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Dresdner Journal : 19.03.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189603199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-03
- Tag 1896-03-19
-
Monat
1896-03
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 19.03.1896
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vr,»«Pre!»: Für Dre»d«« vierteljährlich r Mark dOPf, bei den Kaiser- luh deukschrn Postanstalten dieNeljShrlich » Marl; auster- halb d«4 Dentsttzra «eiche« Poft, und Stempelznsttzü»,. Eiaztla« Rammern: tv PI »rfcheiueu: Tä-lich mit Ausnahme der Sonn. »ad Feiertage adeud» Sernjpr.Ansthl»ß:«r1»^, Für den Äaum einer aespal» lenen Zeil« kleiner Schrift rv Pf. Unter „ringefandt" die geil« S0 Pf. vri Tabrllrn > und Ziffernsatz rntfprtch«nd«r Auffchla, Her» »«Ocker: Königlich« Expedition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwmgerstr. »0 Fernfpr.-Anfchluh: Nr IBOG^ ^«5. Donnerstag, den 19. März, abends. 18S6. Wekkssungen auf das „Dresdner Journal" für das nächste Bierteljahr werden zum Preise pon 2 M. 50 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für auswärts: bei den Postanstalten des betreffen den Orts zum Preise von .'» M. In Dresden-Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, lvo auch Ankündigungen zur Be- fördernug an unser Blatt angenommen werden und lvo, ebenso wie bei dem Bahnhofsbuchhändlcr Herrn Weigand (Böhm. Bahnhof), Herrn Kauf mann Simon, Cirknsstr. 24 (Ecke Pillnitzer Straße), Herrn Kaufmann Lebr. Wesser, Prager Straße 2 und Frau verw. Sicgmeier, Älaunstr. 10, einzelne Nnmmern des „Dresdner Journals" zn haben sind. Königs. Expedition des Dresdner Journals. Amtliche,' Leit. Tresdeit, t l. März Mit Allerhöchster Genehmig ung ist der bisherige Privatdozent der Universität und Primararzt am Wiedener Krankenhause zu Wien Ur mrä. Gustav Niehl vom I.April 1896 ab zum außerordentlichen Professor in der medizinischen Fakul tät der Universität Leipzig ernannt morden. HZekcrnnlrnochung. Das Ministerium des Inner» hat der „einge schriebenen Hülfrkasse der Zimmergesellen zu Franken berg und Umgegend" ans Grund des 1. Nachtrags vom 7. Februar dieses Jahres zu deren revidirtem Statute vom 16. April 1893 bescheinigt, daß sie, vor behaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforder iliigen des tz 75 des Krankenversichcrungsgesehes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 nach wie vor genügt. Dresden, am 14. Mürz 1896. Ministerium des Jnueru, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Vodcl. Lippmann. Nichtamtlicher Teil. In Frankreich macht man gegen das geplante englische Unternehmen in Aegypten energisch Front, und zwar zeigt sich auch in dieser Frage die für das patriotische Empfinden der Franzosen höchst schmeichelhafte Thatsache, daß sich bei auswärtigen, das Prestige der Nation nahe berührenden Fragen die Parteiunterschicde fast völlig verwischen. „In auswärtigen Fragen giebt es keine radikalen Minister, sondern nur noch Minister Frank reichst" ruft der „Figaro" aus und beglückwünscht aufrichtig den Minister Berthelot, der den englischen Kunst und Wissenschaft. Konzert. In dem von Hrn I. L Nicod« gestern veranstalteten fünften Orchesterabend lernte man einen neuen dänischen Komponisten kennen, Hrn Carl Nielsen, welcher seine Symphonie in 6-moIl persönlich vorsührte. Der noch nicht dreißigjährige Tonsehcr stammt aus der Schule Gadc'S, die Symphonie gehört zu seinen ersten Hervorbringungen. Sie ist vorwiegend trüb in der Stim mung, herb im Ausdruck und verleugnet nicht, daß sie unter dem grauen nordischen Himmel entstanden ist. Ihre Themm sind in der Mehrzahl klein, von kurzem Atem, im Inhalt und Bortrag vermißt man das erwärmende sinnliche Element und einen starken, freien symphonischen Zug. Die Musik macht zuviel kleine Schritte, sie wagt einen größeren Sprung ebenso selten, wie sie ein bischen Sonnenschein durch das Gewölk hindurchläßt. Auf diese Weise berührt sie unser Gefühl nur sehr leise und selbst dem Andante, worin der Komponist nach seiner Gemütsart gen iß recht warme und poetische Empfindungen ausgesprochen hat, bleibt eine unmittelbare wenn auch nicht eine edle Wirkung versagt. Dieser langsame Satz (6-ckur) und das erste Allegro, dessen Durchführungsteil produktive Stellen enthält, find die bestgelungenen Abschnitte des Werke«, der dritte Catz und da« Finale treten dagegen an gedanklicher Bedeutung, festem Zusammenhang und ökonomischer Form, auch an mannigfaltiger rythmischer Bewegung erheblich zurück. Daß der dritte Satz kein Scherzo, sondern ein vorwiegend pathetische» Stück ist, kann bei dem Mangel an Licht und Freudigkeit in dem ganzen übrigen Werke nicht al« vor teilhaft bezeichnet werden. Bei allrvem ist jedoch zu be tonen, daß der Komponist, der seine Jugend am meisten in zu häufiger Wiederholung bestimmter Akkordsätzen, rythmischer und instrumentaler Wendungen und Effekte verrät, in seinem symphonischen Erstlingswerk rin Maß vonj Selbständigkeit und Gehalt der Tonsprache, von Gewähltheit im harmonischen und orchestralen Ausdruck ohne Gesuchtheit geltend macht, um dessen willen man von seiner Arbeit mit Hochachtung und zugleich mit Hoff nung aus noch stärkere Gaben feine» Talent» reden darf . . Hr Nielsen dirigierte mit größtem Eifer und hatte Botschafter in sehr ernsten Worten auf das Gefähr liche des ägyptischen Unternehmens in Bezug ans die allgemeine Weltpolitik aufmerksam gemacht hatte, zu seinem energischen Vorgehen. So ist es in Frank reich; wir aber haben unsern Bebel. Fast in allen Pießüußerungen, die meist in sehr drohenden Ausdrücken gegen England gehalten sind, kehrt im Übrigen die Ansicht wieder, England wolle durch die Dongola-Expeduion Ägypten nur in neue Schwierigkeiten verwickeln, um sich einen Vorwand zu scb"ffen, die Räumung Ägyptens abermals anfznschieben. „Ägypten weiß ganz wohl," schreibt der „Demps", „daß man es zu den Gefahren und Opfern eines solchen Unternehmens nicht verurteilt, nm es zu ver größern. sondern nm cs ans unbestimmbare Zeit in einem Zustand zu erhalten, wo die gebieterische Vor mundschaft der britischen Negierung notwendig erscheint." Und der „Rappel" bemerkt: „England lehnt eS ab, Ägypten zu räumen, und beabsichtigt, sich am Nil festzusetzen. Es ist Dhorheit, zu glauben, daß die ägyptischen Truppen heute besser als zur Zeit Gordons geeignet seien, den Sudau gegen die Mahdisten zn ver teidigen." Jedenfalls beweist schon ein Blick in die franzö sische Presse die Thatsache, daß die von englischer Seite noch vor kurzem mit so großem Nachdruck betonten engen und freundschaftlichen Beziehungen zu Frank reich lediglich in der Phantasie der anschlußbcdürftigen Briten bestanden haben. Zweifellos ist cs für alle französischen Blätter, daß sich dem Verhalt.» Frankreichs gegen England der russische Verbündete unbedingt anschließen werde. Mögen sie n it dieser Annahme Recht haben, so steht es offenbar anders mit der ebenfalls fast all gemein ausgestellten Behauptung, daß auch Deutsch land unter den Gegner» des englische» Feldzuges zu finden sei» werde. Denn iu offenbar offiziösen! Auftrage bemerkt heute die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": „Die Königl. großbritannische Negierung hatte an diejenige» Mächte, welche Anteil an der Kontrolle der ägyptischen Schuldenvcrwaltung haben, den Antrag gerichtet, einen Teil des aus den ägyptischen Ersparnissen gebildeten Re servefonds für die Expedition nach Tongola verwenden zu köuuen. Nachdem die Regierung Sr. Majestät des Kaisers sestgestellt hat, daß die Annahme des Antrages den Ansichten der beiden anderen Treibundkabinette und ins besondere den Wünschen der Königl. italieni schen Negierung entspricht, ist der deutsche Kom missar in Kairo demgemäß verständigt worden" Sympathie für England hat die deutsche Negier ung nicht zu dieser wohl für ihre ganze Stellung nahme deni englischen Feldzuge gegenüber prinzipiellen Erklärung veranlaßt Das kann ohne weiteres als er wiesen angenommen werden. Bei unseren Bezieh ungen zn Italien war aber eine andere Entscheidung kaum möglich Daß die Absicht oder wenigstens die hauptsächlichste Absicht der Engländer dahin ginge, den Italienern in ihrer schwierigen Lage durch den Zug nach dem Suda» zu Hilfe zu kommen, glaubt man in Deutschland ebensowenig, wie in England selbst Daß aber das englische Unternehmen für Italien den thatsächlichen Erfolgnng einer Entlastung haben kann, erscheint zum mindesten sehr wahrschein lich. Und unseren Bundesgenossen diese Anssicht zu zerstören, ohne ihnen dafür einen direkten Ersatz bieten zu können, das entspricht eben nicht den klaren und ehrlichen Grundsätzen der dentschen Politik. gleich den Zuhörern die Freude, daß die Chemnitzer Kapelle seine Symphonie höchst vorzüglich, vollkommen klar nnd ausdrucksvoll gemäß seinen Intentionen wicdergab. TaS Publikum nahm den Autor und sein Werk sehr freundlich auf. Neben der Symphonie ist auS dem orchestralen Pro gramm nur Alex. BorodinS „Steppenskizze auS Mittel asien" zu erwähnen, ein originell entworfene» und mit Meisterhand ausgeführtesStimmungsbild, datz durch folgende» Programm erklärt wird: „In der einförmigen sandigen Steppe Mittelasiens ertönen die bisher fremden Töne eines fried lichen russischen Liedes. Au« der Ferne vernimmt man da» Getrampel von Pferden und Kamerlen und den eigen- tümlichcnKlang einer morgenländischenWeiseEineeinheimische Karawane nähert sich Unter dem Schutze der russischen Waffen zieht sic sicher und sorglo« ihren weiten Weg durch die unermeßliche Wüste. Weiter und weiter entfernt sie sich. Ta« Lied der Russen und die Weise der Asiaten verbinden sich zu einer gemeinsamen Harmonie, denn Wiederhol! noch und nach in den Lüften der Steppe sich verliert." . . Durch einen großen Teil de« Musikstücks zieht sich mit charakteristischer Wirkung ein von den Violinen festgehaltencS Hohr« k, dessen Klang über dcn Harmonien zittert wie der heiße Sonnenstrahl über dem Wüstensand. Die einfache und doch nicht geringe Kunst, mit welcher daü Tonstück entwickelt ist, fand die lebhafteste Anerkennung de« Publikum«. Die Ausführung war eine musterhafte Leistung vom Dirigenten und von der Kapelle, dergleichen der Vortrag des „Danse Maeadre" von Saint-Sa?»« Diese geistreiche und wirklich einheit liche Programmmusik de« Franzosen erweckte beim Publi kum soviel Beifall, daß Hr. Nicodö sie wiederholen ließ. In der Solistin de» Konzert«, Frau Strauß- de Ahna, trat un« ebenfalls eine neue Erscheinung entgegen Die Sängerin brachte eine Mozartsche Arie und drei wirksam deklamierte Lieder ihre« Gatten Richard Strauß zu Gehör Ihr Sopran erwie« sich dabei al« klangvoll, aber von empfindlicher Schärfe und nicht mehr frisch, ihr Vortrag gab sich al« gut musikalisch und lebendig bi» zu äußerem 2ck>n »mgt In der Arie erfreute Frau Strauß durch schöne Behandlung der Kantilrne, von den Liedern sang sie da» dritte („Cäcilie") mit größter Wirkung Cie mußte da»selbe denn auch wiederholen H. P Der Gesetzentwurf über die Eraeununst der Assessoren hat in Preuße» die Gemüter in ein r Weise erregt, die den Bewohner» der andere» Bundesstaaten, be sonders auch uns Sachse», geradezu unverständlich erscheinen muß. Sofort nach dem Bckanntwerden der Thatsache, daß der Entwurf eine Bestimmung enthalte, wonach die Ernennung der Gcrichtsassessoreu zu Richtern fortan nur nach Maßgabe des für den höhere» Justizdienst bestehenden Bedarfs erfolgen und daher eine Ausscheidung des ungeeigneten Materials der Assessoren vorgenommen werden solle, erhob sich der übliche Sturm in der liberalen Presse und Blätter wie die „Vossische Zeitung" konnten sich vor sittlicher Entrüstung über die korrumpierenden Pläne der Regierung kaum noch fassen. Wie fast in ollen ähnlichen Fällen, schlossen sich die meisten national- liberalen Blätter diesem Proteste zunächst an und es fand sich, wie gewöhnlich, auch das eine oder andere „links konservative" Blatt, um das Echo zu ver stärken, — dieses Mal beispielsweise die „Schlesische Zeitung". Aber auch insofern hat die ganze Ange legenheit den gewöhnlichen Verlauf genommen, als nach kurzer Zeit einer großen Zahl der nicht frei sinnigen Zeitungcn das ruhige Blut wieder zurück gekehrt ist. So schreibt jetzt die rationallibcrale „Kölnische Zeitung": In zahlreichen Blättern wird mit großer Leidenjchastlichleit der vom Staatsministerium dem Landtag unterbreitete Ent wurf, betreffend die Anstellung von Gerichlsasicssorcn, mit dem Borwurf belämpft, er öffne einem erneuten Mißbrauch der Ge walt, einem Systeme der politischen Bersolgungssucht und des Nepotismus freie Bahn. Wir warten zunächst ab. wie von feiten der Justizverwaltung bei den bevorstehenden Beratungen im Abgeordnetenhaus der Borfchlag begründet und besüiwortet werden wild Wir betonen nur noch einmal, daß wir seit Jahren in ausführlichen Erörterungen darauf hingewiejen haben, das, der jetzige Zustand, wonach jeder, der die grobe Staatsprüfung bestanden hat, schon »m deswillen einen fest- begründeten Anspruch aus staatliche Richtcranstellung erhält, zu ganz unleidlichen, das Ansehen unserer Gerichte ernstlich gefähr denden Zuständen führt, die sich mit dcr Zunahme derAssessoren- überfüllung von Jahr zu Jahr verschlimmern Wir haben seit Jahren befürwortet, daß man endlich mit diesem, in keinem anderen Bcrwaltnngsgebicte eingesührteu und zulässigen System der Anftellungsverpflichtung grundsätzlich brechen möge; unsere Borschläge sind seinerzeit vielfach nachgedruckt und nir gends ernstlich bekämpft worden. Jetzt, wo die preu ßische Negierung sie wenigstens in ihren Gcundzügen zu verwirklichen versucht, finden sie plötzlich einen Wider spruch, den wir nicht als sachlich gerechtfertigt anerkennen können. Denn das kann doch nicht bestritten werden, daß der jetzige Rechtszustand c ner Justizverwaltung, die wirklich geneigt »ne imstande wäre, bei der Auswahl ih er Richter der poli- tijchcn Berjolgungssuckt und den, Nepotismus die Zügel fchießen zu lasten, nicht die geringsten Schwierigkeiten bereitet. Der I stizverwaltnng steht ja jetzt eine Auswahl zu, wie sie kaum größer gedacht werd.» kann. Landr chtcr Or Aschrolt hat noch jüngst in der deutschen Juristenzeitung die näheren Zahlen mitgeteilt Er berechnet den jährlichen Bedarf an Richtern auf höchstens 2.'<>; denen stehen zur Zeit l< 17 Assessoren gegenüber, und ihre Zahl ist noch sehr im Steigen bei der starken Vermehrung der Zahl der Referendare ,von 1408 im Jahre 1877, auf33lücm 1 Juli 18SZ. Am ».Oktober lvi'5 waren noch ihhAjscssoren mit einemTienstalier von mehr als 6 Jahren vmHänden Bon je ü argesteltten Richtern Hal nur einer Aussicht aus Beförderung. Bei ver Auswahl der als Richter anzustellenden Assessoren, bei derAuswahl der zu höheren Stellen zn bejölverndcn Richter ist unsere Justizverwaltung völlig uneingeschränkt und frei von allen gesetzlichen Schranken. Der neue Entwurf ändert an dieser Uneingeschränkthcit, die durchaus naturgemäß ist, nicht das geringste; sic ist auch völl'g nnbcdenk lieh, wie eine vierjährige Erfahrung uachneist, schon ans dem Grundt, weil jeder einmal angesttllte Richt,r unabsetzbar ist und nicht mehr von der Gnade der Justizverwaltung abhingt. Wenn man heute da,über jammert, daß durch de , Entwurf Assessoren zweiter Klasse g,schaff n werden sollen, jo beruht das aus einem völligen Verkennen des thatsächlich n Zustandes. Wie heute die Tinge liegen, ist eher das Umgekehrte d r Fall. Alle Bcrwaltnngszweigc. die Gerichtsassessoren gebrauchen können, sowohl im Staat, wie in dcn Gemcinden, wie im Slatin Pascha. Im gleichen Augenblick, no das von England geleitete Ägypten Anstalt zu treffen scheint, seine vor länger als einem Jahrzehnt verlorenen Provinzen im heißen Sudan zurückzuerobern, sind die Blicke von Tausenden durch ein Buch wie Slatin Paschas „Feuer und Schwert im Sudan" (Leipzig 1886, F A Brockhaus) auf die jüngste Vergangenheit und die Gegenwart dieser reichen Länder in einer Weise hingelenkt, wie etwa vor Jahr tausenden die Blicke griechisch redender Menschen durch die Abenteuer und Leiden des göttlichen Dulders Odysseus nach den Gestaden von Trinakria gelenkt wurden Die Schauplätze außerordentlicher Thatcn, großer Kämpfe, wundersamer Prüfungen, rücken un» in dcn Schilderungen des Österreicher» Rudolf Slatin (im ägyptischen Dienst Slatin Pascha) ebenso nahe und dcutlich vor Augcn, als die Thatcn, Kämpfe und Prüfungen selbst Tie uralte Zauberwirlunq dcs Abenteuer« kommt in dem Bericht, den dieser Offizier und Reisende von seinen Erlebnissen erstattet, wieder zu Rrcht, e« ist epische Kraft und der cpische Zug einfacher Giößc in seinen an erschütternden Schicksaltwrchseln so reichem Aufzeichnungen und die land läufige Redensart, daß sich dies Stück Geschickte und Autobiographie „wie ein Rcman" lese, giebt wenigster.» treulich den Eindruck wieder, den unbefangene Teilnehmer von der Fülle bekannten und fremdartigen Leben« in Slatin» Bucke erhalten. Die Aufklärungen, die der von der ägyptischen Re gierung I88l zum Gouverneur (Mudir) der Provinz Darsur ernannte Verfasser über die früheren Zustände diese» Lande» zu geben sucht, lassen wenigslcn« da« eine dcutlich erkennen, daß die» Land wie manches andere alte afrikanische Reich eine verhältnismäßig leichte Beute der vom Norden herabdringendrn Aegypter gewesen sein muß Gleichwohl waren die Verhältnisse in dem au«gedchnlen Lande keinevivegS geordnete, als Slatin Pascha die Zügel ergriff Und so sehr er sich bemüht, dm Clegensatz zwischen dem alten tyrannischen Regiment der barbarischen Könige von Darfnr und der neuen Herrschaft hervorzuhebcn, so muß er doch selbst einräumcn, daß er bei Übernahme der Geschäfte eine Privaldienst, suchen sich heute das beste Material aus den Assessoren heraus, indem sie in der Lage sind, ihnen günstigere Anstelluugsbcdingungen zn bict.ii. Unter den jetzigen Ver hältnissen ist die Rechtspflege verpflichtet, sich mit dem flieste dieses bc euS anSgesuchten Materials zu begügcn; und wiederholt hat man da dieselben Stimmen, die jetzt kl gen, daß der Enlwurs Assessoren zweit r Kliffe jhasft, im Gegenleil darüber Beschwerde führen hören, daß jetzt für die Richterstellcn nur noch minderwertige Asjesforen übrig blieben. Daß die Justizverwaltung endlich und grundsätzlich mit diesen traurigen Zuständen aufräumt, daß sie den Grund satz ausstellt, daß für unsere Rechtspflege die besten Richter gerade gut genug sind, das gereicht ihr zu hoher Anerkennung. Wir zweifeln nicht, daß das Abgeordnetenhaus bri genauer Pii.sung der jetzt in einem Teil der Presse erhobenen lecken- schastlichen Vorwürfe sich sehr bald davon überzeugen wird. Und i» dem cbenfalls den Nationalliberale» nahe stehenden „Hamburger Evlrespondenten" schreibt ein praktischer Jurist: Der Enlwurs, soweit er die Beschränkung in der Ernenn ung von Gerichtsosfessorcn betrifft, kann von ollen preußischen Juristen nur mit »cnugthuung begrüßt werden. Auch im „Hamburgischen Eorrespondcnten" ist wiederholt darauf hinge- wiesen worden, daß es durchaus empfehlenswert sei, wenn die Justizvenvaltung sich die Gerichtsasfefforen aus der Zahl der vorhandenen Kräfte nach Maßgabe des Bedarfs ausiuche Sie ist ja schon jetzt daz» befugt, allein es hatte sich eine thatsächliche Übung herausgcbildet, aus Grund deren jeder Gerichtsassessor, der sich nichiS besonderes zu Schulden kommen ließ, ein Recht auf An stellung zu haben glaubte und auch zum Richter ernannt wurde. Wenn das Justizministerium sich lie geeigneten Assessoren aus sucht, so ist damit die G währ gegeben, daß ungeeignete Ele mente, auch solche, die von der öffentlichen Meinung als zur Bekleidung behördlicher Stellungen einmal nicht für würdig gehalten werden, der Justiz fern bleiben. Außerdem wird durch die neue Bestimmung erreicht, was bisher vergeblich versucht worden ist, nämlich, daß dem Andrang zur juristischen Lauf bahn gesteuert wird. Im Königreich Sachsen hat mau be reits seil längerer Zeit ähnliche Bestimmungen getroffen. Daß ein Teil der Presse die Neuerung als mit der preußischen Ver süssung oder doch mit dem Geist derselben unvereinbar erklärt, kann nur in hohem Grade aussallcn. Warum hat man sich denn nichl jchon lange gegen die Verwaltungsbehörden gewandt, welche sich die geeigneten Kräfte aus den Gerichlsresi rrndaren auSwählen Man Hörl öfters von höheren Verwaltungen die Bemerkung: Die Justiz ist genötigt, „alles Mögliche" anzustellen Giebt man den Ver waltungsbehörden das Recht der beliebigen Auswahl, wie kann man cS der Justizverwaltung vorcnthalten wollen? Befindet die preu ßische Justiz sich in einem gewissen Niedergang, wie man be hauptet, so ist nichts so geeignet, ihr einen Aufschwung in Be zug ans wiisenschas.lichc und juristisch praktische Leistungsfäyig- kcit, sowie auch im Hinblick aus Takt, Umsicht und soziale Ver- lMnissc der richlerlichcir Beaniten zu verschayen, wie dic be absichtigte Neuerung. Ebenso wie die Regierungspräsidenten werden auch die Oberlandes und Landgerichtspräsidenten ob jektive Berichte über Leistungen und Führung der Kandidaten zum Richteramt erstatten DieKonservatinen — soweit ersichtlich »ur mit Aus nahme der „Schlesischen Zeitung" — treten natürlich sür den Entwurf ein Ihr offizielles Parteiorgan, die „Conservative Eorrespondenz", bemerkt n. a.: Die konservative Partei tritt mit aller Entschiedenheit sür die Selbständigkeit des Richterstandcs ein; daraus crgiebt sich aber, daß sie es sür notwendig hallen muß, diesen, gelmsser- maßen privilegierten Stand mit «autclen zu umgeben, durch die augenscheinlich ungeeignete Kräfte von ihm serngehaitcn werden ES geht doch nicht an. daß jedermann, der im stände ist, im Staatsexamen den wiffcnfchastlichcn Forderungen, dic dort gestellt werden, zu genügen, auch wenn er sonst aus irgend einem oben angeführten Grunde als ungeeignet sür das deutsche Richteramt erscheint, sich einen Richtersesscl zu ersitzen vermag Wir werden also bei Mrßnahmen, die dic Fernhaltung unge eignetcr Elemente vom Richter stände bezwecken, dic Slaats- regierung aus das Nachdrücklichste unterstützen Tages geschuhte. TrcS-c«, 19. März Im Königl. Residcnzschlosse fand gestern, Mittwoch, abend ein Hofkonzcrt statt, welchem Ihre Majestäten der König und die Köni gin, Ihre Königl. Hoheiten der Prinz Georg, der Prinz und die Frau Prinzessin Friedrich August, der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg, die Prinzessin Mathilde, Ihre Mißwirtschaft vorgefundcn habe, von der man sich kaum eine Vorstellung zu machen vermöge. „Vom Mudir an- gcsangen bis zum letzten Schreiber, die GerichtSbeamten nicht ausgenommen, waren beinahe alle in Prozesse wegen Unterschlagung, unsittlichen Lebenswandels, Chrenbeleidig- ung u. s w verwickelt, jeder Kläger und Beklagter zu gleich Es wäre, wenn nicht übcrhaupt unmöglich, eine Arbeit sür Jahre gewesen, sich in diesem Chao» von Lüge und Schlechtigkeit zurechlzufinden." Slatin sah sich in der Notwendigkeit, mit dem vorhandenen Menschenmaterial, so nahe dies immer an Gesindel streisen mochte, zu arbeiten. Unter gewöhnlichen Umständen würde das auch angegangen sein. Ader nicht lange nach Übernahme des Amte» begann der Aufstand de» Derwische» Mohammed Achmed, der sich al« der vom Koran verheißene am Ende der Zeiten auf- trctendc Prophet ankündigte, Ausdehnung und Bedeutung zu gewinnen; die erste Depesche, die dcr Gouverneur von Darsur vom Generalgouvernement in CHartum hierüber erhielt, meldete bereit» die Vernichtung einer ägyptisch«» HeereSabteilung unter Raschid Bey und forderte Slatin zu äußersten Vorsichtsmaßregeln aus. Der tüchtige Offizier versäumte natürlich nichts, weS er zur Überwindung der Gefahr, zur Behauptung seiner Provinz beitragen konnte. Aber überall trat es rasch zu Tage, daß die über ein so ungeheuere» Gcbict erstreckte ägyptische Herrschaft aus schwachen Füßen stand. Wohl waren die Hilfsmittel europäischer Kriegführung und Kultur anfäng lich lediglich auf feiten dcr Beamten und dcr kleinen Truppenscharen de« Pizrlönigü von Ägypten Abcr da der Mahdi, die Mafien zu erregen, den religiösen Fana tismus und die urwüchsige Habsucht der Sudanesen aus zustacheln wußte, da der Erfolg seine kriegerischen Maß regeln begleitete, nach der Eroberung von El Obeid die Provinzen Kordofan und Dar-Fertit in seine Hände fielen, so reichten jene HilsSmittel gegenüber den Mafien nicht au« Höchst anschaulich, lebendig und dabei ohne jede falsche Eelbstverherrlichung schildert Slatin Pascha seinen Kampf gegen den MahdiSmu» in Darfur Seine Mittel waren gering, er selbst zählt, daß ihm, die Bunde«genoffen au« den einheimischen Stämmen hinzugerechmt, im Herbst 1882 etwa SVOO Manu zu Gebote standen, nachdem er seinen Hauptpunkt Dara mit der nötigen Besatzung ver-
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