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Dresdner Journal : 24.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189607241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960724
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-24
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 24.07.1896
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drei Jahre später in dem von Rouvier gebildeten Kabinett das Ministerium de« öffentlichen Unterricht«, doch trat er schon im Dezember desselben Jahres mit Rouvier zurück Im Februar 1889 wurde Epuller im zweiten Kabinett Tirard Minister de« Äußern bis am 16 März 1890 der Rücktritt de« Kabinett« erfolgte, worauf Cpuller sein Portefeuille an Ribot abgab Im April 1892 wurde Spuller in den Senat gewählt. Zuletzt hat er im Mini sterium Casimir-Perier vom 4. Dezember 1893 bis zum 22. Mai 1894 das Ministerium des Unterricht« bekleidet. Wie man auch über die Thätigkeit Spullers als Minister in den verschiedenen Phasen urteilen mag, so ist doch sicher, daß er sehr viel zur Gründung und Befestigung der dritten Republik beigetragen und eine der hervor ragendsten Persönlichkeiten derselben gewesen ist „Das Wahre in der Politik für diejenigen Menschen, welche handeln wollen, ist da» Mögliche" — das war sein Grundsatz, nach dem sich der Opportunist stets gerichtet hat Hierin lag seine Stärke in gewissen Lagen, aber auch seine Schwäche, denn nicht immer sand er das Rich tige in der Wahl zwischen den Prinzipien und dem Mög lichen. — Der „Temps" hat an der Verfügung des Kultus ministers Rambaud über die medizinischen Studien vieles auszusetzen. Er findet die Bestimmung gefährlich daß nur diejenigen ein staatliches Diplom, das sie zur Ausübung der ärztlichen Praxis in Frankreich berechtigt, erhalten sollen, die in Frankreich das Abiturientenexamcn gemacht haben. Es sei ungerecht, in dieser Beziehung die Zöglinge einer Schule etwa in Haiti und einer deutschen oder schweizerischen Schule über einen Kamm zu scheren. Es sei zu befürchten, daß die Fremden ein Zeugnis, das ihnen in Frankreich keine Rechte erteile, als ein minder wertiges betrachten und ihre Studien daher lieber an anderer Stelle machen würden. Der „Temps" meint, der Minister habe sich bei seiner Entscheidung übereilt. — Die Kolonialgruppe fordert stürmisch die An eignung der Neuhebriden, wo kürzlich der französische Siedler Gardemaux ermordet wurde. Die Franzosen be sitzen eine Million Hektar auf den Neuhebriden, und die Kolonialgruppe nennt es eine Schmach für Frankreich, daß dieses den Engländern gestatte, sich aus jener Inselgruppe einzuwurzeln. — Gestern wurden Liebknecht, Bebel und Singer in Lille erwartet, wo sie am französischen Sozia listentag teilnehmen werden. Der „Progrös du Nord" brachte aus diesem Anlaß einen feindseligen Artikel, worin cs heißt: „Die Ankunft dieser Deutschen ist eine schwere Beleidigung für uns, sic haben den Haß gegen Frankreich im Herzen. (?) Alle Vaterlandsfrcunde werden auf den sozialistischen Jubel zu Ehren der deutschen Abgeordneten den rächenden Schrei auSstoßen' „Hoch Elsaß-Lothringen! Frankreich lebe hoch!" Als Antwort ließ die Arbeiter partei Maueransch läge anheften, die die Genossen auf fordern, zur Begrüßung am Bahnhof zahlreich zu erscheinen. „Durch Euere Gegenwart werdet Ihr Eueren Willen be kunden, den Frieden zu erhalten, dieses erste Bedürfnis, diese erste Forderung der Arbeiter aller Länder. Ihr müßt einem Liebknecht doppelt zujubeln, der 1870, als Frankreich von allen Regierungen verlassen war, sich mit den deutschen Sozialisten der An eignung Elsaß-Lothringens widersetzte und seinen Widerstand gegen die Verstümmelung deS französischen Vaterlandes mit zwei Jahren Gefängnis bezahlte" Diese Maueranschläge scheinen aber doch nicht nach dem Geschmack einer großen Mehrheit der Bevölkerung gewesen zu sein Es wurden vielmehr in den Straßen überall andere Plakate angeschlagen, welche die Bevölkerung zu Kund gebungen gegen die deutschen Abgeordneten auf forderten Diese Aufforderung hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Es wird hierüber aus Lille gemeldet: Die Teil nehmer an dem Sozialistenkongreß begaben sich vom Bahnhofe aus im Zuge nach dem Stadthausc zum offiziellen Empfang. An dem Zuge nahmen auch die auswärtigen Delegierten mit Ausnahme der Deutschen teil. Während des Zuges kam es zu einigen Zusammenstößen mit der auf der Straße versammelten Menge, welche Hochrufe auf Frankreich ausbrachte, die mit den Rufen: „Es lebe die Sozialdemokratie!" beantwortet wurden Während des Empfanges auf der Mairie wurden die Reden der Sozialisten von der sie umgebenden Menge mit Zwischenrufen begleitet. Tie Rufe der Menge: „Hoch Frankreich! Nieder mit Deutschland!" wurden von den Sozialisten mit Hochrufen auf den Sozialismus und aus Deutschland erwidert. Es kam zu Thätlichkeiten Die Polizei nahm etwa 15 Verhaftungen vor. Einer der Manifestanten wurde verwundet. Grostbritavuie«. London („Berl. Neues» Nachr/^) Über die Angelegen heit der Delagoabay wird in Deutschland viel theo retisiert, wie es ja deutsche Art ist, mit Worten trefflich zu streiten Nachdem von Portugal aus ein amtliches Dementi gekommen und in offiziellem Brusttöne erklärt worden ist, daß die Angabe, England unterhandle mit der Lissaboner Regierung, unzutreffend sei, wird man sich wieder beruhigen. Wie lange? Giebt es denn kein anderes Mittel zum Ziele zu gelangen, als RegierungSakte und offizielle Verhandlungen? Hat man ganz vergessen, daß Ägypten ja auch zuerst in die Botmäßigkeit Englands gelangte durch ein Aktiengeschäft, einen veritablen Börsenhandcl? Wer weiß, ob wir nicht auch in der Delagoasache einmal eine ähnliche Überraschung erleben Was man nicht auf einmal haben kann, er reicht man in einzelnen Etappen Den Mittelpunkt der ganzen südafrikanischen Frage beansprucht die Eisenbahn kontroverse. Wie der ganze Jamesonzug erst zu erklären ist, wenn man die eigentümliche Rivalttät der Kap-Eisen bahnen mit den Linien der südafrikanischen Linie, die durch das TranSvaalgebiet nach der Ostküste führt, gründlich ins Auge faßt, so wird man auch die Delagoa-Angelegen- heit von diesem Gesichtspunkte verstehen. Ein Teil der Delagoabahn ist gegenwärtig einem Schiedsgericht und zwar dem des Schweizerischen BundeSratS unterstellt worden Wie die Entscheidung auSsallen mag, interessiert uns im Augenblick nicht, das aber kann man verbürgen, daß man augenblicklich in England die energischsten An strengungen macht, von den Delagoabahn-Debenturc« (7proz) soviel man irgendwie unter der Hand kaufen kann und zu jedwedem Preise in englische Hände zu bringen Die deutschen Kolonialsreunde sollten einmal auf diesen Punkt ihre Aufmerksamkeit richten, sie könnten da leicht einen besseren Einblick in die Formen praktischer Überseepolitik gewinnen als mit allen theoreti schen Untersuchungen und diplomatischen Anfragen. Ein großer Teil jener Obligationen ist leider schon in englischen Händen; wenn auch der noch im Besitz einzelner Privater befindliche Rest der Papiere in der „Interessensphäre" deS britischen Kolonialamts angehäuft ist, dann wird man wohl auf anderem Wege den Vormarsch nach der Telagoa- bay antreten als dem offenen der Unterhandlung mit Portugal Dann giebt cs Tarife und administrative Maßregeln, die die Bahnlinie als englischen Besitz in den Mittelpunkt der politischen Praxis stellen und dann — wird es zu spät sein. Materielle Interessen bereiten der englischen Weltpolitik ja stets den Weg zur politischen Herrschaft — Tas Oberhaus nahm gestern die zweite Lesung der Londoner Universitätsbill an, durch welche die Universität London in ein Lehrinstitut verwandelt wird Im Verlaufe der Debatte sprach Lord Playfair die Hoffnung au«, die Regierung werde das Projekt bald thunlichst durchführen, und bedauerte, daß dies in diesem Jahre nickt mehr möglich sei. Nach dein deutsch-sranzösisckcn Kriege habe im französischen Institut eine interessante Er örterung der Frage stattgcfundcn, warum die große Krisis keine großen Leute hervorgebracht habe. Die allgemeine Klage sei gewesen, daß Frankreich dcn höheren Interessen des Unterrichts nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt habe. Renan habe damals in seinem Nesum« der Debatte er klärt, die deutsche Wissenschaft habe Sedan und Sadowa ge wonnen, der deutsche Nationalgeist sei das Erzeugnis der deutschen Universitäten und das deutsche Vaterland das Erzeugnis dieses Geistes Frankreich habe sich dies sehr zu Herzen genommen; aber es sei sicher, daß Deutschland nicht stehen geblieben sei. Deutschland habe Straßburg genommen und die Wiederherstellung seiner Festungswerke be gonnen; aber cs habe auch die Straßburger Üniversität wieder henustellen unternommen. Tie künftigen Wett kämpfe der Welt würden nicht allein durch Heere und Flotten, sondern auch durch die höhere intellektuelle Ent wickelung der Völker ausgefochten werden — Im Unterhaus« erklärte gestern der Parlaments- untersekretür des Äußeren Curzon, da die Regierung des Kongostaates im Falle Lothaire Berufung eingelegt habe und die Leitung des BerufungSversahrens in den Händen ihrer Vertreter vor Gericht liege, so müsse die englische Regierung der Regierung des Kongostaatcs die ganze Verantwortung dafür überlassen, daß die Untersuchung des Falles und aller damit verbundenen Umstände auf das Vollständigste durchgeführt werde. Die englische Regierung habe einen Ioans «tnnäi ebensowenig bei den Berufungs verhandlungen wie sie ihn bei dem ursprünglichen Prozesse in Boma gehabt habe. Die Frage nach Swkcs Eigentum sei vor dem Tribunal in Boma nicht verhandelt worden und könne daher auch nicht in die Berufung mit einbezogen werden. Die englische Negierung behalte sich selbstredend das Recht vor, nach Ablauf des Berufungsverfahrens die diplomatischen Vorstellungen zu machen, welche die Umstünde erheischen dürften. — Die Zeitungen nehmen die vorgestrige Nieder lage der Regierung nicht tragisch. Die unionistischen Blätter schreiben dieselbe lediglich der Hochzeitsfeierlichkeit zu, während die Liberalen im Fernbleiben der Unionisten einen beabsichtigten Protest gegen die Negierung sehen und von einer demoralisierten Majorität sprechen Die Wiederherstellung der Vorlage bei der folgenden Beratung erscheint sicher. — Unter den gestern im Prozeß Jameson ver nommenen Zeugen befand sich der Enkel des Präsidenten Krüger, Lieutenant Eloff, dessen Erlebnisse bei Krügersdors bereits bekannt sind. Ferner wurde der permanente Unter sekretär des Auswärtigen Amtes Sir Thomas Sanderson vernommen, welcher die formelle Erklärung abgab, daß Jameson keine Ermächtigung der britischen Negierung zur Ausrüstung der Expedition hatte. Die Aussagen der übrigen Zeugen ergaben nichts neues — Unsere gestern ausgesprochene Ansicht, daß der Erfolg des Generals Carrington gegen die Matabele nicht zu hoch zu bewerten sei, erhält ihre Rechtfertigung durch eine Meldung der Londoner „African Review" aus Buluwayo, wonach die Ergebnisse des Angriffs Carring tons aus die Stellung der Aufständischen in den Matoppo bergen nicht befriedigend seien Der Verlust der Matabele in dem mehrstündigen Gefechte sei unerheblich, er betrage nur etwa 50 Tote, die moralische Wirkung des Kampfes fei zweifelhaft, die Schwierigkeiten, die Stellungen der Matabele zu nehmen, seien fast unüberwindlich Angesichts der entschlossenen Tapferkeit der Aufständischen werde cs großer Ausdauer und wohl auch einer größeren Truppen macht bedürfen. Dem Obersten Rhodes sei ein Pferd unter dem Leibe erschaffen worden Diese Darstellung klingt glaubhafter, als die eines Buluwayoer Bericht erstatters des „Daily Telcgr", der die baldige Kapitulation der Matabele in Aussicht stellt, deren beste Streiter ge fallen seien und in deren Reihen Hungersnot wüte Aller dings ist cs nicht unwahrscheinlick, daß die Aufständischen mit Nahrungsmitteln nur unzureichend versehen sind, und nicht unmöglich, daß sie schließlich ausgehungert werden, eine Methode, die schon vor dem Aufbruch Carringtons von Buluwayo mehrseitig empfohlen wurde Tie Angabe aber, die besten Streiter der Matabele seien gefallen, ist ganz wertlos Selbst Carrington schätzt in seinem Bericht über die Eroberung der ersten Verteidigungs linie der Aufständischen deren Verlust aus nicht mehr als 60 Mann; das tapfere Volk der Matabele verfügt aber, wie die Engländer zu ihrem eigenen Schaden schon erfahren, nicht bloß über ein paar Dutzend, sondern über Tausende von Kriegern, die fick gewiß nicht schlechter schlagen werden, als die an den Quellen des Tuli Ge fallenen. An dem endlichen Siege der Engländer ist freilich nicht zu zweifeln, wohl aber muß sich erst noch zeigen, ob es gerade dem General Carrington beschieden sein wird, den Widerstand der Matabele zu brechen. Ein neuerliches Telegramm aus Buluwayo den 22. d. Mts. meldet: Die Truppenabteilung des Hauptmanns Laing, welche in der Gegend der Matoppoberge ein Lager bezogen hatte, wurde am Montag früh ange griffen Es entstand ein erbitterter Kamps. Der Feind wurde zurückgeworfen und verlor 90 Tote. Auf feiten der Engländer wurde 4 Weiße und 25 Mann der aus Eingeborenen bestehenden Hilfstruppen getötet, 11 Weiße und 25 Mann der Hilfstruppen verwundet. Diese Meldung klingt verdächtig. Wenn die Matabele noch der angreifende Teil sind, kann ihre Lage durchaus noch nicht so ungünstig sein, wie die Engländer glauben machen möchten Türket. Konstantinopel Auf Kreta fehlen noch immer die Voraussetzungen zu einer gründlichen Besserung der Lage. Die Nachricht von der Abberufung Abdullah-Paschas hat sich als verfrüht herausgcstellt, bis zur Stunde verfügt noch immer er und nicht Berowitsch-Pascha über die türkische Truppcnmacht auf der Insel, erst im Laufe dieser Tage dürfte seine Ersetzung durch einen im Range unter Berowitsch stehenden jüngern General erfolgen. In seiner Anwesenheit liegt wohl auch die Erklärung für die Fort dauer der blutigen Unruhen, die sich neuestens auch auf den östlichen Teil der Insel, wo bisher Ruhe herrschte, ausgedehnt haben. Gestern schon haben wir über die Vorfälle in Kandia berichtet, die auf die Hetzereien eines mohammedanischen Geheimausschusses zurückgeführt werden. Sehr schlimm geht es auch in und bei Hera- kleion zu; in dcr Nähe der Stadt überfiel vorgestern eine Bande türkischer Irregulärer fünfzehn Christen, darunter zwei Mönche, und machte sie sämtlich nieder. Mohamme danische Familien drängen sich in die Stadt, werden aber von dem türkischen Truppenkordon zurückgewiesen. Inner halb der Stadtmauer sucht dcr Rachedurst der Christen seine Opfer; vorgestern wurden sechs Mohammedaner von fanatisierten Christen getötet. Neue Kämpfe zwischen den türkischen Truppen und dcn Kretensern werden, wie die „Int. Korr." aus Kanea berichtet, bei dem von dcn Auf ständischen eingeschloffeneu Fort Koxares im Bezirk HagioS Vasilios erwartet Es ist das ein wichtiger strategischer Punkt, dessen Besatzung Abdullah-Pascha bei dem jüngsten Vormarsche gegen Apokorona auf 3000 Mann erhöht hat. Nachdem aber das türkische Haupthecr zurück geschlagen war, haben die Aufständischen das Fort umzingelt und ihm die Zufuhr abgeschnitten Die Türken wollen nun die Entsetzung des Forts versuchen. Die Aussichten der Friedensverhandlungen stehen wenig günstig, da die Pforte gewillt zu sein scheint, im Sinne der mohammeda nischen Partei auf Kreta jede Abänderung des Vertrages von Haleppa zu verweigern, während die Kretenser unver kennbar geneigt sind, ihre Forderungen immer höher zu spannen. Unter diesen Verhältnissen dürfte das letzte Wort doch dcn Waffen zusallen. Inzwischen lauten euch die Nachrichten aus Makedonien immer bedrohlicher, so daß die Pforte zu umfassenden Vorsichtsmaßregeln greift Der Gouverneur von Jstib verhaftete sechs leitende bul garische Einwohner, in deren Häusern eine kompromit tierende Korrespondenz gefunden wurde. Nach einer Meld ung aus Saloniki vom 21. d Mts. hätte eine Bande von 125 Mann mit drei mit Munition beladenen Pfer den am Sonnabend die griechische Grenze bei NezeroS und Platamo überschritten, sei über dcn Halyacmon - Fluß ge gangen und halte jetzt Kerolivado, vier Stunden von Verria entfernt, besetzt Truppen seien gestern von Salo niki nach Verria, Niausta und Vodena abgegangen — Kurze Zeit, nachdem der jetzige Aufstand auf der Insel Kreta eine ernstere Gestaltung angenommen hatte, war uns ein Bericht zugegangen, welcher die Thätigkeit drS österreichisch-ungarischen Konsuls in Kanea, Pinter, der bekanntlich auch den Schuh der deutschen Reichü- angehörigcn auf der Insel auszuüben hat, in den wärmsten Ausdrücken lobte Seither haben auch andere Blätter nicht allein Deutschlands, von Österreich-Ungarn ganz zu schweigen, sondern auch Italiens, Englands und Frank reichs der Haltung des Hrn. Pinter wiederholt rühmend gedacht und auch russische Organe enthielten Berichte, die für den genannten Konsul schmeichelhaft waren Auf dcr Insel selbst und in Griechenland wird Hrn Pinter die meiste Anerkennung gezollt, und jetzt liegt wiederum ein Bericht dcr „Akropolis" vor, worin geschildert wird, wie cs nur dem mutigen und energischen Auftreten des Hrn Pinter gegenüber dem Militärkommandanten Abdullah Pascha und seinen geradezu übermenschlichen Anstrengungen zu verdanken sei, daß in dcn letzten Tagen mehrmals ein Blutbad unter den Christen verhindert wurde Die „Akro polis" schließt ihren Bericht in folgender Weise: Der Name des Konsuls Pinter werde mit dcr Geschichte des letzten kretensischcn Ausstandes auf immer verknüpft sein, und alle Christen schuldeten dem wackeren Manne Dank, der viel mals unter Gefahr seines eigenen Lebens wehrlose Frauen und Kinder rettete. — Hr Konsul Pinter hat vor kurzem von seinem Monarchen eine hohe Ordensauszeichnung er halten; gern verzeichnen auch wir dcn wohlverdientcn Lohn, den der so allseitig belobte Vertreter unseres Verbündeten empfangen hat. — Die Morde in der Umgebung von Kandia dauern fort. Unter anderem wurden zwei Mönche er mordet und der Vorsteher eines Klosters verwundet. In folge der letzten Vorkommnisse versammeln sich die Auf ständischen in großer Zahl bei Malevision in dcr Nähe von Kandia Die „Akropolis" bringt Einzelheiten über die angeblich von den Türken in der Eparchie Re- thymno verübten Gräuelthaten, doch scheinen diese Schilderungen sehr übertrieben zu sein. Tie Konsuln forderten die christlichen Abgeordneten auf, in der kretcn- sischen Kammer nur solche Forderungen einzubringen, welche die Hoheitsrcchte des Sultans unangetastet ließen. Darüber hinausgehende Ansprüche könnten die Großmächte nicht unterstützen Vorläufig ist allerdings nicht daran zu denken, daß diesem Verlangen entsprochen werden wird — Die Reise des Delegierten dcr sranzösischcn Bond- Holders bei der Dette publigue, Berger, nach St Peters burg und anderen Hauptstädten bezweckt, Bulgarien zur Tributzahlung und ferner Bulgarien, Montenegro und Serbien zur Anteilnahme an dcr türkischen Staats schuld für das ncuerworbcne Territorium laut Artikel 9, 33 und 4 2 deS Berliner Vertrages anzuhalten, um hier mit der Pforte finanziell zu helfen und dcr Dette publigue Ersatz für dcn infolge der vorjährigen Ereignisse einge tretenen Rückgang dcr Einnahmen zu schaffen Dresdner Nachrichten vom 24. Juli. * Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August besuchte gestern nach mittag die Ausstellung des Sächsischen Hand werks und Kunst gewerbes und nahm unter Führ ung des Hin Stadtrat Wctzlich die in der Haupthallc untergebrachten Gegenstände in Augenschein * Der Bürgerausschuß zur Errichtung eines König Albert-Denkmals in Dresden veröffentlicht in unserem Blatte wie auch in anderen Zeitungen einen entsprechenden Ausruf Es ist aus dem Herzen aller treuen Unterthanen unseres Königs gesprochen, wenn in diesem Aufrufe u. a gesagt wird: „Am 29. Oktober 1898 wird die 25. Wieder lehr des Tages gefeiert werden, an dem Ec Majestät unser allverehrter König den Thron bestiegen haben Was die Negierung Sr. Majestät in diesem Vierteljahrhundert unserem Vaterlande an Förderung der geistigen und leib lichen Wohlfahrt des Volkes gebracht hat, mit welch' herrlichem Gelingen unter Sr Majestät weiser Regierung die wechselnden wichtigen Aufgaben des Staates gelöst worden sind, das ist in Wort und Schrift schon tausend fach dargestellt worden und wird einst eine dcr glänzendsten Epochen in der Geschichte des sächsischen Staatswesens bilden Am nächsten, unmittelbarsten hat alle diese trotz seiner ethnographischen Treue cm einzelnen ganz und gar nicht messen Am schwächsten ist c« bei den Fran zosen mit der LandschastSma'.erei bestellt. Wenn wir Nen« Billot (einige Partien aus Steinbrüchen), Francois Firmin- Girard (Sonnenuntergang in Onival), Marie Joseph Jwill (Mondaufgang in den Lagunen von Venedig) und Viktor Binet (Abenddämmerung in Croisset bei Rouen) erwähnen, haben wir schon der Höflichkeit gegen Fremde starke Kon zessionen gemacht. Wie sehr die Franzosen sich übrigens dem Einfluß Uhde« hingegcben haben, beweist ein selt same«, aber gut gemaltes Bild von Jules Georges Bon doux, wo Christus mit den tröstenden Worten „Ich bin die Auferstehung und da« Leben" in ein Sterbezimmer tritt, in dem die Hinterbliebenen an einem Toten bette wehklagen Für eine angemessene Vertretung ihrer Plastik haben die Franzosen garnicht gesorgt Die russische Malerei hat, wie die Malerei aller anderen Völker Europa«, gegenwärtig ihren Schwerpunkt in der Landschaftsmalerei und im Genrebilde. Die Werke der Malerei großen Stils sind entweder nach französischen Vorbildern unerquicklich und widerwärtig oder leer und inhaltslos. Für beide Richtungen hat die Berliner Aus stellung ein charakteristisches Beispiel aufzuweisen. Das figurenreiche Bild von Victor Simow, das eine Episode au« der Regierungszeit JwanS des Schrecklichen darstellt, die Fortführung des Metropoliten Philipp in ein Gefäng nis, au« dem er nicht wieder lebendig hrrauSkommen sollte, ist trotz aller Lebendigkeit der Darstellung, trotz der Kraft und Mannigfaltigkeit der Charakteristik doch nur rin krasse» Effektstück, da« auf starke Nervenerregung berechnet »st. Auf einem Schlitten wird der seine« bischöflichen Ornats entkleidete Grei«, der sich geweigert hatte, dem grausamen Tyrannen Absolution zu erteilen, durch die schneebedeckten Straßen »wischen den Holzhäusern Moskaus durch die Menge geschleppt. Ihm gegenüber sitzt, zum Hohne einen Besen schwingend, ein trunkener Bojar, der den Racheakt de« Zaren an dem Unglücklichen vollzogen hat Von allen Seiten strömt die Menge herbei, um in stummer Trauer und Teilnahme einen letzten Blick auf den geschändeten Diener der heiligen Kirche zu werfen Da» andere, nicht viel kleinere Bild von Iwan Porfirow zeigt im Gegen schön zu thun, funkelt ein gewisser schadenfroher Humor, während auf dem dritten Bilde, dem Abschied einer ae- elender, hungernder und frierender Menschen umlagert wird, erinnert etwa« an die nüchterne, trocken-realistische, kühle Auffassung, die sich unser Bokelmann in den letzten satz zu dem Gestaltengetümmel auf dem Simowschen Gemälde nur eine einzige Figur in einer wüsten, steinigen Land schaft: die trauernde Magdalena, die sich ain Wegcsrande, dicht neben dem Grabe des Heilands, niedergeworfen hat, weil sic den Stein von der GrabeSöffnung verschoben und die Gruft leer gefunden hat. Die Figur ist vortrefflich gezeichnet, die Landschaft voll ernster feierlicher Stimmung, aber mit der Hälfte der aufgewendeten Leinwand wäre vielleicht eine noch stärkere Wirkung erzielt worden Die hervorragendsten Maler Rußlands sind zur Zeit unzweifel haft der Geschichts- und Porträtmaler Ilka Repin und der Genremaler Wladimir Makowsky Ersterer ist mit drei Bildnissen vortrefflich vertreten Zwei davon sind durch die Einfachheit und Natürlichkeit der Auffassung und durch die lebendige Plastik der Erscheinung besonder« an ziehend DaS dritte ist ein feierliches Repräsentationsstück von fast pathetischer Auffassung: Franz Liizt steht in ganzer Figur neben einem Flügel, das Haupt emporgehoben, als empfinge er eben eine Eingebung seines Genius. Was er sinnt und dichtet, verkörpert sich bereit» hinter ihm in dunklen Umriffen wie eine Vision: ein Leichenzug zieht wie eine gespensterhaste Erscheinung vorüber Es ist also der Augenblick gedacht, wo sich im Geiste Liszts die ersten Sätze seine« ..U«guiem" gestalten — Wladimir Makowsky wählt seine Motive fast ausschließlich au« dem russischen Volksleben der unteren und mittleren Klaffen Obwohl auch er in Pari« gelernt hat, ist er noch der verhältnismäßig nationalste unter dcn russischen Malern. Sein „Nachtasyl in Moskau", ein langgestrecktes Haus in einer breiten Straße bei strenger Wmterkälte, das von einer Masse Jahren seines Lebens angeeignet hatte In dem „Schwieger vater", der sich die Abwesenheit seines Sohne« zu Nutze macht, um mit dessen mürrisch abwehrender junger Frau noch durch den greisen Aiwasowsky vertreten, der noch mit ungebrochener Kraft dieselben phantastischen Mannen malt, die e« nie und nirgendswo gegeben, nie vor einem Menschenalter Spezifisch russische Motive behandeln da gegen die Aguarelllandschaften von R Bergholz, die melan cholische Flußlandschaft im Herbst bei einförmig grauem Himmel von Wolkow u a Die Ruffen haben auch für eine weitaus bessere Vertretung ihrer Plastik gesorgt als während auf dem dritten Biide, dem Abschied einer ae- die Franzosen Da ist ihr hervorragendster Bildhauer, der schmückten Braut vor der Trauung von ihrem kranken »umeist in Pari« lebende Marc Antokol»kv, der in einer Vater, eine tiefere und stärkere Empfindung hervorbricht, leben«großen Figur de« in einem Lehnstuhl ruhenden, in al« man sie sonst bei den russischen Genremalern entrisst, tiefe« Nachdenken versunkenen Spinoza wieder ein Zeugni« Von Genrebildern auü dcr russischen Abteilung sind ferner noch das Wettreiten von Kosaken auf einer Dorfstraße an einem Sonnabend von Paul Kowalewsky, die Monte negriner in einem Wirtshause von Wassili Sokolow, der bei seinen Vorbereitungen zum Examen eingcschlafene, von dcr besorgten Mutter überraschte junge Mann von Alexander Sokolw, die frisch und saftig gemalten ländlichen Szenen von Lebedew, und vor allen da« slavische Frühlingsfest im Altertum mit den sich wild um ein Feuer herum im Reigen schwingenden Frauen, hinter denen sich ein bekränztes Götzenbild au« Stein erhebt, von Paul Swedomsky in Nom zu nennen. Das landschaftliche Motiv hat dem Künstler wohl die Campagna geliefert, und den modernen Ita lienern hat er wohl auch die bei aller Wildheit und Ausgelassenheit noch bewahrte Grazie der Tänzerinnen ab gesehen Das Beste bietcn uns die Russen mit ihren Landschaften, unter denen sich eigentlich kein nichtiges oder gänzlich unbedeutendes Werk befindet Es ist dabei auf fallend, daß einer der hervorragendsten unter den russischen Landschaftsmalern, Endogurow in St. Petersburg, seine Motive nicht aus der Heimat, sondern aus Norwegen holt. Bilder, wie sein Hardangerfjord und sein Blick auf Odde in Norwegen reichen dicht an die Schöpfungen unser deutschen Maler Normann, Grebe, v Eckenbrecher u a. heran Noch weiter geht Alexander Egornow, dessen felsige Küstenpartie bei stürmischer See aus der Normandie eine ebenso ausgezeichnete Leistung dcr Land- schaftS- wie der Marinemaler« ist Letztere ist sonst nur dafür ablegt, daß sich sein Naturalismus, der sich anfangs sehr stürmisch geberdete, zu einer vornehmen Ruhe und feinen Durchgeistigung abgeklärt hat Fast auf gleicher Höhe tiefer Charakteristik steht eine gleichfalls in einem Lehnsessel ruhende Gestalt einer jungen, ersichtlich in tiefe Trauer versunkenen Dame in der Tracht aus den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts von Marie Dillon Die ausgezeichneten Medaillen und Plaketten, die WassintinSky unter Glas und Rahmen ausgestellt hat, sind ein Beweis, daß diese edle Kunst auch in St. Peters burg zu neuem Leben erblüht ist. * Se. Majestät der Kaiser haben dein Pros. Julius Stockhausen gelegentlich dessen 70 Geburtstages die goldene Medaille für Kunst verliehen. * Das Stockholmer „Aftenbladed" erhielt von Andree folgendes Telegramm, das von der dänischen Insel am 18., von Tromsö am 22. d. Mts abgesendet war: Die Arbeiten der Expedition gehen ohne Unterbrechung in der befriedigendsten Weise fort Die vierte Etage des Ballon- hauseS ist in der Aufrichtung begriffen. Die Füllung des Ballons findet anfang nächster Woche statt Dem nächst wird die Ausfahrt, wenn der Wind günstig ist, erfolgen. * Die Burns-Centenarfeier begann vorgestern in Dumfries, wo der Dichter begraben liegt und in dessen Nähe er eine Farm bewirtschaftet hat Schotten aus allen Teilen der Welt waren nach dem kleinen Städtchen geeilt An dem Umzuge durch die Straßen beteiligten sich 4000 Personen Auf dem Friedhöfe von St Michael legte Lord Rosebery die Blumenspenden auf da» Grab de« Liebling« dc» schottischen Volke» nieder; bei der Feier am Nachmittag hielt der Lord eine Ge denkrede Refideuztheater. Morgen gelangen mit Frau Margarete Körner al« Gast da» dreiaktige Schauspiel „Liebelei" von Schnitzler sowie der Einakter Tempo" zur Auf führung. Am Sonntag nachmittag 4 Uhr wird zu er mäßigten Preisen „Der kleine Lord" gegeben
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