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Dresdner Journal : 22.02.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189602227
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-02
- Tag 1896-02-22
-
Monat
1896-02
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 22.02.1896
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lvz » wr « toi,»« V lv«,»0 G. IU1 » ivl.bo B. »8 «. tvr » se» M vej»««prcisr Fkr Dre-Sen virrteljährNch 4 Mart üOPs, bei den Litser- l>ch deutschen Postanftaltea Vierteljährlich »Mart; außer» halb de« Deutschen Reiche« dost- and Siempelzaschlag Einzeln» Nummern: 10 Pf Grschetne«: läglich mit Ausnah»» da tzonn- «ad Feiertage abend». Faafpr..»«^d>ß:Nr.U»L. Aresdiler «nktniEuuAvstl'RtzeeMt Für den ^au» einer arfpal» tenen Zeile Neinrr Echrist »v Pf Unter „ Lingefandt' die Zeile Sv Pf. vei labellen- und Zissernju- entsprechender Anfschlag -er,«»Oe»er: Königlich« Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerftr. >0 Pernspr-Anschluß: Nr 4LBE, das betroffene tnn aus feiten l in- Stocken Bürgerlichen r Ausführung cnehmer beim nsaßt der ge- der in der irdnung zum lerlagen des ZerdingungS- > durch Aus- de- Bürger- ordernifse in ^44. Sonnabend, den 22. Februar, abends. 18S«. ÄmNicher Teil. Ihre Kaiser!, und Königs. Hoheit die Frau Groß herzogin von ToSkana ist heute Vormittag 9 Uhr 95 Minuten hier eingetroffen und hat im Königs. Palais am Taschenberge Wohnung genommen. Erneunungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. re-artemeut des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zur Erledigung kommt am IS. April die Schulstelle zu Jugel. Koüalor: das K Ministerium des Kultus und öffent lichen Unterrichts. Einkommen: Außer freier Wohnung im Schul hause looo M Gehalt, 72 M. für Fortbildungsschule, eventuell »0 M an die Frau des Lehrers für Unterricht in weiblichen Handarbeiten. Gesuche nebst den crsorderlichen Beilagen sind bis zum 10 März an den K. BezirkSschulinspcktor llr. Hanns in Schwarzenberg einzusendcn. nichtamtlicher Teil. In Fraukreich scheint der Konflikt zwischen Regierung und Senat momentan den Charakter des Brennenden verloren zu haben. Zwar hat der Senat in seiner gestrigen Sitz ung nochmals scharfen Widerspruch dagegen erhoben, daß das Kabinett Bourgeois ihn als eine „guuntitö iwgligvudlv" behandle, aber zugleich ist in der Erklär ung Demöle ausdrücklich gesagt worden, daß das französische Oberhaus den Konslikt nicht verschärfen wolle und das Urteil in der Streitsache dem Lande überlasse. Dieser Verlauf der Dinge ist nicht der erwartete. Gerade nacks der vorgestrigen Kammersitzung hatte man die Lage für viel schwieriger, eine rasche Lösung oder wenig stens eine kleine Beruhigung als geradezu ausgeschlossen krachtet. Denn in dieser Sitzung waren der Minister präsident und der Justizminister Ricard viel energischer aufgetreten als an jenem Tage, welcher den Konslikt zur Erscheinung gebracht hatte. Von Hrn. Bourgeois war nicht nur die Solidarität deö Ministeriums mit dein befehdeten Kollegen erklärt und damit der nächste Weg, aus der Affäre hcrauszukommcn, gesperrt wor- deu, sondern die Regierung hatte auch mit schlanken Worten dem Mißtrauensvotum des Senats jede Bedeutung für ihr Sein oder Nichtsein ab gesprochen. Durch letztere Auslassung des Ka- binetlschefs war nun die im Senat angekündigte Anfrage über die Interpretation des Verfassungs artikels, betreffend die Verantwortlichkeit der Minister gegenüber dem Senat, schlechthin überflüssig geworden — man kannte jetzt die regierungsseitige Auffassung dieses Paragraphen —, indessen erwartete die öffent liche Meinung doch irgend einen Hauptschlag im Ober Hause, eine Aktion, welche den Konflikt auf die Spitze führte, sei es durch Abbrüchen der Tagung, sei es durch einen Appell an den Präsidenten Faure oder sonst einen Schachzug. Aber nichts von alledem ge schah. Die Interpellation unterblieb und Hr. Temöle verlas nur eine wiederholte Erklärung gegen die An maßung des Ministeriums, welche mit großer Mehr heit angenommen wurde. Der Senat verzichtete auf einen Streik und beschick sich bei einem moralischen Appell an das Land. Damit ist dem Konflikte augenblicklich wenigstens die Schärfebenommen, und wenn jetztRegierungundKämmer die Erklärung des Senats stillschweigend übergehen, dann dürfte der Fall Ricard überhaupt erledigt sein. Die Spannung freilich, welche durch die prinzipiell ausgesprochene Hintansetzung deS Senats geschaffen worden ist, bleibt bestehen und kann jeden Tag nei e Zusammenstöße erregen. Der Senat wird die Kontrolle des Kabinetts selbstverständlich auch weiterhin und ver mutlich mit erhöhter Peinlichkeit ausüben und vor allem wird sich die Verfassungsbestimmung geltend machen, wonach wichtige Fragen nur im grundsätzlichen Einver nehmen der konstitutionellen Faktoren geregelt werden können. Das Kabinett Burgeois besitzt das Vertrauen der Kammer, aber das Mißtrauen des Senats, eine er sprießliche Thätigkeit des Ministeriums wie des Parlaments ist also ausgeschlossen, wenn dieser Zu stand ferner andauert und bei jeder Gelegenheit akut wird. Der Fall Ricard ist von vornherein nicht die Hauptsache gewesen; der Kern der Dinge liegt viel mehr in der Abneigung des Senats gegen das Ministerium Bourgeois, welches von den Radikalen und Sozialisten unterstützt und im letzten Grunde auch geleitet wird. Diese Freunde des Kabinetts sind erklärtermaßen Feinde der Oberhausinstitution, das Exempel läßt sich also leicht ausrechnen. Der Senat erkennt die Gefahr, daß das Ministerium immer mehr in die Hände dieser seiner Helfers helfer geraten, daß es ihre Geschäfte mit besorgen und schließlich auf dem Wege solcher radikaler Politik zu einer entsprechenden Verfassungsrevision, das heißt zur Aufhebung des Senats verschreiten könnte. Er muß sich also entschiedener noch, als es sonst schon geschehen würde, gegen ein einseitiges Bündnis der Negierung mit der Kammer verwahren und sein Recht der Mitwirkung fest behaupten Aus dieser seiner Stellung gegenüber dem Kabinett Bour geois ist der gegenwärtige Konflikt zu beurteilen und zu verstehen Der Senat will die Demokratisierung und Sozialisierung der Republik nicht unterstützen; er befindet sich dadurch im größten Gegensatz zu Re gierung und Kammer, und wenn dieser Unterschied dem nächst wiederholt in ähnlicher Weise wie gegenwärtig zum Ausdruck kommen sollte, wird sich schließlich das Oberhaupt der Republik der Pflicht nicht entziehen können, das Gewicht seines Amtes in die Wagschale zu legen, zu Gunsten einer radikalen oder einer ge mäßigten Staatspolitik. Der Senat allein vermag den Kampf mit dem Ministerium und mit der Kammer nicht auszutragcn, dazu wird im letzten Grunde immer der Appell an die oberste Staats gewalt oder an das Volk felbst notwendig sei», wenn nicht der Zufall, dieser mächtige Faktor im pcrla mcntarischen Leben Frankreich», dem derzeitigen Kadi nett bald das Licht ausbläst In diesem Sinne ist ec- auch nur gutzuheiße», daß der Senat zunächst von einem eigenmächtigen Vorgehen, wie beispielsweise von der Unterbrechung seiner Tagung, welche die Rcgierungsmaschine ins Stocken gebracht haben würde, abgesehen hat. Tie ostasiatische Frage ist offenbar wieder aufgcrollt worden. In diesem Sinne beurteilen die Kenner der Lage in Lstasien die Vorgänge, die sich in Korea in den letzten Tagen abgespielt haben, und die allerdings geeignet sind, zu den gewagtesten Schlußfolgerungen und ernstesten Be fürchtungen für den Frieden in Ostasien zu berechtigen. Als bedenkliches Anzeichen der unhcilschwangercn Verwickelung der Lage in Ostasicn wird der Umstand angeführt, daß nach der von Rußland brevi wann in Scene gesetzten Landung russischer Marinetruppen in Ehemulpo, auch England sich beeilt hat, eine Truppeuabteilung in die koreanische Hauptstadt cin marschieren zu lassen. Die Thatsache, daß die eng lische Diplomatie sich so rasch entschlossen hat, aus ihrer in den ostasiatischen Dingen bisher beobachteten vorsichtigen Reserve heranszntretcn und in den Verlauf der neuesten koreanischen Palastrevolution mit kühner Hand einzugreifen, spricht jedenfalls dafür, daß Eng land nunmehr entschlossen ist, Rußland ernste Schwierig keiten zu bereiten, falls letzteres in der That in Korea Japan in der Rolle der Vormacht abzulösen beabsichtigt. Daß die Gefahr einer ernsten Auseinandersetzung zwischen Rußland einerseits und England und Japan anderseits schon in deutlichen Umrissen auf dem poli tischen Horizont wahrnehmbar ist, kann wohl nicht mehr geleugnet werden Rußland zum mindesten findet eS nicht mehr für nötig, aus seiner Vorbereitung zu dieser Auseinandersetzung ein Hehl zu machen. Die Einschiffung der für Wladiwostok bestimmten Truppen im Odessaer Hafen geschieht jetzt in beschleunigter Weise, zugleich trifft die Meldung ein, daß der Pamirposten, der die „Überwachung" der Engländer in Tschitral zu besorgen hat, soeben eine bedeutende Verstärkung erhalten hat. Überdies werden auch schon die ersten Maßnahmen zum Baue der mand schurischen Eisenbahnlinie getroffen, die den Trans port der an der Grenze der Mandschurei zum Ein märsche bereit stehenden russischen Truppen nach Port Arthur und von da nach Korea erleichtern soll. Die russische Presse Hot sich auch schon ins Zeug gelegt um für ein nachdrucksvolles Vorgehen der russischen Regierung in der koreanischen Frage Stimmung zu machen, wobei insbesondere auf die Notwendigkeit Gewicht gelegt wird, Japan endlich in der un zweideutigsten Weise fühlen zu lassen, daß seine Mission in Korea zn Ende sei, und es seine Truppen ans diesem Lande unverzüglich zurück ziehen müsse. Man nimmt es in Rußland mit be sonderer Geuugthuung zur Kenntnis, daß die bei der Halbinsel Schang-Tung überwinternden russischen Kriegs schiffe ihre Besatzung nicht eist nach Erhalt der Gc nchmigung dazu durch den König von Korea, sondern sofort an das koreanische Land gesetzt haben, als sie erfuhren, daß die Aufständischen die mit der Be wachung derTclegraphcnlinie Ehemulpo Söul betrauten japanischen Truppen überfielen. Tie Landung erfolgte in der Nacht vom 9. auf den 1". Januar, und schon in aller Frühe des darauffolgenden Tages marschierten die russischen Marinetruppen in der Richtung nach Söul! Das; England und Japan in allem Ernste diesem kühnen russischen Vorgehen in Korea sich cnt- gegenstellcn und cs auf einen Krieg gegen Rußland ankommcn lassen würden, das scheint heute niemandem iu Rußland als wahrscheinlich einzulcuchten. Japan werde nur demonstrieren und England sich wohl hüten, auch in Ostasicn sich dcr Gefahr auszusetzen, gegen über einer entschlossenen Koalition abermals den Rück zug antretcu zu müßen. Es ist ausfallend, daß die russische Presse nicht im geringsten daran zweifelt, daß Rußlands Vorgehen in Korea, ebenso wie jüngst' in der armenischen Frage, von allen euro päischen Großmächten nicht nur gebilligt werde, sondern im Notfälle auch von dieser Seite gegen England thatkräftige Unterstützung zu erhoffen habe. Diese Erwartungen stützen sich freilich vorläufig nur auf die Wahrnehmung, daß England in letzter Zeit überall, wo es zur Wahrung seiner Sonderinteresscn seine Stimme erhob, sich eine mehr oder weniger entschiedene Zurückweisung von Seite der Kontinentalmächte holte und daß die öffentliche Meinung in ganz Europa in ungewöhnlicher Ein mütigkeit diese Mißerfolge der englischen Diplomatie mit ungcheuchelter Befriedigung zur Kenntnis ge nommen hat. Die selbstbewußte und erfolgsichere Haltung der russischen Blätter läßt auch darauf schließen, daß dcr thatkräftige Eingriff Rußlands in die koreanischen Tinge ein wohl vorbcrcitctcr gewesen ist, und daß Rußland in den angrenzenden ostsibirischcn Gebieten über eine ausreichende Truppenmachl verfügt, die stark genug ist, um einen Erfolg der russischen Inter vention in Korea unter allen Umstanden zu sichern. La-esgeschichte. Tres-en, 22. Februar. Heute wurde auf Fisch Häuser Revier eine Königl. Jagd abgehalten, an welcher Se. Majestät der König, Ihre Königl. Hoheiten der Prinz Georg und der Prinz Friedrich August, die Adjutanten vom Dienste und mehrere zu dieser Jagd mit Einladungen ausgezeichnete Kavaliere teil nahmen. — Bei Ihren Königl. Hoheiten dem Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg findet heute nachmittag ^6 Uhr im Palais Parkstraße eine größere Tafel statt, zu welcher die nachgeuannten Herren mit Einladungen beehrt worden sind: Ihre Excellenzen der Königl. Bayerische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Kämmerer und Staatsrat Frhr. » Niethammer, der General der Infanterie z. D. v. Reyher, der Präsident des Reichsgerichts Wirkt. Geh. Rat v. Oehlschläger und dcr Stadtkommandant Generallieutenant v. Zeschau, ferner der Hofmarschall v. Haugk, dcr Oberst z. D. v. Egidy, der Leibarzt Sr. Majestät des Königs, geh Mcdizinalrat I)r. Fiedler, der Kammerjunker Hauptmann a. D. Frhr. v. Kocnneritz, die Hauptleute v. Schmieden, Frhr. v. Seckendorfs, Strauß, Clausen und Frhr. v. Humbracht, der Ritt meister Frhr. v. Dodenhausen und der Premier lieutenant Graf und Edler Herr zur Lippe Biesterfeld Weißenseld. Dresden, 2?. Februar. Ihre Kaiser!, n. Königl. Hoheit die Fran Erzherzogin Alix, Großherzogin von Toscana, ist heute vormittag 9 Uhr 55 Min. zu mehrwöchentlichem Besuch Ihrer Königl. Hoheiten des Prinzen und dcr Frau Prinzessin Friedrich August hier eingetroffen und hat im Palais am Taschcnberg Wohnung genommen. In Höchstderen Begleitung be finden sich die Hofdame Gräfin Türckheim Mentmartin und Se. Excellcnz dcr Obcrsthofmeistcr Altgraf Salm Reifferscheid. Dresden, 22. Februar. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz nnd die Frau Prinzessin Johann Georg besuchten gestern abend im Neustädter Hof chcater die «>. Vorstellung des Schiller-Cyklus: „Wallen steins Tod". Deutsches Reich. * Berlin, 21. Februar. Se. Majestät der Kaiser sind nach kurzem Besuche in Oldenburg heute vormittag in Wilhelmshaven eingetroffen. Se Majestät begaben Sich im eigenen Wagen nach dem Exerzierfchuppen, wo die Vereidigung von 550 Rekruten der 2. Matrosen- und dcr 2. Werft-Division unter gehißter Kriegsflagge statlsand. Hieraus kommandierten Se Majestät der Kaiser „Still gestanden!" und hielten etwa folgende Ansprache: „Im Angesichte Gottes und seiner Diener habt Ihr Mir jetzt den Eid der Treue geleistet, und ich erwarte von Euch, daß Ihr gute, und stramme Matrosen werdet. Was Ihr gelobt habt, das haltet, denn „ein Mann ein Wort" Die Soldaten der Armee haben öfter Gelegenheit, unter den Augen ihrer höheren Vorgesetzten zu zeigen, was sie gelernt haben, nnd was sie leisten können. Ties ist bei der Marine nicht dcr Fall, weil viele von Euch jahrelang im Auslände sein werden Aber Ihr müßt nicht denken, daß Ihr dadurch Meinen Augen entrückt seid Unsere Marine ist im Verhältnis zu anderen Marinen noch klein, im Aufblühen begriffen; aber durch unsere Disziplin müssen wir stark werden und durch diese zu er setzen suchen, was an materiellen Kräften fehlt Was ist Disziplin? Weiter nichts als unbedingte Ünterordnung des eigenen Willens unter einen höheren. Wenn auch Jeder die Absicht hat, Gutes zu thun, so muß er doch seine Ansicht untcrordnen zum Wohle des Ganzen. Nur durch Zusammenhalten kann man etwas Ganzes und etwas Großes leisten und eine feste Maße schaffen." Se. Majestät ermahnten schließlich die Rekruten, im Auslande Kunst nnd Wissenschaft. Ein historisches Volkcdram« von Otto Ludwig. Die diesjährige Wiederkehr des Geburts- und des Todes tages Otto Ludwigs, des Dichters der „Makkabäer" und des tragischen Romans „Zwischen Himmel und Erde" (l2. Februar 1813 und 25. Februar 1865) findet die Schriften Ludwigs „frei", das heißt dem beliebigen Nach druck anheimgegeben, und verschiedene Sammlungen und Bibliotheken älterer und neuerer Werke haben denn auch bereits einige seiner Hauptichöpfungen ausgenommen und in billigen Ausgaben dem Publikum dargeboten. Eü unter liegt keinem Zweifel, daß Ludwigs Dichtungen auf diescin Wege auch in Kreise dringen werden, in denen man bi« jetzt nicht« oder nichts Rechtes von dem Dichter gewußt hat. Jedes tiefere Interesse an der Erscheinung und Entwickelung des Dichters wird sich nach ivie vor an die Gesamtausgabe feiner Werke halten müssen und wird auch den gerade bei Ludwig so zahlreichen unvollendeten Werken und Bruch stücken nach wie vor die traurige Gewißheit abgewinncn, daß dieser Dichter eine Welt von Gestalten und Erfind ungen in sich getragen hat, bei deren Verkörperung ihn Krankheit, LebenSsorgcn und eine allzu grüblerische Ader gehemmt haben. In dcr von Ad Stern und Erich Schmidt herausgcgebenen Sammlung von Ludwig» Schriften findet sich auch da« prächtige Vorspiel „Die Torgauer Heide", ein Genrebild, da« allein hinreichen würde, die Leben«sülle und Gestaltungskraft de« Dichters in« hellste Licht zn setzen, das gleichwohl seiner Zeit (e« wurde schon 1844 in der „Zeitung für die elegante Welt" früher al« irgend eine andere Dichtung Ludwig« gedruckt) ziemlich unbeachtet vorüberging. Die« Vorspiel sollte, wie „Wallen stein« Lager" die WallensteiwTrilogie, ein großes historische« Volksschauspiel „Friedrich II." von Ludwig einleiten, ein Schauspiel, von dem es nicht gewiß ist, ob es je zur Voll endung gediehen ist (nach einem Briefe' des Dichters an seine Braut wäre es im Winter von 1841 45 der Direktion des Stadttheaters zu Leipzig cingcrcicht worden, und es bliebe noch immer die Möglichkeit, daß es eines TagcS aus einem verstaubten Winkel des dortigen Thcaterarchivs hervorgezogen würde), über dessen Plan und Charakter sich aber eine ausführliche Mitteilung in den ungcdrucktcn Briesen Otto Ludwig« an seinen Freund Karl Schaller findet Ein paar Stellen aus diesem interessanten Plan hat M Heydrich im ersten Teil der „Nachlaßschriften O. Ludwigs", ein paar andere Erich Schmidt im Vor- bcricht de« vierten Bandes der Grunowschcn Gesamtausgabe mitgeteilt, in seinem ganzen Umfange ist der Plan zu diesem historischen Volksschauspirl noch niemals vcröffcnt licht worden. Unzweifelhaft aber hat er gerade jetzt, wo allerorts die Volksdramen aus der Erde schießen, ivo der Naturalismus sich rüstet, seinerseits da« historische Drama in Angriff zu nehmen, w-> durch die interessantesten historischen Kontroversen erneute und erhöhte Teilnahme an Friedrich II. und dem Siebenjährigen Krieg erweckt ist, gesteigerten Wert und wird allseitig große Teilnahme in Anspruch nehmen Der Brief des Dichters an Schaller ist auü Garsebach bei Meißen vom 7. August 1844 datiert und läßt sich über dcn Plan zum Drama „Friedrich Ik" wie folgt vernehmen: „Ob sich freilich das Ding eignen wird, an seinen BrudcrS- enkel geschickt zu werden? Denn ich denke, den Fritz in der ganzen Breite und Tiefe seine« Charakter« zu soffen, mit all seinen Schwächen und Wunderlichkeiten, durch welche aber ein großer, wahrhaft königlicher Sinn be ständig hindurchblickt" „Eine Hiobspost nach der anderen; Fritz schreibt sich den Verlust von Schweidnitz ohne Not, selbstquallustig, selbst zu, schenkt sein Vertrauen dem schlesischen Baron Warkotsch, der ihn verraten wird Der Ministerwechsel in England Kal das non plus ultra vorbereitet (nämlich statt seines Freundes Pitt steht nun sein Todfeind Bute dort an der Spitze und England verabredet statt der bisherigen Unterstützung des Fritz durch Heere undGeld,schon eine Teilung Preußens mit Rußland). Fritz steht ganz allein; die protestan tischen Fürsten, deren Beschützer er war, stehen ebenfalls gegen ihn; das Königreich Preußen ist schon seit fünf Jahren in Ruffenhänden, Ruffen und Schweden haben auch bald Kolberg erobert, auf das sie losgchen. In Sachsen war das Wenigste noch sein, in Schlesien nur noch einige Festungen und der Raum, den seine Armee cinnimmt, die umzingelt ist von ungeheuren österreichischen und russischen Heeren; seine westfälischen uud ostfriesischen Besitzungen sind in den Händen der Franzosen, sein bißchen Land kann keine Soldaten mehr stellen und die feindlichen Mächte wollen die Gefangenen nicht auSwcchseln, mit denen er seine bis auf Bataillone geschmolzenen Regimenter nur Halbwege komplettieren könnte. Den schlimmeren Feind aber hat er in sich, Zweifel und daS Gelüst nach einem stoischen Selbstmord ä In Cato, Codru«, Hannibal, Milhridat, welchen er sich schon seit Jahren vertraut gemacht und mit den schönsten Farben der Ästhetik und blendenden Gründen falscher Philosophie auSgrputzt hat Ein kleiner Umstand gicbt den Ausschlag. Die Untreue des Bischofs Cchaffgotsch — e« mußte ein kleiner, aber desto persön licherer Anlaß sein, ein größerer hätte seine Krast gefordert — diese trifft weniger den König in ihm, al« den Men schen. Großer Monolog. Er hat seine ahnenden Leute fortgcschickt und das Gift schon in der Hand, was er seit Jahren mit sich trug, da wird draußen im Lager Lärm: Kolbcrg ist verloren Ter König ruft die Ordonanz, die e« bestätigt Aber dies große Unglück ruft den großen Geist in ihm wieder in» Leben, unwillkürlich sinnt er aus Mittel zu Helsen, da« Gist wird nicht gebraucht, sondern au» dem Fenster geworfen Morgen früh soll alle« unter Gcwrhr stehen Die Soldaten zeigen ihre Entmutigung, da sich Fritz so lange nicht hat sehen lassen Die Generale, die noch Mut hatten, als Friedrich ihn verlor, sind nun ohne Mut. Dumpfe Re signation im ganzen Heere Nun kommt Fritz aufrecht und lächelnd. Er stellt den Offizieren frei, ihn zu ree- lassen, ebenso den Deputationen, die die Regimenter (die man hinter den Kulissen haltend und stehend sich denken muß) haben wählen müssen, um mit ihnen zu reden Hier zeigt er sich als Meister dcr Kunst, mit dem Volke um- zugchcn Er erzählt die Ursache, den Verlauf des Kriege«, er verschweigt nichts von der jetzigen desperaten Lage, das thut er aber mit einem Tone dcr Gewißheit des Sieges, der mehr ermutigt, als jene Beschreibung entmutigt. „Ja, das steht schlimm; mancher andere würde verzweifeln — Ihr aber meint wohl" — so ergänzt er seine Rede durch das, was er weiß, daß sie es denken Dabei markiert er da« abscheuliche Benehmen dcr Russen in Pommern, der Österreicher in Küftrin u s. w „Alles das werdet Ihr nicht vergessen wollen; ich kenne Euch schon und kann mir's denken — na, ich möchte keiner von jenen sein und in Eure Hände geraten Ihr meint wohl, es sei noch nichts verloren — na, ich kenne Euch — Ihr macht alle« möglich; da« halt Ihr bewiesen bei Kollin und Hochkirch Wo die Sachc so schlecht stand, fast so schlecht als jetzt — ein Ruck, und die GlückSkugcl war wieder zu uns herübergerollt." Dabei weiß cr jeden bei dem Haken des Ruhms und der Thaten seine» Regiments zu fassen Zuletzt »st alles wieder auf dem Zeuge, während begeisterter Reden kommt ein Kurier Fritz liest, bleibt sich gleich Fritz: Die Deputa tionen sollen mit ihren Regimentern rcken und ihre Mei nung ihm melden, wer ihn verlassen will, soll au« Reihe und Glied treten und ungehindert gchen Deputationen kehren zurück — auch nicht einer will ,hn verlaffen Fritz gicbt Ziethen die Depesche: er soll sie lesen und jeder General den Inhalt derselben seinen Truppen melden Geht ab Ziethen sieht hinein und kann vor Freuden-
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