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Dresdner Journal : 24.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189607241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960724
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-24
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 24.07.1896
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IM Nachrichten aus den L'andesteilen. * Über die meist schweren Gewitter, welche am ver- qangenen Mittwoch einen großen Teil unseres engeren Vaterlandes heimgesucht haben, liegen heute noch folgende Nachrichten vor: Neustadt, 22. Juli. Heute mittag ging hier ein furchtbares Unwetter hernieder, das großen Schaden anrichtete Außerordentlich große Hagelstücke verwüsteten innerhalb 20 Minuten die prächtige Ernte. Obstsrüchte, Äste und Zweige wurden von den Bäuinen geschlagen, Glassenster zertrümmert, Straßen, Fußpfade in Stadt und Dörfern teilweise üb-rfchwemmt. Tie un geheuren Wasserfluten konnten von den Kanälen und Gräben nicht ausgenommen werden, sodaß die Häuser unter Wasser standen Die Hagelstücke lagen 10 cm hoch auf Wegen und Fluren — Krumhermsdorf, 22. Juli. Heute mittag in der 12. Stunde wurde unser Ort von einem schrecklichen Unwetter betroffen. Unter heftigen Blitzschlägen fiel über eine Viertelstunde lang haselnuß- bis taubeneigroßer Hagel herab, alle Feld- und Garten früchte vernichtend und unsere Gegend in eine Winter- land schäft verwandelnd Auf den Hagel, der stellen weise noch nach 5 bis 6 Stunden nicht verschwunden war, folgte dann wolkenbruchartiger Regenguß, der auf den Kartoffel- und Rübenfeldcrn namentlich durch Ausschwemmen der Feldfrüchte bedeutenden Schaden anrichtete. — Königstein, 22. Juli. Das in den heutigen Mittagsstunden über unserer Stadt nieder- qegangene Gewitter war mit starken elektrischen Ent- iadungen und wolkenbruchartigem Regen sowie Schloßen verbunden — Rosenthal-Markersbach, 22. Juli. Ein heute mittag hierselbst zur Entladung gekommenes heftiges Gewitter brachte einen starken Schloßenfall mit sich. — Gottleuba, 22. Juli. Heute mittag um 12 Uhr entwickelte sich oberhalb der Stadt ein heftiges Gewitter, welches sich mit aller Gewalt über die hiesige Gegend in stundenweiter Ausdehnung verbreitete. In diesem Jahre ist hier ein so starkes Gewitter noch nicht bemerkt worden Blitz auf Blitz, Schlag auf Schlag folgten. Auch waren Schloßen im Gefolge. Die Getreidefelder sind von den starken Regentropfen und Schloßen niedergedrückt worden. — Zittau, 22. Juli Durch ein furchtbares Gewitter wurde heute nachmittag kurz vor 2 Uhr die Einwohner schaft unserer Stadt in Aufregung versetzt Zahlreiche Keller wurden unter Wasser gesetzt, die Hausflure wurden überschwemmt und von hier aus drangen die Wasfer- mcngen vielfach auch in die Parterrewohnungen ein. Ver schlimmert wurde der Übelstand noch dadurch, daß sich das Wasser in den Kanälen staute und nun, einen ÄuSweg suchend, durch die Anschlußröhren des Kanalnetzes in mehrere Wohnhäuser zurückflutetc. Hagelkörner bis zur Größe von Taubeneiern sausten dicht hernieder und prasselten gegen die Fensterscheiben. Nach einer Stunde lies; das Ünwettcr nach. Zum Glück haben die Blitz schläge nicht gezündet. Der Schaden ist aber trotz dem ziemlich beträchtlich, zahlreiche Fensterscheiben sind zer schlagen, auf den Feldern ist das zum Abmähen reife Getreide niedergeworfen worden und dürfte sich schwerlich wieder aufrichten. In den hiesigen zahlreichen Gärtnereien hat das Ünwetter ebenfalls arg gewüstet und manche Hoff nung vernichtet; groß ist ferner der Schaden, der an den Obstbäumen angerichtet wurde: wie gesät liegen die vom Hagel abgeschlagenen unreifen Früchte unter den Bäumen umher und die Hoffnung auf eine ertragreiche Obsternte ist stark beeinträchtigt. — Werdau, 23. Juli. Ein furcht bares Univetter, das gestern nachmittag kurz nach 2 Uhr über unsere Gegend niederging, hat hier und in der Um gegend bedeutenden Schaden angerichtet. Das Gewitter, südlich unserer Stadt sich auftürmend, breitete sich südöst lich aus und schien seinen Weg nach dem Muldenthale nehmen zu wollen, als es plötzlich mit unheimlicher Heftig keit über Werdau hereinbrach. Schon unter die ersten schiverfallcnden Regentropfen misch.cn sich hartausschlagende Eisstücke, die sich in wenigen Sekunden zu einem heftigen Hagelschlag verdichteten Das Prasseln der Schloßen über tönte die mächtigen Donnerschläge, die den elektrischen Entladungen folgten Es war ein entsetzlicher Auf ruhr in der Natur. Nach Beendigung des etwa zehn Minuten währenden HagelschlagcS bot sich dem Auge ein Bild der Verwüstung dar. Die besonders schwer be troffene südliche Vorstadt glich einem Eisfelde. Die bis zur Größe von Wallnüssen niedergefallenen Eisstückc hatten die in Üppigkeit prangenden Getreidefelder dem Erdboden gleich gemacht; die wogenden Saaten schienen förmlich ge walzt zu sein; die Gartenanpflanzungen waren zerstört, der Blätterschmuck der Bäume war heruntergeschlagcn und viele hundert Fensterscheiben waren zertrümmert worden Die gleichzeitig niederstürzenden Wassermassen wälzten sich in wenigen Minuten gleich Sturzbächen von den südlichen Abhängen durch die niederführenden Straßen und Wege, Geröll und Erdreich mit sich führend; sic überfluteten die tiefliegenden Wohnungen, drangen in die Keller und ver wandelten unsere träge Pleiße in einen hochangeschwollenen Fluß. Eine Anzahl Personen wurde durch Blitzschläge betäubt, doch haben die Betroffenen das Bewußtsein sämt lich wiedererlangt. — Rötha, 23. Juli Das am gestrigen Nachmittag hier und in der Umgegend aufgetroffene Gewitter war außerordentlich schwer. In der Gegend von Espenhain, Muckern und Mölbis war das Gewitter von Hagclschlag begleitet; die Feldfrüchte dürften zum größten Teil vernichtet sein. — Grimma, 22. Juli. Bei dem heute im Muldenthale niedergegangenen sehr heftigen Ge witter erschlug der Blitz im benachbarten Hohnstädt einen auf einer Leiter im Kirschbaum stehenden Mann und be täubte drei andere Leute. Der wolkenbruchartigc Regen war auch mit Schloßen vermischt. * Leipzig, 23. Juli Wie das „Leipz Tgbl " er fährt, ist auf Anregung von Leipziger Herren im Osten, jenseits der Peripherie des Stadtgebietes, die Anlage eines großen Volksparkes geplant In Aussicht sind dazu genommen die Parthenwicsen, die sich von der Mühle in Schönefeld bis Abtnaundorf zu erstrecken und die ins gesamt eine Länge von etwa 130000 gm cinnehmcn Ter Volkspark, der reich mit Bäumen und Ziersträuchern versehen wird und der auch einen Teich mit gärtnerischem Schmuck erhält, soll als Erholungsziel der oststädtischen Bevölkerung schon jetzt errichtet werden, zu einer Zeit also, in der das Wachstum der Oststadt und ihrer unmittelbar angrenzenden Vororte noch nicht zu weit vorgeschritten ist. * Grimma, 23. Juli. Im August d. Js. werden die Schneiderinnungen Sachsens und der thürin gischen Staaten hier ihren Verbandstag abhalten, zu dem 100 bis 150 Delegierte zu erwarten sind. * Brand, 23 Juli Mit großem Gepränge fand gestern hier gleichwie in Freiberg der bergmännische Feier tag, der St reit tag, statt. Die Feier wurde eingeleitet mit einer großen Parade und einem FestgottcSdienste in der Kirche zu Erbisdorf, bei dem Pastor Görner die Fest- predigt hielt. Nachmittags sand Konzert und Ball statt * Annabcrg, 23 Juli. In den letzten Tagen ist eS einigen täglichen Besuchern unseres Pöhlbergs gelungen, an den Basaltblöcken höchst interessante natürliche Gebilde zu entdecken So sieht der scharfe, mit einiger maßen reger Phantasie begabte Besucher an den „großen Butterfässern" auf der nördlichen Pöhlberasrite: einen „assyrischen König", einen „Türkenkopf mit Turban", an der östlichen Seite einen „schlafenden" und einen „forschenden Einsiedler". Weiter oben am Berge befindet sich auch eine ziemlich tiefe Höhle, die aber ohne sicheren Führer von dem Fremden kaum gesunden werden wird. Vermischtes. * über „lebende Uhren" schreibt Dr Ludwig Ka rell (Wien) der „Frkf. Ztg ": Wenn der Helle Strahl der Sonne die Erde zu neuem Leben erweckt, öffnen sich die Blumen und hauchen dem Tagesgestirne ihren duftigen Gruß zu Nicht alle erweisen ihm diese Höflichkeit zu gleicher Zeit, denn es giebt auch hier, ebenso wie unter den Menschen, Frühaufsteher und Siebenschläfer Die blaue Wegwarte (Oicborium Int^bus), von der daS Sur rogat für unseren Kaffee kommt, breitet die vielen Bänd chen ihres Blütenlörbchens schon um 4 Uhr morgens aus. Also zu einer Zeit, wo die meisten Menschen noch gar nicht an die Eichorie denken! Der „traurige" Storch schnabel (tivranium tri8tc) erhebt erst um 6 Ühr abends sein fünfstrahliges Haupt Ebenso ungleichmäßig wie das „Lever" ist die Ruhezeit der vielgestaltigen Sprößlinge der Auen Tie Blüten des Salates (l-actuca nutivu) werden schon um 10 Uhr vormittags müde, während die des NapS (Uruüsiea) erst um 9 Uhr abends sich schließen. Linnö wendete den Erscheinungen des öffnens und Schlie bens der Blüten seine besondere Aufmerksamkeit zu und konstruierte daraus die sogenannte Blumenuhr. Der erste Zeiger auf dieser Ühr, die niemals revariert zu werden braucht, ist der Wicsen-Bocksbart (ll'raxopo- s?on inateusv), dessen gelbe Blumenblätter bereits um 3 Uhr morgens sich entfalten. Die Eichorie stellt sich, wie schon bemerkt, eine Stunde später ein Um 5 Ühr legen sich die rosig angehauchten Blütenhüllen einer Mohnart (I'apavsr nuckioauw) auseinander. Der ge meine Löwenzahn steht um 6 Uhr und das Schweins kraut (II)pocdovri8 muculatu) um 7 Uhr auf Viel verwöhnter ist die auf den Armen der Wassergeister ge wiegte weiße Seerose, die ihre Kelche erst um 8 Uhr öffnet Noch länger Zeit läßt sich die Totenblume (Erllsnäulu), welche dies erst um 9 Ühr thut. Wer früh aufsteht, muß auch bald zu Bette gehen. Darum schließen die Wegwarte und der Salat ihre Blumenkörbchen schon um 10 Uhr vormittags, der Sumpf-Ziest (Ore- pi8) um 11 Uhr und mittags legt sich die Totenblume zu den Schlafenden Eine Nelkenart (Viautbu8 pro- liker) verhüllt ihre Sterne um 1 Uhr, das geöhrte Habichtskraut (Uieraeium uuriculu) um 2 Uhr, das Eiskraut (Ke8embv)mntbvmum) um 3 Uhr nachmittags. Diesem Beispiele folgt um 4 Ühr die schlanke Gras lilie k.^ntbsrieum ramo8um). Lyrische Dichter verstoßen gegen vie Gesetze der Botanik, wenn sie die silbernen Kronen der Seerosen in dem bleichen Mondeslichte erstrahlen lassen, denn die besagte Poetenblume schließt sich schon um 5 Uhr. Ein Nacht bummler ist der „betrübte" Storchschnabel, dessen Morgenstunde, wie schon erwähnt, erst auf 6 Uhr abends fällt. Spießbürgerliche Sitten hat der gleichfalls schon be zeichnete Mohn und die Kaiserkrone (Ucmerocali8 tülvs), die um 7 bez um 8 Uhr sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Wirklich mit dem Monde alliiert scheint die nächtliche Silene (Sileuc uoctitlora) zu sein, denn sie richtet ihr nickendes Haupt erst um 9 Uhr auf. Ein Sonderling in der Pflanzenwelt scheint der großblütige Kaktus zu sein, denn er zeigt seinen Schmuck erst um 10 Uhr abends, verbirgt ihn jedoch schon um Mitternacht wieder. Zwischen 12 Uhr nachts und 3 Uhr morgens braucht nicht einmal ein Naturforscher eine Uhr. Wer sich nach diesem duftigen Zeitmesser richtet, weiß wohl: wie viel es in — Upsala geschlagen hat, denn für die dortigen Verhältnisse, also für Gegenden von 60 Grad nördl. Breite, gilt die Aufstellung Linnes. Eine andere, für Innsbruck, hat der Wiener Botaniker Hofrat Kerner in seinem „Pflanzenleben" angegeben In Tirol begrüßt die wilde Rose den goldenen Tag, das Eiskraut wendet sich der Sonne um Mittag zu und die bleiche Kratzdistel schließt ihre dem Erdboden ausliegenden Blüten angesichts derMbendröte. Da wir nicht annehmen können, daß sich die Blumen öffnen und schließen, um uns den flüchtigen Schritt der Zeit erkennen zu lassen, muß es wohl einen anderen Grund für diese Erscheinungen geben Einen solchen deutet die auch für jedes Gewächs bestehende Verpflichtung, sich fortzupflanzen, an. Wären die Blumenblätter die ganze Nacht hindurch offen, so würde durch den Tau der Pollenstaub derart durchnäßt werden, daß ihn die Insekten an; nächsten Tage nicht ein fach von den Fäden abstreisen und auf eine Narbe des Fruchtknotens tragen könnten Anderseits öffnen sich die zarten, so bunt bemalten Blütcnteile, um die in der Luft schwirrenden Sechsfüßler zum Besuche einzuladen. Von den letzteren hat jeder seine Spezialität und seine be stimmte Flugzeit. So z. B stecken die großen, schlanken Abendschwärmer unter den Schmetterlingen ihre langen Rüffel nur in solche Kelche, welche sich zu dieser Zeit er schließen. Die nächtliche Silene nickt eigentlich nicht dem Monde, sondern einem dieser Falter zu Man hat auch der Natur ins Handwerk zu pfuschen gesucht, indem man die Bedingungen für diese periodische Thätigkcit der Kinder Floras künstlich nachzuahmen suchte. Ein echtes Kind der Berge — der blaue Enzian — zeigte bei diesen Experi menten, daß es namentlich die Wärmestrahlen sind, welche seine schön gefärbten Glocken öffnen. Die „leuchtenden" Strahlen wandelt die Pflanze durch einen besonderen Farbstoff — das Anthokyan — in „wärmende" um Weit lebhafter als es die Kräuter vermögen, ver künden die Tiere den raschen Verlauf der Zeit Wenn eS Abend wird, steigen die Gespenster der Tiefe an die Oberfläche des Meeres, um mit der Morgenröte wieder in den dunklen Grund zu versinken. Mit ihren beflügelten Füßen durcheilen sie zu Millionen die Fluten. Es sind dies die sogenannten Pieropoden, deren oft nur wenige Ccntimcter große Körper fast durchsichtig sind. Auch andere Wesen tauchen in der Salzflut periodisch auf und nieder. Die Uhr des Meeres, welche der Wellenschlag reguliert, hat noch keinen Linnö gefunden; hingegen hat Professor Haberlandt gelegentlich seines Aufenthaltes in Java eine Art Tieruhr für die Tropen angegeben. In dem Urwalde von Tjiboda giebt es nach seiner Schil derung frühmorgens zwischen 6 und 8 Uhr zunächst ein großes Singvogelkonzert: ein lustiges Zwitschern und Trillern, zumeist aus recht kräftigen Vogelkehlen. Tann folgt eine Pause, worauf zwischen 9 und 10 Uhr die zahlreichen Tauben ihr lautes, fast melancholisches Girren und Gurren ertönen lassen. Mit hohlem Baßtone läßt sich die große columbn aciica vernehmen; dazwischen ertönt ein lautes Schnarren und der einem Glockenton ähnliche Ruf des javanischen Kuckucks. Zur Mittagszeit hört auch dieses Gurren und Rufen auf, und nur zuweilen unterbricht der Schrei eines Pfaues oder der melodische Flötenton eines einsamen Sängers die Stille des Urwaldes Zwischen 5 und 6 Uhr abends, nach den Gewittern und Regen güssen, beginnen plötzlich, wie mit einem Schlage, die Grillen- und Eikadenheere ihr Konzert. Das ist ein Zirpen, Knirschen und Schnarren, ein Kreischen und Schreien, das um so lauter wird, je dichter die Nebel des Abends durch das Geäste der Bäume ziehen. ES ist, als ob ein ge heimnisvoller Dirigent den Taklstock über diesen geflügelten Massen schwänge So singt, gurrt und zirpt es nun Tag für Tag genau nach derselben Zeiteinteilung. Fast auf die Minute genau läßt sich die Pünktlichkeit der Sänger kontrollieren, die offenbar eine Folge der großen Regel mäßigkeit ist, mit rvclcher sich die meteorologischen Er scheinungen täglich wiederholen. Ter thatsächlichen Aus führung eine« botanischen Zeitmesser« steht die Schwierig keit im Wege, daß man nicht alle vorhin angeführten Pflanzen an einem und demselben Platz findet und daß sie nicht sämtlich zu gleicher Zeit blühen. Auch ein zoologischer Chronometer ließe sich bei uns schwer be schaffen Da beide Arten von Uhren den ganzen Winter über stehen bleiben^ so haben unsere Uhrmacher vorläufig keinerlei Konkurrenz seitens der Mutter Natur zu sürchtcn. * Das große Vorbild aller chinesischen Detek tivs ist Pau Ming Eching, der als einer der größten und populärsten Charaktere der Geschichte Chinas gelten darf. Er ist der Held aller Verbrecher- oder Tetektiv- geschichten, die seit Jahrhunderten geschrieben wurden, und noch heute würde ein derartiges Buch ohne seinen Namen als unvollkommen gelten. Tie Wunder, welche dieser Held als Richter und Geheimpolizist that und erlebte, sind geradezu „überwältigend"; allein sie gelten nicht als Fabel, jedes Wort gilt als unumstößlich wahr. Die Zeit, in der der berühmte Pau Ming Sching aus Erden wandelte, ist nicht genau festzustellen; man nimmt aber als sicher an, daß er vor der Thronbesteigung des ersten Kaisers der Ming-Dynastie gelebt habe. ES existieren hundert ver schiedene Lebensbeschreibungen Pau Ming Schings, denen sich noch immer neue anschließen. Alle diese Bücher sind in dem einen Punkte einig, daß der Held erst dreißig Tage nach dem Tode seiner Mutter auf die Welt ge kommen sei. Man beerdigte die Toten damals in offenen Gräbern — und das war eine lobenswerte Sitte, denn ohne ihr Vorhandensein wäre der Detektiv wohl niemals geboren. Am Abend des dreißigsten Tages hörte ein an dem Grabe vorübergehender Wächter die Stimme eines neugeborenen Kindes; er ging dem Geräusche nach und fand im Grabe das auf so außergewöhnliche Weise ins Leben getretene „Baby", das er mit sich nach Hause nahm. Hier entwickelte sich zwischen den Eheleuten ein kleiner Streit, der aber mit der Aufnahme des Findlings endete. „Es ist ein Geisterkind", meinte die Frau, „und wird nicht bei uns bleiben. Außerdem wird es unsere eigenen Kinder verderben, indem es sie überredet, ihm zu folgen." Der Mann behauptete, daß diese Geisteskinder stets die Erben großer Reichtümer seien — und dieses Argument entschied den Streit. Pau Ming Sching wurde in der Familie des Wächters er zogen, bis er sich eines Tages heimlich aus dem gastlichen Hause entfernte. Er wendete sich nach einer großen Stadt und wurde hier — in welcher Stufenfolge, — das be richten die chinesischen Autoren nicht — ein Richter und Detektiv, dessen Ruhm sich bald zu verbreiten begann. Seine Gerechtigkeit und sein Scharfsinn auf dem Nichter stuhle waren erstaunlich; gelang cs ihm aber trotzdem nicht, die dunklen Fäden irgend eines geheimnisvollen Falles zu ent wirren, dann schloß er die Verhandlung und verwandelte sich in einen Detektive, der am nächsten Morgen auf den Richter sitz zurückkehrte, um alle Anwesenden durch seine Allwissen heit tödlich zu erschrecken. Nachdem er einmal die Spur eines Verbrechers betreten hatte, vermochte keine Gewalt der Erde ihn davon abzuhalten, den Schuldigen einzu holen. Mit Leichtigkeit verwandelte er sich in einen Fisch und folgte dem Flüchtigen über die See. Ein Verbrecher war einst zum Verluste seines Kopfes verurteilt worden, weil er einen Mord begangen haben sollte. Pau Ming Sching, welcher das Ürteil fällte, hatte indes die Em pfindung, als ob die Schuld des Mannes nicht klar genug erwiesen sei. Er befahl deshalb, mit der Hinrichtung noch einen Tag zu warten, und begab sich ins Freie. Hier verwandelte er sich in einen Schmetterling und flog fort über die Felder, bis er eine große rote Rose erspähte. In den Blütenblättern dieser Rose ver ¬ steckte er sich. ES dauerte nicht lange, da kam eine alte Frau des Weges, welche die Rose abschnitt, zu anderen Blumen in ein Körbchen legte und nach Hause trug. Auf dem Heimwege begann sie leise mit sich selber zu reden: „Ich mag nicht mehr leben, denn ich fürchte mich vor meinem Mann", murmelte sie; „seit dem Abend, als er mit blutigen Händen nach Hause kam, hat er mich wie eine Sklavin behandelt!" Der Schmetterling kroch leise aus der Rose und horchte „Ja", fuhr die Alte fort, „er muß eine schwere Schuld auf sich geladen haben und ich will erfahren, was eS ist." „Ich auch!" flüsterte der Schmetterling und kroch wieder zurück. Dann ge langten sie in das Haus der Alten. Hier lag ein kranker Mann im Bette, der die Frau mit Schimpfworten empfing Als er noch schalt, erschien ein anderer Mann, der sich über den Liegenden beugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Sofort verwandelte sich der Schmetter ling in eine Mücke und flog in das Ohr des Kranken „Der Richter hat Schau Schop Sün zum Tode verurteilt wegen der Ermordung Isen Lungs", flüsterte der Be sucher; „nun kann der Verdacht nicht mehr auf uns fallen!" — In diesem Augenblick kratzte der Kranke sein Ohr und die Mücke flog zum Fenster hinaus Eine Stunde später erschien Pau Ming Ecking im Gerichts höfe. Er ließ die beiden schuldigen Männer holen und ihnen die Köpfe abschlagen Der Unschuldige aber, der zuerst verurteilt worden war, wurde befreit und erhielt — fünfundzwanzig Stockhiebe auf die Fußsohlen, weil er dem Gerichte so viel Mühe gemacht hatte. So weise und gerecht war der große Pau Ming Sching! * Die meuterische Besatzung des nach Montevideo be stimmten Schiffes „Herbert Fuller", welches in Halifax gestern eingelausen ist, hatte während der Fahrt den Kapitän, dessen Frau und den Steuermann ermordet Die gesamte Mannschaft wurde in Halifax verhaftet. * Die „Frkf. Ztg " meldet aus Stuttgart: Aus dem Neckar- und dem Brenzthale lausen Nachrichten über schwere Gewitter ein; besonders bei Eßlingen, Plochingen und Echarndorf ist großer Schaden ungerichtet worden. * Ein furchtbarer Wolkenbruch ging über IIok in Slavonien nieder Die Ortschaft war so schnell unter Wasser gesetzt, daß vier auf der Straße spielende Kinder angesichts einer großen Menschenmenge fortgerissen wurden und in den Fluten umkamen * Infolge Scheuwerdens der Pferde stürzte der Fürst Lobkowitz, der sich auf einer Inspektionsreise in Südungarn befindet, mit seinem Wagen in der Nähe von Neusatz bei Buda-Pest um. Ter mit ihm fahrende Adju tant wurde ziemlich schwer verletzt, während der Fürst selbst keinen Schaden erlitt. * Aus einem Reiseberichte. „ . . . Ich und mein Begleiter ritten auf Kamelen durch die Oase. Plötzlich trat r>n Löwe auS dem Dickicht und überlegte sich, aus welches Kamel von miS beiden er sich stürzen solle!" * Definition. Tochter: „ . . . Du, Mama, was ist denn eigentlich klassische Musil?" Mutter: Das ist eine Musil, sür die man schwärmen muß, cb sie einem gesällt oder nicht!" * Kaserncnhosblüte. „Mensch, sind Sie nicht so schläfrig! . . . Wir können beim Militär kein — Dorn röschen brauchen!" »Immer Geschäftsmann Grossist: , Sie wünschen meine Tochter zu deüaten? . . . Was ijt Ihr Beins?" Be werber: „Dichter!" Grossist: „Gut, nehmen Cie meine Tochter! Wir brauchen ohnehin 'n Dichter sor unsere Reklame!" * Schuft erjungenwitz „Meester, meine Butterbemme iS ja een Vexierbild!" „Wat sagst Du, Schlinget ?" „No ja, hier heeßt » doch: Wo iS de Butter?" »Wie die Alten jungen re Förster (zu einem Jungen, den er beim Holzsrevel erwischt): „Wie kannst Du Dich unterstehen, Äste abzuhauen?" Bube: „Mei' Vota hat g'sagt, der Wald g'hört dem Staat — und der Staal jan wir!" („Fliegende Blätter ") Nennsport. Berlin - Carlshorst, 23 Juli. I. Ma- riendorser Hürden-Rennen. 1500 M. H SuermondtS sj br St Niobe 1 Hptm R Spiekermanns üj. br. H. Sir Leicester 2 Lt v EynardS 4j. F.-W Auditor 3. Tot.: 34:10. — II Preis von Jürgensee. 2000 M. Hrn W Simons a F. St Freude I. 1. Lt. Gr S. Lehndorfss a. F W. Herr Vex 2 Hrn K v Tepper-Laskis a. br W Notar 3. Tot : 21:10. — III. Preis von Moabit. 1500 M Hrn.K. v Tepper-LaskiS 4j br H Natzel 1. Hrn HornS 4j. F W BierlSnder2. Gr Zechs3j. F -St Tonauquelle 3 Tot.: 62:10. — IV. Eommcr-Handicap-Jagdrennen 2000M Hrn. R. Haniels 5j br. W Franco 1 Hrn AdoS 4j. br St Secrecy II. 2 Major v Goßlers a F.-W Eventail 3 Tot.: 56:10. — V. Metropole-Preis 10 000 M. Gr. Nic. Esterhazys a. br. H. Et cätera 1. Hrn. A v Kaullas a. F -H. Red Rube 2. Hrn. K v Tepper-Laslis Kj schwbr W. Brookwood 3. Tot : 33:10. — VI. Preis von Stralau. 2600 M Hrn. H. SuermondtS bj. F -Lt. Wehmuth 1 Mas. v. Schmidt - Paults a F -H Königsberg 2 Lt. v. Knobels- dorfss a br W Pensioneer 3 Tot.: 28:10. Statistik und Volkswirtschaft. * Ter Subskriptionspreis der neuen 3ähigen russi schen Anleihe in sür Deutschland entsprechend ter Pariser Parität aus 92,3O»o gleich 372,90 M sür jede Obligation von 500 FrcS gleich 404 M nominal festgesetzt. Die Abnahme kann vom 6. August ab geschehen, wobei eine Berechnung von Stückzinsen nicht sta'tfindet. B-i Abnahme nach d.m 6. August sind 1^^> Z'nsen sürS Jahr vom 1. August ab zu vergüten. * Im Juni betrug der Überschuß der Harpener Berg- baug.esellschaft 465000 M. gegen 276000 M. im Vorjahre. Ter Überschuß des ganz:n Jahres >895/96 stellt sich auf 5008400 M gegen 3630000 M. in 1894/95 und 2857000 M. für 1893/94. * Dem Gefchästsberichte der Sebnitzer Papierfabrik (vorm. Gebr. Just u Co.) für 1895/96 entnehmen wir folgen des : Im verflossenen Jahre wurde die Sanierung des Unter nehmens vollendet. Außer den bereits ausgenommenen Dar lehen von 100 000 M. und 50 000 M wurde die alte Prio- ritälSanleihe gekündigt und eine neue Anleihe von 900 000 M durch das Bankhaus Eduard Rocksch Nachf, Dresden, aus genommen Um die Unterbilanz zu beseitigen und Mittel zu Extraabschreibungen zu gewinnen, wurde das Aktienkapital von 1 200 000 M. aus 900 000 M herabgesetzt. Durch die ge wonnenen Barmittel sind vor allen die Maschinen rekonstruiert, die Tampskrast vermehrt und anderweite nötige Anschaffungen gemacht worden. Die Beendigung der Umwälzung hat erst im Lause des vergangenen Januar stattgcsunden Die Änderungen bewähren sich, die Fabrik ist im guten Gange und voll be schäftigt. Die durch die Aktienzusammenlegung srcigewordcnen 300 00) M in Verbindung mit dem Bruttogewinn von 34 465,98 M. und 120 M. anderer Einnahme sollen zur Deckung der Unterbilanz von 97 064,71 M., der Kosten der Prioritütsanleihe von 31 055,10 M., zur Herstellung eines Del- krederckoutos unter Berücksichtigung der noch nicht bezahlten Unkosten sür die Aktienznsammenlegung. zur Löschung der un einbringlichen Forderungen und zu 67 380,43 M. regelmäßigen und zu 138 458,61 M. Extraabschreibungen verwendet werden Tie Produktion betrug 4 931830 KZ Pupier, wovon 4 916 293 Kilogramm im Werte von 1 320 788,14 M. versandt wurden. Die Generalversammlung findet am 6. August d. Js. in Dresden statt. New-Pork, 24 Juli (Tel.) Tas Schatzamt in Washington ist benachrichtigt, daß über 23 Millionen Dollars in Gold durch Banken in Legal tcnderS in den Unterfchatzämtern zur Vermehrung der Goldreserve zur Einzahlung ge langen werden Bon diesem Betrage werden eingezahlt werden durch Bankier- von New Z)0tk 18500000 Dollars, von Boston 2 Millionen, von Philade phia 2 Millionen. Eine weitere Beihilse wird von Chicago erwartet. Die Beamten deS Schatz amtes erklären, es gäbe nicht die geringste Entschuldigung für eine Boudsausgabe. Sächsische Wäöer. Bad vlster. Bis 22. Juli 2539 Parteien mit 4079 Per sonen. Warmbad bei Wolkenstein Bis 23. Juli 421 Parteien mit 651 Personen. Telegraphische Nachrichten. Paris, 24. Juli. In der Presse wurde aus einen Finanzskandal in der Pariser Stadtverwaltung hingewiesen. Nach heutigen Blätterberichten be schränkt sich derselbe daraus, daß durch Beschleunigung gewisser Arbeiten ein provisorisches Defizit von 72 Millionen Francs herbeigcsührt worden ist. Aller dings folgt daraus, daß beispielsweise die Schul bauten, sür die 8 Millionen Francs in das Budget eingestellt waren, unterbleiben müssen, weil das Geld anderweitig verwendet worden ist. Karlstadt (Schweden), 24. Juli. Der Dampser „Freya" ist gestern nachmittag aus dem Frykensee gekentert und gesunken. 10 Personen, darunter die Frau und 2 Kinder des Kapitäns, ertranken. 5 Per sonen wurden gerettet. Lissabon, 24. Juli. Der päpstliche Nuntius von München, Ajuti, ist zum Nuntius von Lissabon er nannt worden. London, 24. Juli. Unterhaus. DicGinzelbcratung der irischen Bodengesctznovelle ist heute früh nach fünftägiger Debatte erledigt worden. London, 24. Juli. Die „Times" melden aus Alexandria: Die ägyptische Negierung macht bekannt, daff ein Zoll von 1^h per Mille pro Ton für die in Alerandrien ein- und auslaufcndcn Schiffe vom 1. Januar 18S7 in Kraft tritt. Sofia, 24. Juli. Der Staatsanwalt des Gerichts hofes der ersten Instanz wird heute die Akten über die Ermordung Stambulows dem Gerichtshöfe zu- stcllen. Der Prozeß wird einen großen Umfang an nehmen. Wie es heißt, sollen 130 Belastungszeugen vernommen werden. Angeklagt find 5 Personen, von denen 3 vcrhastet sind. Die Verhandlungen dürsten im September stattfindcn. Konstantinopel, 24. Juli. (Meldung des Wiener K K. Telegraphenkorrespondenzbureaus.) Der Polizei- ministcr teilte den Mitgliedern des gemischten Rates des armenischen Patriarchats den sanktionierten Mi- nistcrratsbeschluß mit, wonach der Rat bei den Wirren in Anatolien, welche bedeutende Schäden verursachten, statt zu beruhigen, seinen Ginfluß mißbrauchte, und die Geistlichkeit selbst agitierte. Die Regierung be schloß, den Rat persönlich und gemeinschaftlich für die Fortsetzung der Wirren verantwortlich zu machen und streng zu bestrafen. Der Polizeiminister lehnte die Verteidigung des Rates ab und erklärte, er habe nur den Beschluß mitzuteilen. Der Rat beriet gestern die Mitteilung und wird morgen die Beratung fort- setzen. Konstantinopel, 24 Juli. Der Zar verlieh dem ökumenischen Patriarchen den Stern des Alexauder- Rcwski-Ordens mit Brillanten.
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