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Dresdner Journal : 10.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189608102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960810
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960810
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-10
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 10.08.1896
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UM Ver L'on-mler Lozialikenkongrek bietet mit seinen Verhandlungen und Zwischenfällen der Presse der Ordnungsparteien eine so grobe An griffsfläche und so viele zu Erörterungen verlockende charakteristische Momente dar, daß sich die Zeitungen noch immer mit dieser Veranstaltung beschäftigen und immer neue Punkte zu beleuchten wissen. So liest man in der „Deutschen Volkswirtschaftlichen Corre- spondenz" unter der Überschrift: „Für die Arbeiter: Nichts." folgendes: „Es gehört jedensalls zu den charakteristischen Merkmalen der Richtung, welche die proletarische sozial revolutionäre Be wegung nimmt, daß in London weder von wirtschaftlichen An gelegenheiten überhaupt, noch von denen der Arb.iter im be sonderen auch nur die Rede war Man kann sogar sehr zweiselhast sein, ob in den dreisprachigen Verhandlungen die Begriffe Arbeit und Arbeiter überhaupt nur erwähnt worden sind Jedensalls hat weder etwas aus der Tagesordnung diese- absonderlichen „Arbeiter"-Kongresses gestanden, noch ist in den Verhandlungen und Beschlüssen etwa- berührt worden, wovon — auch nur vom soziairevolutionären Standpunkte aus — be hauptet werden könnte, daß eS geeignet wäre und bezweckt hätte, die wirtschaftliche Lage, fei es deS einzelnen Arbeiter- oder der Arbeiterklasse, zu heben Statt dessen hat der Kongreß, ab gesehen von den internen und persönlichen Zänkereien, sich mit einer Menge von rein doktrinären Phantastereien besaßt, die den Arbeiter entweder überhaupt nichts, oder doch jedenfalls nicht mehr als irgend einen anderen Menschen angehen. Daß man alle die Doktorsragcn aus die denkbar unverständigste Weise ungesüßt und „gelöst" hat, war schon durch die Anwesenheit der „alten" Marxiancr, Bebel-Liebknecht-Singer rc verbürgt; ja man hat sogar sehr sorgfältig entworfene L.üsätzc über Schul- und Fortbildung-schulunterricht, die ein englischer Dele gierter empsahl, beiseite geschoben und eine gerad zu blödsinnige Resolution an ihre Stelle gesetzt. Tie Arbeiter also dürfen für sich da- Fazit de- Londoner Kongresse- dahin ziehen: Einen Haufen Steine hat man uns vorgefchüttet, aber nicht ein einziges winziges Stücklein Brot! Weshalb war denn aber der Kongreß der soziairevolutionären Internationale, die doch sonst sich rühmt, „voller Thatlrast für die Arbeiter" zu fein, diesmal mit Unfruchtbarkeit so sehr ge straft, daß er nicht einmal ein paar armselige Resolutiönchcn absallen ließ, an denen sich die Arbeiter hätten erbauen, aus denen sie hätten srhcn können, daß auch ihrer die Führer in London gedacht hätten? Der „VorwäitS" giebt auch daraus eine Antwort: Der Kongreß war ganz verfehlt zusammengesetzt! Erster Fehler: man hatte Leute gewählt, die „nicht der drei Hauplsprachen, jeder mindesten- zweier derselben, mächtig" waren. Man hatte — nach Ansicht des „Vorwärts" — unter lassen, „geeignete Krästc planmäßig heranzuziehen und ausz»- b lden" AnS dem Sozialdemokratischen ins Deutsche übersetzt heißt das doch wohl, das „gelehrte Proletariat" war zu schwach, die ungelehrten Arbeiter wann noch viel zu stark vertreten Dann aber sollen — so behauptet der „Vorwärts" weiter — die Franzose», d h. tie organisierten französischen Sozialdemokraten, sich von den „verbündeten Allemanisten und Anarchisten" haben übertölpeln lassen; eine mangclhaste Organisation der MandatS- prüsung hätte verhindert, diesem „widersinnigen Zustand" ein Ende zu machen Man sieht, das sind Gründe, die sich hören lassen, denn das gelehrte Proletariat ist — sofern cs nur drei Sprachen spricht — gewiß viel genauer darüber unterrichtet, wie den Arbeitern zu Helsen wäre, als diese selbst Darum fort mit den Arbeitern von den internationalen, soziairevolutionären Kon gressen; ob sie sich auch als .Allemanisten und Anarchisten" dort .einschleichen" mögen! Das so ungesähr sind die Ge danken des Londoner Inspirators des „Vorwärts". Daß sie es sind, geht auch aus der Befriedigung hervor, mit der das sozial demokratische Parteiorgan den Entschluß begrüßt, daß der Kon greß ein .allgemeine- Wahlprüsungslomitee" brauche und dem Mangel eine- solchen durch die Kongrcßeinladung künftig abge holfen werden sollte Dan» haben eS Bebel-Liebknecht und ihre internationalen „Kollegen" vom gelebrten Proletariat ganz >n der Hand, von den Kongressen des internationalen Proletariats jeden fern zn halten, der ihnen nicht paßt, d. h. dann bestimmen die von den Arbeitern Gemästete» ganz allein Dann aber wird es erst recht heißen: Für die Arbeiter nichts; alles sür die Agitatoren!" England und die Delagoabai. In einem anscheinend inspirierten Leitartikel be- schäftigt sich die „Nordd. Allg. Ztg." mit dem jüngst wieder aufgetauchten und dementierten Gerücht, daß England die Delagoabai käuflich an sich bringen wolle. Sie erinnert zunächst an den Ausgang des Streites zwischen den Vereinigten Staaten von Brasilien und Großbritannien um die Insel Trinidad, an die Opfer, welche Spanien bringe, um sich in Cuba zu behaupten, und an Venezuela, welches keine Verschiebung seiner Grenzen zu seinen Ungunsten dulden wolle. Alles beweise, welch' großen Wert in neuerer Zeit sowohl die altberühmten Kolonialmächte Europas als auch die aus spanischen oder portugiesischen Kolonisationen hervorgegangenen Staaten auf die Erhaltung der In tegrität ihres Landbesitzes legten. Alles dies an sich sei schon hinreichend, um Zweifel an dem Gerücht wegen Ankaufs der Delagoabai durch England zu er regen. Die „Nordd. Allg. Ztg." rekapituliert dann die Verhandlungen, welche zwischen England und Portugal um die Delagoabai und die dm tigen Land striche stattgefunden haben, und fährt fort: ^..Gewöhnlich erinnert man an die Geldnot Portugal-, »m die Geneigtheit feiner Regierung, aus einen Teil de- afrikanischen Gebiete- gegen entsprechende Entschädigung in Bar zu ver zichten, al- wahrscheinlich darzustellen D» finanzielle Lage Portugal- dürfte aber eher einen Grund gegen eine derartige Annahme abgeben Ja, wenn sich ein solche- Geschäft, wie die Abtretung emcs wertvollen Kolonialqebietes, in einem Himer- ftübchen vereinigen l eße, ohne daß Dritte etwas davon er führen! So aber würden wahrscheinlich noch schneller al« die engl scheu PounbS die portugiesische» Start-gläubiger sich in Lissabon einfinden und diese würde sich, wenn da- Geld wirklich da wäre, sicherlich nicht mit schönen Worten adspeisen lassen. Zu dem einzigen Zweck, ihren Gläubigern rin unerwartrteS Vergnügen zu machen, wird aber kaum eine portugiesische Re gierung den Vorwnrs aus sich nehmen wolle», drs Reich um eine schöne Kolonie verkürz! zu haben Aber sogar wen» sich ein portugiesische« Ministerium sänke, welches ernem Geschäft in Kolonialwerten, wie da- h er in Frage stehende, nicht ab geneigt wäre, und wenn von der Einsprache anderer, bei Ver änderungen im afrikanischen Kolonialbesitz interessierter Mächte ganz abgesehen werden soll, so würden die Vorgänge des Jahre« l«90 und da- damalige Ausflammen der nationalen Ent rüstung gegen England genügen, um es zur Gewißheit zu mache», daß am selben Tage, da die öffentliche Meinung in Poriugal glauben würde, begründeten Verdacht zu haben, daß da- Kabinett koloniale- Gebiet gegen Gels adtreten wolle, diese- Kabinett vom Ruder de- Staates zurücktreten müßte Tas nationale Empfinden der alten Kolonialvölkrr hat, wie im Eingang diese- Artikels erwähnt, mit Bezug aus die Behaupt ung der Integrität de- kolonialen Besitze- im Laufe der letzten Jahre seine Reizbarkeit offenbar noch wesentlich gesteigert. Wenn trotzdem Gerüchte über englisch-portugiesische Verhand lungen bchuss käuflicher Erwerbung der Delagoabai oder an derer Teile de- portugiesischen Kolonialgcbietes in Südostasrika mit großer Hartnäckigkeit wiedcrkchren, so handelt es sich dabei ohne Frage um Börsenmanöver, die vom Londoner Platze auSgehen Demgegenüber thut die portugiesische Regierung ihre Pflicht, wenn sie neuerdings in einer osfizösen Note auss be stimmteste versichern läßt, daß die Nachrichten über angebliche Vorverhandlungen zwischrn Portugal und England, betreffend die Abtretung der Bai von Lonrrnco Marquez, jeder Begründung entbehren " Lagesgeschichte. Dresden, 10. August. Ihre Majestäten der König und die Königin sind am gestrigen Sonntage, nach mittags l Uhr Minuten, nach Rehefeld abgereist. Se. Majestät der König gedenken nächsten Mitt- »vvch nachmittags im König!. Sommerschlosfe Pillnitz wieder eiiizutresfen, am Donnerstag einen IagdauS- slug ins Ottendorfer Revier (bei Schandau) zu unter nehmen nnd tags darauf im Residenzschlosse zu Dresden Vortrüge der Herren StaatSminister rc. zn hören. Ihre Majestät die Königin verbleiben bis auf weitens ununterbrochen im Jagdhause zu Rehefeld. Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser, Allerhöchst- desscn Befinden sich weiterhin gebessert hat, begrüßten vor gestern persönlich den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe bei dessen Ankunft auf dem Bahnhofe in Wilhelmshöhe und begaben Sich mit dem Fürsten in offenem Wagen nach dem Schlöffe. Nach der Mittagstafel machten Se. Majestät mit dem Reichskanzler allein einen dreistündigen Ausflug nach Wilhelmsthal — Ihre Majestät die Kaiserin, Allerhöchstwelche mit dem Prinzen Heinrich vorgestern noch in Essen weilten, sind an« Sonntag früh wieder in Wilhelmshöhe ein getroffen — Se. Majestät der Kaiser haben nach erfolgter Zu stimmung des Bundesrats einen neuen Abgabentarif für den Kaiser Wilhelm-Kanal genehmigt. Im Monat Juli d. I. haben übrigens 20 t 7 Schiffe mit einem Netto raumgehalt von 169085 Rcg.-Tonnen den Kaiser Wilhelm- Kanal benutzt und nach dem alten Tarif an Gebühren zu sammen 93 313 M entrichtet — Nachdem in den letzten Wochen die widersprechendsten Nachrichten über die Reise des Kaisers von Rußland im Umlauf gewesen sind, ist man jetzt in einem Punkte zur Gewißheit gelangt. "Nach der bereits vorgestern mit- aetcilten Meldung des Wölfischen Telegraphenbureaus hat sich Kaiser Nikolaus nebst Gemahlin bei Sr. Majestät dem Kaiser nach Breslau zu den Manövern angesagt, und zwar seinen Besuch für die Zeit vom 5. bis 7. September an- gckündigt. Dieser erfreuliche Besuch verliert nicht seine Bedeutung, auch wenn, wie die Pariser „Agence HavaS" halbamtlich au« St Petersburg meldete, „in ernster Weise be stätigt wird, daß der Zar sich Ende September nach Frankreich begeben wird"; und die Ausbrüche der Be geisterung über die Ankündigung des Zarenbesuche«, die sich heute schon in den dortigen Blättern finden, sind ganz unbegründet, so weit sie indirekt ihre Spitze gegen Deutsch land richten Wenn der Kaiser von Rußland, wie e« heute sogar heißt, nach Paris gehen wird, so werden wir ohne Zweifel in erhöhtem Maße den BegeisterungStaumel erleben, welcher vor drei Jahren die Pariser Bevölkerung gelegentlich der damaligen Anwesenheit der russischen Marin.'offiziere erfaßte; aber mehr noch al« damals wird diese mit allerlei Hintergedanken verbundene Begeisterung dieses Mal an der maßgebenden russischen Stelle richtig geschätzt werden — Ihre König!. Hoheiten die Prinzen Adalbert und August Wilhelm sind gestern abend aus Kassel auf der Wildparkstation bei Potsdam eingetroffen und haben sich unverzüglich nach dem Neuen Palais begeben. — Ihre Königs. Hoheiten die Prinzen Friedrich Heinrich und Joachim Albrecht haben vorgestern dem Fürsten Bismarck in Friedrichsruh einen Besuch abge stattet. Die Grasen Herbert Bismarck und Rantzau be grüßten die Prinzen und geleiteten sie nach dem Schloß. Im Park kam ihnen Fürst Bismarck entgegen und hieß die Prinzen willkommen. Als das zahlreich versammelte Publikum durch das offene Schloßthor den Fürsten Bis marck erblickte, brach es in stürmische Hochrufe aus Ihre König!. Hoheiten unternahmen nach dem Frühstück in Be gleitung des Grafen Herbert von Bismarck und der Gräfin Rantzau eine längere Ausfahrt in der Richtung nach der Aumühle, an welcher Fürst Bismarck nicht teilnahm. Nach der Rückkehr traten die Prinzen mit den Grafen Herbert und Rantzau aus dem Schloß, um den Zug zu erwarten. Der Fürst folgte ihnen und wurde bei seinem Erscheinen vom Publikum jubelnd begrüßt; cs herrschte allgemeine Freude über das vortreffliche Aussehen des Fürsten, der sich lebhaft mit den Prinzen und Einzelnen aus dem Publikum unterhielt. Um V«6 Uhr erfolgte die Abfahrt der Königs. Hoheiten. — Man spricht gegenwärtig von dem baldigen Rück tritt des Reichskanzlers und bringt verschiedentlich die Angelegenheit der Militärstrafprozeßordnung mit dieser Eventualität in Verbindung. Die „Leipz. Reuest. Nachr." haben die Demission des Fürsten Hohenlohe in sehr be stimmter Form angekündigt, die „Münchn. Reuest. Rachr." in eben solcher Weise in Abrede gestellt. Wir nehmen davon Kenntnis, ohne nach dem Vorgang anderer Blätter müßige Bemerkungen daran zu knüpfen. — Der Ministerresident in Caracas, Legationsrat Graf von Rex, hat Titel und Rang eines außerordent lichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers erhalten. — Die „B. P. N." weisen darauf hin, daß in der jüngst veröffentlichten Novelle zur Gewerbeordnung neben'den Interessen des Handwerks auch die der In dustrie berührt werden: „Wir denken dabei nicht so sehr an den im Gesetze vorhandenen Mangel eines Kriteriums für die Zugehörigkeit zur Handwerksorganisation und die dadurch sich ergebende Möglichkeit, daß auch industrielle Kreise, namentlich in einzelnen Berufszweigen, wo schon die Beschäftigung weniger Arbeiter einen großen Aufwand von Kapital und Intelligenz erfordert, in vie Organisation hineingczogen werden könnten, ohne davon den geringsten Nutzen zu haben, als an die neuen allgemeinen Bestimm ungen, welche über die Regelung des Lehrlings wesens getroffen sind. Streitigkeiten über die Klassi fikation zu den „jugendlichen Arbeitern" oder „Lehrlingen" sind nicht gerade selten. Ter bisherige 8 134 der Ge werbeordnung bestimmt, daß auf Fabrikarbeiter die Be stimmungen über die Gesellen und Gehilfen, oder, wenn die Fabrikarbeiter als Lehrlinge anzusehen sind, diejenigen über die Lehrlinge Anwendung finden. In dem 8 134 der Novelle ist außer der Paragraphenbezeichnung hieran nichts geändert, jedoch der Jnhajt der Bestimmungen über die Lehrlingsverhältnissc soll nicht bloß, soweit das Handwerk in Betracht kommt, sondern im allgemeinen eine wesentliche Veränderung erfahren. Wir weisen nur darauf hin, daß nach der Novelle nunmehr auf dem in Rede stehenden Gebiete allgemeine Bestimmungen und solche besonderer Natur sür das Handwerk erlassen, und daß beispielsweise nach den ersteren bei Personen unter 17 Jahren, welche mit tech nischen Hilfsleistungen nicht lediglich ausnahmsweise oder vorübergehend beschäftigt werden, allgemein die Vermutung gelte:, soll, daß sie in einem Lehrverhältnis stehen, also „Lehrlinge" sind. Andere Vorschriften ferner, welche über die Befugnisse zum Halten und zur Anleitung von Lehr lingen erlassen werden sollen, sollen nicht bloß für das Handwerk, sondern allgemein gelten Tie Industrie wird alle Veranlassung haben, diesem Punkte die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Jedensalls ist an der neuesten Gewerbeordvungsnovellc nicht bloß das Handwerk be teiligt, auch die Industrie wird noch manche« dabei mitzu- reden haben." — Die „Kreuzztg" schreibt: Den Gesetzentwurf, be treffend die Organisation de« Handwerkerstände«, begrüßen wir im allgemeinen sympathisch, obgleich er nicht alle Wünsch« erfüllt Wir glauben auch, daß er Gesetz werden wird, denn die Grundlage ist hier gegeben, auf der sich eine Mehrheit vereinigen kann; e« wird kaum allzu einschneidender Abänderung bedürfen. Die „Germ " sagt zwar, drei Mängel seien an dem Entwurf besonders hervorzuheben Einer sei die übertriebene Bevormundung der Handwerker durch da« Aussicht«recht der Behörde Ter zweite Mangel sei, daß der vom Handwerk laut seit Jahren geforderte Befähigungsnachweis im Gesetzentwurf nicht enthalten ist. Die Bestimmung des früheren Ent wurfs ist beibehalten worden, wonach die Befugnis zur Anleitung der Lehrlinge nur denjenigen Personen zu gebilligt wird, welche die vorgeschriebene Lehrzeit zurück- qelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben, oder fünf Jahre hindurch selbständig oder al» Werkmeister thätig waren, während da» Halten von Lehrlingen auch ohne die Erfüllung dieser Bedingung gestattet ist. Demgemäß kann jeder beliebige Geschäft»unternehmer Lehrlinge halten, er hat nur dafür zu sorgen, daß er einen geeigneten Gesellen annimmt, der seine Lehrlinge anleitet. Aber auch selbst da« Recht der Anleitung der Lehrlinge ist durch Ersitzen ermöglicht Da» sei der dritte Mangel. Wenn man nun auch die Ausstellungen der „Germania" unterschreibt, muß man doch sagen, daß sie keineswegs so ins Gewicht fallen, um dem Entwurf zu opponieren. Manches kann auch ge ändert werden; es ist z B bemerkenswert, daß die Be gründung sich keineswegs so scharf gegen den Befähigungs nachweis ausspricht, wie auf Grund des Umstandes, daß der Entwurf denselben nicht enthält, zu erwarten gewesen wäre. Jedenfalls meinen wir, daß die Handwerker gut thun werden, sich zunächst aus den Boden des zu Er reichenden zu stellen, auf diesem Grunde weiterfortzuarbeiten und nicht der „Taube auf dem Dache" nachzujagen Es freut uns daher, daß auch die „Germania" trotz ihrer Bedenken am Schluffe sagt: „Die Vorteile des Gesetzes scheinen die Mängel zu übertreffen, und die Mängel selbst werden vielleicht im Parlamente wenigstens teilweise zu heben sein." Allerdings wird erwartet werden dürfen, daß die Handwerker die neuzuschaffenden Institutionen nicht bloß mechanisch zu benutzen, sondern sie auch mit dem rechten Geiste zu erfüllen wissen Nur so werden sie Segen stiften und dem ehrlichen Handwerk einen neuen goldenen Boden schaffen können. — Es ist natürlich, daß die Beteiligung Deutsch lands an der nächsten Pariser Weltausstellung die Forderung einer gewissen Summe im Etat zur Folge haben wird, wie dies noch letzthin bei der Chicagoer Weltausstellung auch der Fall war. Ob und wie hoch indessen schon im nächsten Etat die Summe angesetzt werden vird, dürfte davon abhängen, wie das Fortschreiten der Arbeiten einaeteilt werden soll. Da der Reichs kommissar nunmehr wieder in Berlin verweilt, wird auch hierüber wohl bald endgiltiger Beschluß gefaßt werden können. — Die „Kölnische Volkszeitung" ließ sich aus Berlin melden, die „Reichsregierung" werde „auch zu den Handwerkertagen in München und Heidelberg Kom missare" entsenden Seitens der zuständigen Stelle der Reichsverwaltung ist jedoch, wie die „Nordd. Allg. Ztg." hört, eine solche Entsendung nicht erfolgt. — ZumUntergang des Kanonenboots „Iltis" wird der „Post" geschrieben: Eine Reihe von Blättern giebt ihrem Befremden darüber Ausdruck, daß seitens der obersten Marinebehörde noch nicht eine weitere amtliche Mitteilung über den Verlust des „Iltis" erfolgt ist, wofür man ganz besonders den Chef der Kreuzerdivision in den ostasiatischen Gewässern verantwortlich macht. Man über sieht hierbei, daß vom 29. v. Mts. ab sämtliche amtliche Meldungen über die Strandung des Kanonenboots, so weit sie sich auf die Katastrophe selbst beziehen, veröffent licht worden sind, sowie, was für die weitesten Kreise die Hauptsache bei dem traurigen Ereignisse selbst war, daß in der denkbar kürzesten Zeit die Ausstellung und um gehende Veröffentlichung der Verlustliste stattgefundcn hat. Nach den letzten telegraphischen Meldungen über den Auf enthalt unserer Kriegsfahrzeuge im Auslande ist der Chef der Kreuzerdivision, an Bord des Flaggschiffes „Kaiser", erst wieder am 2. d. Mts. in Tschifu eingelaufen, nach dem er zweifellos die Tage vorher in der Nähe der Unfallstelle selbst gekreuzt hat, um über den Thatbestand aus eigener Anschauung berichten zu können Wenn dem Kontr-admiral Tirpitz auch 11 Mann der Besatzung des gestrandeten Kanonenboots zur Vernehmung über die letzten Stunden vor der Katastrophe zur Verfügung stehen, so ist damit noch keineswegs gesagt, daß diese Aussagen irgendwie feststehende Anhaltspunkte zu Tage gefördert haben, um sich ein völlig klares Bild von dem Ereignis in all seinen Schuljahre verglichen werden, so übertreffen die Mädchen die Knaben, und zwar ungefähr um ein Lebensjahr, eine Thatsache, die ja wie bekannt, vollständig mit den Schul Untersuchungen von Are! Key, die sich auf Wachstum, Krank heit :c. beziehen, übereinstimmt Ter Vortrag ivurde mit außerordentlichem Beifall aus genommen, und wenn auch der Vortragende selbst aus drücklich bemerkte, daß die Schlußfolgerungen, die man aus den Untersuchungen ziehen könne, immer noch nicht über jeden Zweifel erhaben seien, so ist doch die Über legenheit diese» Verfahrens über die anderen besprochenen so ausfallend und die Ergebnisse stimmen so sehr mit der einfachen Überlegung zusammen, daß die Arbeit von Ebbinghaus als ein hochbedeutsamer Fortschritt in der exakten Erforschung der schwierigen Schulverhältnisse an gesehen werden muß Am Freitag wurde der Kongreß geschlossen, der nächste internationale Kongreß sür Psychologie wird im Jahre 1900 zu Paris stattsinden Zum ersten Vorsitzenden wurde Ribot, zum zweiten Richet, zum Generalsekretär Pierre Janet gewählt. 8 über die Vertretung Tüsseldors» auf der Berliner internationalen Kunstausstellung weiß Ad Rosenberg („Post") in der Hauptsache sehr viel Gutes zu sagen Er schreibt u. a.: Auch in der früheren Musen stadt an der Düssel, die längst den Charakter einer modernen Industrie- und Fabrikstadt angenommen hat, be steht seit einiger Zeit unter der Künstlerschaft eine Spalt ung, die sich aber weniger in Thaten, als in Meinungen und in der Stiftung von „Künstlerklub»" kundgiebt. Nach dem Münchener Muster heißt der Teil, dem die alten Düsseldorfer Kunst- und Künstlerverhältnisse nicht mehr gefallen haben, „Sezession", während der andere Teil — wenigstens im Berliner Kataloge — namenlos geblieben ist Er wird vermutlich die Mitglieder der Kunstgcnossen- schaft umfassen und sonstige Künstler, die sich in den alten Ueberlitserungcn der Düsseldorfer Schule nach wie vor wohl- fühlcn Allzu schroffe oder gar unversöhnliche künstlerische Gegensätze finden wir übrigens — mit wenigen Aus nahmen — in beiden Lagern nicht Wie überall scheinen auch in Düffeldorf Personenfragen die Spaltung herbei- aeführt zu haben Hüben und drüben giebt r« Alte und Junge, Bahnbrecher und Pfadsucher, aber die berühmten Namen, die Männer, die den Ruhm der Düsseldorfer Schule begründet haben und ihn heute noch, man darf wohl sagen, in der ganzen Welt aufrechterhalten, findet man nicht in den drei Räumen der „Sezession", sondern in dem großen Düsseldorfer Hauptsaale und in dem an grenzenden Kabinett In dein Hauptsaale reiht sich eigent- jich ein Treffer an den andern. Nächst den Sälen der Spanier und Italiener giebt eS in der ganzen Ausstellung keine gleiche Ansammlung auserlesener Kunstwerke, die vor trefflich angeordnet und gruppenweise miteinander kolo ristisch oder gegenständlich zusammengestimmt worden sind. Schon die vier Namen Andreas und Oswald Achenbach, Vautier und E v Gebhardt geben dem Saale gewisser maßen einen historischen Glanz Die kleine Marine de« Meister» Andreas — Fischerbarken im Sturm, mit der Jahreszahl 1896 — ist als das Werk eines 81jährigen eine Leistung von ganz erstaunlicher Frische und drama tischer Kraft, und Oswald Achenbachs Ansicht des Monte Salvatore vom gegenüberliegenden User des Luganer Sees entfaltet so üppige koloristische Reize, eine so starke poetische Kraft, wie sic eigentlich nur einer jugendlichen Begeisterung zu Gebote stehen. Desselben Meisters Motiv von der Gotthardtstraße mit einem Blick auf das mit frisch ge fallenem Schnee bedeckte Hochgebirge ist zwar auch kolo ristisch sehr anziehend Aber man fühlt, daß der Künstler sich noch nicht so innig in die erhabene Majestät der Schweizer Alpen eingelegt hat wie in die duftige Poesie, in den Farbenzauber des Südens. Es scheint, daß auch seine Alter»-, Studien- und Reisegenossen in der Natur Italien« einen Jungbrunnen entdeckt haben. Hermann Krüger hat auch eine Partie vom Luganer See, eine hoch gelegene Uferstraße mit einem Blick auf schneebedeckte Berge gemalt, die in der koloristischen Wirkung zwar nicht so stark die wie Achenbach« ist, dafür aber mehr intimere Stimmungsreize enthält. Dagegen hat Albert Flamm auf eine Strandlandschast mit Landleuten an einer Eistern« au» der Umgegend von Gaeta den ganzen Licht- und Farbenzauber Alt-Düsseldorfer Romantik ergossen, der u. a. auch in einer prächtigen Thallandschaft aus dem Berner Oberland von Alfred Metzener zum Ausdruck kommt. Daß auch die alte Düsseldorfer Genremalerei noch lebt, sehen wir mit herzlicher Freude an der Szene aus einem schwäbischen Wirtshaus« von Benjamin Vautier Gute Freunde und GevatterSleute haben sich, nach der Rückkehr vom Markttage in der Stadt, in der geräumigen Wirt«- stube bei Speise und Trank niedergelassen und durch die offere Thür strömen immer neue Gaste herein, die von den Anwesenden fröhlich bewillkommnet werden Die in der Stadt oder bei Hausierern gemachten Ankäufe werden geprüft und bewundert, unv allgemeine Zufriedenheit be herrscht die ganze Gesellschaft, in der es natürlich nicht an minnigiichen Mädchen fehlt, die mit ihren Erwählten offene oder verschämte Blicke tauschen Wie der Gegen stand ist auch die Malerei: klar, heiter und gesund. Auch die jüngeren Künstler halten in der Genremalerei die guten Traditionen aufrecht, so besonders Hans Bachmann, dessen tief ergreifendes, vortrefflich gemaltes Begräbnis im Gebirge bei tiefem Schnee, ein Begräbnis auf einem Schlitten, der von einem Mann gezogen wird, für die Düsseldorfer Galerie angekauft worden ist, ferner Hubert Salen tin, Franz Molitor, Friedrich Schaarschmidt, Hugo Ohmichen u. a. Den höchsten Triumph feiert die DüsieldorfcrSchule jedoch mit der Auferweckung des Lazarus von Eduard v. Geb hardt Wie immer hat der Meister den Vorgang in die deutsche Vorzeit» etwa in den Anfang des 16. Jahrhun derts, verlegt. Der Schauplatz ist eine Begräbnisstätte, anscheinend ein Judenfriedhof in freier Auffassung Aber die Figuren, die den Begräbnisplatz füllen, um sich von dem Wunder zu überzeugen, haben einen germanischen Typus, unv in ihren Angesichtern spiegelt sich die Wirkung des Wunders so mannigfaltig, so tief ergreifend und dann auch wieder in so überraschendem, fast humoristisch wirken dem Staunen wieder, daß wir diese köstliche Schöpfung noch höher stellen als desselben Künstlers „Christusknabe im Tempel", der in der historischen Abteilung zu sehen ist Die Schwester des zum Leben erweckten LazaruS ist allein ein Gebilde von so inniger, tiefer Auffassung, wie eS nur dem Geniu« in seltenen, besonders begnadeten Augenblicken gelingt. Neben diesem Bilde kann natürlich ein Gemälde seines Schülers und Nachahmers L Feld mann, die Kreuztragung Christi durch die Gaffen einer mittelalterlichen Stadt, nicht standalten Noch weniger eine riesengroße Auferweckung de« LazaruS von Robert Böninger, einem Mitgliede der Sezession, der sür seine Darstellung eine Fassung von schwarz poliertem Holz gewählt hat, die mehr den Eindruck einer Tempelarchi tektur als den eine« Bilderrahmen« macht Trotz de« modern orientalischen Kostüm» finden wir in der Kompo sition da« alte Patho« der Düsseldorfer Historienmalerei, an dessen Stelle E v Gebhardt da« allgemein mensch lich« Gefühl, die echte und wahre Empfindung ohne Maskerade gesetzt hat . . . Rosenberg erwähnt auch mehrere Bilder großen Stils und einige tüchtige Arbeiten in der Militärmalcrei und fährt dann fort: Der Schwer punkt der Düsseldorfer oder doch das Beste ihres Könnens liegt in der Landschafts- und Marinemalerei. Es ist schwer, bei einer Übersicht über ihre Leistungen einen dieser trefflichen Künstler zu übergehen, und unsere Leser mögen cs daher unserer Liebe für die deutsche Kunst, die sich in dem großen Düsseldorfer Saale vielleicht am ur sprünglichsten offenbart, zu gute halten, wenn wir eine jange Liste von Landschaften geben: zuvörderst die präch tigen Winterlandschaften von Adolf Schweitzer, der sich um die Anordnung dieser Düsseldorfer Abteilung sehr verdient gemacht hat, dann die drei Landschaften mit Jagdmotiven, darunter eine Auerhahnjayd Sr Majestät dcS Kaiser« zu Kaltenborn, von Christian Kröner, der norwegische Kiefernwald und der norwegische Waldsee von Marter-Müller, die Harzlandschaft von Wilhelm Robert, die drei durch ebenso feine wie koloristisch glänzende Licht wirkungen ausgezeichneten Seestücke von dem hochbegabten Erwin Günter, die Mondschcinlandschaften von Sophus Jacobsen, die beiden herbstlichen Waldlandschasten mit Bächen von Fritz Grebe, die durch herrliche Lichteffekte und feine Stimmung gleich angehenden Marinen und holländischen Grachten von Petersen-Angeln, S M S. „Moltke" mit aufgesetzten Leesegeln auf hoher See, ein fleißig durchgeführtes SchiffSporträt von HanS Petersen, das Kirchlein im Schnee, zu dem in der Christnacht die Gläubigen emporsteigen, von Eugen Klinckenberg, die un gemein farbige, mit reicher Staffage belebte Partie vom Nordfjord von G A Rasmussen u s. w Ein für uns neues, frische« Talent unter den Düsseldorfer Landschafts malern ist Eduard Epoerer, dessen Küstenlandschasten au» der Bretagne ebenso sehr durch die Klarheit de» Ton» und die kräftige, gesunde Stimmung, wie durch die scharfe, plastische Charakteristik der Einzelheiten fesseln. Düsseldorf besitzt zur Zeit zwei au«gezeichnete Porträtmaler in H. Crola und Walt-r Petersen (letzterer auch den Dresdnern von ihrer vorjährigen Kunstausstellung her bekannt). Zwei vollendete Schöpfungen de» ersteren, da« Bildnis eines jungen Mädchens in rosafarbenem Kleide, da« auf einer Bank im Garten unter einem blühenden Maanolien- baume sitzt, anscheinend mehr ein Genrebild als ein Porträt im eigentlichen Sinne, und da« Brustbild eine« Herrn in mittleren Jahren, finden wir in dem großen Düsseldorfer
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