. Was die Vorlagen über die Militärstrafprozeßreform und über eine etwaige Flottenvermehrung bringen werden, wird ab zuwarten sein; ebenso wird man abwarten müssen, welche Initiativanträge von seiten der verschiedenen Parteien ein gebracht werden Freisinn und Zentrum haben sich in dieser Beziehung wohl bereits erschöpft; sie wiederholen stets nur schön Dagewesenes Don der konservativen Partei ist in einem nationalliberalen Blatte unlängst be hauptet worden, daß sie den Antrag Kanitz wieder ein zubringen gedächte Wir sind vom Gegenteil überzeugt und glauben, daß die konservative Partei ganz andere Felder beackern wird, als diesen zur Zeit durchau« unfruchtbaren Boden. Überhaupt dürf ten sich die Gegner der konservativen Partei irren, wenn sie meinen, die Konservativen wür den nichts Besseres zu thun wissen, als in der nächsten parlamentarischen Campagne die Agrar fragen in den Vordergrund zu stellen So wünschens wert es den Linksliberalen und Sozialdemokraten sein möchte, wenn die konservativen Fraktionen sich noch zu guterletzt ge wissermaßen in bengalischem Lichte als „Nur-Agrarier" zelten, so sicher ist es, daß dieser Wunsch nicht in ErsEmg gehen wird" — Die letzteren Sätze sind, wie leicht er klärlich, durchaus nicht nach dem Geschmacke der „Deut schen Tageszeitung", des Organs des Bundes der Landwirte. Das Blatt bemerkt nämlich: „Ob der Antrag Kanitz wieder eingebracht werden wird, wissen wir nicht, das weiß auch der Berichterstatter der „Schles. Ztg." nicht. Aber das wissen wir, daß, wenn er wieder eingebracht werden wird, die ganze deutschkonservative Partei ihn fast ausnahmslos unterschreiben wird Wir wissen ferner, daß auch in der nächsten Tagung die konservative Partei die agrarischen Fragen in den Vorder grund stellen wird. Thäte sie das nicht, so würde sie die Folgen an ihrem Bestände ver spüren. Die „Schles. Ztg." thut aber durch die Ver öffentlichung solcher Stimmungsmachcrei der Partei einen schlechten Dienst. Vielleicht nimmt die Parteileitung einmal Gelegenheit, derartige freiwillige Dienstleistungen abzu- schütteln, damit nicht in der konservativen Wählerschaft sich ein Mißtrauen gegen die Partei festsetze, das, wie wir sagen zu dürfen glauben, unbegründet ist." — In der sozialdemokratischen Druckerei in Solingen, in der die „Bergische Arbeiterstimme" gedruckt wird, ist jetzt entgegen den sozialdemokratischen Grundsätzen neues Personal, bestehend aus Nichtverbandsmitgliedern, angcstellt worden In einer Versammlung des aus ständischen Personals und anderer in Solingen in Arbeit stehender Verbandsmitglieder sowie einiger Kartellgenoffen machte der Setzer Hoffmann, ein Sozialdemokrat, dadurch seinen Gefühlen Luft, daß er erklärte, er hätte bei konservativen, nationalliberalen und klerikalen Prinzipalen gearbeitet, aber bei keinem wäre die Behandlung so schlecht gewesen als in der sozialdemokratischen Druckerei in Solingen. Das alte Personal hat Klage angestrengt um Auszahlung des 14 tägigen Lohnes, wozu am Donnerstag Termin vor der Vergleichskammer an beraumt war, aber ohne Ergebnis, weil der Redakteur und der Geschäftsführer der Druckerei nicht erschienen. Nun ist Termin auf den 7. Oktober vor dem Gewerbe gericht anberaumt. — Das am 25. d MtS. herausgegebene 32. Stück des Reichsgesetzblattes enthält die Bekanntmachung vom 16. September 1896, die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburg«, sowie die Be kanntmachung vom 20. September 1896, die dem inter nationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste betreffend Hsterreich-Ungaru. Wien Gestern erfolgte die feierliche Eröffnung der Fahrstraße durch die einst so gefürchtete und der Schiff fahrt so hinderliche, im Ganzen 135 Icm lange Strom- engeder Donau, welcher die Türken den Namen das „eiserne Thor" gegeben haben Da» Wirrsal von Riffen, zwischen denen sich der ohnehin stark eingeengte Strom m zahllosen Wirbeln und Stromschnellen wütend hindurchdrängte, reichte in seinen, oberen Teil aus einer Strecke von 132 lcm vom ungarischen Baziasch bis Tip am serbischen User Auch jetzt wird es noch etwa 2 Jahre währen, bis die Fahrstraße in ihrer ganzen Breite freige legt ist, aber die Haupthindernisse sind beseitigt, und die Vollendung des Werkes unterliegt keinen« Zweifel mehr. Der Dank dafür gebührt hauptsächlich der Beharrlichkeit, mit welcher Österreich-Ungarn auf der Durchführung des Planes bestand. Ein Haupthindernis, welches dem auch international betriebenen Vorhaben sich cntgegentürmte, war der Widerwille der Türkei, welche seit dem Beginn ihre» Niedergangs in der Stromenge ein wichtige« Schutzmittel erblickte und zudem nicht dulden wollte, daß ihre Vasallen staaten Rumänien und Serbien an den internationalen Kommissionsberatungen mit Stimmrecht teilnähmen Nach dem ihre Herrschaft über Rumänien und Serbien dahin war, konnten die Ärbeiten energisch in Angriff genommen werden. Die Donauuferstaatcn muß der Erfolg gemein samen Wirkens mit Genugtuung erfüllen — Anknüpfend an die Festlichkeiten in Orsova hoben die gestrigen Morgenblätter unter dem Ausdruck wärmster Sympathien für Rumänien und großer Bewunderung für dessen König die hohe Bedeutung des bevorstehenden Be suche« des Kaiser» Franz Joseph in Bukarest für die Be festigung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien hervor. Die Blätter betonten ferner die erfreuliche Wiedererneuerung der freund nachbarlichen Beziehungen Österreich-Ungarn« zu Serbien sowie die wirtschaftliche Bedeutung des großen Friedens werkes, dessen Äbschluß Kaiser Franz Joseph und die Könige von Rumänien und Serbien durch ihre Anwesen heit verherrlichten. — Über die Ereignisse des gestrigen Tages wird aus Orsova gemeldet: Auf den vorgestrigen starken Regen, welcher die Feierlichkeiten bei der Ankunft des Kaisers, insbesondere die Ausschmückung und Beleuchtung der Stadt nur teilweise beeinträchtigt hatte, war gestern ein herrlicher Herbsttag mit Hellem Sonnenschein gefolgt. Ganz Orsova war schon in frühester Morgenstunde auf den Beinen Um 7 Uhr begab sich der Kaiser in dit katholische Pfarrkirche, wo außer seinem Gefolge auch Erzherzog Joseph sowie alle Minister, zahlreiche Magnaten und einige Damen anwesend waren. Nach Beendigung der Messe erfolgte die Fahrt zum Bahnhose, wo sich die Minister und Würdenträger, die Mitglieder der Parla mente beider Rcichshälften, der Klerus und die Ehrengäste schon vor der Ankunft des Kaisers eingefunden hatten Am Bahnhofe war eine Ehrenkompagnie aufgestellt Unter den Klängen der ungarischen Hymne schritt der Kaiser die Front derselben ab. Kurz nach V-9 Uhr fuhr der Sonder zug des Königs Alexander von Serbien ein, welcher von der am Donauufer aufgestellten Butterie mit Salutschüssen begrüßt wurde. Die Musik stimmte die serbische Nationalhymne an. Der Kaiser eilte dem König entgegen, reichte demselben beide Hände und begrüßte ihn auf das Herzlichste. Im Gefolge des Königs befanden sich die Minister der Bauten, der Finanzen und des Krieges Nach Abschreiten der Front der Ehrenkompagnie zogen sich die Majestäten in den Wartesaal zurück, wo Kaiser Franz Josef das Großkreuz des serbischen Weißen Adlerordens anleate. Hierauf erschienen die Majestäten wieder auf dem Bahnsteig. Bald nach V-9 Uhr wurde die Ankunft des Königs Carol von Rumänien an gezeigt. Die Batterie gab den Ehrensalut. Der Kaiser eilte auf den König zu, umarmte und küßte ihn zwei Mal Im Gefolge des Königs befanden sich u. a. der Minister präsident Sturdza, der Kriegsminister Budistreano und der Arbeitsministcr Stoiorsco. Nach Abschrecken der Front der Ehrenkompagnie begrüßte König Carol zunächst den Erzherzog Josef, alsdann die Generalität und die Ver treter der beiden Regierungen und unterhielt sich mit dem Ministerpräsidenten Baron Banffy und anderen Mit gliedern des Kabinetts längere Zeit in huldvollster Weise. Vom Bahnhofe begaben sich der Kaiser, König Karol und König Alexander mit ihrem Gefolge und den geladenen Gästen nach dem Ankerplatz und bestiegen das dort bereit liegende Dampfschiff „l. Ferencz Joszef", welches sich gegen ^10 Uhr in Bewegung setzte. Bei dem an Bord des Schiffes gegebenen Festfrühstück brachte der Kaiser folgen den Trinkspruch aus: „In diesem feierlichen Augenblicke, der uns vereinigt, um ein großes Werk der öffentlichen Wohlfahrt zu feiern, bin ich glücklich, den Willkommgruß den Souveränen zweier befreundeter Länder zu bieten, deren von den Gewässern der Donau bespülte Ufer in ihrer gegenseitigen Nähe die Gemeinsamkeit unserer Jnter- effen symbolisieren Die Arbeiten, mit welchen Osterreich- Ungarn durch den in Berlin versammelt gewesenen Areopag betraut worden war, sind beendigt, die letzten Hindernisse, welche dem freien Verkehr im Laufe des großen Stromes im Wege standen, sind beseitigt Stolz auf die Mission, welche unS zugefallen, erkläre ich die neue Straße für eröffnet, und in der Überzeugung, daß dieselbe einen verliehen werden und in folgende Kategorien zerfallen: ckiplüm«8 ck« ^ranck prir, ckiplüm«8 ck« rnöäaillo ck'or, ckiplümv» ck« wöckaiUv ck'ur^vnt, ckiplümvs cks ruvckaiU« cks broucv, cki^lüwvs cks meuüou bonorablv. — Wie die „Post" hört, hat sich eine große Vereinig ung von Männern aus allen Kreisen der Gesellschaft und allen Ständen gebildet, die e« sich zur Ausgabe machen will, die Erzeugnisse unserer Kolonien in Deutsch land einzuführen. DaS genannte Blatt teilt darüber folgende« Nähere mit: Deutschland zahlt jetzt noch alljähr lich über H Millionen Mark für Kolonialprodukte an daS Ausland, wovon ein sehr wesentlicher Teil mit der Zeit aus unseren Kolonien gedeckt werden kann. Dazu aber wird vor allem nötig sein, daß sich das deutsche Kapital in weit größerem Umfange als bisher an der Ausbeutung deü Naturreichtum« unserer Kolonien beteiligt. Das an zuregen und zu fördern soll eine der Aufgaben der er wähnten Vereinigung sein, die sich „Komitee zur Ein führung der Erzeugnisse aus deutschen Kolonien" nennt Es wird zu diesem Zwecke im Hause des Kolonial heims (Potsdamer Stratze 22 a) eine Auskunftbstelle er richtet werden, in der Händler und Fabrikanten sich an der Hand von ausgestellten Mustern über den Bezug von Waren und Rohstoffen aller deutschen Kolonien unterrichten können Gleichzeitig soll ein Wanderlager geschaffen wer den, das in den Städten de» Reiche» nacheinander ähnliche Zwecke verfolgt. Weiter beabsichtigt da« Komitee, auch die Hausindustrie der Eingeborenen in den Kolonien zu heben und zu fördern, um größere Mengen von Kolonial produkten auf den Markt bringen zu können Schließlich will es auch zum Anbau und zur Ausbeutung verschie dener bisher noch weniger beachteter Pflanzen rc anregen. Die Mittel sollen durch freiwillige Beiträge aufgebracht werden; eine Beteiligung des Komitees al« solchen an Unternehmungen soll dagegen ausgeschloffen sein. Es sind bereits so zahlreiche Beiträge gezeichnet, daß das Komitee seine Arbeiten hat aufnehmen können; unter seinen Mit gliedern finden wir die Namen Hunderter von Männern, die durch ihr Arbeiten aus kolonialem Gebiete sich einen weitbekannten Namen gemacht haben. Auch eine Anzahl von Hofhaltungen, großen Verwaltungen rc. ist dem Komitee beigetreten. Den Vorsitz im geschäftsführenden Ausschuß führen Fabrikbesitzer Supf in Berlin, Graf Eckbrecht v. Türkheim in Hannover und Privaldozent Ur. Dove in Berlin; als Sekretär fungiert Hr. Theodor Wilcken«, der bisher in Klein-Popo eine Faktorei geleitet hat und vaher aus praktische Erfahrungen in den Kolonien zurückzublicken vermag — Zu den seltsamsten und überflüssigsten Ausgestalt ungen des in Redesucht wurzelnden Versammlungs- und Kongreßwesens der Gegenwart gehört, wie die „Kreuz- Zeitung" zutreffend bemerkt, der sogenannte „Internatio nale Friedenskongreß", der, wie die meisten anderen Veranstaltungen dieser Art, den Schauplatz der ungarischen Tausendjahrfeier für den geeignetsten Vereinigungspunlt gehalten und dort eine Unmenge sachlich zweckloser Reden und Beschlüsse von Stapel gelassen hat. Wir nennen das „zwecklos", weil es wie nie ein Zeitalter gegeben, das von FriedenSbedürsnisfen dermaßen durchdrungen gewesen wäre als das unsere; es heißt aber offene Thüren einstoßen, wenn Privatvereinigungen es sich alljährlich zur Auf gabe machen, die Menschheit noch besonders an das zu erinnern, was sie ohnehin schon weiß und vor allem fühlt: In Europa wenigstens wird man niemand finden, der eine abweichende Auffassung öffentlich zu vertreten wagte. Anderswo ist dieser Stand der Dinge zwar noch nicht erreicht; dort würde er sich durch den Phrasendonner des „Friedenskongresses" aber auch nicht erreichen lassen, weil die sachlichen Vor bedingungen meist noch fehlen Auf die Einzelheiten der Pester Verhandlungen einzugehen, würde sich um so weniger verlohnen, als selbst aus den Berichten der „er gebenen" Blätter deutlich hervorgeht, daß es sich dabei um harmlose Spielereien gehandelt hat Besonders lächerlich nimmt sich, um vies nur noch zu erwähnen, der Antrag aus, die „Ännäherung der Völker durch Austausch der Kinder und durch Reisen ins Ausland zu befördern." (!) Schon jetzt ist es, wie ein jeder weiß, vielfach üblich, die Kinder zur Erlernung sremder Sprachen über die Grenzen zu bringen, und an „Reisen ins Ausland" fehlt cs eben falls nicht. Braucht man das wirklich noch ausdrücklich zu empfehlen? Gleichwohl ist dieses von seiten des „Bericht erstatters" geschehen! — Aus Anlaß der Vorgänge in Opalenitza hat die Eisenbahndirektion Posen eine Verfügung erlassen, wo nach zur Gestattung von Musikaussührungen, festlichen Auf zügen, Ausstellungen u s. w. auf dem BahnhofSterrain fortan die Stationsoorstände die Genehmigung des Vor standes der vorgesetzten Betriebsinspektion einzuholen haben. — Die „Nordv Allg. Ztg " rät bezüglich des Vorfalles, das Ergebnis der gerichtlichen Untersuchung abzuwarten, bevor man be- oder entschuldigend für den einen oder den anderen Teil sich engagiere — Bei einer Betrachtung über die Parteiverhältniffe des Reichstage« wird in der „Schlesischen Zeitung" -j- Über den kürzlich verstorbenen Gilbert Duprez macht die „Frkf. Ztg." folgende nähere Mitteilungen: Der neunzigjährige Tenorist Duprez hat feine Stimme um 47 Jahre überlebt, gehörte aber dennoch nicht ganz zu den Vergessenen, weil sich an ihn die Erinnerung einer großen Reform des Bühnengesanges im allgemeinen und des Tenorgesanges im besonderen knüpfte Duprez war trotz seiner kleinen, fast gnomenhaften Gestalt der erste Heldentenor im modernen Sinne des Wortes Als er im Jahre 1837 nach seinen ersten Erfolgen in Italien nach Pari« kam, um nach dem berühmten Nourrit, für den die Partie geschrieben war, den Arnold im „Tell" zu singen, überraschte er nicht nur dadurch, daß er alle hohen Stellen, welche Nourrit zu salsettieren pflegte, mit Brust stimme sang, sondern noch mehr durch seine markige Dekla mation, die selbst dem früher al« Nebensache behandelten Rezitativ ein ungeahntes Interesse verlieh, und durch da« dramatische Feuer, womit er seine Rolle belebte Nourrit wurde über Duprez' Erfolg tiefsinnig und die Fama will, daß der nächtliche Sturz vom Balkon, der seinem Leben bald darauf ein Ende machte, kein Unglücksfall, sondern eine That der Verzweiflung gewesen sei. Duprez selbst freilich spricht sich in seinen Lebenserinnerungen, die 1880 erschienen sind, gegen die Hypothese de« Selbstmordes seine« unglücklichen Vorgänger« aus. Noch klarer, al« im „Tell", traten die Vorzüge der von Duprez geübten neuen Manier in den „Hugenotten" hervor Sie wurde nun mehr für alle Heldentenoristen vorbildlich, b>« die Wagner» schen Musikdramen letztere zwangen, auf der beschrittenen
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