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erforderte Zusammenleben der Eheleute ist meist that- sächlich audgeschlossen, der Kranke befindet sich in einer Anstalt, und dadurch verbietet sich die persönliche Pflege de» Kranken durch den Gesunden in der Regel von selbst Der Gesunde ist nur vorübergehend im stände, den Kranken zu sehen Et bleibt nicht« übrig, alt die vrr- mögensnchlUchc Sorge, der im weitesten Sinne Nechiwng getragen ist. Der Vorwurf der Unchristlichkeil diese» The- scheidungtgrunde« sollte nach der Rede des Hrn Ministers nicht mehr erhoben werden dürfen Denn depHr Mimster hat eine ganze Reihe überzeugter Christen und treuer Konservativer namhaft gemacht, die für diesen Ehe- fcheidungtgrund lebhaft emgetreten sind und die niemals etwas verteidigt haben würden, was den Lehren der christlichen Religion zuwiderlaufen würde. An der Spitze Aller dieser muß der hochfelige Kaiser Wilhelm I. genannt werden, der schon im Jahre 1842 sich entschieden für die Ausrechterhaltung det EhescheidungtgrundeS wegen unheil barer Geisteskrankheit erklärt hatte." — Bei der zweiten Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Plenum ist die Vorlage der Kommission in l6 Paragraphen abgeändert worden. Am erheblichsten sind die Änderungen beim Wildschadensersatz, wo die Wiederbeseitigung der Regreßpflicht sür den Schaden durch Wechselwild und die Beseitigung der Ersatzpflicht für den Hasenschaden stattgefunden hat. Die zweite Aenderung von Belang betrifft die Beschränkung des HeiratSkonsense« der Eltern auf die Zeit bis zum 21. Lebensjahre der Kinder statt bis zum 25. Lebensjahre Im MietSvertrage kann die sofortige Lösung des Mietsverhältnisses nur erfolgen, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters fortgesetzt in erheblichem Maße verletzt. In dem Titel über die un ehelichen Kinder ist dem Ehemann der Mutter die Be- sugniS gegeben worden, durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde dem Kinde mit Einwilligung de« Kindes und der Mutter seinen Namen zu erteilen Zu wendungen an juristische Personen bedürfen keiner Ge nehmigung der Behörde, wenn sie weniger als 5000 M. betragen (nach den Kommifsionsvorschlägen weniger als 3000 M). Die übrigen Abänderungen sind von geringer Bedeutung. — Zur dritten Beratung des Bürgerlichen Ge setzbuchs haben die Abgg. Frhr. v. Stumm und Rintelen übereinstimmend beantragt, daß die Kinder verpflichtet sein sollen, den Heiratskonsenü der Eltern bis zum 25. Lebens jahr nachzusuchcn, wie es in der Regierungsvorlage ent halten war. — Frhr. v. Mirbach hat mit den Konserva tiven beantragt, den ganzen Abschnitt in betreff der Grundschuld (§8 1174 bis 1181) zu streichen. — Die dritte Lesung des Bürgerlichen Gesetz buchs im Reichstage wird, wie man der „Nordd Allg. Ztg." zufolge annimmt, zwei Sitzungen in Anspruch nehmen. Am Donnerstag soll dann die dritte Lesung des Margarine gesetzes auf die Tagesordnung kommen. Die Vertagung des Reichstags dürfte daher frühestens an diesem Tage eintreten. — Über den auswärtigen Handel des deutschen Zollgebietes im Mai 1896 teilt das vom Kaiser!. Statistischen Amte herausgegebene Maiheft folgende Zahlen mit: Einfuhr im Mai in Tonnen zu 1000 kx netto: 2 881 367 gegen 2 962054 im Mai 1895, daher weniger 80 687. Hierunter Edelmetalle 99, übrige Artikel 2 881 268. Geringer war hauptsächlich die Ein fuhr von Baumwolle und Baumwollwaren, Flachs und anderen Spinnstoffen, Wolle und Wollenwaren, Droguerie-, Apotheker- und Farbwaren, Getreide, Material- rc. Waren, Ölen und Fetten, Steinen und Steinwaren, Lieh, während die Einfuhr von Abfällen, Blei, Eisen, Erden, Holz, Kupfer, Kohlen gestiegen ist. Die Gesamteinfuhr in den ersten 5 Monaten des Jahres beträgt 12 892 387 gegen 11 206 540, daher mehr 1 685 847. 8. Aus fuhr im Mai in Tonnen zu 1000 kx netto: 1 976153 gegen 2 111 151 im Mai 1895, daher weniger 134 998. Wesentlich gefallen ist die Ausfuhr von Eisen, Erden und Erzen, Getreide, Materialwaren, Steinen, während nur die Ausfuhr von Thonwarcn erheblich gestiegen ist. Die Gesamtausfuhr in den ersten 5 Monaten beträgt 9 881 408 gegen 9 148 204, daher mehr 733 204. — Über die Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Sch wetz, deren Ergebnis wir gestern schon gemeldet haben, schreibt die „National Zeitung": „Der Pole ist dem deut schen Kandidaten um 14 Stimmen voraus. Da noch eine größere Anzahl zersplitterter Stimmen abgegeben ist, hat Stichwahl zu entscheiden. Im Vergleich zu der Haupt wahl im Jahre 1893 ergiebt sich ein Rückgang der Wahlbeteiligung um 3000 Stimmen Damals hatte der Wahlkreis 15100 Wahlberechtigte, wovon sich rund 12 330 an der Wahl beteiligten. Davon stimmten 6210 für Holtz-Berlin, 6042 für den Polen, 35 für die frei sinnige Vereinigung; 39 Stimmen zersplitterten sich Schon damals mußte die Saumseligkeit der deutschen Wählerschaft beklagt werden, während polnischerseits mit größtem Eifer agitiert und gestimmt worden war. Der diesmalige Rückgang der Wahlbeteiligung verteilt sich jetzt in gleicher Weise auf beide Parteien; aber man muß bis zum Jahre 1881 zurückgehen, um eine geringere Be teiligung der deutschen Wählerschaft als die diesmalige zu finden . . ." Hoffentlich bleibt der Wahl kreis in der Stichwahl dem Deutschtum erhalten. — Die gestern abend hier abgehaltene, von 1500 Personen besuchte „Protestversammlung deutscher Frauen" nahm eine Resolution gegen die Bestimmungen de« Bürgerlichen Gesetzbuches bezüglich der rechtlichen Stellung beider Geschlechter an. Kraulretch. Pari». Gestirn begann in der Kammer die Diskussion über di« Steuerreform de» Finanz- Ministers Evchny Sie wird voraussichtlich lang, und es erscheint fraglich, ob sie bi» zu den großen Ferien beendet sein wird Bi« jetzt haben sich 25 Redner vormerken lasten, die Redner der Regierung nicht gerechnet Hierzu kommen jedenfalls im Laufe der Debatte noch verschiedene andere. Wenn sie vielleicht auch nicht alle sprechen, so stehen doch eine große Anzahl Anträge bei den einzelnen Paragraphen des Gesetze« in Aussicht, sodaß man die Ge samtzahl der Redner auf etwa 50 veranschlagen kann. Bei der Kürze der noch vorhandenen Zeit wird daher seitens der Regierung beantragt werden, daß die Kammer täglich zwei Sitzungen abhält — Der Abg Deloncle hat be» dem Budget von Algerien einen Antrag eingebracht, der bezweckt, inderOaseGhadame«, in deren Nähe der Marquis de Morö« ermordet wurde, eine fran zösische Agentur einzurichten, welche sich sowohl mit der Erleichterung des Handels, als besonder« mit der Sicherung der Karawanenstraßen zwischen den vorge schobenen, französischen Posten von Tunis und Algier zu befassen hat .— Die Nachrichten, welche der vorgestern früh aus Mada- gaskarin Marseille eingetroffene Dampfer „Djemnah" mitge- bracht hat, lauten sehr ungünstig. Diejenigen seiner Pasia giere, die von Tananarivo kommen, sagen, daß die Howas vor den französischen Behörden nicht den geringsten Respekt mehr haben. Königin Ranavalo hatte unlängst eine Amnestie erlassen für diejenigen ihrer aufständigen Unter- thanen, welche bis zum 15. Mai freiwillig die Waffen niederlegten Dieselbe hatte keinen Ersolg, denn eS stellten sich nur fünf der Rebellen. Die Lage wird als äußerst gefahrdrohend bezeichnet, und es ist sogar bereits von der Versetzung des Generalresidenten Laroche die Rede, ja die „Autorite" behauptet, daß dieselbe schon beschlossen sei, ebenso diejenige des Generalresidentschafts-Sekretärs Bourde. Im Kolonienministerium äußert man sich hier über noch nicht, sagt jedoch, daß Hr. Laroche „wenigstens für den Augenblick" auf seinem Posten bleibt Bekannt lich ist derselbe Protestant und soll sich in dieser Eigen schaft den Engländern besonders genähert haben, worunter, wie es heißt, die französischen Interessen in Madagaskar leiden. Der „Matin" erhält diesbezüglich einen Bries aus Madagaskar, dessen Verfasser sich in hohem Grade un zufrieden über den Engländer-freundlichen Generalresidenten ausspricht und dessen „unvorsichtige, ja sträfliche Nachsicht den Engländern gegenüber" tadelt. * Paris. Gestern begann die Kammer die Debatte über das Steuerresormprojekt der Regierung. Doumer beantragte als Gegenprojekt die progressive Einkommensteuer. Der Antrag Doumer bestimmt, das Einkommen der Steuerpflichtigen solle durch eine amtliche Einschätzungskommission festgesetzt werden, die unter dem Vorsitz der Friedensrichter in jedem Bezirk zusammentrete Damit fällt die vielbekämpfte Erklärung des Gesamtein kommens weg, zu der das Einkommensteuerprojekt des radikalen Ministeriums Bourgeois die Steuerzahler ver pflichten wollte — Bei den jüngsten spanisch-französischen Ver brüderungskundgebungen gelegentlich des Besuchs des französischen Geschwaders in Spanien verweilend, führt „Lanterne" aus, daß Spanien und Frankreich natürliche Verbündete zur Befreiung des Mittel ländischen Meeres vom englischen Einflüsse seien, und giebt den in Madrid schwerlich gewürdigten Nat, Spanien möge Cuba aufgeben und seine Äraft der Rückgewinnung Gibraltars widmen, bei welchem Unternehmen es des Wohlwollens Frankreichs sicher sein könne — Die Behörden, deren Entscheidung angerufen wurde, gaben dem Versailler Bürgermeister anheim, das Ableben des Herzogs von Nemours in der Form einzu schreiben, die ihm angemessen scheine. Darauf wurden die Namen und Titel, doch ohne die Bezeichnung „Königliche Hoheit" eingeschrieben; seine verstorbene Gattin dagegen, weil einem ausländischen Herrscherhause entsprossen, ist als „Ihre Königliche Hoheit, geborene Prinzessin von Sachsen- Koburg" angeführt Diese Kindereien werden in der Sommerstille viel besprochen — Waldeck-Rousseau trat nach langer Zurückhaltung wieder hervor. In einer Pariser Wählerversammlung hielt er eine als politisches Programm anzusehende Rede, in der er ausführte, es sei Zeit, auf Gambettas Regierungs grundsätze zurückzugreifen und da« Heil im Opportunismus zu suchen Eine starke Regierung, Trennung der Ge walten, Erziehung des Volkes zum Verantwortlichkeits gefühl, das sei die Aufgabe der Republik. Mehrere Blätter begrüßen Waldeck-Rousseau als Melines Erben, andere belächeln den nichtssagenden Wortschwall seiner Programmrede — Als Kardinal Boyer vorgestern in Rom Besitz von der ihm vom Papste in dem letzten Konsistorium ver liehenen Kirche „Trinit» del Monte" ergriff, hielt er eine Ansprache, in welcher er darauf hinwie«, daß der erste Titular dieser Kirche der Kardinal von Lothringen (Herzog von Guise) war Im Anschlusse hieran sagte der Kardinal, Lothringen werde niemals moralisch von Frank reich getrennt werden können. Der Feierlichkeit wohnte der französische Botschafter beim päpstlichen Stuhl Lefebvre d« Böhaine bei — Dao Pariser Schnei »i ch: hat Hrn. Emil Arton wegen Fälschungen u»d Unterschlagungen von ungefähr 4 Mill Frr« zum Schaden der TynamitHesellschafttn zu sechs Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Dresen AuSgang de» Prozesse« mag Arton, der bi« zuletzt sehr zuversichtlich ausgetreten war, nicht erwartet haben Gelingt e« denen, die an seiner Verschwiegenheit ein Interesse haben, nicht, die Umstoßung diese« Urteil« oder Artons schleunige Be gnadigung zu erwirken, was unter den, Ministerium Moline wohl eher zu erzielen ist, al« unter Bourgeois, dann dürfte die Veröffentlichung der Liste der 104 Check empfänger der Panamagesellschaft nicht lange auf sich warten lasten Arton hat dann kein Interesse mehr an ihrer Verheimlichung, nachdem diese ihn nicht vor so harter entehrender Strafe zu schützen vermocht hat. — Die mit der Post aus Madagaskar eingetroffenen Blätter berichten unter Vorbehalt von einem Äe fechte, das bei Betafo zwischen der Kolonne de« General Ondry und aufständischen Banden stattgefunden habe und in welchem 600 Aufständische und 16 Soldaten gefallen seien. v e l s t e n. Brüssel. Der Senat hat das von der Repräsen- tantenkammer ausgeklügelte und von dem Ministerium aus Wahlrücksichten genehmigte Gesetz, das den belgischen Milizsoldaten und freiwillig in das Heer Eintretenden vollständigen Unterhalt, Löhnung und 360Frcs. jährliche Ent schädigung sichert,mit einer wahrenBegeisterungmit59Stimmen gegen eine Stimme angenommen Mit dieser Begeisterung der klerikalen Mehrheit beider Kammern hat e« eine eigene Bewandtnis. Die Klerikalen wollen durch die Gewährung dieser Vorteile auf Staatskosten den persönlichen, ihnen verhaßten Militärdienst abwehren und ihn den unteren Klaffen recht schmackhaft machen. Nicht minder hoffen sie — und das mit Recht — daß viele, durch die angebotenen Vorteile angelockt, freiwillig in die Armee eintreten werden. Die belgische Armee behält also bis auf weiteres die militärische Stellvertretung bei und bleibt die Armee der Unbemittelten Nach Annahme dieses Gesetzes ist so bald nicht mehr an die Einführung des persönlichen Militär dienstes zu denken. Das war der letzte Trumpf, den die klerikale Partei ausspielte und womit die am 10. November begonnene parlamentarische Tagung der belgischen Kammern geschloffen wurde. Rom Anläßlich der Beratung des Budgets des Äußern in der Deputiertenkammer hielt Nasi eine energische Rede gegen Frankreich, das nach Befestigung Biserlas in zwanzig Stunden in Neapel, in neun Stunden in Sardinien und Sizilien sein und die dortigen Hafen städte bombardieren könne. Nasi lenkte die Aufmerksamkeit alsdann aus die allerdings gescheiterte Expedition des Marquis Mords, die nur ein Glied in der Kette von Expeditionen sei, die Frankreich insgeheim ausrüste, um sich allmählich in den Besitz von Ghadames und dadurch indirekt von Tripolis zu setzen. Die beständigen Jntriguen Frankreichs gegen Italien scheinen dem Redner geradezu einen „easus t'oväeris" im Hinblick auf die Tripelallianz zu bilden. (Beifall.) Auch der Abgeordnete Marquis Sangiuliano wies auf die Gefahr einer früheren oder fpäteren Okkupation von Tripolis durch Frankreich hin. — Die gestern erlassene päpstliche Encyklika über die Einheit der Kirche beginnt mit den Worten „Katis eognitum". Sie enthält 112 Anführungen aus der heiligen Schrift und den Kirchenvätern, mittels deren die Verfassung der Kirche mit dem Grundprinzip der Einheit dargestellt wird. Letztere begreife mehrere unter sich verschiedene Gemeinschaften, aber eine einzige Kirche, welche Christus die seine genannt habe Um seine Lehre nicht den verschiedenen Auslegungen der Menschen zu überlassen, habe Christus die Apostel gewählt und ein immerwährendes lebendiges und authentisches Magisterium gegründet. Es heiße die Kirche verleumden, wenn man sie so darstelle, als ob sie in die weltlichen Dinge ein- greifcn oder Rechte der Herrscher an sich reißen wolle. Die Kirche sei die über allen anderen stehende Gesellschaft, gleichwie das übernatürliche Ziel, das sie verfolge, über allen anderen stehe. Da eme vollkommene Gesellschaft ohne eine höchste Gewalt unmöglich sei, habe Christus die Einheit der Leitung einbesetzt und so die Einheit in der Kommunion vervollständigt. Er habe diese Leitung dem heiligen Petrus und seinen Nachfolgern mit der höchsten Autorität übertragen, neben der auf Erden keine andere höhere Autorität bestehen solle, mit dem Privileg, daß sie niemals im Glauben fehlen könnten. Niemand könne gegen den päpstlichen Stuhl, dessen Autorität keine bloß äußerliche, sondern eine mit voller Gewalt bekleidete sei, einen anderen errichten. Die Encyklika schließt mit der Aufforderung an alle diejenigen, welche Jesum Christum, den Sohn Gotte« und Erlöser, bekennen, seiner Kirchs anzuhängen, wie er sie eingesetzt habe Ärokbrttauuie«. London In der gestrigen Sitzung de« Unter hauses erklärte der Staatssekretär für die Kolonien, Chamberlain, fall« wettere Truppen zur Unterdrückung de« Ausstandes in Maschonaland erforderlich seien, so sei e« unerwünscht, dazu indische Regimenter zu verwenden, weil die Eingeboren«» darin ein Eingeständnis von Schwäche sehen würden Die Regierung beabsichtige, die Garnisonen am Kap in voller Stärke zu erhalten und werde die Truppen, die ins Feld abgegangen' seim oder abgehen könnten, an den betreffenden Orten ersetzen Seit der Veröffentlichung der chiffrierten Depeschen habe er keine weiteren Nachrichten in betreff der vorherigen Kenntnis Rhodes' von dem beabsichtigten Einfall in Transvaal er halten; er sei von dem Anwälte der Chartered Company benachrichtigt, daß die Direktoren Rhode«, Brit, vr. Rutherford und Harri« ihre Entlastung tingereicht und daß der Verwaltung«rat sie angenommen habe Bart» lett fragte an, ob die Annahme der Demission die Folge eines von Chamberlain erteilten Rates sei; hierauf erwiderte der Staatssekretär, daß er eine vorherige Ankündigung einer solchen Anfrage wünsche. Der Parlamentsuntersekretär de« Äußeren, Curzon, er klärte, die Regierung habe nicht gehört, daß die Negierung der Vereinigten Staaten von Amerika einen mit Madagaskar abgeschlossenen Vertrag ausgegeben habe; es bestehe vielmehr Grund zu der Annahme, daß gegen wärtig zwischen ihr und der französischen Regierung ein Meinungsaustausch stattfinde Die amerikanische und die britische Negierung hätten keine übereinstimmenden Lchritte gethan, weil ihre Stellung hinsichtlich der ihnen obliegen den Verpflichtungen nicht die gleiche sei Ferner gab Curzon die Erklärung ab, betreffs des Grenzstreites mit Venezuela habe neuerlich kein Meinungsaustausch oder sonstige Unterhandlung mit der venezuelanischen Negierung stattgefunden. Das Änerbieten der letzteren, die Streit frage einem Schiedssprüche zu unterbreiten, sei dem Parlamente bereits durch ein Blaubuch bekannt Der Gouverneur von Britisch-Guyana habe die Regierung von der Verhaftung des britischen Beamten Harrison benach richtigt, die erfolgt sei, als derselbe Vermessungsarbeiten am linken Ufer des Acarabisi vorgenommen habe. Gegen diesen Schritt sei bei den venezuelanischen Behörden Ein spruch erhoben worden; inzwischen habe die britische Regierung die Mitteilung erhalten, daß, sobald die Nach richt von dem Vorfall nach Caracas gekommen war, die Freilassung Harrisons angeordnet wurde. — Das Oberhaus nahm die zweite Lesung der Viehseuchenbill mit 83 gegen 34 Stimmen an. — („Nat -Ztg ") Die letzten Telegramme aus Pretoria mit der Beschwerde, daß England die eigentlichen Ver schwörer noch immer unbehelligt laste, wurden hier mit lauter Entrüstung als eine anmaßende Einmischung Krügers in rein englische Geschäfte verdammt. Aber gewirkt hat diese freundliche Gcdächlnisstärkung doch ohne allen Zweifel. Chamberlain hat den Londoner Direktoren der südafrika nischen Gesellschaft endlich „geholfen" zu einem Entschluß zu kommen und die Resignation ihrer Kollegen Rhodes und Veit anzunehmen. Dieselben Blätter, welche bislang da« Zögern der Direktoren oder richtiger der maßgebenden Gruppe im Direktorial zu preisen wußten, haben nach der vollendeten Thatsache plötzlich heraus gesunden, daß dieser Entschluß schon längst hätte gefaßt werden sollen „Der Widerwillen der Direktoren", schreibt die „Morning Post", „mit dem wirklichen Leiter der Ge sellschaft zu brechen, mag in Gründen der eigenen Interessen seine Erklärung finden, aber es war ohne Frage ein schwerer Fehlgriff, die Verantwortlichkeit dieser Entscheidung auf Rhodes selbst zu laden und einen Schritt zu ver zögern, den Staatüklugheit sowie Ehre gebieterisch er heischten." Als die Veröffentlichung der Geheimschrift depeschen, deren Echtheit selbst von den hiesigen Organen des Hrn. Rhodes keinen Augenblick in Zweifel gezogen wurde, die Schuld desselben sonnenklar bewies, sah Chamberlain sich trotzdem nicht veranlaßt, die Direktoren an die erste Pflicht zu erinnern, welche sie England und ihrer eigenen Ehre schuldeten. Damals war Rhodes unentbehrlich für die Sicherheit der Ansiedler in Matabele land. So erklärte der Kolonialsekretär selbst vor dem Parlament. Der „Oberst" C. RhodeS hat nun allerdings bisher keine größeren militärischen Thaten verrichtet, als ein paar lächerlich bombastische Depeschen abzulasten von entscheidenden Schlachten, die — morgen bevorstanden und nie stattfanden. Doch seine Anwesenheit an sich sollte von unschätzbarem Werte sein. Man mag diesen mora lischen Einfluß seiner „magnetischen" Persönlichkeit ver schieden schätzen; in jedem Falle müßte Rhodes bei der gegenwärtigen dortigen Lage zehnmal weniger an der Spitze der Gesellschaft entbehrt werden können als Anfang April. Die „Times" suchen diesen Widerspruch denn auch mit der Erklärung hinwegzudisputieren, daß „die Annahme der Resignation mehr formellen und sentimen talen, als thatsächlichen Wert besitzt." RhodeS habe ja versprochen, nach wie vor seine volle Energie der Ent wicklung der Kolonie zu widmen „Die Aktionäre der Gesellschaft", sagen die „TuneS", „mögen sich vielleicht nur Folge haben und den Sulutypus, bei den Wahehe, wenn er je vorhanden war, verwischen. Der Ackerbau liefert auf der Hochebene hauptsächlich Mtama (Ncgerkorn), Mais und eine andere Kornart. In den Randgebirgen finden sich außerdem überall in den fruchtbaren Thälern süße Kar toffeln, sehr viel Bohnen und Erbsen, auch Tabak und hin und wieder Reis. Auf der Hochebene bilden zahlreiche Herden von Rindvieh und Ziegen einen Hauptreichtum der besitzenden Klaffe. Andere Haustiere sind Schafe, Hühner und Hunde. Für eine schnelle und fruchtbringende Entwicklung von Uhehe ist, wie überall in unserer Kolonie, die erste Be dingung, billige Absatzwege zu schaffen „Vielleicht gelingt eS", sagt Frhr v. Schele, „im Rufiyi und Ulanga eine billige Wasserstraße bis an die Grenze de« Lande« zu ge winnen und von hier au« mit Eisenbahnen weiter vor zudringen; wenn nicht, muß eine solche Eisenbahn von der Küste au« beginnen Die« wird zugleich die sicherste Er oberung und Beruhigung des Lande« sein, und mit der Pazifizierung wird, in ungeahnter Progression, die Be völkerung und die ProduttionSkraft zunehmen Sollten dann Versuche, die jedenfalls angestellt werden müssen, be weisen, daß auf dem gesunden Hochland auch die Ansiedel ung deutscher Ackerbauer und Viehzüchter möglich ist, dann wird da« Land Uhehe al« Konsument und Produzent für unser Vaterland eine wirtschaftliche Bedeutung erlangen, deren Grenzen heute noch nicht zu ermessen sind" H G * Wie au« Wien berichtet wird, wurde vom Kom mandanten der aeronautischen Abteilung, Hauptmann Trieb, und dem Oberlieutenant KazminSky am letzten Sonnabend eine äußerst interessante Ballonfahrt mit einem neuen, vollständig kugelförmigen Ballon unternommen, wobei die Offiziere eine Fülle wissenschaftlicher Beobachtungen zu ver zeichnen hatten Im ganzen verblieben die Luftschiffer durch vier Stunden in einer Höhe von 2000 bis 2200 m, ohne daß sie vom Ballast Gebrauch machen mußten; der Ballon befand sich vollkommen im Gleichgewicht Während dieser Zeit boten sich den beiden Offizieren interessante Ausblicke auf die unter ihnen hinziehenden schweren Wolkenpartien Die Offiziere gewannen die Überzeugung, daß sich ein Gewitter vorbereite, welches sich auch thatsächlich am Abend mit fürchterlicher Heftigkeit entlud. Das Schattenbild de« Ballons, umgeben von den Regenbogen farben, zeigte sich oftmals unter oder vor dem Ballon. Ferner beobachteten die Offiziere eine Erscheinung, die auf die Luftwogentheorie schließen läßt und vor jedem Ge witterausbruche charakteristisch sein dürste Ter Ballon schwebte noch immer 2000 m hoch, während die Wolken in einer Höhe von 800 m lagen; da erhob sich einige Male auf kurze Strecken plötzlich au« einer der dichten Wolkenpartien wie eine Sturzwelle eine einzige massive Wolke vor dem Ballon, stürzte sodann wieder in die Tiefe zurück oder teilte sich, wobei ein Teil der Wolken niedersank, während die andere Partie in senkrechter Richt- tung über den Ballon hinwegjagte Dann wieder wurde der Ballon von einer solchen Wolke völlig eingehüllt und verblieb in dieser einige Minuten, während die Wolken sich entweder über den Ballon erhoben oder nach kurzer Zeit sich in die Tiefe senkten Obwohl diese Beobacht ungen schon bei früheren Luftfahrten gemacht wurden, traten sie doch bisher nie so charakteristisch hervor. Während de« Aufenthalte« in den Lüften hatten die beiden Offiziere unter den stechenden Sonnenstrahlen stark zu leiden und sie fühlten auch nach der Landung im Genick, in den Ohren und Wangen heftige Schmerzen Nach sieben stündiger Fahrt wurde auf einer Besitzung de« Fürsten Esterhazy in Föld-Sziget in der Nähe der Eisenbahn station Csorna gelandet Die Landung wurde nach der neuen Methode durchgeführt, die bei der österreichischen Luftschifferabteilung schon seit einiger Zeit angewendet wird. Ein Anker wird gar nicht mehr mitgenommen, e« gelangt nur di« Schleifleine und die ,Lerreißvorrichtung" de« Ballon« zur Verwendung Sobald der Korb die Erve berührt, öffnet sich die Zerreißvorrichtung, und der Ballon entleert sich in einigen Sekunden. Durch diese neue Me thode scheinen die Gefahren bei der Landuna, wie sie früher bei Anwendung de« Ankers häufig vorkamen, be seitigt zu sein. * Man berichtet aus Paris unter dem 24. d Mt« : Bei den Arbeiten, die zur Erweiterung des Präfektur- gebäudeS in Bourges jetzt vorgenommen werden, schaufelten die Arbeiter kürzlich in dem alten Palaste des Herzogs Jean von Berry zwei gotische Por tale vom Ende de« 14. oder Anfang des 15. Jahr hunderts au«. Diese zwei sehr fein gearbeiteten Portale find vorzüglich erhalten; da« eine ist im reinsten Stile gearbeitet und etwa« altertümlicher, al» das andere; die Füllungen der Portale sind mit einem prächtigen Wappen schilde geschmückt, da« halb das französische und halb da« auvergnatische Wappen (eine Kirchenfahne) aufweist. Die« sind mit den beiden so reich geschmückten, aber leider so zer fallenen ungeheuren Kaminen, die in dem Museum von Bourges aufbewahrt werden, die einzigen künstlerischen Reste de« berühmten Palaste« de« dritten Sohne« de« König« Johann de« Guten, „de« sehr ausgezeichneten und sehr mächtigen Prinzen, Monseigneur«, de« Herzog« von Poictou, EStampe«, Boulogne und Auvergne." Mit Ausnahme der erwähnten beiden Portale und Kamine bleiben von dem Palaste nur ungeheure Mauern bestehen, die heute noch, von Südosten au« bettachtet, einen ge waltigen Eindruck machen. Vor der Erbauung der herzog lichen Residenz erhob sich auf derselben Stelle eine KömgS- burg, in der die Kapetinger von Zeit zu Zeit ihren Aufenthalt nahmen Die Arbeiten, die soeben auSgeführt werden, haben den Bewei« dafür erbracht, daß zu dem Fundamente diese« Baue«, wie auch zu der ersten Be- sestigungSmauer von Bourge« antike« Material verwandt wurde; so kann man noch in einem der Keller de« Palaste« ein kleine« gallo-römische« Denkmal au« der Schlußevoche de« Cäsarentum« eingemauert sehen; S ist die« ein Bild werk, da« zweifello« von einem Grabmale herrührt und einen recht schlecht erhaltenen Kopf aufweist „Tristan und Isolde" in London. Aus der eng lischen Hauptstadt wird vom 27. d Mt« berichtet: Im Covent Garden-Theater ist gestern WagnerS „Tristan und Isolde" mit großem Erfolge zur Aufführung gelangt. Dieses Musikdrama des deutschen Meister« war m London nicht unbekannt; es war im Jahre 1882 rum ersten Male hier aufgeführt worden und wurde unter ver Leitung de« heute beerdigten Sir Augustus Harris im Laufe der Jahre mehrmals wiederholt. Auf die lange vorbereitete Neu aufführung war man sehr gespannt; es sollte eine Muster- vorstellunq in jeder Beziehung werden, und Harris hatte kurz vor seiner letzten Erkrankung geäußert, bisher habe man den Tristan nur heulen hören, diesmal werde man ihn endlich singen hören. In gewissem Sinne hat die gestrige Vorstellung dieses Wort auch bestätigt Jean de Reszke, der den Tristan sang, schonte seine Stimme wiederum mehr, al« im Interesse der Vorstellung wünschens wert war E« scheint, daß e« zu seinen Gepflogenheiten gehört, während de« ersten Teile« de« Abend« über Ge bühr haushälterisch mit seinen Mttteln umzugrhen, um mit voller Kraft die dramatischeren Partien der Oper bringen zu können. Man wurde seiner Stimme und seiner vor trefflichen Darstellungskunst erst beim Liebesduett froh; hier gelang ihm alle« vortrefflich und er war rührend im Ausdruck seiner Leidenschaft Nur schade, daß Madame Albani so wenig an Isolde gemahnte. In einer mit so viel Geschrei angekündigten Vorstellung, die den deutschen Musikern und Sängern ein Licht ausstecken sollte über die Art, wie man Wagner singen muß, wäre eine andere Vertreterin dieser Partie wohl am Platze bewesen Auch stimmlich hatte Frau Albani, besonder» im ersten Akt, gegen da« Orchester zu kämpfen und auch sie stand erst im Liebe«durtt auf der Höhe ihrer Aufgabe Eduard de Reszke sang den Marke und entzückte in der kleinen Partie durch seine edle Stimme Am besten löste da« Orchester seine Aufgabe. Alle« in allem war die Vorslell ung nicht da«, al« wa« sie au«posaunt war: e« war keine Mustervorstellung Sie mag den Höhepunkt dessen bedeuten,