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Dresdner Journal : 24.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189607241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960724
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-24
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 24.07.1896
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IM sammlungen, Festlichkeiten, Geldsammlungen, zu der nicht vorher besondere dienstliche Erlaubnis erteilt ist, 2) jede Dritten erkennbar gemachte Bcthätigung revolutionärer oder sozialdemokratischer Gesinnung, insbesondere Ech ent sprechende Ausrufe, Gesänge oder ähnliche KundgebuHkn, 3) das Halten und die Verbreitung revolutionärer Er sozialdemokratlschcr^christen, sowie jede Einsührunh sokchcr Schriften in Kasernen oder sonstige Diensttoräle Fdmer ist sämtlichen Angehörigen des aktiven Heere» dienstlich besohlen, von jedem zu ihrer Kenntnis gelangenden Vor handensein revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften in Kasernen oder anderen Dienstlokalen sofort dienstliche Anzeige zu erstatten Diese Perbote und Befehle gelten auch für die zu Übungen cingczogenen und für die zu Kontroilversammlungen einberufenen Personen des Beur laubtenstandes, welche gemäß Z 6 des MilitärstrasgesetzbuchS und tz 38 II l des Neichomilitürgesctze« bis zum Ablauf des Tages der Wiederentlassung bez. der Kontrollversamm- lung den Borschristen des MilitärstrasgesetzbuchS unterstehen — (II. ?. X ) Wenn gegenwärtig in einigen Blättern die Bildung eines aus Männern der Praxis bestehenden Beirats für die nächste Pariser Weltausstell ung als gänzlich neue Einrichtung empfohlen wird, so ver gißt man, daß für die Chicagoer Weltausstellung ein solcher Beirat schon bestanden hat, die Institution also keine Neuheit wäre. Damals wurde eine größere An zahl von Vertretern sämtlicher für die Ausstellung in Betracht kommenden Berufszweige nach Berlin zu einer Sitzung zusammenberufen. Es haben auch eingehende Erörterungen stattgesunden. Gelegenheit zu häufigeren oder regelmäßigen Konferenzen mit einem so vielköpfigen Beirate boten sich jedoch nicht Man mußte vielmehr, sobald man an die positive Eizelarbcit in den verschiedenen Ausstellungsgruppen heranging, sich mit einzelnen Ver tretern der letzteren in Verbindung setzen, und, wenngleich natürlich die Fühlung mit den VertretungSkörperschasten der Gewerbszweige nicht aufgegeben wurde, doch vor nehmlich mit diesen allein verkehren Man konnte cs aber auch um so eher, als diese Vertreter meist mit Mitgliedern des größeren Beirats identisch waren Neben diesem Beirate aus Industriellen, Handeltreibenden rc. waren sür die Chicagoer Weltausstellung aber auch Sonderbeiräte gebildet worden, denen die Lösung von Aufgaben, die mit der Ausstellung der Erzeugnisse nicht direkt in Verbindung standen, übertragen wurde. So bestanden Ausschüsse für die Versicherungsfrage, für die Herstellung des Kataloges und ein Preßausschuß. Diese Ausschüsse haben sich damals gut bewährt. Selbst verständlich wird nach der nunmehr erfolgten Rückkehr des Reichskommifiars aus Paris allen diesen Fragen die eingehendste Erwägung zu teil werden. — Die Errichtung einer besonderen Prüfungsstelle im Reichs gesund heitsamt für Nahrungsmittel und andere Verbrauchsgegcnstände ist von verschiedenen Handels kammern gefordert worden Wie der „Apotheker-Zeitung" berichtet wird, ist die Regierung der Erfüllung dieser Forderung nicht abgeneigt, sür die vielleicht schon im nächsten Reichshaushaltsplan die Mittel verlangt werden dürften — Nachdem die spanische Regierung die geeigneten Vorkehrungen dazu getroffen hat, daß vom 25. Juli ab auf die deutschen Boden- und Jndustricerzeugnisse bei der Einfuhr in Spanien, Cuba und Puerto Rico der sogenannte Minimallarif, d i. die zweite Kolumne der dortigen Zolltarife, angewendet werden wird, ist auch deutscherseits das Erforderliche veranlaßt, damit von dem selben Tage ab die Erzeugnisse Spaniens und seiner überseeischen Besitzungen nachdem allgemeinen deutschen Zolltarife — ohne Zuschläge — abgefertigt werden. — Zum kirchlich-sozialen Manifest giebt Prof. I). v Nathusius in der „Kreuzztg " folgende Dar legung: ,/Nachdem das Manifest nun veröffentlicht ist, scheint es mir an der Zeit, darauf hinzuwcisen, daß auch Männer sich wohl für dasselbe erklären können, die mit mir der konservativen Fahne treu zu bleiben entschlossen sind Die Äußerungen, welche sich in der sogenannten mittel- parteilichen Presse fanden, als der Gedanke jenes Mani festes zuerst bekannt wurde, haben einen neuen schmerz lichen Beweis geliefert für das niedrige geistige Niveau, von dem aus viele die öffentliche Meinung fabrizierende Organe geleitet werden. Nur daraus sind die vielen ganz verkehrten Vermutungen, Verdächtigungen rc zu erklären. Ich hätte Ursache, mich persönlich u. a. mit der „Schles. Zeitung" auseinandcrzusetzen, wenn ich cs für würdig halten müßte, über das, was der konservativen Sache heilsam ist oder nicht, mit jenem Blatte zu verhandeln Zu kirchlich-sozialer Arbeit haben wir aufgefordert Das ist der Boden, aus dem auch solche sich verständigen können, welche bezüglich „der Auswahl der gesetzgeberischen Mittel im einzelnen" verschiedenen politischen Partei anschauungen folgen Für kirchlich-soziale Arbeit müssen aber alle konservativen Männer eintreten, welche nicht wollen, daß die evangelische Kirche abseits stehe von dem geistigen und sittlichen Leben und Ringen der Gegenwart — nicht wollen, daß das Wort Gottes nur Anwendung finde innerhalb der Kirchcnmaucrn oder in den Privatkonventikeln unschädlicher Leute — nicht wollen, daü die Kirche nur hervorkommandiert wird, wenn es irgendwelchen Interessen paß«, bis e» dann wieder heißt: stillacstandcn, rührt euch! d h rührt euch nicht — MH' M SchWkch empfinden, die damit der cvckffgeliscW Küche angetan wird Nach' den Vor kommnissen der lebten J«hre verstehe ich cs, wenn in crnit chrWäien ütid konservsrwen Kreises, schon gestsfi IkMets sozial ein MiWkuen entstartden ist Wir wollen diesem Mißtrauen wehren, indem wir unS fm unsere kirchlich-soziale Thätigkeit lossagen von allen Ver mischungen irdisch-sozialer und evangelisch-geistlicher Be griffe, indem wir die soziale Arbeit der Kirche nicht auf ein politisches, sondern auf ein srelsorger- liches Interesse gründen An sich lege ich auf Zahlen keinen Wert Das Bestehen des göttlichen Geiste», der der Geist der Wahrheit und der Freiheit ist, ist nicht in Zahlen auszudrücken und hängt nicht von ihnen ab. Aber es giebt Zeiten, wo ein Bekenntnis nötig ist, zur Stärkung der Schwachen und zur Verbindung der Zusammengehörigen. Und darum wünsche ich im gegenwärtigen Augenblick eine große Zahl von Namen, die sich unserem Manifeste an- schUeßen. Daß man sich zu einem neuen evangelisch-sozialen Kongreß mit dem Manifeste nicht bekennt oder verpflichtet, geht aus dessen Wortlaut hervor. Die ausgesprochenen Grundsätze wollen nur vertreten iverden in Pastoral- konfcrenzen, Partciversammlungen, in der Presse und in der praktischen Arbeit. Ob eine persönliche Zusammenkunft derer, die sich dazu bekennen, daraus einmal hcroorgeht, wird wesenllicb von der Aufnahme des Manifestes selbst abhängcn Beschlüsse darüber existieren nicht Aber ich wüßte leinen Grund dagegen, wenn sich der Wunsch dafür energisch geltend machen sollte Das würde aber weder ein politischer, noch ein sozialpolitischer Kongreß werden. Möchten sich viele liebe Freunde vom Mißtrauen und klein lichen Rücksichten freimachen. Möchten besonders die treff lichen Männer, die im geistlichen Amte mit uns das un verfälschte Evangelium vertreten, nicht den theologischen Pflasterzoll erheben, wenn die Spritze zum Löschen fährt. Möchte jeder Schritt zu Schanden werden, den wir in dieser Sache thun, der nicht aus Liebe zu unserem armen Volke und zur Ehre unseres Herrn Jesus Christus unter nommen wird" — In Thorn sind vorgestern der Schuhmacher Albrecht aus Thorn und der Schachtmeister Fahrin aus Mocker sowie ihre Familienangehörigen verhaftet worden. Es handelt sich angeblich um Spionage. Albrecht, der früher Hilssgerichtsdicner war, wurde in dem Augenblicke verhaftet, als er mit dem Graudenzer Zuge auf dem Thorner Bahnhof ankam — Die demokratischen Neichstagsabgeordneten Württembergs haben ihre Mandate ganz überwiegend, einzelne beinahe ausschließlich in atnentia ausgcübt. Auf einer in Gablenberg abgehaltenen demokratischen Versamm lung hat nun der ReichStagsabgeordnete Galler die Mit teilung gemacht, daß bei jener Versäumnislistc mehrmals die Abgeordneten der Volkspartei als „fehlend" aufgesührt sind, „während nicht weniger als neun Mitglieder im Reichstagsgebäude anwesend waren und nur bei der von freisinniger Seite selbst beantragten Auszählung des Hauses absichtlich fehlten, uin das Zustandekommen eines „ver fehlten" Gesetzes (Zuckcrsteuer) oder die Annahme eines schlimmen Antrages, aus dessen Turchpcitschung mit allen möglichen Mitteln die Gegner bedacht waren, unmöglich zu machen " Nach dem Bericht des demokratischen Stutt garter „Beobachters" ist diese Mitteilung mit großem Bei fall und lebhafter Heiterkeit ausgenommen worden. — Die „Nationallib Corresp" hat ganz recht, wenn sie meint, solche Manöver erinnerten an Schülcrpraktikcn. Sache der Geschäftsordnungskommission des Reichstages wird cs sein, derartigen Praktiken in Zukunft einen Niegel vorzuschicben. — Im wesentlichen zutreffend schreibt die „National- Zeitung": „Schlag auf Schlag erleidet die Sozialdemo kratie bei ihren Lohnkämpfen. Vor acht Tagen noch verkündeten die sozialdemokratischen Blätter, der Streik der 800 Hutmacher in Berlin stände glänzend, er muffe ge wonnen werden, die Fabrikanten seien mürbe, lind am Dienstag haben die Hutmacher den Streik für beendet er klärt, „er sei verloren durch das jämmerliche Verhalten eines Teiles der Streikenden und durch die Taktik der beteiligten Fabrikanten, die kein Mittel der Verleumdung gescheut " Acht Wochen hat der Streik gedauert; im An fang waren 1500 Personen daran beteiligt, rund l 00000 Mark hat er gekostet und in zahlreiche Familien namen loses Elend gebracht. Der Streik ist aus denselben Ur sachen entstanden, wie der in Kottbus; die Fabrikanten hatten sich zusammengethan, weil sie sich den Terrorismus der Arbeiter, die namentlich in dem Fachverein ihre Stütze fanden, nicht gefallen lassen wollten; es blieb ihnen schließlich nichts weiter übrig, als ihre Fabriken zu schließen Nun erhob die Sozialdemokratie ein mächtiges Geschrei wegen der Maßregelung, der Streik wurde für einen offiziellen erklärt, die ganze Sozialdemokratie Berlins wurde zu Gunsten der Ausgeschloffenen mobil gemacht, aber es war vergebens. Drei Wochen vor dieser Nieder lage hatten die Musikinstrumentenmacher in Berlin kapitu liert und kurze Zeit vorher die Textilarbeiter in Kottbu«; von beiden Gewerkschaften sind immer noch mehrere Hundert ohne Arbeit Zwölf Wochen streiken bereits die Metallarbeiter, im ganzen 400 Mann, sie wurden seiner Zeit wegen der Maffeier für etliche Tage autschlaficn und Haden dann als daraH' tHk diMftwe Ml? gäbe de» 1 Mai verlaM. 68v0^M HW M ÄreV bereits gekcfiktt und er ist verloren, ebenso u.c ter dcr Weber im Eulengebirge, der schon sieben Wochen dauert, und derjenige der SduParbnwr ist Lgutcrb-rg a H , der schon noch länger sich hinzieht; die Zahl der Streiken den beträgt insgesamt 800 Mann Eine genaue Fest stellung der Summen, welche die sozialdemokratischen Streik« in diesem Jahre verschlungen haben, läßt sich ja nicht geben; man wird aber nicht sehlgehen, wenn man 750000 M al» Minimalsumme festhält Da selbstverständ lich die Streikenden als Unterstützung nur etwa ein Drittel de» sonst verdienten Wochenlohnes erhalten haben (in den letzten Wochen des Streikes wurden nur wenige Mark ausgezahlt), so sind über zwei Millionen Mark an Arbeitslohn ausgefallen Ein großes sozialvemokratischcS Sängerfest, wie eS Berlin wohl kaum gesehen, wird sie dafür entschädigen Auf dem Terrain der Brauerei Pichelsdorf werden am 9. August 225 Gesangvereine mit 4500 Sängern sich vernehmen lasten und zum Schluß wird der sozialdemokratische Arbeilersängerbund, der das Fest arrangiert, einen Festzug veranstalten." — Das gestern heraus gegebene 20. Stück des Reichs- Gesetzblattes enthält: Verordnung über die Kaution des Rendanten der Bureaukaste beim Reichsversicherungs- amt, vom 12. Juli 1896, und Bekanntmachung, betreffend Aenderungen der Anlage U zur VerkehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands, vom 19. Juli 1896, sowie eine Berichtigung Darmstadt Die Zweite Kammer setzte gestern die Beratung des Staatsvertragcs mit Preußen, betreffend die Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn, fort. Abg. Metz (freisinnig) wies auf den von Preußen ge führten Konkurrenzkampf hin und bemängelte einige Be stimmungen des Vertrages. Er erklärte im übrigen die Sache nicht für spruchreif, hielt es für unangebracht, daß Abgeordnete, deren Mandat in wenigen Tagen erlösche, über das Schicksal des Vertrages entschieden, und bat schließlich um Zurückweisung des Vertrages zu abermaliger Verhandlung, da er der Annahme desselben noch vorziehen würde, wenn alles an Preußen verkauft würde. Berichterstatter WolffSkehl verteidigte in längerer Rede den Vertrag und befürwortete dringend dessen Annahme, da derselbe Hessen wirtschaftliche und finanzielle Vorteile sichere und ebenso einen politischen Fortschritt bedeute. Staatsminister vr. Finger erklärte, der Antrag des Abg. Schmidt aus Zurückverweisung zu abermaliger Verhandlung sci für die Regierung unannehmbar Ter Vertrag könne nur angenommen oder abgelchnt werden Der jetzige Landtag habe sich schon lange mit der Sache befaßt und sei darüber vollständig unter richtet, während es zweifelhaft sei, ob dies sür den nächsten Landtag auch zutreffe Das Interesse Hessens sei in jeder Beziehung gewahrt Tie Abgg Wasserburg (Zentrum) und Ulrich (Soz.) sprachen gegen den Vertrag. In der Abendsitzung gelangte die Verhandlung noch nicht zum Abschluß, da sich sür heute noch mehrere Abgeordnete zum Worte meldeten. Frankreich. rl Paris. Li-Hung-Tschang hatte, wie bereits gemeldet, eine Unterredung mit dem Minister des Auswärtigen, Hanotaux. Über das in derselben ver handelte Thema verlautet zwar nichts, doch dauerte sie volle 2 Stunden. Ucberdics wurde vereinbart, daß Li-Hung-Tschang nach seiner Rückkehr von Lyon und St. Etienne mit dem Minister noch eine Unterredung haben solle. — Ueber das Auslaufen des Panzerschiffes „Magenta" im Hafen von Algier meldet die „Agence Havas", daß dasselbe durch das Reißen der Kette dcr Ankerboje verschuldct worden ist. Ta ein heftiger West wind herrschte, wurde der Panzer an den Felsen „Roche sans Nom" getrieben, wo er sestfuhr. Hierbei wurden auf eine Fläche von 4 m die Kielpanzerplatten weggerissen. Die Zeitungen hatten erst kürzlich die Beseitigung jenes Felsens verlangt und sind jetzt darüber einig, daß jedes andere Schiff von weniger solider Bauart bei einem gleichen Unfall einen weit ernstlicheren Schaden davon- getragen hätte. — Die Regierung hat das Gesetz, welches Mada gaskar als französische Kolonie erklärt, und am I I . Juli im Senat definitiv durchging, noch nicht veröffentlichen lassen, wozu ihr nach dcr Verfassung noch bis zum 11. August Zeit bleibt Es soll dies in der Absicht seinen Grund haben, für Madagaskar einen besonderen Zolltarif aufzustellen. Bekanntlich soll betreffs dcü Im ports der ausländischen Produkte dcr Hauptzolltarif onge- wendet werden, welcher Bestimmungen für etwa 1200 Ar tikel enthält. In Madagaskar werden aber von den nicht französischen Ländern nur etwa 30 bis 40 Artikel einge führt. Deshalb soll für diese der Einfachheit wegen ein besondcrcr Tarif ausgearbcitet werden, der für die mit Frankreich in Handelsbeziehungen stehenden Länder gilt und noch rechtzeitig fertig werden soll, um der Regierung seine gleichzeitige Veröffentlichung mit dem Madagaikar- gesetz am II. August zu gestatten. — Am 28. Juli wird in Pari« eine neue russi sche Anleihe von 400 Millionen aufgelegt Die ZeiMigen äußern sich zum Teil darüber abfällig, daß dieselbe erst vorgestern, also nur sechs Tag« vorher, dem Publikum angekündiat wurde. An der Börse hatte diese Ankündigung ein Sinken der Kurse zur Folge, die nie driger geschloffen wurden, als am Tage vorher; so ging die französische Rente von 101,85 auf 101,82^ her unter. * Paris Die von den Radikalen seit einigen Tagen verbreiteten Gerüchte über im Schoße de» Kabinett», namentlich zwischen Barthou und Möline ausgrbrochene Meinungsverschiedenheiten wurden gestern von offiziöser Seite als durchaus unbegründet erklärt. Im Gegenteile, zwischen allen Mitgliedern des Ministeriums herrsche in allen Fragen vollständige Übereinstimmung. Dieses Einvernehmen werde übrigen« in dem Ministerrate schon zu beredtem Ausdrucke kommen. Die Negierung be absichtige nämlich gegen die Treibereien der inter nationalen Arbeitervereinigung einzuschreiten. Der diesbezügliche Beschluß werde zeigen, daß das Kabinett der Aufgabe der Bekämpfung des Sozialismus treu geblieben sei. Wie verlautet, will nämlich die Regierung gegen die Teilnehmer an dem Sozialisten kongresse in London das Gesetz vom Jahre 1872 gegen die Internationale zur Anwendung bringen. — Das „Petit Journal" registriert das Gerücht, daß eine hiesige sehr bedeutende Verwaltungsbehörde von einem großen Skandal bedroht sei. Man habe das Verschwinden zahlreicher Millionen konstatiert. Es seien Ausgaben gemacht worden, welche erst für das Jahr 1898 vorgesehen waren. — Das Dekret, welches den Zoll auf fremden Zucker entsprechend dem Betrage der deutschen Ausfuhr prämie erhöht, ist vorgestern dem Präsidenten der Re publik zur Unterzeichnung nach Havre übersandt worden, damit cs am 1. August in Kraft treten kann — Im gestrigen Ministerrat erörterten die Minister einen aus Anlaß de« Personenwechsels in Bezug auf das Amt des Generalgouverneurs von Algerien einzu- führenden Systemwechsel. Hanotaux berichtete über seine vorgestrige Unterredung mit Li-Hung-Tschang. Nach einem vom Kolonialminister verlesenen Telegramm soll die Lage aus Madagaskar gut sein. — Der ehemalige Minister Senator Spull er ist gestern vormittag gestorben Unter den ersten Beileids bezeigungen, welche den Angehörigen des Verstorbenen zugingen, befand sich auc^ die des deutschen Botschafters Grafen Münster — Dreizehn Jahre hat Eugtzne Spuller, das alter ez-o Gambettas, diesen überlebt, nachdem beide in zwanzigjähriger Freundschaft Seite an Seite gekämpft hatten. Eug'-ne Spullcr hat, wie sein Freund, kein hohes Älter erreicht Er entstammte einer Farmersamilie und war am 8. Dezember 1835 in Seurre (Cöte d'Or) geboren. Im Jahre 1847 kam er auf das Gymnasium nach Dijon, studierte dann ebenfalls in Dijon die Rechte und ließ sich 1862 als Advokat in Paris nieder. Als solcher lernte er auch Leon Gambetta kennen, dcr einige Jahre jünger war und sich damals in seiner Sturm- und Drangperiode befand. Schon im Jahre 1863 machte Spuller sich in dcr Journalistik bemerkbar, indem er mit Leidenschaft die offiziellen Kandidaturen bekämpfte Tie Blätter, in denen Sxuller hauptsächlich mitarbeitete, waren „Nain Jaune" und das „Journal de Paris". Außerdem lieferte er be merkenswerte Artikel sür die „Encyclopödie generale", so z. B. eine Studie über Deutschland. Später wurde er einer dcr Hauptmitarbeitcr der „Revue politique", wo er sich mit Gambetta, Challemel-Lacour, Allain Targe, Jules Ferry, Henri Brisson traf. Bei den Wahlen von 1869 wurde Spullcr mit dcr Redaktion jenes Manifestes betraut, in dem Emile Ollivier des allgemeinen Vertrauens un würdig erklärt wurde. Mit der Ausrufung der Re publik am 4. September 1870 begann SpullerS amtliche Thätigkeit. Mit Gambetta verließ er Paris im Luftballon, um von Tours und später von Bordeaux aus die „nationale Verteidigung" zu leiten. Im November 1871 gründeten die beiden Freunde die „Röpublique Fran<;aise", deren Ausgabe es sein sollte, für die Republik Propaganda zu machen. Spuller wurde Chefredakteur unter der Direktion Gambettas Fünf Jahre lang hat Spullcr mit Eifer und Geschick seine Aufgabe an dem genannten Blatte erfüllt, bis er am 20. Februar 1876 zum Vertreter des dritten Arrondissements von Paris in die Kammer gewählt wurde. Fragen des Unterrichts und der Kirche, sowie die auswärtigen Angelegenheiten hatten ihn besonders beschäftigt und in der Behandlung dieser Dinge machte er sich auch bald in dcr Kammer bemerkbar. In Gambettas Ministerium vom 14 November 1881 wurde Spuller Unterstaatssckretär des Auswärtigen, doch dauerte seine Thätigkeit nicht lange, und nach dem Rück tritt Gambettas wurde Spullcr wieder Redakteur der „Ncipubligue Francaise". Nach Gambettas Tode ist sein Freund noch öfter Mitglied von Ministerien gewesen. Nachdem Spullcr in der Session von 1884 zum Vize präsidenten der Kammer gewählt worden war, übernahm er in ihrer Zusammenfassung und Gegenüberstellung waltet soviel willkürliche und nicht einmal lebendige Phantasie, soviel unwahre Überlieferung, daß der ehrliche Leser zu keinem Eindruck des Lebens und demzufolge auch zu keiner wahren Teilnahme kommen kann. Die Schilderungen sind zu grell und dann wiederum beinahe kindlich, man fühlt überall, daß die Verfasserin ernten will, ohne gesät zu haben, d h, daß sie die Wirkung ohne natürliche Voraus setzungen sucht. Die Heirat der Prinzessin Herma mit dem Klaviervirtuosen Arnoldson ist, wenn nicht an sich, doch so wie sie hier eingeleitet und dargestellt wird, eine völlige Unmöglichkeit. Da« Verhältnis des Prinzen Rupert zu Aranka Batthiany, die Beziehungen der Prinzessin Eugenie zu Herma — lauter Romankapitel des gewöhnlichsten Schlages, ohne Hauch des Leben«, ohne innere Wahrheit Zuletzt geht diese Art von Romanerfindung und Roman vortrag auf sinnlose Zerstreuung hinaus, denn welchen Sinn hat es, die Enge der eigenen Welt durch Schilder ungen und Abenteuer aus einer Welt erweitern zu wollen, von der die betreffende Verfasserin schließlich selbst nichts weiß Ein historischer Roman, den die zahlreichen hinaus- ziehcnden, wie die heimkehrcndcn Alpenwanderer nicht un beachtet lassen sollten und der zum Vorzug der lebendigen Darstellung noch den Reiz charakteristischer, feiner Illu strationen (von A. F. Seligmann) hat, ist das zweibän dige Werk von Ludwig Ganghofer. „Die MartinS- klause" (Stuttgart, Verlag von Adolf Bon», 1895), der im Anfang de« zwölften Jahrhundert« spielt und die Besitznahme de« wilden Berg- und Waldländchen« Berchtesgaden durch Augustiner Chorherren zum Stoff hat Die Vertrautheit des Erzähler« mit dem Boden, auf dem die Geschichte spielt, und die natürliche Einfach heit der Gesetze, unter denen die ersten Anfänge de« Kulturlebens zwischen den Bergen am KönigSsee gestanden haben müssen, erleichtert e«, da« Bild einer so weit zu rückliegenden Zeit und so fremdartiger Verhältnisse, wie sie der Sieg de« ersten Probste« Eberwein über den ge- fürchteten Zwingherrn Waze und dessen schlimme, miß ratene Söhne rinschließt, deutlich und warm lebendig zu malen Die Wälder, die Almen, die Einöden des Berg landes stehen vor uns, die Menschen der Vergangenheit sind durch gewisse, für alle Gcbirgslcute charakteristische Züge und Lebenüverhältnisse mit den Menschen der Gegen wart verbunden Erreicht Ganghofers Roman sein Vor bild, Scheffels „Ekkehard", weder in der Plastik der Ge stalten, noch im Reichtum und der poetischen Gewalt der Sittenschilderung, so gehört „Die Martinsklause" doch zu den besseren Büchern der Gruppe von Romanen, die sich nach und nach um Scheffels Dichtung gesammelt hat. Jedenfalls ist der Verfasser von lebendiger Liebe für das Stück Leben erfüllt, das er darstellt, und das ist mehr, als inan von der Mehrzahl der Romane des vorigen wie deS laufenden Jahres rühmen darf. Adolf Stern Frankreich und Rußland auf der Berliner inter nationalen Kunstausstellung. Über die künstlerische Vertretung des Zweibundes auf der Berliner Ausstellung macht der treffliche Ad. Rosen berg in der „Post" u. a folgende Bemerkungen: Die Russen haben ersichtlich mehr Eifer und Interesse für die Berliner Ausstellung gezeigt als die Franzosen, obwohl diese im vorigen Jahre nicht nur viel Ehre und Ruhm geerntet, sondern auch ganz gute Geschäfte gemacht haben Der Chauvinismus scheint also wieder den Sieg über den bei den Franzosen sehr hoch entwickelten Geschäftssinn davongetragen zu haben Wir denken dabei nicht bloß an die geringe Zahl, sondern auch an die auffallend geringe Qualität der bei uns ausgestellten Kunstwerke. Wir finden unter den Gemälden (Aenrebilder und Land schaften von so erstaunlicher Naivetät, um nicht zu sagen Kläglichkeit, daß wir sie in einer deutschen Ausstellung nicht einmal mehr unter der despektierlichen Rubrik „Kalenderbilder" verzeichnen können Selbst mit den so genannten „großen Schinken", mit denen die Franzosen den Fremden sonst so gern zu imponieren suchen, sind sie in diesem Jahre äußerst sparsam umgegangen. Wir finden in dem Saale eigentlich nur zwei Bilder größeren Umfange«: die sehr hart und trocken gemalte, unsäglich nüchtern geschilderte Prozession an einem Wallfahrt«- tage in Laudandcc in der Bretagne von Charles Cottet, wobei vier weißgekleidete Mädchen eine buntaufgeputzte Statue der Madonna auf einer Bahre tragen, und das desto poesievollere Triptychon mit einer Darstell ung der Verkündigung Mariä von G. Dubufe. Der Maler ist zu dieser holden „Symphonie in Weiß" durch da« '„Ave Maria" von Gounod angeregt worden, dessen Hauptthema in Notenschrift auch aus dem Rahmen des dreiteiligen Bildes angebracht ist. In der Mitte sieht man den Engel mit dem Lilienzweige, der eine Treppe hrrabsteigt, die zu einer von Weinlaub bedachten Pergola führt. Vor dieser erwartet Maria knieend den himmlischen Boten. Aus dem linken Seitenflügel singen Engel einen Lobgesang, und auf dem rechten Flügel führen andere Engel die begleitende Musik aus. Es ist wirklich eine Malerei, die den süßen Klängen des Gounodschcn Tonstücks gleich zarte und sanfte Rhythmen zur Seite stellt Ein drittes französisches Bild von ziemlich beträchtlichem Umfange ist — vermutlich aus Schicklichkeitsgründen — aus dem großen Saal an die schlecht beleuchtete Rückwand de« südwestlichen, viertelkreissörmigen Korridor« verbannt worden. Sein Schöpfer, Jose Frappa, ist un« im vorigen Jahre durch da« kecke Bildchcn „Geldheirat" al« loser Spötter bekannt geworden. Auf seiner „närrischen Erzählung", einer lustigen Plauderei zwischen einem Schalks narren in roter Tracht und einer Amme, die gerade bei der Ausübung ihrer Pflichten begriffen ist, entfaltet er so „kolossale Mafien" einer keineswegs holden Weiblichkeit, daß jene Verbannungsmaßregel allerdings einigermaßen gerechtfertigt erscheint Auf zwei anderen Bildern, der Büste eine« hübschen jungen Mädchen«, da« dem Gaukel spiel eine« Falter« zusieht, und dem Besuch eines Prälaten bei einem kunstfertigen Mönche, der gerade eine An betung der Könige aus in Holz geschnitzten, bunt bemalten Figürchen zusammensetzt, zeigt sich Frappa wieder von einer ganz manierlichen Seite, ohne jedoch große tünsilcn'chc Vorzüge zu entfalten Mit acht Bildern und Studien in Ql und Pastell ist der geistreiche, wenn auch oft etwas kaprizöse John Boldini angerückt Sem Paftellporträt des achtzigjährigen Menzel (Brustbild) ist von erstaunlicher Schärfe der Charakteristik, das würdige Seitenstück zu der Büste von N. Begas. Dcr Gegenstand darf uns aber nicht hindern, daß mir Boldinis herbstliche Parkstudien aus Versailles und seine venezianischen Ansichten als rein koloristische Leistungen ebenso hoch stellen Noch launenhafter als Boldini ist der Maler oder eigentlich „Stricheler" Jean Francois Ras- faelli, dessen Bilder man nur aus einer Entfernung von zwei bis drei starken Schritten betrachten darf Ter Blick von der Jenabrücke aus den Trocaderopalast mit reicher Staffage von Fußgängern, Reitern und Gefährten sieht noch ganz manierlich aus, während man dicht vor der Leinwand den Eindruck gewinnt, als ob Würmer über die Helle Leinwand krabbelten Auch die beiden Einzelfiguren, „Pariserin, die Champs-ElysöeS durchschreitend", und „ein alter Lumpensammler" sind, aus der Entfernung betrachtet, charakteristische Typen aus dem Pariser Leben in maßvoller Darstellung. Obwohl eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, möchten wir aus der Rückenansicht eines nackten, auf einem Divan sitzenden Mädchens von P A Bes- nard wenigstens den Schluß ziehen, daß dieser wunder liche Farbenphantast bisweilen lichte Momente hat. Eine Anzahl der ausgestellten französischen Bilder haben die Kunstfreunde gewiß schon im vorigen Jahre und vor zwei Jahren in München gesehen. Dazu ge hören auch die „Plünderung eine« gallorömischcn Landhauses durch die Hunnen" von George» Rochegrosse, nach dem bekannten französischen Rezept eine Mischung von Grausamkeit und Wollust in verführerischer koloristischer Umhüllung, und das groteske, unbeschreiblich widerliche Phantasiestück „Die Versuchung des heiligen Antonius", die Ausgeburt eines kranken Hirns, von Adolphe Binet. Sonst ist von den Franzosen nicht viel Gutes, auch nicht einmal viel Neue» zu sagen Bild nisse, wie da« der Prinzessin Chimaq von dem in Pari« lebenden Spanier Antonio de Gandara und von dem in nebelhaftem Mysti»i«mu« steckenden Fantin-Latour werden in Deutschland jährlich zu Hunderten gemalt, und mit den deutschen Lrientmalern kann sich Loui« August Girardot
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