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Dresdner Journal : 25.09.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189609252
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960925
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960925
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-09
- Tag 1896-09-25
-
Monat
1896-09
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 25.09.1896
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DWWWWWWW 17W — D«r „Reichsanzeiger" giebt die Ernennung des Kriegsministers v Goßler zum preußischen Bundes rat-bevollmächtigten bekannt. — Bischof Wilhelm in Hildesheim, der gestern da« Doppelsest seines 50 jährigen Priesterjubiläum» und seines 25jährigen Blschof«jubiläums beging, erhielt von Sr. Majestät vem Kaiser den Stern zum Roten Adlcr- orden 2 Klasse — Wenn der Bundesrat, wie vorauSzusehen ist, sich demnächst wieder in Berlin versammeln wird, wird er eine recht lebhafte Thätigkeit zu entwickeln haben In der ReichSverwaltung besteht die Absicht, dem Reichstage möglichst bald nach feinem Zusammentritte im November den Etat für 1897/98 vorzulegen, damit eventuell dessen Verabschiedung schneller als sonst sich vollziehen kann und damit mehr Zeit für die Erledigung anderer Vorlagen gewonnen wird, welche die deutsche Volksvertretung in der nächsten Tagung beschäftigen sollen Man nimmt auch an, daß, nachdem die Vorarbeiten zur Fertigstellung des Etats namentlich seit der Rückkehr des Staatssekretärs des Reichsschatzamtes vom Urlaube energisch gefördert sind, dieses Ziel sich unschwer wird erreichen lassen und zwar um so mehr, als bei der Aufstellung des nächstjährigen Etat« Entscheidungen von allzugroßer Tragweite nicht oder nur in kleiner Zahl in Frage kommen dürsten Die für den l. April I8S7 in Aussicht genommene Umgestaltung der vierten Bataillone zu Regimentern mit je 2 Batail lonen wird bedeutende Umgestaltungen in den fortlaufenden Ausgaben nicht Hervorrufen und die Beamtenbesoldungs- verbesserung sowie die etwaige Konvertierung der vier- prozentigen ReichSanleihen dürfte vorläufig eine Wirkung auf den Etat noch nicht ausüben. So bleiben nur die neuen Forderungen der Marineverwaltung übrig. Aber auch diese werden ja entgegen den noch immer nicht zur Ruhe kommenden Gerüchten von den „uferlosen Flotten- plänen" nicht sehr beträchtlich sein und im übrigen, da sie der Hauptsache nach bei den einmaligen Ausgaben er scheinen werden, bei der formellen Etatsgestaltung Schwierig keiten nicht machen, nachdem über die materielle Seite Einigung erzielt sein wird. Neben den Etatsarbeiten werden natürlich den Bundesrat, wie schon anderweit ge meldet, auch verschiedene Gesetzentwürfe beschäftigen, jedoch dürften diese kaum so früh aus den Ausschüssen an das Plenum zurückgelangen, wie der Etat, sodaß dieser voraus sichtlich die erste größere Vorlage darstellcn wird, die vom Bundesrate dem Reichstage neu zugestellt werden wird. — Wie die „Post" wissen will, seien infolge der armenischen Wirren im türkischen Reiche die vier deutschen Fregatten „Stosch", „Stein", „Moltke" und „Gneise- nau" nach dem Mittelländischen Meere beordert worden. Einige dieser Schiffe würden ihre Ausrüstung derart be schleunigen, daß sie bereits heute die Ausreise antreten könnten. — Dem armenischen Geistlichen Professor Thou- majan ist verboten worden, sich weiter in Deutschland an der armenischen Agitation gegen die ottomanische Re gierung öffentlich zu beteiligen, da er sonst seine Aus weisung zu gewärtigen haben würde. — Aus Deutsch-Ostafrika wird über den Auf stand der Wahehe gemeldet, daß sich die vor einigen Tagen gemeldeten Züge der Wahehe gegen die Wakun- guava und Wahumba als bloße Scheinmanöoer heraus stellen, um desto harmloser gegen die deutsche Herrschaft mobil machen zu können. Ihre Hauptmacht ist in dem wieder stark befestigten Kuircnga zusammengezogen. Oberst lieutenant v Trotha befindet sich noch auf einer größeren Inspektionsreise, sodaß nicht gleich eine ansehnliche Macht gegen die Wahehe entfaltet werden kann. Chef Prince ist vorläufig mit 200 Mann und zwei Geschützen zur Re kognoszierung den Ulanga hinauf unterwegs — Einer amtlichen Zuschrift an das „Posener Tage blatt" ist zu entnehmen, daß aus Anlaß der Opale- nitzer Vorgänge der Oberpräsident bereits Anordnungen erlassen hat, welche ebenso scharf jeder etwa stattfindenden polnisch-nationalen Kundgebung entgegentreten, wie sie der katholischen Bevölkerung ihr Recht wahren, den religiösen Gefühlen und der Ehrfurcht vor den geistlichen Oberen den angemessenen Ausdruck zu geben. — Die „Nordd. Allg. Ztg." teilt mit, daß Staats sekretär v. Stephan die Briefgewichtserhöhung als eine dringend wünschenswerte Verkehrserleichtcrung selber bean tragt habe, mit seinem Anträge aber aus denselben finan ziellen Gründen, die noch jetzt gegen diese Maßregel gel tend gemacht würden, nicht durchgedrungen sei — Über die Stellung des Fürsten Bismarck zur Frage der Doppelwährung giebt ein Brief Auskunft, den der Fürst Ende August diese« Jahres an den Gou verneur von Texas auf eine von diesem gestellte Anfrage gerichtet hat Es heißt in dem Briefe: „. . . . Ich habe stets Vorliebe für Doppelwährung gehabt, ohne, als ich im Amte war, den Sachverständigen gegenüber mich für unfehlbar zu halten. Ich glaube noch heute, daß es sich empfiehlt, da« Einverständnis der am Weltverkehr vorzugs weise beteiligten Staaten in der Richtung der Doppel währung zu erstreben Die Vereinigten Staaten sind wirt schaftlich freier in ihrer Bewegung wie jeder einzelne der europäischen Staaten, und wenn Nordamerika cs mit seinen Interessen vereinbar fände, in der Richtung der Doppelwährung einen selbständigen Schritt zu thun, so glaube ich, daß ein solcher auf die Herstellung internatio naler Einigung und den Anschluß der europäischen Staaten von förderlichem Einflüsse sein würde. . . — In der „Conservativen Eorrespondenz" ist zu lesen: In der ersten Probenummer der „Zeit" läßt sich Herr Pfarrer Naumann folgendermaßen auS: „Den Gegnern des Sozialismus (!) muß ein für allemal die Waffe ent wunden werden, daß sie sich für die „Staat«erhaltenden" ansehen Wir leugnen, daß die alten Parteien in ihrem heutigen Bestände „staatserhaltend" sind. Eie wollen vom Staat erhalten werden, ihn aber zu erhalten sind sie viel zu lahm .. Wir wollen ihnen das Wort „staatserhaltend" wegnehmen und es zu unserer Parole machen " Hr Naumann stellt, wie aus der obigen Auslastung her vorgeht, die „alten staatSerhaltenden Parteien" dem „Sozialismus" — d. h. den „National-Sozialen" und der Sozialdemokratie — ptsenüber, er identifiziert also in ge wissem Sinne seine Bestrebungen mit denen Bebel» und Singers Daß der Herausgeber der „Hilfe" und Be gründer der „Zeit" anderen Parteien zugkräftige Parolen wegnimmt und sie zu den seinigen macht, ist bekannt; die National-Sozialen leben überhaupt nur von den Ideen anderer. Interessant ist es aber, daß auch die „Idee" von der staatserhaltenden Eigenschaft de» Sozialis mus nicht au« der Naumannschen, fondern au» der sozial demokratischen Rüstkammer stammt. Der Abg Liebknecht äußerte nämlich am 5. November 1889 im Reichstage: „Die Sozialdemokraten sind eminent eine staatsbildende Partei... Die Sozialdemokratie und der Sozialismus sind allein im stände, den heutigen Staat mit Lebenskraft und gesundem Lebensblut zu «füllen .. Wir sind auch in dem Sinne eine staatserhaltende und staatsbildende Partei, al» gerade wir den organischen Fortschritt wollen, von dem Sie (die „alten Parteien") keinen Begriff haben." Die drastische Wirkung, die Herren Naumann und Lieb knecht als „Staatserhaltende" Arm in Arm auf Ver nichtung der StaatS- und Gesellschaftsordnung hinarbeitcn zu sehen, wollen wir durch weitere Bemerkungen nicht ab schwächen — Die Veränderungen, welche an den ortsüblichen Tagelöhnen seit der letzten im Zentralblatte enthaltenen Publikation vorgenommen sind, werden gesammelt und demnächst bekannt gegeben werden. Diese periodischen Veröffentlichungen sind um so dankenswerter, als der durch das Krankenversicherungsgesetz eingeführte ortsübliche Tage lohn im ArbeiterversicherungSwesen eine immer wichtigere Rolle spielen soll. Auch die Novelle zum Jnvalidi- täts- und Altersversicherungsgesetz weist ihm inso fern eine bedeutendere Stellung zu, als nach ihm allein in Zukunft die wichtige Frage der Erwerbsunfähig keit im Sinne des Gesetzes, auf Grund deren die In validenrente beansprucht werden kann, entschieden werden soll. Bisher muß zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeit eine komplizierte Rechnung vorgenommen werden, die den an der Feststellung thätigen Personen lästig genug fallen wag In Zukunft soll jeder Versicherte zum Bezüge der Invalidenrente berechtigt sein, sobald er nicht mehr ein Drittel des ortsüblichen Tagelohnes zu ver dienen im stände ist, und der ortsübliche Tagelohn ist in seiner Höhe nicht nur dcn Beamten, sondern auch den Arbeitern bekannt Diese Neuerung der Novelle wird wohl überall auf Billigung stoßen Einmal wird durch sie die Feststellung der Rente beschleunigt. Vor allem aber wird durch die Neuerung bewirkt werden, daß nicht mehr so viele unberechtigte Ansprüche auf Jnoalidcnrentenbewilligung gestellt werden Die bisherige Definition der Erwerbs unfähigkeit rm Sinne des Invalidität«- und Altersver- sicherungügesetzes war so kompliziert, daß es nicht ver wunderlich war, wenn die Zahl der mit ihren Ansprüchen hervortretenden und zurückzuweisenden Versicherten recht groß war. Im Anfänge der Geltung der Bestimmungen über die Invalidenrente war die Einreichung unberechtigter Rcntenansprüche zu einer förmlichen Kalamität geworden. Später hat sich dies gebessert, indessen ist der Prozentsatz der abzuweisenden Ansprüche auch jetzt noch recht beträcht lich Das dürfte anders werden, sobald die neue Definition der Erwerbsunfähigkeit Platz gegriffen haben wird. Über die Höhe des für den betreffenden Wohnsitz maßgebenden ortsüblichen Tagelohnes sind die Versicherten der großen Mehrzahl nach genau unterrichtet und werden demgemäß auch abmcsten können, wann für sie die Erhebung eines Anspruchs auf Invalidenrente in Frage kommen könnte. — Bei den gestrigen GewerbeyerichtSwahlen, bei denen je 79 Beisitzer von den Arbeitgebern und von den Arbeitnehmern zu ivählen waren, wurden 73 Kandidaten der bürgerlichen Parteien und 85 Sozialdemokraten ge wählt Frankreich. Paris Der „TempS" bringt heute nähere Details über den Zaren besuch in Frankreich, der vom 5. bis 9 Oktober dauert Am ersten Tage trifft das Kaiserpaar mittag» 12 Uhr in Cherbourg ein. Zwei Stunden vorher geht das französische Geschwader in See, um die hohen Gäste an der Grenze der französischen Ge wässer einzubolen Die Majestäten werden vom Präsi denten der Republik, dem Ministerpräsidenten, dem Mi nister deS Auswärtigen und dem Marineministcr em pfangen und nehmen nachmittags die Revue über das Geschwader ab Abends 6 Ubr giebt der Präsident der Republik im Arsenal von Cherbourg ein Diner Um automatisch, reflektorisch abspielen Alle» was noch mehr vorhanden ist, wie Rückenmark, kommt erst auf höherer Stufe des Tiere» zur Erscheinung, ist nichts Ursprüngliches mehr, sondern „späterer Erwerb". Faserzügc gehen bei Fischen und Selachiern vom Kleinhirn ins Rückenmark; aber eine vollkommene Verbindung des Rückenmarkes mit der Hirnrinde, die „Pyramidenbahn", tritt erst bei den Säugern auf Der direkte Einfluß des Großhirns auf die Verrichtungen, die da» Rückenmark auSübt, ist je nach der Tierart ein verschiedener und bei den niedrigeren Wirbel tieren noch gar nicht vorhanden Im Gegensätze zu den primären Empfindungen darf man den seelischen Vorgang, dem das Mittelhirn dient, als „sekundäre Empfindung" bezeichnen Zu dem Großhirne endlich übergehend, be trachtete Redner die drei Hauptabteilungen dieser Hirn partie, den Riechapparat, das Skammganglion und den Mantel Mit der zunehmenden Ausbildung de» Mantels schreitet die Fähigkeit zu höheren seelischen Handlungen vorwärts. Über die Bedeutung der Gchirnmaste ist noch nichts Sicheres festgestellt. Bei Gambetta, einem doch ge wiß nicht unbedeutenden Manne, fand man ein Gehirn von nur mittlerer Größe, das aber eine WindungSeigen- tümlichkeit aufwicS Die „Sprachgegend" der Hirnrinde war nämlich vergrößert und mehrfach gewulstet. Zum Schluß sprach Prof. Rich. Ewald über die Beziehungen der Hirnrinde zum Gehör Der achte Hirnnero wird allgemein Xorvu8 acu8tiou8 (Gehör nerv) genannt, weil ihm die Gehörfunktion zugeschrieben wird Neuere Untersuchungen lasten aber die Annahme berechtigt erscheinen, daß ihm auch eine zweite Funktion zukommt, bestehend in der Regulation de» Muskelgefühls. Zum Beweise dieser Annahme hat der Vortragende seit Jahren fortgesetzte Tierversuche unternommen, die darin bestanden, daß bei Hunden erst da« eine Labyrinth zer stört wurde, nach wenigen Wochen das zweite, nach wiederum einer längeren Pause die excitable, im Großhirn befindliche Zone für Vorder- und Hinterbeine und nach abermals mehreren Wochen schließlich in einer vierten Operation die Entfernung desselben Hirnteils auf der ent gegengesetzten Seite. Bei diesen Versuchen ergab sich folgen de«: Nach Entfernung des ersten Labyrinths verlieren die Tiere da« KoordinationSoermöaen in den Bewegungen, das sich indessen allmählich wieder herstellt. Denselben Verlauf nehmen die Erscheinungen nach Exstirpation des zweiten Labyrinthes. Auch nach Entfernung des ersten Hirn- zentrum« für Vorder- und Hinterbeine erlangt da« Ver suchstier seine normale Bewegungsfähigkeit wieder Tur bulente Erscheinungen aber treten sofort nach Zerstörung de» symmetrischen Hirnzentrum auf: da« Tier kann nicht gehen, noch stehen, nicht einmal auf Bauch und Brust liegen, sondern immer nur auf einer Körperseite und macht die heftigsten Bewegungen mit allen Extremitäten, ohne sich aufrichten zu können. So lange da» Tier im Hellen ist, gewinnt c« die Kontrolle über seine Bewegungen all mählich wieder Im Dunklen stürzt eü aber hilflo« zu sammen Daraus ist der Schluß einer Einwirkung der Augen auf die Bewegungsfähigkeit de« Tiere« zu ziehen. Woher kommt e« nun, daß trotz Zerstörung der Laby rinthe die dadurch bedingten physiologischen Au»salls- erscheinungen allmählich wieder verschwinden und da« Tier anscheinend wieder normal wird? Darauf ist die Antwort zu geben, daß diese Funktionen in Wirklichkeit gar nicht aufgehoben sind, fonvern nur latent werden. Al« Ersatz für da« Labyrinth tritt das Taktgefühl ein, da« in den genannten Hirnzentren seinen Sitz hat, und deshalb geht da« KoordinationSvcrmögen der Tiere erst nach Entfern ung auch dieser Zentren dauernd verloren — An die drei Vorträge knüpfte sich eine längere Diskussion. 8 Über die Ausstellungen de» Jahre« 1896 sprach am Mittwoch Geh Rat Prof Lessing, der Direktor de« Berliner Kunstgewerbemuseum«, im dortigen Verein 9 Uhr abends erfolgt die Abreise »ach Paris Do« Karferpaar langt hier am zwcrten Tage (6 Oktober) vormittag« 10 Utzr an und steigt auf dem Bahnhofe von Passy (Gürtelbahn) au«. Es hält seinen Einzug in die französische HaupGadt durck den Muette-Park, da« Bois de Boulogne und die Champ«-Elysöe«. Nach einem Frühstück in der russischen Botschaft begiebt sich der Zar in die russische Kirche. Am Nachmittag findet der offi zielle Empfang im Elysee statt, dann erteilt der Zar in der russischen Botschaft Audienz und diniert abends im Elysee. Der Präsident der Republik hat zu diesem Essen 200 Einladungen ergehen lassen, u. a an die Präsidenten der Kammern, an die Mitglieder de« diplomatischen CorpS, an die Minister, an die ArmeecorpSkommandanten und an die Vertreter der großen Staattkörperschaften. Dem Diner solgt ein Empfang, zu welchem ebenfalls 200 Personen eingeladen sind Abends 10 Uhr ist Galavorstellung in der Großen Oper und Illumination der Stadt. Am dritten Tage besucht der Zar die Baudenk mäler von Paris. Nachmittag ^3 Uhr legt der selbe den Grundstein zu der großen Brücke, die das hervorragendste Bauwerk der Weltaus stellung von 1900 sein wird und den Namen Pont Alexander Hl. erhält. Bei dieser Gelegenheit findet eine größere Festlichkeit statt, der der Präsident der Republik, die Behörden und die Delegierten aller Handels kammern und industriellen Vereine Frankreich» beiwohnen. Hierauf fährt der Zar nach der Münze, der Acadvmie sianyaise und dem Hotel de Ville und giebt seinerseits ein Diner in der russischen Botschaft. Abends 9 Uhr Gala vorstellung im Theütre sram,ai». Vierter Tag: Früh Besuch des Louvre; Dejeuner in der russischen Botschaft Um 1 Uhr Abfahrt nach Versailles zu Wagen Besuch der Porzellanmanufaktur in Stzvre«; Diner im Versailler Schlosse. Abends 11 Uhr besteigen die Kaiserlichen Herr schaften ihren Sonderzug, der sie nach Chülons führt. Auf ein Nachtfrst im Park von Versailles wurde wegen der Unmöglichkeit, die Sicherheit zu gewährleisten, ver zichtet. Fünfter Tag: Truppenschau in ChälonS zwischen 10 und 11 Uhr; militärische« Dejeuner im Lager; Ab fahrt nach Darmstadt. * Paris. Der Kredit, welchen die Regierung für den Empfang des Zarenpaares in Anspruch zu nehmen beabsichtigt, ist vorläufig auf fünf Millionen Francs festgesetzt Davon ist eine Million für die Revue in Chülons erforderlich. Da die Kammer nicht versammelt ist, wird der StaatSrat durch Dekret die Kredite votieren Da« Dekret soll jedoch erst nach der Abreise des Zarenpaares veröffentlicht werden Im Budget wird ein außerordentlicher Kredit eingestellt fein unter dem Titel: „Kosten für den Empfang fürstlicher Personen". — Unter den vielen Etikette-Fragen, welche noch zu regeln sind, ist auch die Frage: Wie wird der Präsi dent der Republik, .Felix Faure, an der Revue teil nehmen, im Wagen oder zu Pferde? Wenn er reitet, kann er nicht im Frack sein, und wenn er fährt, muß auch der Zar im Wagen sitzen. Es scheint entschieden zu sein, daß Felix Faure bei der Revue in Chälons nicht mitreiten, sondern die Revue im Wagen mitmachen wird an der Seite des Zarenpaares. Die Frage ist dem Zaren zur Entscheidung vorgelegt worden. — Der „Figaro" konstatiert, daß die Festlichkeiten zu Ehren des Zaren einen lediglich offiziellen Charakter haben werden und daß der privaten Inter vention kein Raum gegeben werden wird. Infolgedessen müssen alle Absichten, dem Zarenpaare ein Geschenk an- zubieten, unausgeführt bleiben Die von den Blättern und andern Korporationen eingeleiteten Subskriptionen werden daher fallen gelassen. — Die in sozialistischen und radikalen Kreisen Frankreichs gegen den Russen-Enthusiasmus herr schende Bewegung ergreift weitere Kreise. Nicht nur das leitende Organ der Sozialisten, die „Pelite Republique", sondern ouch gemäßigtere Blätter veröffentlichen in dieser Beziehung sehr bemerkenswerte Artikel. In der neuesten Nummer der „Petite Republique" publiziert die bekannte Paula Mink eine Zusammenstellung der in Rußland herr schenden Zustände, die mit den Worten schließt, welch' glänzende Feste die vor dem russischen Despoten auf dem Bauche kriechenden Regierenden Frankreichs auch arrangieren mögen, die französische Nation werde hinter dem asiatischen Pomp stets das russische Volk sehen, wie es vor Hunger stirbt und wie die armen Menschen sich gegenseitig nieder treten, um einmal im Leben sich an einem Stückchen Brot satt essen zu können Dasselbe Blatt veröffentlicht auch mit einer gewissen Schadenfreude die Thatsache, daß russi sche Matrosen in Algier einige Zuaoen halb totgeprügelt haben. Von den Gemäßigten ist es der Senator Rane, der im „Matin" bemängelt, daß der Präsident der Re publik dem Zaren nach Cherbourg entgegenfährt. Weder der Kaiser von Österreich noch der Deutsche Kaiser hätten eine so ungeheure Höflichkeit für notwendig gehalten „Gewiß", fährt der ehemalige Freund Gambettas fort, „will jedermann in Frankreich den Zaren, den Verbündeten, den Freund feiern. Aber cs wäre doch zu wünschen, daß man mitten im glühendsten Enthusiasmus sich davor hütete, der Welt den Eindruck zu geben, daß der Zar nicht nur ein Freund und Bundesgenosse, sondern ein Beschützer und Retter ist. Das wäre weder stolz noch klug. Denn wenn das Einvernehmen mit Rußland in Frankreich das beruhigende Gefühl hervorgerusen Hai, man stünde im Falle eines brutalen Angriffes nicht allein, so würde Frankreich doch noch immer sortleben, wenn ihm die russische Allianz abhanden käme." — In militärischen Fachkreisen sowie in der Presse ist seit einiger Zeit viel von einer gänzlichen Um- Wandlung der Armee aus der Grundlage einer erheblich verkürzten Dienstzeit die Rede. Der General Lambert hat die kühne Behauptung aufgestellt, daß eine nur sechs- monatliche Dienstzeit zur Ausbildung dcs Soldaten ge nüge. Allerdings scheint er dem Frieden doch nicht ganz zu trauen, denn er will dem auf diese Weise erzielten Truppenkörper nach alten Mustern eine altgediente, au» Angeworbenen und Wiederangeworbenen bestehende Kern, truppe beigeben, um ihm mehr Haltbarkeit und Verlaß zu geben. Diese Kerntruppe, deren Mitglieder 7, 10 oder 15 Jahre dienen würden, soll 120 000 Mann stark sein. Die Hälfte davon soll an die Regimenter verteilt werden, wie die Grenadiere ehedem, die andere eine Reserve nach Vorbild der alten Garde bilden. Die Idee, daß die Berufssoldaten den Rahmen der aus ganz jungen Sol daten zusammengesetzten taktischen Einheiten bilden sollen, hat vielleicht auf den ersten Blick hin etwa« Bestechender, weil ehedem ähnliches mit Erfolg versucht worden ist. Aber man übersieht, daß heute die Truppe nicht mehr so geschlossen kämpft wie ehedem, daß man mithin von dem einzelnen eine größere Selbständigkeit, d. h. Ausbildung fordern muß, als es ehedem geschah, und daß es darum in der Praxis nicht mehr ausführbar sein wird, die jungen Soldaten unter die Altgedienten wie zwischen „eiserne Klammern" einzufügcn. Auch übersieht man, daß die Alt- gedienten beispielsweise zu Cäsars Zetten und selbst unter Napoleon I., wo fortwährend Krieg geführt wurde, eine Fülle kriegerischer Erfahrungen besaßen, während denen dcs Generals Lambert nur lange Friedens« fahrungen zu Ge bote stehen Sie werden in der Schlacht folglich nicht dieselben Dienste leisten können, wie etwa die narbcn- reichen Legionäre des römischen Feldherrn. Auf die Idee des Generals Lambert, der sich bekanntlich in Bazeille auszeichnete, pfropft nun ein höher« Offizier G. de L .. in der „Revue des Deux MondeS" eine andere aus: Die „Veteranen" sollen nicht 120000, sondern 275000 Mann stark sein, die Dienstzeit des Hauptkontingents nur auf 15 Monate herabgesetzt werden Wie diese Reform durch- zuführen, auch in finanzieller Hinsicht durchzuführen sei, wird eingehend dargelegt, indessen ist nicht anzunehmcn, daß dieser oder ein ähnlicher Vorschlag im Parlament fürs erste eine Mehrheit finden wird. Man wird ihm u. a. mit mehr oder weniger Berechtigung zum Vorwurf machen können, daß er ganz und gar nicht dem Grundsatz der republikanischen Gleichheit entspricht, und daß die Gleichartigkeit des Armeeorganismus, die eine recht moderne Forderung ist, durch ihn zerstört werden würde. — Entgegen den in einzelnen italienischen Blättern aufgetauchten Nachrichten, daß die zwischen Paris und Rom mit Bezug auf den italienisch-tunesischen Handelsvertrag schwebenden Verhandlungen einen un günstigen Verlauf nähmen, wird hier von kompetenter Seite behauptet, daß vielmehr ein baldiger Abschluß der selben zu erwarten sei. Da der bestehende Handelsvertrag zwischen Italien und Tunis schon am 29. d. Mts ab läuft, so erscheint ein unmittelbar bevorstehender günstiger Abschluß der schwebenden Verhandlungen notwendig, sollen die von Italien nach Tunis exportierten Waren nicht von diesem Tage ab dem neuen Zollregime unterworfen werden. Das wäre jedoch nicht, wie gewisse italienische Zeitungen behaupten, der französische Maximaltarif, sondern ein tunesischer Generaltarif, der sich allerdings dem Maximaltarif oft bedeutend nähern würde. — Mittels eines Negierungserlasies vom 19. d. Mts. wurde die Zusammensetzung des obersten Kolonialrates in bemerkenswerter Weise abgeändert. Es werden nämlich die bisherigen Mitglieder des genannten Rates durch eine Anzahl von Fachmännnern auf handelspolitischem und militärischem Gebiete vermehrt, zu dem Zwecke, um namentlich die Ausbreitung des französischen Handels und der französischen Industrie in den Kolonien energischer als bisher zu betreiben. Außerdem wurde von diesem Kolonial rate eine permanente Spezialkommission abgetrennt, welche derart zusammengesetzt ist, daß sie, so oft es nötig cr- scheint, sofort ernberufen werden kann, um über die Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und seinen Kolo nien zu beraten Man erwartet von diesen neuen An ordnungen der Regierung ersprießliche Resultate für beide, die Republik und die französischen Kolonien Grotzbritannte«. London In den Artikeln der meisten Blätter wird angedeutet, daß mit dem Falle DongolaS das Endziel der englisch-ägyptischen Expeditiion noch nicht er reicht sei; cs wird jedoch betont, daß kein weiterer Schritt ohne höchst sorgfältige Erwägung aller möglichen Folgen gethan werden sollte. „Standard" versichert, daß Eng land sich, nachdem es soeben einen Teil des verlorenen Besitzes wiedergcwonnen habe, an der Verfolgung seiner weiteren Pläne nicht hindern lassen werde „Daily Telegr" empfiehlt einen baldigen Vorstoß bis Abu Hammcd, wo eS möglich sein dürfte, mit den Streitkräften in Suakim zusammenzuwirken. „Daily News" schreiben, für deutsches Kunstqewerbe. Der Industrielle, so bemerkte er einleitend, beteiligt sich an Ausstellungen gewöhnlich nur gezwungen, mit Ausnahme derjenigen Großbetriebe, welche ohne Rücksicht auf die Kosten eine Reklame größten Stile« haben wollen. In Berlin haben immerhm au« „Lokalpatriotismus" noch sehr viele Industrielle ausgestellt, während das ganze Nürnberger Kunstgewerbe von d« „Bayerischen Landesausstellung" fernqebliebcn ist Trotz der m Treptow günstigeren Verhältnisse aber haben auch hier — im Gegensatz zu den stets gut und gerne be schickten Fachausstellungen — wed« Publikum noch In dustrielle kunstgewerblich etwa« Besonderes gelernt. DaS wäre ganz ander« gewesen, wenn man auf ein« großen Gesamtausstellung neben und hintereinander hätte stu dieren können, was Berlin, Dresden, Stuttgart, Nürnberg u s w auf diesem oder jenem Gebiete leisten. Deshalb wollte auch da» Berliner Komitee, nachdem der Plan einer deutschen Weltausstellung gescheitert war, eine deutsch nationale Ausstellung in« Leben rufen. Daß dies nicht glückte, ist ein Schaden, der nicht wieder gut zu machen ist Auf ein« solchen nationalen Ausstellung hätte da« ganze deutsche Gewerbe und die Kunst sich wieder sammeln, die seit 25 Jahren in« Leben getretene Beweg ung übersichtlich zusammenfassen können Die Kunst gewerbeausstellung von 1876 in München hatte gezeigt, welche nationalen Züge da« deutsche Kunftgewerbc al« gemeinsame Grundlage besaß, und hatte dadurch unendlich genutzt. Ähnliche« ist seitdem leider nicht wieder versucht, da« Kunstgewerbe ist zu seinem größten Schaden von einer Ausstellung auf die andere berumgezerrt worden Tie Treptower Ausstellung ist an sich so großartig, daß die Gebäude vollkommen für eine deutsch, nationale Ausstellung genügt hätten In allen Festreden wird es betont, daß die« alle« au« eigen« Kraft, ohne EtaatSbilfe, gemacht sei, und d« Stolz dar auf ist berechtigt, aver dieser Umstand bildet gleichzeitig einen sehr wunden Punkt der ganzen Ausstellung. Bei der rein privaten Organisation bestehen natürlich die ein zelnen Gruppenvorstände aus den Sachverständigsten, also au« den ersten Firmen, die nun nicht den Mut haben, untaugliche Aussteller abzuweisen, die ihnen ja Unter drückung der kleineren Konkurrenten vorwerfen könnten Deshalb können nur ihr« Stellung bewußte Staats beamte die erforderliche strenge Auslese treffen, die allein dem Besuch« den Eindruck guter Ware giebt, was dann wied« zu umfangreichen Bestellungen führt, auch bei kleinen Industriellen, denen der große an sich keineswegs, wie man fälschlich glaubt, Schaden zufügt. Man darf eben nicht durch Zulassung aller unbedeutenden Firmen eine Ausstellung mit einer Messe »«wechseln, die alles, aber nichts Interessantes und Bedeutendes bietet Auch das an sich unentbehrliche, jetzt aber alle« überwuchernde Beiwerk würde in Treptow gerade passend gewesen sein zu dem größeren Rahmen der nationalen Ausstellung Sehr geschickt ist hi«, wie in Nürnberg, das Haupt gebäude in eine Ecke des Platze« verlrgt. Dadurch wird e» bewirkt, daß Anbauten nach Belieben und Notwendig keit gemacht werden können, ohne daß da» Publikum etwas davon merkt. In Treptow ist die schöne Fassade errichtet, in Nürnberg noch geschickter der prachtvolle Säulengang, vor welchen mit wahrhaft glänzendem Er- folg die in Berlin ganz versteckte Gärtnerei- AuSstelluna verleqt ist. Dagegen fehlen wied« in Nürn berg die großen Achsen, und da« Hauptrestaurant ist ein alte« Gebäude. Für die einzelnen Gruppen ist in Nürn berg da« System der „Hütten" angewcndet, ab« man hat unglücklicherweise die eine „Lande«"-Ausstellung dabei in acht Prooinzial-Ausstellungen zersplittert, in denen immer wieder von vorn dasselbe zu sehen ist Für diese Tt«- wirrung entschädigt eS indessen, daß die einzelnen Pro vinzen sich möglichst schmuck gemacht und sehr Hübsches geleistet haben So hat der „Bayerisch« Wald" allerliebste
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