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Dresdner Journal : 15.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189608152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-15
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 15.08.1896
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vrt»«»»ret«: Kür Trr-drn vieNellLhrlrch it Mart dv Ps., bei den Säuer lich deutschen Pastuiislallen vierteljährlich 3 Mart; außer halb del Deutschen Reiche- Poß- und Stempelzuschlag. Liajtlne Rummern: lv Pi Grschetuen: Täglich mit Au-nahme der Sonn und Feiertage abends. Fernspr -Anschluß: Nr tLtzä. NreMer M Joumal. AnlünsigungSgebührea: Für den Raum einer gespat- tenen Zeile kleiner Schrift Lv Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile bv Pt. Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: SSniglichc Expedition de- Dresdner Journal- Dresden, Zwingerstr SV. Fernspr-Anschlub-NrlSVS. 189. 1896 Sonnabend, den 15. August, abends. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem städtischen Polizeiinspector a. D. Herms dorf in Döbeln das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver leihen. WekannLmachung, die Abhaltung der diesjährigen Wahlfähig- keits- und Fachlehrer-Prüfungen betreffend. Die diesjährigen Wahlfähigkeits-Prüfungen für solche Hilfslehrer und Hilfslehrerinnen, welche ihre Kandidaten-Prüfung schon Ostern 1894 bestanden haben, sollen zwischen Michaelis und Weihnachten stattfinden. Hilfslehrer, welche sich dieser Prüfung unter werfen wollen, haben spätestens am 15. Seplemüer, Hilfslehrerinnen dagegen spätestens am 31. August ihre Zulassungsgesuche bei dem Bezirksschulinspektvr ihres Wohnortes unter Beifügung der in 8 16 der Prüfungsordnung vom 1. November 1877 (Seite 613 des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 1877) vorgeschriebenen Zeugnisse einzureichen, worauf sodann von den Bezirksschulinspektoren die Gesuche mit thun lichster Beschleunigung unter Beobachtung von 8 16 der Prüfungsordnung an den Prüfungskommissar ab zugeben sind. Diejenigen, welche sich einer Fachlehrer-Prüf ung unterwerfen wollen, haben ihre Gesuche um Zu lassung nebst den nach 8 28 der Prüfungsordnung beizufügenden Zeugnissen bis spätestens den 31. August saufenden Jahres, diejenigen, welche sich der Fachlehrer-Prüfung im Turnen unterwerfen wollen, bis zum 20. August bei dem Bezirksschulinspektor ihres Wohnortes an zubringen, worauf den Nachsuchenden feiner Zeit weitere Bescheidung zugehen wird. Dresden, am 3. August 1896. Ministerium des Cultils und öffentlichen Unterrichts, v. Seydewitz. vr. Dietrich. WekannLmachung. Der hierlands zum Geschäftsbetriebe mit Con- cession versehene Lübecker Feuerversicherungs- Verein von 1826 hat seinen Geschäftsbetrieb für den Umfang des Königreichs Sachsen vom 1. September dieses Jahres ab einzustellen beschlossen und seinem bisherigen Bevollmächtigten für das sächsische Geschäft, Herrn Bruno Marx in Leipzig, mit der Abwickelung der Geschäfte des Bereins beauftragt. Gemäß 8 21 der Ausführungs-Beiordnung zum Gesetze über das Mobiliar- und Privat-Feuerversicher ungswesen vom 20. November 1876, wird dies hier mit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, und zugleich darauf hingewiesen, daß von Zeit der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung an neue Versicherungsverträge Seiten des genannten Vereins nicht mehr abgeschlossen und laufende Versicherungen nicht verlängert werden dürfen. Die laufenden Versicherungen bleiben bis zur ordnungsmäßigen Auflösung des Vertragsverhältnisfes in Kraft und dürfen von der Versicherungsanstalt wider den Willen des Versicherten einer anderen Privat- Feuerversicherungsanstalt nicht überwiesen werden. Es steht jedoch von jetzt an sowohl der Versicher ungsanstalt, als den Versicherten das Recht zu, den Versicherungsvertrag nach vorgängiger vierwöchiger Kündigung aufzuheben, mit der Maßgabe, daß, wenn die Kündigung von der Privatanstalt erfolgt, sie alle bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist fällig werdenden Verpflichtungen gegen den Versicherten zu erfüllen ge halten bleibt und die über diese Zeit hinaus bereits gezahlten Prämien zurückzuerstatten schuldig ist, sowie andererseits, wenn die Kündigung von dem Ver sicherten ausgeht, diesem ein Anspruch weder auf Zurückerstattung der bereits gezahlten, noch auf Er laß der bis zum Austritte noch zu berechnenden Prämien zusteht. Dresden, am 14. August 1896 Königliche Brnndversichernngs-Kammer. 672l Schwedler. Groh. Srueuuunsteu, Versetzungen re. tm öffentlichen Dienste. Departement der Justiz. Tas vom Rechtsanwalt Sarl Theodor Ficker in Leisnig bekleidete Amt eines Notar- ide- älteren Rechts) ist durch Niederleguvg dieses Amtes Seiten Fickers und durch Feststellung nach 3 Sv verb. 8 73 letzter Ab satz der Notariatsordnung vom d September 1892 erloschen. Departement des Innern. Angestellt: Gendarmeric- Sccretär Johann Victor Freiherr von Ferber bei dem Gendarmerie-Wirthschaslsdcpöt zu Dresden als Bezirks-Assessor bei der AmtShauptmannschast Annaberg — Versetzt: Bezirks- Assessor vr zur Hermann Alsred Haberland bei ter AmtS hauptmannschast Annalerg zur Amtshaupimannschast Großen hain. Nichtamtlicher Teil. Zur krtlenstschtn Frage. Fürst Bismarck, den in diesen Tagen ein Eng länder über seine Stellung zu den Wirren im Orient und auf Kreta ouSsragen wollte, soll dem Wiß begierigen mit einer Bibelstelle gedient haben, welche zur Zeit des Apostels Paulus für die Kreier wenig schmeichelhaft ausgefallen ist. Mit du sein Urteil harmonieren heute schon sehr viele Politiker, die Stimmen, welche den Kretern wenig Gutes nach zusagen wissen, mehren sich rapid, ebenso wie die öffentliche Meinung in immer weiterem Umfange zu einer scharfen Beurteilung der von England und Griechenland eingenommenen Haltung hindrängt. In diesem Sinne erscheint eine Auslassung beachtenswert, welche von einem ehemals in türkischen Diensten be findlichen höheren deutschen Offizier herrührt und in der „Post" veröffentlicht ist. Sie lautet: „Wir befinden uns einem Aufstande gegenüber, der die größte und reichste Insel des griechischen Archipels heimsucht. Die öffentliche Meinungin Europa, durch ein begreifliches HumanitäiSgefühl irregeleitet, hält diese aufrührerische Bewegung für den Freiheits kampf einer unterdrückten Nation und erwärmt sich dafür, da man die dortigen Verhältnisse und die eigentlichen Beweggründe des Aufstandes verkennt. Ich schicke voraus, daß die Einwohnerzahl der Insel 305000 Seelen beträgt, von denen 200000 Griechen und der Rest Muselmanen sind) wenn von griechischer Seite nur von 60- bis 70000 muselmanischen Kretern gesprochen wird, so scheint mir diese Zahl absichtlich zu niedrig gegriffen zu sein oder auf ver alteten Angaben zu beruhen, da das muselmanische Element daselbst sich auf Kosten des christlichen in dem letzten Jahrzehnt bedeutend entwickelt hat. Zwei Drittel des Grundbesitzes auf Kreta befinden sich in den Händen der Muselmanen. Im großen und ganzen haben die beiden Elemente stets in guter Eintracht ge lebt, nur der westliche, Griechenland zugekehrte Zipfel ist eiu beständiger Herd von Unrnhen gewesen. Tie Bewohner dieses wilden Gebirgslandes, besonders die Sphakioten, wegen ihrer Roheit und wilden Sitten im ganzen Orient übel berüchtigt, lebten mit ihren muselmanischen Nachbarn nie in Eintracht, und die fanatische Verfolgung, derj die muselmanische Minorität von dieser Seite ausgesetzt war, hat diese nach und nach zum vollständigen Rückzüge aus jenen Gebieten gezwungen; nur einige wenige muselmanische Dörfer vegetieren noch an den Küsten Augenblicklich dürfte im Nordwesten der Insel auf dem Lande keine ein zige muselmanische Seele mehr zu finden sein; soweit sich dieselben nicht in die Städte retten konnten, wurden dieselben niedergemetzelt. Um sich eine Vorstellung von den dort landesüblichen Sitten und der Grausamkeit der Kreter zu machen, genügt ein Hinweis auf die einem Europäer kaum glaubliche Vendetta, gegen welche die der Korsen human genannt werden kann. Wie die wilden Tiere zerfleischen sich die Kreter gegenseitig, nicht nur aus Religions- und Parteihaß, sondern wegen der geringfügigsten Dinge, die zwischen den Familien Zwistigkeiten hervorgerufen haben. Ich selbst kannte ein Scheusal von einem Kreter, einen Christen, der es sich zum Ruhme anrechnete, auf ein mal sieben Mitglieder einer der seinen verfeindeten Familie niedergemacht zu haben, die noch dazu gleichen Glaubens war. „Niemals sind die Ausstände auf Kreta durch die Bevölkerung selbst hervorgerusen, sondern stets hat man den Ausgangspunkt außerhilb der Insel, be sonders in Athen, zu suchen, wohin seit Jahrzehnten alle Kreter flüchten, denen der Boden in der Heimat zu heiß geworden. Wie groß deren Zahl ist, läßt sich, ganz abgesehen von den gleichfalls landesüblichen Räubereien, bei der oben gekennzeichneten Blutrache begreifen. Die für die früheren Aufstände auf Kreta angegebenen Gründe waren stets die nichtigsten der Welt. Schon nach der Erhebung von 1858 gewährte die Pforte der christlichen Bevölkerung der Insel die weitgehendsten Rechte. Die Bewohner der Minos insel, denen damals auch als eine ihrer Hauptforder ungen das Waffentragen zugestanden wurde, würden nach jenen Errungenschaften zweifellos durchaus zu frieden gewesen sein, soweit es wenigstens ihr turbu lenter Charakter zuläßt, und würden sich wohl nie mehr gegen den Sultan erhoben haben, wenn nicht stets die Brandfackel der Rebellion von außen her unter sie geschleudert wäre. Die Erhebung der Kreter im Jahre 1866,67 war ein eklatanter Beweis dafür. Eine Salzsteuer, für das ganze Reich eingeführt, diente den Machern des Aufstandes zum Vorwand, um Kreta zu insurgieren. 1889 war es ähnlich, und auch gegenwärtig liegt kein zwingender Grund zuni Aufstande vor. Persönliche Gründe veranlaßten einige entlassene Beamte und ehrgeizige Advokaten im Ein verständnis mit dem kretischen Revolutionskomitee in Athen, das auch mit London Beziehungen unterhält, in Stilos ein Revolutionskomitee zu gründen, dessen Propaganda bei der traurigen ökonomischen Lage der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden fiel. Daß die Bewegung auf Kreta eine solche Aus dehnung annehmen konnte, erklärt sich jedoch Haupt sächlich durch die Unterstützung, welche dieselbe in Griechenland und in London gefunden hat. Wie weit die Unterstützung von englischer Seite geht, läßt sich vorderhand schwer erkennen; sicher ist, daß man in England für die Aufständischen Gelder sammelt, daß man ihnen zu Ehren Feste veranstaltet, und daß die englische Presse für die kretischen „Freiheitshelden" Partei ergreift; schon das dürfte genügen, sowohl Griechenland, wie auch die Aufständischen in ihrem Thun zu ermutigen. Ganz falsch ist es, Griechenland als das angestammte Mutterlard Kretas z» betrachten; niemals hat die Insel zu Griechenland gehört, und der Kreter glaubt sich von besserem Holze als der Grieche, den er verachtet, wäyrend dieser auch seinerseits sich über bas Jnselvolk weit erhaben dünkt und es früher wohl als „gleich sprachig", nie aber als „griechisch" anerkannt hat. Das Logischste vom historischen Gesichtspunkte aus wäre, wenn man der Herrschaft des Sultans absolut dort ein Ende machen will, die Insel Italien zu geben, da die Republik Venedig dieselbe, vor der Be sitznahme durch die Türkei, während vier Jahrhun derten besaß und aus tiefster Barbarei zu hoher Blüte erhob. Eine Vereinigung Kretas mit Griechenland würde ein großer Fehler sein, denn die dortige Lage würde sich bei der verlotterten griechischen Verwaltung eher verschlimmern als bessern, und das musel manische Element, das fast zwei Drittel allen Grund und Bodens daselbst besitzt, würde sich dann wie ein Mann erheben, und ein allgemeiner Vernichtungs kampf würde die Folge sein. Das kann die Humani tät Europas nicht zulassen. Ein autonomes Kreta unter der Garantie der Mächte, wie es ebenfalls vor geschlagen, wäre ein entscheidender Schritt zur vollständi gen Abtrennung des Eilandes von der Türkei und würde den englischen Machenschasten Thür und Thor öffnen. Falls Griechenland, das übrigens durch eine fort gesetzte Neutralitätsverletzung gegenüber der Türkei mit dieser bereits indirekt im Kriege steht, von anderen Mächten nicht unterstützt wird, so dürfte die Pforte schließlich doch noch wieder Herr der Situation werden. Der Nachfolger Abdullah Pascha-, der Divisions general und Marschall Ibrahim Edhem Pascha, kann als der für die Niederwerfung des Aufstandes be fähigteste General der türkischen Armee gelten, da er bereits früher, in den 80er Jahren, mit großem Erfolg als Militärkommandant aus Kreta thätig war, und die Verhältnisse des Eilandes von Grund aus kennt. Er wurde seiner Zeit mit Osman Pascha in Plewra gefangen genommen, wo er sich gleichfalls sehr aus gezeichnet hatte; seine neueste That war die Nieder werfung der Zeitunlis." Diese vorstehenden Darlegungen werden nicht den Beifall englischer Politiker finden; nicht weil sie bet aller Richtigkeit im einzelnen sich immerhin etwas einseitig gegen die Kreter wenden und den von London aus abgelehnten Marschall Edhem Pascha als einen tüch tigen Mann bezeichnen — daß er das Lob verdient, könnte man schon allein aus der englischen Haltung schließen —, sondern weil der Verfasser mit vielen deutschen Politikern Mißtrauen gegen John Bull an den Tag legt und nachdrücklich vor einer Autonomie für Kreta warnt. Seine diesbezüglichen Bemerk ungen enthalten eine Antwort auf den bekannten, gegen Deutschland spitz ausfallenden Artikel des offiziösen „Standard", in welchem für eine selbst ständige Negierung der Insel plaidiert wird. Es ist durchaus zutreffend, wenn der Gewährsmann der „Post" eine Autonomie für Kreta nur als Übergang zur Einverleibung in Griechenland oder England be zeichnet. Letzteres würde alsbald auf Kreta wie be reits auf Malta und Cypern die Hand legen. Ter „Daily Chronicle" will sogar wissen, England und Rußland seien zu einer Verständigung darüber ge langt oder ständen doch dicht vor einer solchen, wie sie sowohl Armenien als Kreta von der türkischen Unterdrückung ohne Störung des europäischen Friedens befreien könnten. Das Blatt giebt zu verstehen, daß die russische Armee in Armenien und die britische Flotte in Kreta „für die Ge rechtigkeit sorgen würden." Damit wäre die Sache freilich auf einem Punkte, auf welchem Frankreich die Kompcnsationsfrage aufwerfen und auch wahrscheinlich Österreich-Ungarn diesem weiteren „Ausbau" des Ber liner Vertrages nicht gleichgiltig gegenüberstehen, son dern mindestens die formelle Einverleibung der von ihm Kunst und Wissenschaft. Der Bernstein. Es ist wohl bemerkenswert, daß sich der in seinem natürlichen Vorkommen auf ein recht enges Gebiet be schränkte Bernstein schon in den frühen Zeiten der mensch lichen Kulturentwickelung eine auffallende Hochschätzung und trotz der schwierigen Verkehrsverhältnisse eine groß artige iZerbreitung selbst bei weit entlegenen Völkerschaften errungen hat Wenn man auch von jenen unrichtigen oder falsch verstandenen Angaben absieht, nach denen Aeaypter und Assyrier den Bernstein unter den fabelhaften Schätzen ihrer Königspaläste mit aufgeführt hätten und nach denen die seekundigen Phönizier ihren Handelsverkehr de» Bernsteins halber bis an die samländische Küste aus gedehnt haben sollten, so steht es doch zweifellos fest, daß Bernstein schon während der sogenannten Steinzeit an dem baltischen Strande zu Schmuckgegenständen und zu heilig gehaltinen Amuletten verarbeitet worden ist Im Beginn des letzten Jahrtausends vor Christus — als Mykenäs Schatzkammern gefüllt wurden und als die vorrömische Kultur in Norditalien ihre Blüte erreicht hatte — war e« ohne Zweifel das durchsichtige Gold des Bernsteins, da» den alten Griechen und Etruskern die ersten Kennt nisse von den nordischen Barbaren übermittelt hat E« entwickelte sich allmählich ein lebhafter Verkehr seinetwegen, nicht unbedeutende Mengen Bernstein gelangten als Schmuck oder Zierrat in die Hände der Südeuropäer. Sobald freilich der Bernstein einmal den wankelmütigen Schönheitssinn der Menschen durch seinen äußeren Glanz und durch seine goldige Farbe angezogen hatte, fiel er selbst in die Gewalt der alles beherrschenden Mode, und e« war seitdem seine Wertschätzung mannigfachen Schwankungen unterworfen In der griechischen und römischen Blütezeit war er wenig be liebt, während die großen Naturphilosophen der klassischen Jahrhunderte ihn in wissenschaftlicher Hinsicht genügend kannten Erst unter der römischen Cäsarenherrschast er reichte er wieder eine hervorragende Beliebtheit, um frei lich zur Zeit der alle Kultur erschütternden Völkerwanderung fast ganz in Vergessenheit zu geraten Seit dem Mittel- alter hat sich dann die Freude am Besitz des seltenen Bernsteins weit über die Welt, bei Europäern und Orientalen und selbst bei ganz unzivilisierten Völkern ver breitet. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist seine Verwendung zu Tabakspfeifen und zu Cigarrenspitzen, da besonders die Orientalen fast ausschließlich auf dieses Material angewiesen sind Ter Koran verbietet bekannt lich den Mohammedanern, derartige Gegenstände aus Horn oder Knochen zu benutzen, da diese Stoffe von unreinen Tieren herftammen und deshalb nicht von Gläubigen in den Mund genommen werden dürfen Im übrigen wird ein sehr bedeutender Teil der jährlichen Bernsleinproduktion auch zu technischen Zwecken verwendet. Jeder kennt das gelbe, schön polierte durchscheinende Harz, wie es unter den verschiedensten Gestalten in den allgemeinen Verkehr kommt Vorher freilich ist es oft recht unansehnlich, da die einzelnen Stücke, in denen cS gefunden wird, von stark verwitterter Rinde umgeben zu sein pflegen. Erst wenn diese entfernt ist, läßt sich der Wert emeS Fundstückes bestimmen. Je gleichmäßiger in Bezug auf Färbung und Durchsichtigkeit der Kern in seiner Masse erscheint und je größer er ist, um fo höher wird der Bernstein geschätzt. Ähnlich wie bei Edelsteinen steigt sein Wert verhäitnismüßig mit der Größe des einzelnen Objektes; über 80 x? schwere Stücke gehören schon zum sogenannten „Sorti ment", der besten ausgesuchten Handelsware, und sie sind bereits so selten, daß sie kaum I Proz der gesamten Ausbeute darstellen Das größte Stück, da« überhaupt bisher gefunden ist — und zwar wie fast alle außer gewöhnlich großen Stücke, mitten im norddeutschen Binnen- iande — wird im Königl. Mineralienkabinette zu Berlin aufbewahrt; es wiegt 6,75 Kg, nach der gebräuchlichen, für solche Extreme kaum noch zulässigen Schätzung beträgt fein Wert etwa 3000 M. Die Färbung und die Durchsichtigkeit des Bern steins ist vielen Schwankungen unterworfen Im allge meinen ist die erstere als gelb zu bezeichnen, doch giebt es auch Stücke, die ins Grüne, selbst Schwarze über gehen und solche, die orangefarbig, rot oder purpurn aus sehen. Ganz selten kommen auch blaue, violette oder opalisierende Färbungen vor Fremde Beimengungen und später entstandene Verwitterung«, und Zersetzüngsprodukte können natürlich die Klarheit in hohem Maße beeinträch tigen; aber auch im reinen Bernstein findet man fast un unterbrochene Übergänge von glasartiger Durchsichtigkeit bis zur wolligen Trübung und vollständigen Undurch sichtigkeit. Es besteht übrigens durchaus kein innerer Zu sammenhang zwischen gewißen Färbungen und Durch- sichtigkeit«graden. Wie die genaueren Untersuchungen von Klebs ergeben haben, hängt die Verschiedenheit im op tischen Verhalten lediglich von einer mehr oder weniger großen Zahl mikroskopisch kleiner Bläschen in der an sich klaren Grundmaße ab Bei dem ganz undurchsichtigen, in der Handelssprache „knochig" genannten Bernstein nehmen diese Bläschen auf dem Querschnitt eines Stückes etwa 50 Proz der gesamten Fläche ein, bei dem soge nannten flohmigen, wolkigen nur 10 Proz, und sie fehlen fast ganz in dem klaren, durchsichtigen Stein Der Inhalt der Bläschen scheint aus einer Flüssigkeit, öfters mit kristallinischen Ablagerungen von Bernsteinsäure, zu bestehen Einen selbständigen Einfluß aus die Wertschätzung des Bernsteins haben auch die nicht gerade seltenen „Ein schlüsse" in diesem. Insekten und andere kleine Tierchen, dann Blätter, Rinden- und Blütenteile zahlreicher Pflanzen arten geben einzelnen Stücken einen oft unersetzbaren Wert für die Wissenschaft Nur in einem flüssigen und dann bald erhärtenden Safte konnten so zarte Objekte viele Jahrtausende hindurch ausbcwahrt bleiben, um nun als stumme aber doch deutliches Zeugnis ablegende Ge noßen der Vorwelt demjenigen Auskunft zu geben, der ihre Antworten zu verstehen weiß. Viele Jahrtausende ist es her, daß der Bernstein ent stand. Er ist ja nichts anders als das fossile Harz einiger vorgeschichtlicher Nadelhölzer, das durch Sauerstoff ausnahme aus der Luft allmählich fest und hart geworden ist. Seiner chemischen Zusammenstellung nach besteht der Bernstein aus Succinin (zu 85—90 Proz.), Bernsteinsäure (zu 3—8 Proz.) und au» kleineren Mengen ätherischer L le und ähnlicher Stoffe Er hat ein spezifisches Gewicht von etwa 1,07, sodaß er das des Ostfcewassers nur um ein Geringes übertrifft und sich daher einige Zeit im bewegten Meere schwebend zu erhalten vermag. Er hat eine Härte von 2 bis 2,5, ist aber doch leicht zu schneiden, zu bohren und zu polieren, wird durch Reibung negativ elektrisch und vermag dann leichte kleinere Körper, wie Papier schnitzel re , anzuziehen Angezündet brennt er unter Ent wickelung von Ruß und aromatischen Dämpfen und schmilzt zwischen 290 bis 300° unter Zersetzung in Waßer, Bernsteinsäure, Essigsäure und gewisse Bernsteinöle Der Bernstein stammt, wie schon erwähnt wurde, von einem nicht mehr existierenden Nadelholz. Schon in den frühesten Zeiten war eine ähnliche Ansicht über seinen Ursprung verbreitet. So hielt ihn Aristoteles ebenfalls für ein Harz, allerdings für das einer Pappelart, und Tacitus kannte bereits die Einschlüße wohlerhaltener Insekten, au« deren Vorkommen er auch schloß, daß Bernstein ein eingedickter Pflanzensast sein müße Pliniu« leitete sogar den lateinischen Namen des Bernstein«, Kuccinum, von dem Worte suemu (Vaumsaft) ab, wenn-
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