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Dresdner Journal : 24.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189608244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960824
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-24
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 24.08.1896
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158N — Aus kaufmännischen Kreisen war dein» Reich«justiz- amt angeregt worden, es möchte die Anbringung des kürzlich veröffentlichten Entwurfs eines neuen Handels gesetzbuchs wegen der Vielseitigkeit der dabei in Betracht kommenden Interessen und des großen Umfanges des Ent wurfs in der lausenden Tagung des Reichstag« noch nicht erfolgen In der hieraus vom Reichsjustizamt erteilten Antwort ist aber, der „Wes-Ztg" zufolge, erklärt worden, daß der Entwurf unter allen Umständen dem Reichstag noch in dieser Tagung vorgelegt werden müsse. — Der deutsch chilenische Handelsvertrag vom l. Februar 1862, dessen Ablauf auf Grund der im vorigen Jahre von chilenischer Seite erfolgten Kündigung am 27. August bevorstand, ist im Wege de« Notenaus tausches bis zum 31. Mai 1897 verlängert worden. — Der Gouverneur von Kamerun, v Puttkamer, hat sich in Bremerhaven auf dem Lloyddampfer „Witte kind" nach Las Palmas eingefchifft. Da« „Berliner Tage blatt", welches bekanntlich dem vielerörterten Angriff gegen Hrn. v Puttkamer seine Spalten geöffnet hatte und des wegen auch vom Reichskanzler gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden wird, „protestiert" jetzt in komischer Weise gegen die Rückkehr v Puttkamers nach Kamerun im Inter esse der Erforschung der Wahrheit. Als Grund giebt es an, daß noch eine Reihe von Zeugen in Kamerun zu ver nehmen sei, deren Gedächtnis möglicherweise weniger scharf sein möchte, wenn Hr. v. Puttkamer als Be schuldigter und oberster Richter an Ort und Stelle sei. — Offenbar liegt in dieser Insinuation eine abermalige Beleidigung de» Gouverneurs v Puttkamer. — Eine Niederlassung der Redemptoristen in Trier, welche bisher beanstandet war, ist jetzt der „Märkischen Volkszeitung" zufolge vom Preußischen Kultusminister genehmigt worden — Aus Württemberg wird der „National- Zeitung" geschrieben: „Vor einiger Zeit veröffentlichte der „Beobachter" einen Brief eines Gefreiten Koch vom 5. Württembergischen Infanterieregiment (Ulm) an seine Angehörigen, in dem dieser seiner Unzufriedenheit über seine Behandlung Ausdruck verleiht. Es stellte sich dann heraus, daß der „Beobachter" den Brief von den« Lehrer des HeimatSortes des K erhalten hatte, und zwar hatte der Lehrer sich den Brief durch das kleine Schwesterchen des K ohne Wissen und Willen der Eltern zu verschaffen gewußt. Der „Beobachter"" wußte nun zu melden, daß Koch wegen dieses Briefes zu l Jahr 8 Monaten FestungSgefüngniS verurteilt worden sei. Ohne die Richtigkeit dieser Meldung auch nur im Ge ringsten zu prüfen, erhob man die stärksten An klagen gegen den „Militarismus". Nach einigem, in diesem Fall schwer begreiflichem Zögern hat nun das Rcgimenlskommando festgestellt, daß an der ganzen Geschichte kein wahres Wort ist. Koch erhielt aller dings eine Strafe, aber nicht wegen des Briefes, sondern wegen eines schweren Wachvergehens, das er sich als Wach habender mit Wissen zu schulden kommen ließ. Auch wurde er nicht zu 1 Jahr 8 Monaten Festungsgefängnis, sondern zu 4 Wochen Mittelarrest verurteilt (nebenbei wurde er zum Gemeinen degradiert). Die ganze Sache regt zu ver- schied.nen Betrachtungen an " — Hierzu bemerkt die „Nordd. Allg Ztg": Letzteres ist gewiß richtig, aber wenn der Korrespondent der „National-Ztg." nur der einen Re flexion Ausdruck giebt, beim öffentlichen Verfahren in Militärstrassachen würden solche „Unrichtigkeiten" von selbst aufhören, so sind doch sehr viele Fälle bekannt, in denen auch beim öffentlichen Verfahren sich Blätter fanden, die krasse Unwahrheiten verbreiteten. Näher dürfte die Betrachtung liegen, daß man Blättern vom Schlage des Stuttgarter „Beobachters" in militärischen Angelegen heiten keinen Glauben schenken darf, weil sie, „ohne die Richtigkeit ihrer Meldungen auch nur im Geringsten zu prüfen, stets bereit sind, über „den Militarismus" zu zetern Eine sehr hübsche Rolle spielt übrigens der Korre spondent desStuttgarterDcmokratenblatts in dieser Angelegen heit — der Herr Lehrer des Heimatsortes des Gefreiten Koch nämlich. — Die 43. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands ist gestern in Dortmund zusammcngetretcn. Die „Germania" widmet ihr einen Begrüßuns sartikel. Das Blatt meint, daß zwar die Katholiken Deutschlands sich jedenfalls mit Dank gegen Gott der Fortschritte er innern würden, welche die katholische Sache gemacht habe. Sie würden aber um so lebhafter auch der Thatsache ein gedenk sein, daß noch lange nicht alles wieder erreicht sei, was sie vor dem Kulturkampf besessen Hütten; zum über mütigen Jubel sei also absolut kein Anlaß vorhanden. Auch der Thatsache würden sie ihr Auge nicht ver schließen, daß die verfassungsmäßige Gleichberechtig ung auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens den Katholiken noch lange nicht in vollem Maße zu teil werde Neue Forderungen habe man vom Katholikentage nicht zu erwarten Die alten Forderungen seien ja noch noch nicht erfüllt. Das eine Wort: „Jesuitengesetz" sage da alles Laut und vernehmlich werde in Dortmund der Ruf nach der Rückkehr der Jesuiten erschallen. Viel leicht entschiedener noch als sonst werde auch der Rus nach einem christlichen Volksschulgesetz erschallen; denn das Bedürfnis werde immer schreiender und die parlamentarischen Verhältnisse des Abgeordneten hauses seien nie so günstig gewesen für die ge setzliche Schaffung einer christlichen Volksschule als jetzt. Ten Glanzpunkt de» Katholikentage« aber werde die soziale Fragt bilden Zum Schluß geht das Blatt auf die Erwägung ein, ob nicht die agrarische Frage Zwiespalt unter die in Dortmund versammelten Katholiken Deutschlands bringen werde. Die „Germania" befürchtet dies nicht. Tie Frage werde, wie es unter Brüdern und Freunden üblich sei, in aller Ruhe erwogen werden, und man werde nur nach dem Boden suchen, auf dem alle Katholiken Deutschlands, gleichviel welchem engern Lande und welchem Stande sie angehörten, in der Agrarfrage sich einigen könnten Es werde nach der goldenen Mittel linie gesucht werden, aus der sich industrielle und land wirtschaftliche Interessen, die vielfach einander widerstrebten, vereinigen ließen — Ter „Vorwärts" macht bekannt, daß der dies jährige sozialdemokratische Parteitag am Sonntag, den 11. Oktober, in Gotha stattsindet Österreich-Ungar«. Wien Der Obersthofmarschall Graf Szöcsen ist in Aussee am Herzschlag gestorben Prag. Ter böhmische LandeSauSschuß, also die höchste autonome Landesbehörde, hat in der Sitzung am letzten Donnerstag zu dem neuentfachten nationalen Feuer brande in Böhmen Stellung genommen, um sich, aller dings in der taktisch maßvollsten Weise, dem tschechischen Schürer desselben anzuschließcn. Auf der Tagesordnung stand die Beschlußfassung über den vom LandeSauSschuß- beisitzer Grafen Schönborn ausgearbeiteten Bericht, den letzterer über den acht Tage früher von vr Herold ein- gebrachtrn Antrag, den Schutz der tschechischen Mino ritäten im deutschen Sprachgebiete betreffend, in dieser Sitzung vorzulegen hatte. Dieser Bericht empfahl dem Landesausschusse die Annahme der nachstehenden Resolution: „Der Landesausschuß wird beauftragt, ein Zirkularschreiben an die Bezirksvertretungen zu erlassen, in welchem er dieselben aussordrrt, nach Möglichkeit auch die Wahrung der Gleichberechtigung beider Nationalitäten und des Friedens hinzuwirken, wozu ebenso die Hintanhaltung von Übergriffen, als auch die Mäßigung gegenüber an sich harmlosen Veran staltungen beitragen werde." Zu dieser ohnedies dem bekannten Gesichtspunkte der Tschechen in Bezug auf das tschechische Bürgerrecht im geschlossenen deutschen Sprach gebiete Rechnung tragenden Resolution beantragte Vr Herold noch den Zusatz: „Es möge der LandeSauSschuß überdies sich noch mit einer Resolution zur Wahrung der Gleich berechtigung im ganzen Lande an die Regierung wen den." In den darauffolgenden Debatten, an denen sich deutscherseits die beiden Vertreter der deutschen Landtagsminorität, Vr. Lippert und Vr. Werunsky be teiligt haben, wurde der eigentliche, zwischen den Zeilen zu lesende Sinn der beiden Anträge fest- gestellt, demzufolge nun auch nicht allein die autonome, sondern auch die staatliche Verwaltung des Landes an dem Kampfe um das geschlossene deutsche Sprachgebiet sich an der Seite der tschechischen Streiter zu beteiligen habe. Die deutschen Redner verwahrten sich in der ent schiedensten Weise gegen die Annahme dieser Anträge, weil sie, auf dem einseitigen Gesichtspunkte der tschechischen Kampfpartei bezüglich der nationalen Ruhestörungen in Böhmen aufgebaut, in nicht zu rechtfertigender Weise aus schließlich der deutschen Bevölkerung die Schuld an den selben zuschreiben sollen vr. Lippert ließ sich von der äußerlichen, nichts Unbilliges aufweisenden Seite des An trags Schönborns nicht irreführen, daß zu solchen autori tativen „Ermahnungen", den Tschechen ihre bürgerlichen Rechte nicht vorzuenthalten, die Deutschen in Böhmen keinen Anlaß gegeben haben. Im übrigen bezeichnete er es als ganz zwecklos, die „harmlosen Veranstaltungen"" dem Schutze der deutschen Mehrheit in jenem Sprach gebiete zu empfehlen, da bezüglich des Begriffes der zu lässigen „Harmlosigkeit" nationaler Veranstaltungen auch nach Erlassung des Zirkulars die Meinungen auseinander- gchcn werden. Bei der Abstimmung wurde die Resolution des Grafen Schönborn mit allen gegen die Stimmen der beiden deutschen Landesausschußbeisitzer angenommen, da gegen ergab sich für den Zusatzantrag vr Herolds, der von den Vertretern des konservativen Großgrundbesitzes aus formalen Gründen angefochten worden, bei der ersten Abstimmung die Stimmengleichheit, worauf der Vorsitzende Landesmarschall Fürst Lobkowicz mit seiner Stimme für die Ablehnung desselben entschied. Ararlretch. x^z Paris. Die Regierung hat bereits ihre Maß nahmen zum Empfange des Zaren getroffen Danach wird der von Eherbourg kommende Kaiser!. Sonderzug, wie bereits gemeldet, nicht auf dem St. Lazare-Bahnhofe. sondern aus der Gürtelbahn-Station BoiS-de-Boulogne bei der Porte-Dauphine halten Der Kaiser, die Kaiserin, der Präsident der Republik, die Minister und Generale be steigen hier die bereitstehenden Gala-Wagen und fahren die zur Triumphstraße gestaltete Aoönue du Boi«-de- Boulogne bis zur Place de l'Etoile hinauf. Hier wird am Fuße des Arc de Trioinphe ein große« Zelt errichtet Der Zug verfolgt alsdann bi« zur russischen Botschaft die Avenue de« Champs-Elysöe«, den Pont de la Eoncorde und den Boulevard Saint-Germain — Ter Maire von Caudöran, Cafsin, hat im Einverständnis mit dem Gemeinderat den Direktor der dortigen Arenen zu deren Wiedereröffnung ermächtigt, nachdem ihm dieser ver sprochen hatte, daß er nur Stierkämpfe nach spani scher Art veranstalten werde, zu denen zwei renommierte Toreadors zu berufen seien; ferner ist als Bedingung ausgemacht worden, daß der Direktot neue Stiere spani scher Rasse beschaffen solle, die im Kampfe getötet werden müssen. * Paris. Die Sitzungen der Generalräte sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber schon jetzt lassen sich aus den Beratungen verschiedene allgemeine Merkmale er kennen, die für die augenblicklich in Frankreich herrschende Grundstimniung bezeichnend sind. E» ist Sitte, daß die Präsidenten der Generalräte, unter denen es zahlreiche giebt, die zugleich Deputierte oder Senatoren sind, nach der Wahl eine Antrittsrede halten, in welcher sie sich über die innere Politik im allgemeinen auslassen. Was dieses Mal in den betreffenden Reden der Präsidenten besonders ausfällt, das ist der versöhnliche Geist, der sich in den meisten offenbart, gleichviel ob es sich um gemäßigte oder radikale Republikaner handelt. Eine ganz besondere Be deutung ist in dieser Hinsicht unter vielen andern Reden radikaler Präsidenten Zen Auslassungen des Präsidenten des Generalrats von Saone et Loire,Hrn. Tarrien, beizumessen, der bekanntlich Minister des Innern im letzten radikalen Ministerium Bourgeois war und trotzdem eine wahre Friedensrede hielt, in welcher er für die Eintracht zwischen Gemäßigten und Radikalen aufs Energischste eintrat, gerade so wie der gemäßigte Senator Dauphin im Generalrat des Departements La Somme Und daß es sich hier bei der neuen versöhnlichen Haltung der Repu blikaner beider Schattierungen nicht nur um einzelne persönliche Kundgebungen handelt, das zeigen auch neuer dings verschiedene Artikel in den gemäßigten und radikalen Blättern, namentlich in den letzteren, die noch vor kurzem das Ministerium Meline aufs heftigste angegriffen und cs aller möglichen Sünden und Verbrechen angcklagt hatten Ist die Versöhnlichkeit der gemäßigten Republikaner begreiflich, da diese ja augenblicklich am Ruder sind, so ist dagegen die plötzliche Wandlung, die mit den radikalen vorgegangen ist, einigermaßen überraschend. Vielleicht hat der bevorstehende Besuch des Kaisers von Rußland es fertig gebracht diesen Waffenstillstand hcrbeizuführen, viel leicht hat auch der letzte Kongreß in London seine Wirkung gethan, wo sich die Sozialisten so lächerlich machten, und schämen sich die Radikalen jetzt weiter mit diesen gegen die gemäßigten Republikaner gemeinsame Sache zu machen, um so mehr da jetzt augenblicklich die chauvinistische Stimmung in Frankreich wieder Oberhand gewinnt und die Radikalen als Bundesgenossen der Sozialisten sich jetzt am wenigsten dem Vorwurf des Mangels an Patriotismus aussetzcn möchten. Haben doch auch jetzt fast alle Generalräte schon in den allgemeinen Jubel über die Ankunft des Zaren eingestimmt und in den verschiedensten Formen den Wunsch geäußert, der Minister des Auswärtigen oder der Präsident der Republik möge dem Zaren die Versicherungen ihrer „Hochachtung", ihrer „Sympathie" oder ihrer „patriotischen Dankbarkeit" zum Ausdruck briirgen. — Der PaS de Calais - Generalrat beschloß, dem Zaren zwei Hengste der berühmten Boulogncr Raffe als Geschenk anzubieten Der Pariser Preßvcrein hat nun mehr sein Rundschreiben erlassen, das alle Zeitungen Frankreichs cinladet, 10 Francs für eine Ehrengabe an den Zaren zu zeichnen — Zwischen den radikalen Blättern und den der gegenwärtigen Regierung nahestehenden findet eine lebhafte Polemik darüber statt, ob der Zar auch nach Frankreich gekommen wäre, wenn an Stelle Melines noch Bourgeois sich an dec Spitze der Regierung befände. Der radikale „Jour" glaubt nun die Freunde des Ministeriums M<fline hcimschicken zu sollen, welche jetzt sagen, der Zar wäre sicherlich nicht nach Frankreich gekommen, ' wenn das Kabinett Bourgeois noch regierte; man verdanke den hohen Besuch also den Herren Hanotaux und Möline. Das sei leere Prahlerei, schreibt das Blatt, und nichts anderes sei es auch, wenn die Höflinge des Elysöpalastes andcuteten, der Besuch gelte dem Präsidenten der Republik, von dem die Einladung ausgegangen sei. „Wer solches glaubt", heißt es, „wäre naiv bis zur Dummheit. Weder die Regierung des Hrn. Meline, noch Hr Hanotaux, noch Hr. Felix Faure sind an dem Besuche des Kaisers von Rußland näher beteiligt. Nikolaus II. wäre unter irgend welchem Ministerium nach Paris ge ¬ kommen; er wäre auch gekommen, wenn Hr. Felix Faure nicht an der Spitze der Republik stände, er würde kommen, wenn die Herren Meline und Felix Faure plötzlich von unserem politischen Himmel verschwänden Dem französischen Volke bringt der Ruffe den Aut- druck seiner Sympathie, dem französischen Volke, welches seit 5 oder 6 Jahren alle Ministerien gezwungen hat, „mit Rußland zu marschieren". Hr. Felix Faure und Hr. Moline würden sich arg täuschen, wenn sie glaubten, wir seien ihnen Dankbarkeit für den Besuch des Zaren schuldig Sie werden allerdings trachten, diese Reise in ihrem persönlichen Interesse auszubeuten, aber niemand wird ihnen aus den Leim gehen." Seiner Gewohnheit aemäß schwingt sich der ehemalige Abgeordnete Lucien Mille- voye bei der Behandlung des gleichen Gegenstände» zum Pathos auf. Zar Nikolaus II. kommt nach Frankreich, um die französische Demokratie (!) zu begrüßen: keine politische Partei wird so vermessen sein, die Wahrheit entstellen und sich allein die Ehre dieses Besuche» zu schreiben zu wollen „Morgen", wird pomphaft versichert, „werden die Kaiserliche Majestät Rußland» und die nationale Majestät des französischen Volkes einander von Angesicht zu Angesicht schauen Morgen wird die Seine schauen, was der Niemen im Beginn unseres Jahrhundert« sah, die zwei Mächte, Frankreich und Rußland, die vereint alle Gelüste, allen Ehrgeiz, allen Haß Europas im Schach halten, in herzlicher Umarmung. . . . Beim Triumphbogen, rings um jene Steine, wo Namen und Daten eingegraben sind, welche alle Pergamente der Welt auswiegen, wird das Volk aus voller Kehle rufen dürfen: „Es lebe der Zar! Es lebe Rußland!" Denn nirgends ist Frankreich mehr zu Hause, als unter jenem Ruhmcs- bogen; dort wird der Kaiser von Rußland eS betrachten können in seiner glänzenden Vergangenheit und in seiner ewigen Kraft" Ter Triumphbogen, an dem der Zar bei seinem Einzuge von der Station Porte Maillot, die zur Gürtelbahn gehört, durch die Avenue du Bois de Boulogne und die Champs Elyses vorbei kommen muß, ist schon lange behufs Reparatur der Bildhauerarbeiten und des Mauerwerks von Gerüsten umgeben. Da die langsam fortschreitende Arbeit noch über ein Jahr in Anspruch nehmen soll, so wird man hie Gerüste einfach abbrechen, um den Gästen wenigsten» kein häßliches Bild zu bieten. Wie man dem „Temps" entnimmt, hat die Seine-Präfektur schon Anordnungen getroffen, damit der Asphaltboden vor der russischen Bot schaft in der Rue de Grenelle durch Holzpflaster ersetzt werde. Dies geschähe, um Unfällen zuvorzukommen, welche den Pferden des Kaisers und der Eskorte aus dem harten Asphalt zustoßen könnten — Den Trappisten von Gardes, welche die Be zahlung der Lrdensteucr verweigerten, wurde ein Mastochse gepfändet. Der Versuch des Gerichtsvollziehers Robineau, ihn zu versteigern, mißlang, da niemand bot. Robineau wollte den Ochsen nach dem nächsten Dorfe Chemille treiben, die Bauern folgten ihm pfeifend und johlend. Der Ochse, der schlecht zu Fuße war, fiel alsbald in den Straßen graben; niemand wollt« helfen, ihn herauSzuhcben Ein Bauer, der an der Unfallstelle wohnt, erbarmte sich des Tieres, brachte es auf die Beine und stellte es in seinen Stall. Die Bevölkerung ist stark erregt. zinkte». Nom. Ter gewesene Minister des Unterrichts und bekannte Schriftsteller Martini veröffentlicht im Triester „Piccolo" einen interessanten Aussatz über die Verlobung des Kronprinzen. Martini dementiert die allgemein verbreitete Ansicht, daß der Kronprinz bisher der Ehe prinzipiell abhold gewesen sei. Es sei bisher ihm ganz einfach nicht möglich gewesen, eine Lebensgefährtin zu finden. Von katholischen Prinzessinnen seien aus politischen Gründen nur sehr wenige in Betracht gekommen Tic projektierte Heirat mit der Prinzessin Clementine von Belgien hätten die Ultramontanen zu verhindern gewußt Die anglikanischen und lutherischen Prinzessinnen seien vor dem Glaubenswechsel zurückgeschreckt Königin Viktoria habe diesbezüglich erklärt: „Meine Nichten heiraten nur in der Religion, in welcher sie geboren wurden." Tie Heirat mit der Prinzessin Helene von Montenegro sei nicht blos als eine Liebesheirat, sondern auch politisch erfreulich. Diese Verbindung sei geeignet, Frcudc zu erregen, denn sie bedeute die Latente eorämls mit dem Zaren. Ohne die seit Jahren bestehende Kälte und Ent fremdung zwischen Italien und Rußland wären die Tinge in Afrika vielleicht anders gegangen. Alles deute darauf hin, daß Prinzessin Helene ihrem Gatten die italienischen Gefangenen MenelikS als Angebinde bringen werde. Namentlich die im höchsten Auftrage erfolgte Anwesenheit Leontjews in Rom sei ein deutliches Symptom dafür. — Die „Tribuna" meldet aus Kassa la: Eine italienische Abteilung, welche eine Rekognoszierung gegen El-Fascher zu ausführte, nahm einen Terwisch gefangen. Derselbe sagte aus, daß die Derwische in Gosradscheb einen neuen Posten errichtet hätten, an dem ungefähr 200 Mann stationiert seien. spricht auch die Bauart der Landhäuser am Furesee: sie ragen nicht hoch, aber strecken sich in bequemer Breite, immer von mächtigen Baumwipfeln überweht, die Fenster und Gartensaalthüren nach dem Flußspiegel gerichtet, ihre Gartenanlagen mit den Pfaden um den See an verschie denen, besonders schönen Stellen verbunden Zu erreichen ist der Furesee von der Station Holte der Kopenhagen- Helsingör-Eiscnbahn leicht; seinen intimsten, eigensten Zauber empfinden aber nur die, die sich an ihm an gesiedelt haben, und deren Gäste. Und so wird uns das gastliche Haus, aus dem heraus wir den See im Glanze des Sommernachmittags und im Schimmer der Abendröte schauen dursten, mit seinem wunderbaren Bilde zugleich für immer vor Augen stehen Die schönsten Partien de« Furesees sind unzähligmal gemalt worden und ergeben auch künstlerisch den echten Typus dänischer Landschaft. An solchen Landsern ist die ganze Insel Seeland so reich als an Buchten und tieferen Einschnitten des Meere«, deren einige die Täuschung erwecken können, als wären sie gleichfalls Landseen Ihnen gesellen sich dann die kleineren und in allen Wäldern vorkommenden „Mose", halb mit Schilf und Wasserpflanzen aller Art bedeckte Wässer, die im engeren Spiegel die Buchenkronen und die Wolken in ewig wechselnden Farben wiedergeben und namentlich am Morgen und Abend ihre besonderen Reize entfalten Eine Probe für alle war uns viele Tage lang das gleich hinter dem großen Badchotcl von Skodsborg gelegene „Böllemose" oder „Körommose", dessen melancholische Einsamkeit mit ihrem Farben reichtum immer wieder unwiderstehlich anlockte Auch hier hatte man den Eindruck, die Gesamtstimmung und zahlreiche farbige Einzelheiten schon ost aus Bildern erblickt zu haben und sich doch eingestehen zu müssen, daß die flüchtigen, im Augenblick entstehenden und vergehenden schönsten Lichtzauber dieser Weiher kaum sestgehalten werden können Im Verein mit den Reizen der größeren Seen und des Buchenwalde« schaffen sie ein innere« See land, daß sich von dem äußeren der Meeresküste höchst charakteristisch unterscheidet und in seiner Art mindesten» eben so viel Teilnahme verdient al« der Strand mit den Städten und Schlössern, an die sich die historischen Erinnerungen Dänemark» knüpfen. 8 Das Kaiser!. Gesundheitsamt ist mit einer neuen Aufgabe betraut worden Auf die Anregung dcr Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes hat da» Ge sundheitsamt cs übernommen, da» bei dcr Reichsverwaltung eingehende tropenhygicnische Material, insbesondere die in den deutschen Kolonien gewonnenen Erfahrungen wissenschaftlich zu verwerten und in geeigneter Weise weiteren Kreisen zugänglich zu machen Bisher wurden die Nachrichten, die über Tropcnhygiene in den Kolonien ein gingen, an verschiedenen Stellen veröffentlicht, mehrfach auch in selbständigen Schriften. Die Maßnahme de« Gesund heitsamtes kommt gerade zur rechten Zeit. E» fehlte bei uns an einer Sammelstelle für Tropenhygiene Früher brachte Professor Hirsch im Interesse seines Handbuches der historisch-geographischen Pathologie alles einschlägige Material zusammen Praktisch wäre es, wenn das Ge sundheitsamt, nachdem eS die Tropenhyqiene in sein Arbeitsgebiet ausgenommen Hat, sich auch der Neubearbeitung des Hirschschen Werkes, des einzigen in seiner Art, widmen würde Da» Gesundheitsamt hat alsbald mit der Ver öffentlichung ärztlicher Berichte au» den deutschen Kolonien begonnen. Es benutzt dafür die Beihefte zu seinen „Ver öffentlichungen", die nach Bedarf unter dem Sondertitel „Arbeiten au« dem Kaiserlichen Gesundheitsamte"" erscheinen. An erster Stelle wird der Bericht de« Chefarztes der Kaiser!. Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika vr. Becker über seine besondere amtliche Thätigkeit im Jahre 1894 95 mitgeteilt. Daran schließt sich dcr GeneralsanitätSbericht dc« Oberärzte- derselben Truppe vr. Gärtner an Aus Westafrika berichtet vr. Friedrich Plehn über die bisherigen Ergebnisse der klimatologischen und pathologischen Forschung in Kamerun, vr A Plehn über Klima und GesundhcitS- verhältniffe de« Schutzgebiete« Kamerun im Jahre 1894/95 und vr. Doering über ärztliche Erfahrungen und Be obachtungen auf dcr deutschen Togoexpedition 1893/94, den Schluß bildet der Bericht de« Reaierungsarzte« vr. Schwabe über die Gesundheit«verhältniffe auf Jaluit < Marschallinseln). Die Mitteilungen enthalten reiches Material von Wert zur Kenntnis der deutschen Kolonien und zur Tropenmedizin. Beobachtung dcr Lonnenfinsternis auf Bodö in Norwegen, vr. A. Brester in Telst, dcr durch seine Arbeiten über die Sonne sich einen Namen gemacht hat, hat die Sonnenfinsternis vom 9 August in Bodö be obachtet. Er schreibt darüber: „Leider hat man versäumt, die Beobachtung mit vorzüglichen Instrumenten auch in Bodö zu veranstalten, denn während nach den seit 9. August empfangenen Berichten beinahe auf allen Stationen die Wahrnehmungen durch Wolken verhindert wurden, konnte gerade in dem unbekannten Bodö die Sonnenfinsternis bei ganz Hellem Himmel beobachtet werden. Ich war so glück lich, das eindrucksvolle Schauspiel hier in seiner ganzen idealen Schönheit bewundern und eine getreue Abbildung machen zu können Die Beobachtung geschah auf einem Hügel bei Brevig am Saltensjord der Bodö, 67'^ Grad nörol Breite; ein Hügel, der vorsichtshalber am 3. Mai, als die Sonne ebenso hoch stand wie jetzt, gewählt worden war. Das Wetter war während der letzten Woche pracht voll, in der Nacht vor der Sonnenfinsternis war der Himmel Heller denn je. Al« dann auch die Sonne beim Aufgehcn am 9. August sich als durchaus hell zeigte und nicht der geringste Nebelstreifen am Horizont zu sehen war, stieg aus der Mitte der auf dem Hügel zusammen- gekommenen Beobachter ein begeistertes Hurra in die Lüfte. Ein paar Minuten vor 4 Uhr sahen wir zuerst den Mond vor der Sonnenscheibe erscheinen und ein kleines Stück derselben bedecken Dieses Stück wurde allmählich größer, aber erst um 4 Uhr 50 Minuten nahte der Augen- hlick, in dem die bereits zu einer schmalen Sichel gewordene S onnenscheibe vom Monde vollständig bedeckt wurde. Diese groß artige und plötzlich gekommene Erscheinung fand um 4 Uhr 54 Min statt; rund um die tiesschwarze Mondscheibe sahen wir nun aus einmal die weiße Corona der Sonne, aber nicht rund oder regelmäßig, sondern eher viereckig oder elliptisch, mit un zähligen Strahlen, die nach allen Richtungen hin sich in einer den Durchmesser der Sonne nur wenig übertreffenden Entfernung ausbreiteten. Merkwürdig besonders mar die beinahe vollständige Abwesenheit irgend welchen Lichte« am Nordpol der Sonne, wo sich über einem Bogen von etwa 50 Grad kein einziger Strahl zeigte Mit einem Binocle sah man deutlich an der Basi« der Korona, also unmittel bar um die Mondscheibe, die rote Chromosphäre und be sonders deutlich links etwa 20 Grad heliographischcr Breite cine große rote Protuberanz. Der plötzliche Ausgang uoa Jupiter, Venu», Merkur und eines weiteren vierten Sterns im Sternbilde der Zwillinge machte die Erscheinung noch großartiger. Übrigens war die Dunkelheit nicht so groß, als ich erwartet hatte, sodaß ich ohne viele Mühe mit weißer Kreide eine Skizze auf schwarzem Papier beginnen konnte, die ich später vollendete. Die Sekunden waren kostbar. Eben warf ich noch einen flüchtigen Blick auf den Fjord zu meinen Füßen und die ihn umgebenden Schneeberge; der Fjord war düster grau, die Berge an ihrem Fuße rötlich und an der Spitze viel Heller und gelblich Die Finsternis dauerte nur 90 Sekunden, denn um 4 Uhr 55'» Min. sahen wir plötzlich an der oberen rechten Seite der Sonne einen glänzenden Punkt sich zu einer blendenden Sichel ausbreitcn, die Sonne war jetzt nicht mehr ganz von der Mondscheibe bedeckt, und bercits der erste kleine Streifen, der von ihrem Glanz zum Vor schein kam, genügte, um da« schwache Licht der Korona, der Protuberanzen und der Sterne durchaus unsichtbar zu machen Noch bi» 5 Uhr 50 Min. blieb die Mondscheibe vor der Sonnenscheibe sichtbar, und so sahen wir die partielle Finsterni» noch, al» wir mit dem Dampfboot nach Bodö zurückkehrten. * Da» in Christiani« erscheinende „Morgenbladet" be richtet noch folgende Einzelheiten über die EiStrist des „Fr am": Da» Schiff trieb, nachdem Nansen und Johannsen dasselbe verlaffen hatten, langsam nordwärts Die Insassen fertigten Geräte für cine EiSreise, für dcn Fall, daß das Schiff hätte verlassen werden müssen Ter Sommer 1895 verlief aber ohne Zwischenfall In der Zeit vom 19. Oktober bi« 15. November war die höchste nördliche Breite erreicht, der 85. Grad war überschritten Vom 13. Januar 1896 an trieb der „Fram" nach Süden; von Ende Februar bi» Mitte Juli befand er sich fast an gleicher Stelle; er war am 19. Juli auf 83 Grad 14 Min n Br angelangt. Das Packeis war schon Mitte Mai d. I. geborsten; am 2. Juni gelang e» nach vielen Anstrengungen, da« Schiff vom Eise, in dem eo festsaß, loszumachen, doch begann dasselbe erst am 19. Juli sich au« der EiSrcgion herau«zuarbeiten. Da« Ei« reichte von
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