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Dresdner Journal : 12.06.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189606128
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960612
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-06
- Tag 1896-06-12
-
Monat
1896-06
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 12.06.1896
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101 ». WH s. 101,50 102 G. 104,7» « 10>,50 »- 98,KV G. 102 S. 104,Ü0 G 10S G. 102 B. 104 B. 1(5,25 G. 102,7b B- 10» S. 102,2S G. 102,SO S. 103,7Ü G. 104,2b B- 101,SO b.G. 102,SO B. 102 G. W2 G. W4,2S B. >08,SO G- >02,50 G. >02 G. 02,SO G. 04,7S G. 04,7 ü G. OS G. 05, SS G. 00 G. 02 G. 02 G. 58 G. »2 G. >8 S. >8 S. >,S0 S. >2,50_G 8,30 G. 7,75 V. ,9S G. ,70 G. ,40 G. ,3ü G. ,10 B. ,80 G. 9,90 G. z,70 G. ),1S b. >, S, Sso, , Iso, 2, 6»o, 7, 10,10s», 3, 3«, 8»a, A»o, >, 830, 9, >, 1, 130, S, S»", , 10, , 3, 330, 8, 830, 030, 11, 4, 43v, >, 1vir 11, 12, 430, ü, , 1«I3 5, 8so -chan- 11, 1. »a, 10, 4, S, 1»o, 2w* v 230, I m 1- It d ft n n h d « e r i t I vei»,«pret«: Für Dresden vierteljährlich 2 Wart SO Ps, bei den Kaiser lich deulsche» Postanstalten vierteljährlich 8 Marl; außer halb de« Deutschen Reiches Poft- und Stemprlzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Ps, Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends, Fernspr Anschluß: Nr lLS>». Dresdner Murml. Ankün«t,ungSgebühre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner «christ 20 Ps, Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps Bei Tabellen- und Ziffernsatz enlsplecheuder Ausschlag, Herausgeber: Königliche Expedition deS Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr 20. Fernspr Anschluß, Nr 1295. ^134. 189«. Freitag, den 12. Zum, abends. Amtlicher Teil. Dresden, 12. Juni. Se. Majestät der König haben dem Geheimen Legationsrathe Kammerherrn Freiherr» v, Friesen die Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland verliehenen St, Stanislaus- ordens l. Klasse Allergnädigst zu ertheilen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Schriftsteller Georg Zimmermann in Berlin die ihm von Sr. Hoheit dem Herzog Friedrich von Anhalt verliehene Jubiläums Medaille annehme und trage. Se, Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der im Dienste Sr König!. Hoheit des Prinzen Georg, Herzogs zu Sachsen, be findliche Stallwachtmeister Ernst Bäßler, das von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich ihm ver liehene goldene Verdienstkreuz annehme und trage. Srnennungeu, Uersetzunge» re. im öffentliche» Dienste. Departement der Finanzen. Bei der Verwaltung der Königlich Sächsischen Staatseiseubahnen sind er nannt worden: Friedrich Heimann Schmidt, zeither Technischer Bureau-Assistent, als Technischer Bctriebs- sekretär in Chemnitz; Max Damm in Limbach, August Georg Ellseld in Reitzenhain, Friedrich Richard Er furth in Cossen, Adols Fischer, Alwin Richard Krönert und Fritz Augustin Riehle in DrcrdemAüst., Erdmann Paul Fischer in Mittweida, Hermann Robert Hei nichcn in Pirna, Max Theodor Landmesser und Carl Friedrich Julius Lillig in Arnsdorf, Heinrich Otto Richter in Mügeln b. O., Ernst Eduard Rosenkranz in Nossen, Richard Emil Wendler in Gwuchau und Hermann Georg Zschoscl in Zeitz, zeither Stations-Assistenten II. Kl, a s Stalivns Assistenten i Kl,; Gustav Adols Fleischer in Moritzburg-Eisenberg, Eniil Ed mund Keil in Nicolaivorstadt Chemnitz, Gustav Hermann Müller in Großenstein, Richard Anton Richter in Naundorf i. V. und Karl Paul Thümmler in Fährbrücke, zeither Aus seher II,Kl„ als Aufseher I Kl ; Hermann Adolf Kampsrath, zeilher diät. Zeichner, als Technischer Bureau Assistrnt in Dresden; Adolf Emil Winckler, zeither etatm Zeichner, als Technischer Bureau Assistent in Chemnitz; Friedrich Max Diet rich in Herrnhut, Friedrich Wilhelm Franz in Zittau, Richard Freudenberg in Hirschfelde, Kurt Heinrich Grube und Leopold O.-kar Orlamünder in Dresden-Fr., Ernst Gustav Kahle in Löbau, Panl Oito Lohs in Weibert, Rudolf Bruno Naumann in Tresden Neust. I, Rudolf Berahmd Hermann Richter und Robert Hermann Schossig in Dresden A , Carl Heimeich Röder in Rerchau-Trebsen, Ernst August Fürchtegott Spannaus in Ostritz, Kurt Hugo Stenzel in Freiberg, Alfred Benjamin Wapler in Hartha b W. und Earl Arthur Weber in Leipzig II, zeither Expeditione Hilfs arbeiter, als Stations-Assistenten II. Kl; Heinrich Max Bieler, Gustav Heinrich Dörr, Heinrich Max Federer, Heinrich Otto Härtig, Hermann Ado:s Kramer und Earl Otto Mehnert, zeitherExpeditione Hilssarbeitcr, als Stations- Assistenten II. Kl. in Alt- und Neugersdorf, Chemnitz, Mügeln b. O, Jöhstadt, Zittau und Kratzau; Paul Otto Schäfer und Eduard Max Weser, zeither Expeditions-Hilssarbeiter, als Stations-Aisistcnien II. Kl. in Dresdrn-A.; Arthur Ludwig Schellig, Paul Adolf Spettlack und Curt Thielemann, zeither Expeditions Hilstarbeiter. als Stations-Assistenten II. Kl. in Großenhain, Dürrhennersdorf und Dresden-N. II; Mili Sr- Anwärter Anton Woldemar Schellenberger, zeither Diätist, als Stations-Assinert ll. Kl. in Klotzsche; Friedrich Arno Schmutzler, Techniker, a s etatm Z ichner in Leipzig; Fried rich Hermann Hänjig und Karl August Mühle, zeither Weichenwärter II. Kl-, und Friedrich Emil Wendisch, zeither Wagenrücker-Bormann, als Schirrmeister in Wünschendorf, Tresdcn-A. und Dresden-N. I; Johann Martin Pranz, zeit her Expeditions-Hilssarbeiter, als Bodcnmeister in Hof. Nichtamtlicher Teil. Serble» auf Irrwegen. Pie eifrigen Bemühungen der serbischen Negierung, sich aus den finanzpolitischen Schwierigkeiten und ihrem Konflikt mit der radikalen Mehrheit des Landes auf den festen Boden nationaler Politik durchzuringen, Lullst und Wissenschaft. Reue Romane und Novellen. (Fortsetzung.) Einen Roman von eigentümlichem Gehalt, von einer gewissen Größe und Herbheit der Empfindung und ent schieden künstlerischem Gleichmaß der Ausführung lernen wir in „Sein Ich" von Emil Noland (Berlin, Verlag von F Fontane l896) kennen. Erster Anlauf und weitere Entwickelung der Erzählung wollen zwar nicht ganz zu sammenstimmen, man versteht kaum, wie der nüchtern korrekte, von der Meinung der Welt und den Vorurteilen seines LebenSbereicheS bis zum Kläglichen abhängige Held zu dem allermodernsten Sport kommt, die tiefste Einsam keit auf verfallenen Alpenburgen, angesichts der Gletscher, zu suchen Aber von dem Augenblick an, wo er sich der unerwarteten Gefährtin gegenüber, die ihm ein Unwetter auf Burg Varganz zugesührt hat, so kläglich lächerlich be nimmt, bi« zum Schluß, wo ihn Ottilie endgiltig verab schiedet, zeigt und bewährt Leo sich charakteristisch al« der Mann, der halb nervös, halb trocknen Herzens ist „Die Luft der Metropole hatte in den langen Jahren, da er sie geatmet, sein einst so warmes Empfinden auSgcdörrt und der Egoismus, dem er so lange gehuldigt, die besten Funken echter Wärme aus seiner Seele genommen " E« wird das Verhängnis dieses Egoisten, in dem wir uns einen höhern Beamten oder einen Berufspolitiker denken mögen, daß er gleichwohl in einer eigentümlichen Frauen- natur den großen Zug, die warme und tiefe Seele, die höchste und idealste Lebensfähigkeit erkennen und fühlen muß, daß seinem eigenen Dasein da« Beste gebricht, wenn Ottilie nicht die Seine werden kann Mit feiner Empfind ¬ machen auf die zahlreichen Gegner aber auch nicht mil der auf die Freunde derselben den Eindruck eines verwegenen unanfrichligen Spieles mit den nationalen Empfindungen des serbischen Volkes. Die innere Lage dieses Balkanstaates ist wohl schwierig, aber diesen Umstand wagt in Serbien selbst bei d.r Ver urteilung des herrschenden fortschrittlichen Regierungs- systems niemand als Milderungsgrund anzuführen, da diese Lage in der Hauptsache das ureigene Werk der gegenwärtigen Bei ater des jugendlichen König! ist. Die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen der serbische Staat seit Anbeginn der wieder aufgerichteten fortschrittlichen Regierurgsära zu kämpfen hatte, wur zeln allerdings in der verfehlten Finanzpolitik der früheren Regierungen, aber sie erhielten hierauf den Eharakter eines schwer zu heilenden inneren Uebels des serbischen Staatsorganismus durch den unerhörten Nepotismus, den die neuen Machthaber behufs Stärk ung des bis dahin sehr geringen Einflusses ihrer Partei im öffentlichen Leben gleich nach ihrem Ein tritt in das Ministerium eingeführt haben. Die hierdurch bewirkte künstliche Aufzucht der siechen Regierungspartei vermehrte allerdings ihre Reihen nur unter den Pensionären des Staatssäckels, im Volke selbst wuchs jedoch die Unzufriedenheit mit dem neuen Negierungssystem fast bis zum Ausbruch einer nationalen Schilderhebung. Um dieser Gefahr zu begegnen, traten Nowakowitsch und seine Minister- kollegen mit den Führern der Radikalen und Liberalen in Unterhandlungen ein, um sie durch die Aussicht auf die von der Negierung angeblich angestrebte freiheitliche Verfassungsreform mit der fortschrittlichen Aera zu versöhnen. Dieser Annäherungsversuch der Regierung an die Opposition scheiterte jedoch, als aus den Grundzügen dieser Reform sich ergeben hatte, daß das Ministerium durch die Errichtung eines aus den Stützen des fortschrittlichen Regierungssystems zu errichtenden Senats der neuen Staatsversassung die Eigenschaft einer staatlichen Veisorgungsanstalt für verkrachte fortschrittliche Partei - Existenzen zusichern wollte. Nun blieb dem Ministerium nur noch ein Rettungsweg aus der selbstverschuldeten Notlage übrig — nämlich der Versuch, unter den Auspizien des mit der serbischen Balkanpolitik wieder versöhnt n Zaren reiches in die Bahnen slawischer Balkanpolitik einzu- leuken und so das serbische Volk über die Köpfe seiner oppositionellen Vertreter mit der von Rußland ge nehmigten neuen nationalen Politik des fortschrittlichen Regierungssystems zu befreunden. Der von der Re gierung geschickt inscenierte Fahnenstreit mit Ungarn sollte einerseits in Rußland den Eindruck erzeugen, daß Serbien nun auch fest entschlossen sei, der russi schen Balkanpolitik ebenso eifrig wie Bulgarien Vor spanndienste zu leisten, anderseits sollte dadurch dem serbischen Volke gezeigt werden, daß das fortschritt liche Ministerium den patriotischen Mut besitze, die Würde des Staates auch einem so mächtigen Nachbar staate gegenüber, wie es Österreich Ungarn ist, kraft voll zu verfechten, was bekanntlich die früheren Re gierungen niemals gewagt haben. Unter dem Eindruck dieser echt „slawischen" Kraft leistung der fortschrittlichen Regiernngspolitik begab sich König Alexander I. nach Moskau zur Kaiser krönung, um mit deu dort anwesenden Fürsten von Bulgarien und Montenegro den Plan eines unter den mächtigen Fittichen des russischen Kaiseradlers zu begründenden Balkanstaatenbundcs zu vereinbaren. Die Verhandlung zwischen König Alexander I., Fürst Ferdinand l. und dem Beherrscher der Schwarzen Berge sührte thaisächlich zu dem erwünschten Ergeb nisse. Der Aussöhnung zwischen Serbien und Bul garien sollte eine Zusammenkunft der genannten drei Balkanfürsten in Sofia und hierauf auch der gegen seitigc Besuch des serbischen Königs und des montene grinischen Fürsten in Belgrad und Eettinje nachfolgen, bei welchen Anlässen die seitherige Rivalität zwischen den beiden serbischen Fürstenhöfen äußerlich der vollen Eintracht bei Verfolgung der nächsten politischen Ziele dieser beiden Balkanstaaten den Platz zu räumen hatte. Die Aussöhnung zwischen den Serben und Bulgaren vollzog sich programmmäßig in Belgrad anläßlich der Durchreise des heimkehrenden Zaren fürsten und wurde bald nachher bei Besuch der bul garischen Hauptstadt durch die serbischen Journalisten und später auch durch zahlreiche Vertreter der serbischen Nationalkreise besiegelt. Die Unaufrichtigkeit der serbischen Machthaber ist jedoch schon bei dieser Trans aktion mit den bulgarischen Regierungskreisen in hand greiflicher Weise hervorgetreien, indem die völlige Auslöhnung und Verbrüdeiung mit dem Bulgaren volke als vollzogen der Öffentlichkeit vorgeführt wurde, obzwar Nowakowitsch und seine Freunde wußten, daß Serbien in Bezug aus die Ziele seiner natio nalen Politik in Makedonien nach wie vor Bulgarien unausgeglichen und unansgesöhnt gegen überstehe, und daß demnach die öffentliche Schau stellung der völligen Eintracht mit Bulgarien nur ein Komödienspiel sei. Aber die fortschrittlichen Berater des Serbenkönigs fahren dem ungeachtet darin weiter fort, um durch dieses widerwärtige Schauspiel die Sympathien des serbischen Volls für sich wieder zu gewinnen. König Alexander I. hat den Fürsten Nikita zum Inhaber einer serbischen D Vision ernannt, und wird anläßlich seines bevorstehenden Besuches in Belgrad ihm zu Ehren eine Miltärparade ver anstolten, wobei der Fürst der Schwarzen Berge als Kommandeur einer größeren serbischen Truppenmacht dem begeisterten serbischen Volke vorgesührt werden soll. Fürst Nikita wird zum Tank für diese Aus zeichnung den serbischen König um die Erlaubnis er suchen, seinen zweitältesten Sohn Mirco in der Belgrader Militärakademie erziehen zu lassen. Als Schlußscene des Schaustückes, welches der staunenden Welt zum ersten Mate den neubegründeten Balkan staatenbund präsentieren soll, wird der Gegenbesuch des serbischen Königs am Hof des montenegrinischen Fürsten geplant. Der Balkanstaatenbund, errichtet auf der morschen Unterlage des bulgarisch serbischen Ausgleiches und der ncugeschasfenen nationalpolitischen Solidarität Mischen Serbien und Montenegro, ist nicht lebens- fäh g und wird schon beim Äuftauchen der nächst folgenden, wenn auch noch so belanglosen Balkanfrcge wieder aus den Fugen treten, aber bis dahin wird er sich nach dem Plaue der gegenwärtigen serbischen Staatslenkcr als das letzte Rettungsmittel des halb verkrachten fortschrittlichen Regierungssystems in Serbien zu bewähren haben — ganz ohne Rücksicht darauf, daß bei diesem unehrlichen politischen Spiele die natürliche friedliche Fortentwickelung der Balkan staaten in bedenklichem Maße gehemmt wird. Tie Nachrichten ans und über Kreta lauten widersprechend. Nach türkischer Version ist die Lage in erfreulich fortschreitender Besserung begriffen, nach englischen Darstellungen wird sie täglich kritischer. Man hat also je nach Neigung die Wahl zwischen optimistischer und pessimistischer Betrachtung der Dinge — wenn man cs nämlich nicht vorziehen sollte, sich einfach auf den Standpunkt des objektiven Beobachters zu stellen und es im übrigen bei dem Vertrauen zu der einmütigen Entschlossenheit der Kabinette bewenden zu lassen, nicht zu dulden, daß die örtlichen Wirren auf Kreta sich zu einer Gefahr für den orientalischen Status guo und damit für den allgemeinen Frieden auswachsen. Für cinen besonders glücklichen Aus gangspunkt der publizistischen Erörterung der Orient dinge wird die einseitige Parteinahme für die Sache der Kretenfer kaum gelten dürfen, weil diese Partei nahme nicht auf sachlichen Erwägungen süßt, sondern von sentimentalen Regungen beeinflußt wird. Nun giibt es aber gerade den orientalischen Wirren gegen über keine unglücklichere und verfehltere Metbode, als die sentimentale, wie sie namentlich von der englischen Presse und dem in ikren Fußstapsen cmherwandelnden Teile der kontinentalen Presse angewendet wird. Die Bewegung auf Kreta ist eben nur ein neuer Schach zug in der auf dem orientalischen Schachbrett en gagierten Partie. Irgend ein Ideal, für das sich Europa e> wärmen müßte, ist dabei völlig aus geschlossen. Im Gurgelabschneiden, Sengen und Plün dern sind die Christen auf Kreta mindestens eben solche Meister wie die Mohammedaner. Sache Europas ist es, darüber zu wachen, wie dies durch die an Ört und Stelle ankernden Kriegsschiffe ja auch geschieht, daß kein Abendländer in dem auf Kreta aus gebrochenen häuslichen Zwist Schaden nehme; Sache der Pforte, so rasch und gründlich als irgend möglich die Insel zu pazifizieren, damit nicht schließlich doch noch ein Funken nach anderen Gegenden des Reichs überspringe und dort Flugseuer entfache, deren Ab löschung erneute Mühe und Arbeit verursachen würde. Man darf wohl annehmcn, daß der Pforte ihre Pflichten bezüglich Kretas seitens der in Konstantinopel amtierenden großmächtlichen Vertreter in nicht miß- zuverstehender Weise zu Gemüte geführt worden sein werden und daß sie ihr Verfahren dementsprechend eingerichtet hat bez. noch einrichten wird. Der Er folg dürfte dann nicht mehr allzulange auf sich warten lassen. (B.P.N.) Tagesgeschichte. Dresden, 12. Juni. Se. Majestät der König werd!» rach den neuerdings getroffenen Dispositionen nicht bereits morgen, Sonnabend, nach Dresden zurück kehren, sondern noch einige Tage in Sibyllenort verweilen. Deutsches Reich. * Berlin. Se Majestät der Kaiser begaben Sich gestern vormittag vom Neuen Palais nach Charlottenburg und wohnten in der Technischen Hochschule der Sitzung der Institution ot Xavul Fiekitoet!» bei. Nachmittags um N Uhr empfingen Se Majestät im hiesigen König!. Schlosse den neuernannten Botschafter der französischen Republik Marquis de Noailles in Antrittsaudienz und hierauf den serbischen Gesandten Pantölitsch zur Entgegen nahme des AbberusungSschreibens Alsdann empfingen Se. Majestät der Kaiser noch die Meldung des Kommandeurs der Luftschisscrabteilung, Majors Nieder. — Der Reichskanzler, Fürst Hohenlohe, wird sich zur Teilnahme an der Einweihung des Kaiser Wilhelm- dcnkmals auf dem Kyffhäuser bereits am Mittwoch, den 17. d. Mts., nach Frankenhausen in Thüringen begeben Am l8. kehrt Fürst Hohenlohe wieder nach Berlin zurück. — Ter Bundesrat hat in seiner gestrigen Sitzung dem Gesetzentwurf wegen Feststellung eines zweiten Nach trags zum Reichshaushaltsetat für k 896/97 sowie dem Entwurf einer Verordnung, betreffend die Kaution des Rendanten der Bureaukasse beim ReichSversicherungsaml, die Zustimmung erteilt. Angenommen wurden ferner der Entwurf von Bestimmungen, betreffend die Kontingentierung der Zuckerfabriken für das Betriebsjahr 1896/97, der Entwurf einer Anweisung zur chemischen Untersuchung des Weins, die Ausschußanträge, betreffend die Abänderung des Zoll- und Salzsteuerverwaltungskostenetats für das Königreich Bayern und betreffend die Erledigung und Kontrolle der Tabakversendungsscheine, endlich ein Antrag Württembergs, betreffend Änderung des Statuts der Württembergischcn Notenbank Ein Antrag Mecklenburg- Strelitz, betreffend die Vergütung der Kosten für Erhebung und Verwaltung der Tabaksteuer, wurde den zuständigen Ausschüssen, die Reichstagsresolution, Maßnahmen gegen die Verfälschung des Trinkbranntweins betreffend, dem Reichskanzler überwiesen und über eine Reihe von Ein gaben Beschluß gefaßt. — In der „Nordd Allg Ztg." ist zu lesen: Die Verhandlungen in den Kommissionen des Reichstags werden bekanntlich nicht stenographisch ausgezeichnet, sodaß ungenaue Wiedergaben über die Äußerungen der einzelnen Redner erklärlich sind. Eine solche Ungenauigkeit, die offenbar aus Mißverständnis zurückzuführen ist, findet sich auch in einer hiesigen Zeitung, in welcher über die Ver handlungen der Budget kommission wegen des Über gangs der Neu-Guinea-Kolonie auf das Reich be richtet wird Danach soll der Staatssekretär des Reichs schatzamts Gras Posadowsky geäußert Haden, daß der ung und voller Lebenskenntnis wird der Mann dargestellt, der in eben dem Maße, als seine Empfindung für das Weib echter und wärmer wird, alle Falten seine« selbstischen Wesens, seiner Abhängigkeit vom Vorurteil entfalten muß und cs damit dazu bringt, daß Ottilie ihn wiederholt zurückweist und aufhört ihn zu lieben. Leo hat Mühe sich gegen die Selbstverachtung zu wehren „Sollte er sich selbst einen Voxwurs daraus machen, weil er mit dem Strome schwamm, der ihn von jeher leicht und sicher zum Erfolge getragen/ Mochte man dann die Zeit verdammen, nicht ihre schuldlosen Kinder Nach dem abgelausenen Urlaub tauchte Leo in sein alte« Leben zurück Die Wellen des Alltags, seiner Arbeit, fluteten über die Erinnerung und suchten sie zu verwischen, sie lag aber in seinem Ge dächtnis, wie ein unheimliches, unnennbares Etwas, für da« er keine Worte wußte, an das er mit keinem Ge danken mutwillig zu rühren wagte, damit das erstorbene Geheimnis nicht etwa wieder Leben annahm " Ottilie ist in seinem Leben der Schiffbruch gewesen, dessen Erinner ung der Mensch nie ganz überwindet Ein Roman, der so durchaus innerliche Vorgänge schildert und dabei doch mit aller Schärfe die äußeren Zustände spiegelt, in deren Rahmen diese Vorgänge möglich sind, setzt eine starke Konzentrationskraft voraus, und in der That schließt der Roman „Sein Ich" eine Fülle von Leben und Bewegung ein, eröffnet nach allen Seiten hin Ausblicke, so einfach feine Grundlinien auch gezogen sind. Hinterläßt dieser Roman einen tiefernsten und vor allem den Eindruck, daß er einer unfreudigen, mit sich selbst in beständigem geheimen Zwiespalt liegenden Gene ration entstammt, so ruft die Erzählung „Ruth" von Lou Andrea« Salom« (Stuttgart, Verlag der I. G Cottaschen Buchhandlung 1895) eine zu gleicher Zeit peinliche und erschütternde Erregung wach E« ist Schule Turgemcws, der wir hier begegnen, aber innere Konflikte und Lebensstimmungen, die bei dem Meister, in einem knappen Vorgang verkörpert, reines Mitgefühl erwecken und Saiten berühren, deren Nachhall uns zwischen Wonne und Weh schweben läßt, werden in „Ruth" minutiös ausgesührt und so mit fchmcrihafter Deutlichkeit zum Bewußtsein gebracht Die Tragik einer zerfallenden Ehe ist in dieser Erzählung nicht an einen Sinnenrausch, an eine Enttäuschung, eine Un vereinbarkeit der Charaktere, sondern an die Unfähigkeit eine« bedeutenden Mannes, zur Entsagung geknüpft. Der selbe Frick, der feine Frau geliebt hat, wie ein Mann ein Weib überhaupt zu liefen vermag, der mit dem dauernden GlückSbewußtsein, seinem Weibe auch nach dem Schwinden der Sinnenliebe alles in allem zu sein, durch« Leben ge gangen ist, wird von dem Märchenzauber und der kind lichen Hingabe der jungen Ruth so überwältigt, daß die Leidenschaft sich stärker zeigt, als alle«, wa« sonst in ihm ist „Wenn er alles sammelte, was er an Scham und Selbstvertrauen, an Stolz und Herzensgütc besaß — wenn er da« alle« sammelte und zusammenraffte, war eS nicht genug, um Bel, die Wehrlose, gegen einen Kampf mit ihm zu schützen? Oder wenn es denn in der Zukunft zu einem solchen Kampf kam, gab es in seinem vergangenen Leben nicht«, was stark genug, heilig genug, barmherzig genug war, um sür Bel einzutreten und gegen ihn selbst zu siegen?" Erik antwortet sich mit der Philosophie de« Übermenschen „Nein!" und er treibt sein Weib dazu, aus ihn zu verzichten, von ihm zu gehen Und nun wird die härteste Sühne von ihm gefordert Der eigene Sohn hat eine jugendlich heiße Leidenschast für Ruth gefaßt und diese sieht sich mit Schauder zwischen Pater und Sohn stehen, von beiden begehrt Ihr aber ist e« auf der ganzen Welt das Schönste gewesen, sich al« Erik« Kind zu fühlen Seiner Wahrheit hat sie die andere entgegenzusetzen, daß sie die» Mädchenglück nie hergeben kann für etwas anderes, was das Leben bietet, daß cs im ganzen Leben nichts giebt, was sie nicht immer daran messen, immer damit vergleichen und zu gering befinden wird. „Wenn er ihr befohlen hätte ihm zu folgen, wohin es sei, sie hätte es blind gethan Blind gehorchend, gegen allen Augenschein, gegen alles eigene Wissen und Verstehen Was ihr auch durch ihn geschehen mochte — was lag an ihr? Er aber mußte für sie da oben bleiben, wo sie ihn gesehen — sein Leben und sein Haus mußten bleiben, was sie gewesen, an ihm lag alles " So entflieht Ruth in ein thütiaes Leben, in den Tod — jedenfalls auf Nimmerwiedersehen und vier Menschen sind jeder in sich vereinsamt, in sich tief unglücklich Die Losung, „hart werden gegen alles, was uns hindert uns fruchtbar auszuleben", hat sich so schlecht wie möglich bewährt, man kann dem gebrochenen Manne nur wünschen, daß in der Seele des Weibes, die er ver stoßen wollte, etwa« vom heiligen Mitleid zurückgeblieben sei Unbedeutend ist die Erzählung nicht, aber die Re flexion hat einen allzustarken Anteil an ihr und in dem Bemühen, das innere Weben des Unbewußten in der Gestalt Ruths ergreifend nnedcrzugeben, erhält diese Gestalt etwas Traumhaftes, Verschwebendes Um die Dreizahl neuer Romane voll zu machen, die keiner der bloßen Unterhaltungslitteratur hinzurechnen, denen aber auch kein Leser poetische Erhebungen abgcwinnen wird, gedenken wir gleich noch der Studie: „Der Tod" von Ignatz Dabrowski, au« dem Polnischen übertragen von Raphael Löwenfeld (Breslau, S Schottländer 1896) — offenbar ein Vorläufer der von Dühring und anderen prophezeiten Zeit, in der es leine Romane mehr geben wird Die Studie ist aber doch als da« Tagebuch eine« Echwerkranken aufgefaßt, wiedergegebcn und neben dem
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