Suche löschen...
Dresdner Journal : 27.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189604276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960427
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960427
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-27
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 27.04.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
doch neben der „Schöpfung" da» getreueste Abbild einer liebenswerten Persönlichkeit, der „künstlerische Reingewinn" eines reich gesegneten Schaffens. Haydn war, gleich Händel und Gluck, bereits in den Herbst des Lebens, ja ins Greisenalter getreten, als er dies zweite Oratorium schrieb. Daraus, wie aus der Beschaffenheit des vielfach ins Nüchterne und Platte fallenden Textes erklärt sich manche Schwäche des Werkes. Nicht mit Ünrecht hat man bemängelt, daß die von der Natur selbst bevorzugteren Zeiten des Jahres, Frühling und Sommer, in Haydns Partitur die weniger Leben und Wärme atmenden seien. Des Daseins Sonnenhöhe lag eben ziemlich weit hinter dem Schöpfer dieser Musik. Demungeachtet haben die „Jahreszeiten" ihren Reiz fast unvermindert bis zum heutigen Tage sich erhalten Der Naturpoet in der Instrumentalmusik, wie Riehl den Meister treffend nennt, malt in ihnen voll naiv-beglückender Hingebung Leben und Weben der Natur, die Freuden des Landlebens, Jagd und Rcbenlust wie die Empfindungen erwachender Liebe in lichten, dabei immer bezeichnenden Farben Die Helle Freude an Gottes frischer freier Welt, bald jubelnd, bald kindlich andachts voll erklingend, durchdringt als echte und rechte Bejahung des Lebens das Ganze. — Die Ausführung des Oratoriums am Sonnabend stand nicht in jedem Betracht unter dem Zeichen des Gelingens Am beifallswürdigsten gerieten die von Hrn. v. Baußnern offenbar mit vieler Sorgfalt eingeübten Chöre, die weder Fülle und Wohlklang noch charakteristische Abtönung vermissen ließen, während das Orchester (Gewcrbehauskapelle) feinere Ausarbeitung wie Plastik des Ausdrucks mehr oder minder schuldig blieb. Manche Zeitmaße erschienen übrigens anfechtbar im Hin blick auf den Stil und Geift des Werkes In dem an sich löblichen Streben, breiter angelegte Teile lebendiger zu gestalten, verfiel der Leiter in übertriebene, die Klar heit der gesanglichen Durchführung zumtcil gefährdende Tempi Bon den Vertretern der Solopartien wirkte am besten Frl. Hedwig Schacko vom Opernhause zu Frank furt a M, deren beweglicher Sopran von lieblichem Klangcharakter den Anforderungen des Hannchen durch worden sei, das Ergebnis langer politischer und religiöser Kämpfe sei und daß es unter allen Umstanden aufrecht erhalten werden müsse Da« Zivilehen^» habe sich durch aus bewährt, und es sei nicht wahr, daß daSfawe bei der Masse des Volke« sich keiner Sympathie erfreue Die konservative Partei habe seiner Zeit auf Erlaß des Zivil» stand-gesrtze» gedrungen; jetzt erlebe man, daß dieselbe Partei sich gegen diese« Gesetz wende Würde einer der ge stellten Anträge im Plenum angenommen werden, so »Lre damit da« Zustandekommen de« ganzen Gesetzbuch« ernsthaft in Frage gestellt Er glaube erklären »u dürfen, daß die verbündeten Regierungen in dieser Auffassung völlig einig seien Die verbündeten Re gierungen nähmen den gestellten Anträgen gegenüber einen entschieden ablehnenden Standpunkt ein, wenn sie auch die dam» verknüpften guten Absichten, die religiöse Seite der Ehe zu schützen, anerkennten Da«Zwilgesetz hindere aber die kirchlich gesinnten Kreise nicht, ihrer religiösen Überzeugung bei der Eheschließung zu genügen Redner girbt noch einen Rück- bick auf di« historische Entwicklung des Institut« der Zivil ehe in Deutschland, um darzulegen, daß e« irrig sei an zunehmen, dieselbe entsprech« nicht der Recht-Überzeugung de« Volkes und habe nicht dessen Sympathie. Im preußi schen Landtage hätten Anfang der siebziger Jahre die Ver treter der katholischen und der protestantischen kirchlich ge sinnten Kreise sich ausdrücklich gegen die fakultative und für die obligatorische Zivilehe erklärt. Al« im Jahre 1874 im Abgeordnetenhause der Entwurf des Zivilehegesetzes er örtert worden sei, hätten Graf Limburg-Stirum, v. Kleist- Retzow, Windthorst u. a. denselben,Standpunkt eingenommen Die Autorität der Kirche habe unter diesem Gesetz nicht gelitten, wie sich daraus ergebe, daß weitaus die meisten Ehen kirchlich eingesegnet würden Für die verbündeten Regierungen gebe es eine Verständigung in dieser Frage nur auf dem Boden des bestehenden Zivilehegesetzes — Ein Bimetallistenkongreß hat in der vorigen Woche in Brüssel stattgefunden Die Beratungen des Kongresses, au denen für Deutschland die Herren Reichs tags- und Landtagsabgeordneter v Kardorff-Wabnitz und Landtagsabgeordneter vr Arendt teilgenommen haben, haben zu folgendem Resultate geführt: „Der Kongreß hat die gegenwärtige Möglichkeit des Bimetallismu- besprochen in Gemäßheit der Beschlüsse des belgischen und englischen Parlaments und ist alsdann zu der Ueberzeugung gekommen, daß ähnliche Resolutionen im französischen und deutschen Par lament wünschenswert seien " De« ferneren entschied sich der Kongreß dafür, die internationalen Bemühungen, welche bis jetzt zu sehr zufriedenstellenden Resultaten geführt hätten, sort- zusetzen naky Maßgabe der von den einzelnen Mitgliedern für gut befundenen Mittel. Sodann wurde in die Unter suchung der verschiedenen gesetzlichen und anderer Maß nahmen eingetreten, von welchen eine Beschleunigung der Lösung der Währungsfrage im Sinne des internationalen BimetallismuS zu erwarten ist. Zum Schluß wurde der Antrag des Präsidenten des belgischen Repräsentanten hauses Bernaert angenommen, welcher den Kongreß in Permanenz erklärt, bis die Frage gelöst ist, und der An trag eines fremden Mitgliedes, dem König der Belgier und der belgischen Regierung den Dank des Kongresses für die verbindliche Aufnahme in Brüssel auszusprechen — Die Unruhen, welche man nach den letzten Mit teilungen aus Südwestafrika befürchten mußte, scheinen nunmehr ausgcbrochen zu sein Man vermag noch nicht klar zu sehen, ob es sich nur um lokale Schwierigkeiten handelt, die leicht beseitigt werden können, oder um ernstere Konflikte. Den „Hamb. Nachr." schreibt man darüber: Wir möchten davor warnen, diese Kämpfe von vornherein tragisch zu nehmen, denn die Khauas-Hottentotten, welche sich noch nicht ruhig niedergelaffen haben nach dem Vorbilde der Kowesin unter Witboois Kaprtänschaft, sind für unsere verstärkte Schutztruppc keine gefährlichen Gegner Die stets unruhigen Khauas - Hottentotten sind ferner auf eine kleine Zahl zusammengeschmolzen, so daß sie allein nicht zu fürchten sind. Dagegen wäre die Sache bedrohlicher, wenn die Herero mit den unzufrie denen Hottentotten gemeinsame Sache machten Die Herero sind mit der Regelung der Grenzen nicht einverstanden und beachten die Verordnungen der Regierung im Gefühle ihrer numerischen Überlegenheit wenig. Ter Landeshaupt mann wird daher vielleicht in die Notwendigkeit versetzt werden, den Herero feindlich entgegenzutreten Rian kann sich jetzt darauf gefaßt machen, jeden Tag von Kämpfen zwischen der Schutztruppe und Eingeborenen zu hören Tie Verstärkung der Schutztruppe, welche am 31 Mär; von Hamburg abgegangen ist, dürfte in diesen Tagen in Swakopmund ankommen — Der „Nordd. Allg. Ztg." wird die Blütter- meldunq als zutreffend bezeichnet, wonach die Vorarbeiten wegen Vervollständigung der vierten Bataillone im Kriegsministerium so weit gediehen seien, daß der be treffende Gesetzentwurf voraussichtlich noch vor Pfingsten dem Reichstag zugehen werde. Die Mehrkosten würden keinen nennenswerten Umfang annehmen. — Nach der „Nat.-Ztg." würde die betreffende Vorlage bereits in vierzehn Tagen dem Reichstage zugehen Sie werde eine größere Rate der für die Kasernierung erforderlichen Geldmittel verlangen; die Ümwandlung der vierten Bataillone selbst werde erst zum 1. April nächsten Jahres erfolgen Die 7^; laufenden Ausgaben, die unter einer Million Mark blieben, würden erst im Etat 1897/^898 beantragt «erden — Wenn der YLeich-ta« in der laufenden Tagung «och ein Arb. lSpenfum von großem Umfange zu erledigen hat, so ist da« Beratung-material, welche« dem Bundes rat« vorlirgt, gleichfalls nicht geringfügig. Hauptsächlich sind e« die durch da» Bürgerliche Gesetzbuch heraor- gerufenen Vorlagen, die den BundeSrat in Anspruch nehmen Mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche sollen gleich zeitig Gesetze, betreffend Änderungen de« Gerich.soerfastung«- gesetze«, der Zivilprozeßordnung und der Konkur«ordnung, eine die Zwangsversteigerung und Zwang«verwaltung, über Grundbuchordnung und über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kraft treten Bi« auf die letzten beiden Gesetze, an denen im ReichSjustizamte eifrig gearbeitet wird, ist dieser geplante gesetzgeberische Stoff dem Bundesrate bereits vorgelegt und wird in den Aut- schüffen eingehender Beratung unterzogen Wenigstens von einigen dieser Entwürfe, die, wie die KonkurSordnung«- novelle, die weitesten Kreise in persönlichen Interesse« an- gehen, darf man als sicher annehmen, daß sie nach ihrer Feststellung im Bunde«rate veröffentlicht werden Allerdings wird man vor Schluß d«r jetzigen Parlamentstagung auf diese Veröffentlichung schwerlich rechnen dürfen Neben den Vorlagen juristischen Charakters ist eS der wirtschaftlich nicht unbedeutend ins Gewicht fallende deutsch-japanische Handelsvertrag, der dem BundeSrate zur Entscheidung vorliegt Von ihm hofft man, daß er bei gründlichster Durchberatung noch so zeitig hergestellt iverden wird, daß er den Reichstag in der laufenoen Tagung beschäftigen kann Sodann kommen für den BundeSrat Vorlagen, die sich auf den Schutz der Arbeiter beziehen, in Betracht, wie die über die Einrichtung und den Betrieb von Buch druckereien und Schriftgießereien. Auch der Entwurf über die Arbeitszeit im Handelsgewerbe wird auf diesem Ge biete Arbeit verursachen. Schließlich find, abgesehen von kleineren Vorlagen, Resolutionen de« Reichstage« zum Etat für 1896/97 sowie der vom Reichstag angenommene Entwurf wegen Aenderung des Wahlgesetze« für den deutschen Reichstag in AuLschußberatung Dazu dürsten in naher Zeit voraussichtlich noch zwei Entwürfe kommen und zwar einmal das Handwerksorganisationsgesetz und sodann die Vorlage wegen der vierten Bataillone. Man sieht, daß der Umfang der Arbeiten des BundeSratS kein kleiner ist, jedoch wird man als sicher annehmen dürfen, daß die weitaus größte Mehrzahl der vom Bundesrate in Beratung genommenen oder noch zu nehmenden Entwürfe die andere gesetzgebende Körper schaft des Reichs erst nach der Sommerpause beschäftigen wird. — Die Beschlüsse des Reichstags bei der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ab änderung der Gewerbeordnung, haben in mehr fachen Richtungen zu so einschneidenden Aenderungen der Gesetzesvorlagen geführt, daß deren Zustandekommen noch in der gegenwärtigen Reichstagssession gefährdet erschien Dem Vernehmen nach haben sichdeshalbdiejenigen Parteien des Reichstags, die von der Not wendigkeit der Abänderung der Gewerbeord nung überzeugt sind, unter sich und mit Ver tretern der verbündeten Regierungen in Ver bindung gesetzt, um eine Einigung über diejenigen Punkte herbeizuführen, über die bisher eine Überein stimmung nicht zu erzielen gewesen ist Es darf nunmehr erwartet werden, daß ein die Zustimmung beider gesetz gebenden Faktoren findendes, den im Reichstage und in der Presse gegen einzelne Bestimmungen, z. B. über die Detailreisenden und die Wandergewerbetrcibenden, erhobenen Bedenken Rechnung tragendes Gesetz zu stände kommen werde. — Das preußische Abgeordnetenhaus erledigte gestern nur kleinere Vorlagen ohne allgemeineres Interesse. München, 26 April. Der Ausschuß der Kammer der ReichSräte hat gestern die Resolution der Kammer der Abgeordneten aus Errichtung einer staatlichen Mobiliar Brandversicherungs-An st alt mit fünf gegen fünf Stimmen abgelehnt Prinz Ludwig hatte sich sehr entschieden für die Errichtung ausgesprochen — Die Errichtung einer genossenschaftlichen Hypotheken bank wurde im Ausschuß der Kammer mit sechs gegen drei Stimmen angenommen. Mülhausen i. E, 26 April Ter sozialdemo kratische Reichstagsabgeordnete Bueb wurde am Sonnabend abend 10 Uhr auf Grund des 8 131 des Reichsflrafgesetzduches und Artikel 31 der Reichsverfaßung verhaftet Am Sonntag nachmittag um 3 Uhr wurde er wieder freig.'laffen, nachdem die zwei Ballen sozialdemo kratischer Flugschriften, wegen deren Beiseiteschaffung er verhaftet wordim war, bei einem hiesigen Parteigenossen aufgefunden worden waren. Frankreich. Pari«, 25. April. Heute früh 8 Uhr 22 Min traf auf dem Nordbahnhofe Fürst Ferdinand von Bulgarien mit einem Gefolge von 16 Personen ein. Ter Bahnhof war zu diesem Zwecke innen und außen mit französischen und den grün-weiß-roten, bulgarischen Fahnen geschmückt Vor demselben hielt eine Schwadron der 1. Kürassiere, welche später die Eskorte bildete. Der Fürst wurde auf dem Bahnsteige von den Vertretern des Präsidenten der Republik, d«r Stadt, der Universität und der Nardbahn und vom türkischen BotschgßM in Paris, Munir-B«y, und d«M BatschafW»erj«a1 DapsanM, Er trug die Uniform «re« ßnlgavschM Kanternqcn«GlE Auch eine Deputation der bulgarischen Studenten in Part« war erschienen, von denen der Student der Medizin Krr» mrtschew eine Begrüßungsrede in bulgariscker Sprache hielt und ein Bouquet überreichte. Fürst Ferdinand ant wortete auf bulgarisch und fuhr dann über die Rue Lafayette und da« Boulevard Haußmann nach der für ihn von der Regierung fürstlich eingerichteten Privatwohnung in der Avenue Hoche, wo er sich einige Stunden von feiner Rais« auSruhte Heute nachmittag 3 Uhr begab sich Fürst Ferdinand in Begleitung de« türki schen Bolschaners und de« bulgarischen Minister präsidenten Stoilow in- Elyse« zum Besuche de« Präsi denten der Republik, welchkr ihn in der herkömmlichen feierlichen Weise in dem großen, goldenen Saale empfing Da da« bisherige Kabinett die Geschäfte bis zur Bildung de« neuen weiterführt, machte Löon Bourgeois hierbei die Honneur« al« Minister de« Auswärtigen Hr. Faure erwiderte um 5 Uhr den Besuch in der Avenue Hoche. — Heute vormittag empfing der Präsident der Republik den französischen Botschafter in St. Peter«burg, Hrn de Montebello, der nach einem in Pari« verbrachten Urlaub auf seinen Posten zurückkehrt — Zu der gestrigen Senatssitzung waren die Sena toren besonders zahlreich erschienen Äuch Hr. Berthelot zeigte sich zum ersten Male wieder nach seiner Demission im Senat Präsident Loub«t verlas zunächst einen Antrag, die VerfaffungLrevision betreffend, uno der Senat beschloß, dem Herkommen gemäß, über dessen Dringlichkeit am Ende der Sitzung zu beraten Dann wurden nach kurzer Debatte die Madagaskarkredite mit der Einstimmlgkeit von 278 Stimmen bewilligt. * Paris, 26 April Auf Anraten MölineS bot Präsi dent Faure gestern dem Minister des Innern im Kabinett Bourgeois, Sarrien, die Bildung eines neuen Kabinetts an Wiewohl Sarrien bekanntlich ein gemäßigteres Element in dem vergangenen Ministerium bildete, erklären sich die Gemäßigten gegen ein von diesem zu bildendes Ministerium und verweigern die Unterstützung eines solchen Zur Er kenntnis dieser Thatsache scheint Sarrien auf Grund der Besprechungen, welche er gestern und heute mit verschiedenen Parteiführern hatte, gelangt zu sein Heute nachmittag begab er sich in das Elysee und teilte dem Präsidenten Faure mit, daß er es nicht übernehmen könne, ein Ver sühnungsministerium zu bilden. Aus radikaler Seite hofft man nun, daß Faure darauf bestehen werde, daß Sarrien die Kabinettsbildung übernehme. Da dieser aber die Bildung eines Verjöhnungsminifteriums als unmöglich ab- gelehnt, könnte er sich nur zur Bildung eines radikalen Ministeriums bereit finden lassen Andererseits verlautet, Faure werde nunmehr Moline zu dem Versuche veranlassen, ein Konzentrationsministerium, eventuell ein rein gemäßigtes Kabinett zu bilden — Bourgeois veranstaltete heute im Ministerium des Auswärtigen ein Diner zu Ehren des Fürsten Ferdinand von Bulgarien, an dein alle Minister und der türkische Botschafter Munir-Bey teilnahmen — Über die große Volksversammlung im Tivoli-Vauxhall, die als Hauptprobe des Straßen- aufruhres anzusehen ist, meldet die „Voss. Ztg": In dem ungeheuren schuppenartigen Raume waren über 10000 Personen versammelt, neben Maulaffen, Ulkbrüdern und Radauliebhabern doch auch viele wildblickende, ehrlich ver drehte Fanatiker. Fast alle Pariser Abgeordneten waren auf der Vorstandsbühne zu sehen Die Ankündigung des Vorsitzenden Nenoult, daß Goblet durch Unwohlsein am Erscheinen verhindert sei, wurde mit dem Geschrei : „Verräter! Drückeberger!" ausgenommen Der erste Redner, Abg Ca mille Pelletan, verspottete Bourgeois, dessen größtes Verdienst seine Feinde gewesen Der Senat sei eine Pfründncranstalt für politische Greise mit tapezierten Wänden und Leibstühlen, wo die ruhebedürftigen Parlamentarier die Neige ihres Lebens verbrächten Und vor diesen Alten, diesen Unfähigen, diesen Bresthaften solle das Volk zurück- weichen? Nimmermehr! Nun heiße es Gewalt an- wenden. Es wäre besser, sie zu vermeiden, gehe es aber nicht anders, so möge jeder seine Schuldigkeit thun. Nach Pelletan beleuchtete JaureS die Lage. Die Kammer mehrheit werde nur ein Ministerium leben lassen, dessen Programm die Verfaffungsdurchsicht enthalte. Wollten Präsident und Senat keine Durchsicht, werde man sie mit Umwälzungsmitteln überwinden Heute abend, schloß Jaurös, beginnt der Kampf, er wird lang, vielleicht tragisch werden Schwören wir aus Leben und Tod zur sozialen Republik zu stehen! Die ganze Versammlung leistete mit theatralischen Geberdcn den Eid, nahm eine schwülstige Tagesordnung an, welche die Unterdrückung des Senats fordert, und strömte unter Hochrufen auf die Kom mune, die Umwälzung und vereinzelt auch auf Bourgeois in die Straße hinaus Hier widerfctzte sich, unter Führ ung des Polizeipräfekten Lepine selbst, eine starke Polizei-, Munizipal- und Reitergardentruppe dem ge planten Maffenzuge nach den Boulevards Die Soldaten wurden mit den Aufrührern handgemein und das Volk lief bald auseinander. Die Abgeordneten Natürlichkeit der Auffassung wie technische Sauberkeit recht glücklich entgcgenkam. Als „LukaS" gab Hr. Mann eine achtbare, korrekte, wennschon der geistigen Belebung ermangelnde Leistung, zumal der Sänger Schmelz und Fülle des Organs nicht einzusetzen hat. Kaum weniger ist letzteres bei Hrn. Franck der Fall, der sich mit den großen Anforderungen des „Simon" nur mühsam abfand. Der große Gewerbehaussaal war glänzend besucht, »t. 88 Der Marquis de Gabriac, der in den Jahren 1870 bis 1872 zuerst in St. Petersburg, dann in Berlin französischer Geschäftsträger war, hat im vorigen Monat seine Erinnerungen an jene Zeit veröffentlicht „8ouvenis^ ckiplomstigue!» üe Ku^sie kt ckUlemaxn«-" (Paris, Plon), die einen Beitrag zur diplomatischen Geschichte des deutsch-französischen Krieges bilden Besonders spiegeln sich in den Aufzeichnungen Gabriacs die verschie denen Stimmungen wieder, die sich damals am russischen Hose für die beiden kriegführenden Völker geltend machten Abgesehen davon, daß Alexander ll. seine Sympathien für seinen großen Onkel auch auf dessen siegreiches Heer übertrug, war die Revolution des 4. September nicht gerade geeignet gewesen, seiner Vorliebe eine andere Richt ung zu geben Dagegen neigten Fürst Gortschakow, der Thronfolger und seine Umgebung, sowie auch die russische Presse mit wenigen Ausnahmen der französischen Seite zu, teils sogar mit dem Verlangen einer russischen Ein mischung zu Gunsten der Besiegten. In diesen Kreisen sand denn auch ThierS, als er Ende September in St Petersburg eintraf, um hier wie an anderen europäischen Höfen zu einer solchen Intervention seine bittende Stimme zu erheben, eine mehr al« wohlwollende Aufnahme, aber Gabriac hielt es für seine Pflicht, ihn gleich bei seiner An kunft vor Illusionen zu warnen Trotzdem ließ sich dieser offenbar durch die Huldigungen, die ihm in den vor nehmsten Kreisen St. Petersburg« zu teil wurden, zu übertriebenen Hoffnungen in der angcdeuteten Richtung verleiten. Um die provisorische Regierung seine« Lande« vor ähnlichen Einbildungen zu bewahren , enthüllte der Marquis ihr die politische Lage Rußlands nach seiner persönlichen Auffassung und mehrjährigen Kenntnis der dortigen Verhältnisse. Von Anfang an sei (wir zitieren hier nach einer Besprechung der Memoiren in der „Tgl. Rdfch") an eine bewaffnete Einmischung der Regierung des Zaren nicht zu denken gewesen, denn die nichts weniger als geordneten Finanzverhältnisse, die Umbildung des Heeres und die innere Lage hätten den, St. Petersburger Kabinett die unumgängliche Pflicht der strengsten Neutra lität auferlegt. Wohl wären die Sympathien für Frank reich in einflußreichen Kreisen und m der großen Masse des russischen Volkes mit jedem deutschen Sieg stärker angefacht worden, wozu auch die Furcht vor einem über mächtigen Nachbar nicht wenig beigetraaen habe, aber alles müsse sich doch in Rußland »or dem Kaiser beugen, der, wie cS in der Denkschrift des französischen Geschäftsträgers heißt, „im Könige von Preußen einen Verwandten sieht, dem er voll Aufrichtigkeit und Hochachtung zugethan ist, außerdem den obersten Feldherrn eines siegreichen Heeres, dessen Regimenter er ohne Ausnahme kennt, deren hauptsächliche Führer er erst vor kurzem durch Orden ausgezeichnet hat." überdies betrachte Alexander II das siegreiche deutsche Heer als eines der festesten Bollwerke gegen die von Frankreich drohende revolutionäre Flut, sodaß für ihn mehr als genügende Gründe vorhanden seien, seinem Oheim seine freundliche Gesinnung zu bewahren Im geheimen machte Fürst Gortschakow freilich aus seiner Zuneigung für Frankreich kein Hehl, aber da er genau wiffe, in welcher Richtung sich die Vorliebe seines Kaiserlichen Herrn bewege, so widerspreche er sich auch zuweilen in seinen Äußerungen ihm, dem Vertreter der französischen Regierung gegenüber. . . Den Austausch von sehr herz lichen Telegrammen zwischen dem deutschen und dem russischen Kaiser am Schluß de- Kriege« und ihre Veröffentlichung im „Journal de St. Petcrsbourg" zwei Tage nach der Unterzeichnung der Frieden-präliminarien (26. Februar 1871) empfanden die französischen Machthaber und mit ihnen da« ganze französische Volk al« eine bittere Kränk ung seitens des Zaren „Ich glaubte dem Fürsten Gort und Stadträte suchten die Truppe durch Aufhisjun, ihrer Schärpen einzuschüchtern, die Soldaten ließen sich jehpch «icht bange machen, sondern arbeiteten unwider- stehlich mit Fäusten und gestiefelten Füßen Als di« Ab geordneten urteilten, daß sie genug Hiebe und Tritte empfangen hatten, gingen sie, zum Teil übel zugerichtet, nach Hause. Einzelne Volksgruppen gelangten bi» zu den großen Boulevards und pfiffen und johlten, vielfach auch von Omnibuüverdecken tzerab; die Polizei holte die Lärmmachcr herunter und „varholzte sie zum großen Jubel der BierhauSgäste, die da« Treiben al« unentgeltliche« Schauspiel betruchlelc» Vor den Häusern der „Libre parole", „Petite Ropublique" und de« „Jntransigeant" wurden Hochrufe, vor den „D^batS" Pereat« gerufen Um Mitternacht war der Lärm zu Ende Nach dem Elysöe gelangten die Schreier nicht, wie e« an geblich ihre Abflchi war Am 1 Mai soll der Straßen- tumult wiederholt werden. — Die radikalen und sozialistischen Blätter behaupten, die Kundgebung im Tivoli-Vauxhall sei erst da» Vorspiel der Erregung gewesen, die den Senat wegfegen und die Demokratre zum Siege über die Reaktion sülpm werde Die konservativen Blätter halten die Kundgebung für ein böse« Vorzeichen und fürchten, daß sie die Lösung der Krise in ihnen ungünstiger Weise beeinflussen werde — Da« „Journal de« Döbats" kennzeichnet die sich erhebenden Rufe: „Versöhnung!" folgendermaßen: „Wer spricht von Frieden und Versöhnung? Natürlich nicht die Radikalen Sie sind noch übertriebener, hoch mütiger und heftiger al« je. Vorgestern sah man sie im Verein mit revolutionären Sozialisten in den Straßen und aufrührerischen Versammlungen Sie sind keineSneg« fried lich gestimmt, ihre Allüren sind vielmehr drohend " Weiter meint das „Journal de« Mbats", man könne gar nicht sagen, was sich vorgestern in den Straßen von Paris er eignet hätte, wenn der Polizeipräfekt nicht eine solche Ruhe und Energie gezeigt haben würde. — Der „Jour" schreibt: Ein Kabinett Sarrien habe alle Chancen der Dauer, aber cs müsse die Revision ins Auge fasten. Die Revision könne später kommen, aber jedenfalls vor Ende dieser Parlamentssession Im Augenblick möge man Ruhe halten, aber in zwei Monaten sei der Moment gegeben, dem Con greste die Revisionsfrage vorzulegen, dann werde man fehen, ob die Demokraten trotz der Phantasien der Kon fervativen nicht die Majorität im Kongresse hätten — Auf da« neue Kabinett wartet bereits die erste Interpellation, und zwar über die Situation der Truppen in Madagaskar — Die Zeitung „Jour", die bekanntlich unter Bourgeois das Organ der Regierung war, kündigt für die nächsten Tage die Veröffentlichung von Aktenstücken über die Be ziehungen Frankreichs zu England und Italien in den afrikanischen Fragen an Dasselbe Blatt erzählt, Hr. Felix- Faure sei eS gewesen, der Bourgeois zum Rücktritt ver anlaßt habe, während der Ministerpräsident entschloßen gewesen sei, in dem Widerstande gegen den Senat zu beharren. Sodann nimmt das Blatt den Kamps gegen den Präsidenten auf, indem es dessen Rücktritt als die einzige Lösung der gegenwärtigen Krisis bezeichnet Schon kürzlich hatte das Blatt bezeichnend geschrieben, noch vor Ende des Monats würde Hr. Faure „verstanden haben" Jetzt wird es deutlicher und führt aus, nicht bloß die Angehörigen des Präsidenten rieten ihm zum Rücktritt, sondern auch seine ergebensten Freunde seien der Ansicht, daß der gegenwärtige Anlaß ausnahmsweise günstig sei, um aus der Hölle, zu der das Elysee geworden, hinaus- zugelangen und zu der früheren friedlichen Lebensweise zurückzukehrcn. Hr. Felix Faure müsse einsehen, daß er bei all seinem guten Willen sich nicht mehr als das von allen geachtete Staatsoberhaupt betrachten könne, das über den Parteien stehe. Kürzlich hätte er den Gouverneur von Paris, General Saussicr, zu sich beschieden und aus der Unterhandlung mit diesem General entnehmen können, wie sehr bedauerlich es wäre, wenn die Armee in vie bürgerlichen Streitigkeiten hincingezogen würde, um eine Politik des Widerstandes zu unterstützen, die den glühendsten Haß herausfordern müßte Seiner ganzen Vergangenheit gemäß sei Hr. Faure nicht in der Lage, die Vornahme einer Verfassungsreform zu leiten, die er selbst für ge fährlich erklärt habe. Also könne er kaum noch zögern, zurückzutreten Der Aussatz schließt mit den Worten, die Berufung de« Kongreßes stehe bevor — Fürst Ferdinand von Bulgarien stattete heule vormittag dem Senatspräsidenten Loubet sowie Bourgeois Besuche ab und wird nachmittags den Rennen auf den Longchamps beiwohnen. — Der Marschall Yamagata hie mit ihm reisenden Mitglieder der japanischen Gesandtschaft sind auf der Reise zu den Krönungsseierlichkeiten in Moskau heute mittag hier eingetroffen. velsttev. Brüssel, 26. April. Zwischen England und dem Kongostaate soll eine volle Einigung über den Vorstoß im Sudan erfolgt sein Die Unterredungen, die König Leopold mit Lord Salisbury in der Nähe von Nizza führte, sollen dieses Ergebnis herbeigesührt haben, sie sollen aber auch andere für die Kaße des Kongostaates erfreuliche Folgen gehabt haben Der englische Oberst schakow nicht das Bedauern verhehlen zu können", schreibt Gabriac, „das mir die Bekanntmachung der beiden Tele gramme verursacht hatte, und den bösen Eindruck, den diese Veröffentlichung in Frankreich Hervorrufen würde Der Kanzler schien mir sehr verlegen, und man versicherte mir, daß dieselbe gegen seinen Rat geschehen sei; unter allen Umständen war sie sehr bedauernswert" — Die russischen Staatsmänner hinterließen überhaupt bei dem französischen Diplomaten keinen besonderen Eindruck, einen gewaltigen und dauernden aber der deutsche Reichskanzler, als Gabriac im August des Jahres 1871 als Geschäfts träger nach Berlin gesandt wurde und hier mit dem Fürsten Bismarck über die noch immer sehr bedenklichen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland eine längere Aussprache hatte „Vor allen Dingen hatte ich ihn überlegen als Mann des Kampfes gefunden", liest man in seinen Erinnerungen „Seine voll kommene Mißachtung jeder Zurückhaltung, seine Gewohn heit, sofort auf den Grund der Fragen zu gehen, die stolze Offenherzigkeit seiner Äußerungen, seine anfangs langsame, aber bei der ersten Erregung kräftiger anschwellende und sich bäumende Sprache versetzten mich in eine ganz andere Welt, al» diejenige, in welcher ich mich bisher bewegt hatte Wir waren weit von der stets korrekten Sprache entfernt, welche ich aus Fürst Gortschakows Munde auch in den Augenblicken seiner altersschwachen Reizbarkeit vernommen hatte, und auch weit von der Sprache der übrigen deutschen Diplomaten, mit denen ich in Berlin in täglichen Be ziehungen stand. Bei Bismarck hatte man das Bewußtsein, daß jedes seiner Worte oder jeder seiner Gedanken sich in eine That umsetzen konnte. ES war mehr ein Herr, als ein Minister, den ich vor mir hatte Ich glaubte Arminiu» zu sehen, wie er am Morgen nach der Niederlage der römischen Legionen die Abgesandten de« besiegten Volkes empfing." Forcierte Entfettungskuren. Der jähe Tod des Wiener Bildhauers Tilgner hatte ein Gerücht hervor- gerufen, nach dem da- rasche Ende einer forcirrten Ent- Massa Anfang zu erol noch ni gegen 5 Fadil jedoch vom S Atbara. sind Ri noch ni weg«, u Baldisse in Adi l zustand soll es Friede: solle, a Prote nehmen zulaßen cinzuge! hcrbeig, Nort worb Ko«« Lord hab« „Bm zu b« dir 8 s«; sei v günst uu-er R chrsr und Nach hüttrr auf deschri .-.roßt« täqschi Wege al« n Ratio: NeguS daß 1 stimmt Seien glaubt ving- die Eh sie dm damit angela Hossnu verwes könnte Haupte: breitet« deßen Di, A gierunc buna" Kabine - L Rede (! zu Tro afrikanis nimmt i Anspruck Berlin kreisen s berlain fremden schlage c Mischung CtaatSse einmischu Eüdafrik der „Do Gleichqilt festen Ül Zusamm« land se tischen . Buren ! nicht aus alle Fra< settungski „Presse" Or. v. B Wert die genannte forcierte einhergehe je lebenSi sluß eine bei Entfe hier eine Absicht d vcrständlii Diese Ab' eine solch Reaktionei und mit l solchen F« im Vord Arztes s Sache, tr ihrem Gi „sichere E dm Arzt, nur dann tauchender Wort al» demselben Kern in a läßt sich r Arzt Hera» die oft hö Hülle ist < Daß zume und dadur AuSeinand sich in fol, nlrderschrie vorzugehen F lilansmn
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)