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geliebt hätte, natürlich unbewußt; denu so viele Mäd chen ich auch sah, keines — nicht ein einziges wollte mir gefallen, — bis ich dich erblickte, da wars um mich geschehen." Lori lächelte glücklich zu dem geliebten Manne auf: „Du bist ein Schmeichler! Aber jetzt muß ich wirklich gehen," sagte sie, ihm wohl zum drittenmal die Hand zum Abschied reichend. Immer wieder fiel ihr etwas ein was notwendig noch gesagt werden mußte, und so dauerte es immer ziemlich lange, bis sie sich trennten. Zu Loris großer Erleichterung hafte Helene am anderen Tage eingewilligt, den Jahrmarkt in dem etwa eine halbe Stunde entfernten Städtchen besuchen zu wollen. Der Weg führte sanft abwärts auf schmalem, blumenbewachsenen Pfade am Rande eines Bächleins dahin. Als die beiden Mädchen sich dem alten Steg näherten, kam ihnen Johannes, scheinbar unbefangen, entgegen. Helenens Augen blitzten in freudigem Stolze; sie wähnte, daß der junge, hübsche Mann einzig ihretwegen da sei. „Die Damen besuchen wohl den Markt?" begann er, artig den Hut ziehend, „gestatten Sie vielleicht, daß ich, da ich den gleichen Weg gehe, mich Ihnen anschließe?" Wie er fremd thun konnte, der Schelm! Lori mußte au sich halten, um nicht hell auf zu lachen, als er, sich höflich verneigend, seinen Namen nannte, und Helene die Vorstellung Loris übernahm. Nur eiueu raschen, innigen Blick hatten die Liebenden ge tauscht. Wer würde es ihnen heute wohl anmcrken, daß sie sich schon so oft geküßt in wonniger Lust? Wenn Helene es geahnt hätte, sie wäre dem jungen Manne wohl weniger liebenswürdig entgegengekommen. Sie versuchte fortwährend an seiner Seite zu bleiben, und bot alles auf, um sich so vorteilhaft als möglich zu zeigen. Sie hatte Johannes bald genug in ein lebhaftes Gespräch verwickelt und zeigte im Laufe der Unterhaltung, daß sie sehr viel Geist besaß, Lori wanderte schweigend nebenher und kam sich wieder recht unbedeutend vor. Helene warf ihrer kleinen Kousine mehr als einen mitleidigen Blick zu, als wollte sie sagen: „Was bist-du gegen mich, eine Null und Nichts!" Der Weg wurde jetzt so schmal, daß man hinter einander gehen mußte und da raunte Helene Lori zu: „Das ist er, von dem ich neulich zu dir sprach. Glaubst du mir nun, daß der hübsche, junge Manns in mich verliebt ist? Siehst du nicht wie er mich immer anschaut? Nun freut es mich doppelt, daß ich mitgegaugen bin!" Lori biß die Zähne zusammen, um das Lachen zu unterdrücken. „Eingebildete Närrin," dachte sie, „du wirst staunen!" Johannes, der etwas zurückgeblieben war, um einige Blumen zu pflücken, kam jetzt näher und teilte den kleinen Stranß zu beidm Teilen zwischen die beiden Mädchen. Helene nahm mit vielsagendem Lächeln die Blumen in Empfang, und während sie voranschritt, zog der junge Mann mit einer raschen Bewegung Loris her abhängende Hand an seine Lippen; dann ließ er sie mit leisem Drucke wieder frei. Helene war heute wie umgewandelt. Sie, die sonst nur ein verächtliches Lächeln für diese Klein städter hatte, und immer achselzuckend sagte, das wären lauter wandelnde Vogelscheuchen, die sich nicht zu kleide», noch zu benehmen wüßten, — sie fand heute alles sehr nett, war überhaupt voll übersprudelnden Witzes, so daß es Lori fast bänglich zumute wurde. Sie bereute es sehr, Helene mitgenommen zu haben, da diese den Geliebten so für sich in Anspruch nahm, daß er kaum eineu Blick mit Lori wechseln konnte. Der Nachmittag erschien ihr endlos lang, sie wünschte von Herzen den Abend herbei, während Helene die Stunden nur allzu rasch vergingen. Sie gab sich gar keine Mühe, ihre Zuneigung zu dem jungen Manne zu verbergen. Sie warf ihm Blicke zu, die deutlich genug verkündeten, was sie empfand, und die für einen andern als Johannes leicht gefährlich werden konnten. Doch dieser fühlte sich von dem ganzen koketten Treiben des immer neben ihm wandelnden Mädchens eher, abgestoßen als angezogen. Wie lieb lich und einfach erschien ihm dagegen seine kleine Lori, auf deren Stirn der echt mädchenhafte Duft der Rein heit und Keuschheit lag, aus deren Augen es immer so warm und innig, so süß entgegenleuchtete: die reine, erste Liebe eines unschuldigen Mädchenherzens, während bei Helene alles darauf angelegt war, zu gefallen, jedes Wort, jeder Blick war wohlberechnete Koketterie. (Fortsetzung folgt.) Mannigfaltiges. — Aus dem Berliner Spitzbubenleben berichten die Zeitungen: Aus der alten Liebermannschen Pfandleihe wurden vor einiger Zeit von Einbrechern für 15000 Mk. Goldsachen und besonders Brillanten gestohlen. Die Spitzbuben hatten am Hoffenster ein eisernes Drahtgitter weggeschnitten, die mit Seife beschmierte Scheibe eingedrückt und die eisernen Schutz stangen auseinandergebogen. Die Kriminalpolizei stellte fest, daß die Oeffnung zwischen zwei Stäben nur 161/2 cm lichte Weite hatte. Da durch einen solchen Spalt nur eine Art „Schlangenmensch" hin durch kommen konnte, so hielt die Kriminalpolizei unter ihren alten Bekannten Umschau, ob sich darunter nicht ein Mensch dieser Art finde. Der einzige, der schlank genug gewesen wäre, diesen ungewöhnlichen Weg zu benutzen, war ein gewisser Schütte. Dieser hatte früher schon ähnliche Geschichten gemacht und wiederholt im Zuchthaus gesessen. Es wurde fest gestellt, daß Schütte sich aus freiem Fuße befinden mußte, aber zu ermitteln war er nicht. Ein ganzes Heer von Beamten beobachtete nun überall, ob nicht Schütte dennoch irgendwo in Berlin sei oder ob er vielleicht einen Nachfolger gefunden habe. Da sah man nun in der Borsigstraße einen „Baron v. Möllen dorf", der sich eine prächtige Wohnung eingerichtet und von dem niemand sagen konnte, wovon er lebte. Da der Herr Baron eine auffallende Aehnlichkeit mit dem verschwundenen Schütte aufwies, so wurde er auf Schritt uud Tritt scharf beobachtet. Da zeigte es sich denn, daß er einige kostbare Sachen versetzte, und daß er in Verbindung stand mit einem Herrn „Oskar v. Bergen", der mit seiner Geliebten Lona Hildebrandt in der Zimmerstraße 57 i» Saus und Braus lebte. „Herr v. Bergen", in dem bald ein mehrfach vorbestrafter Einbrecher Moritz Goldbart festgestcllt wurde, war augenblicklich mit seinem Schwager Moritz Kasselkraut aus der Brunnenstraße verreist. Lona, die er allein zurückgelassen hatte, wußte mitzuteilen, daß ihr Freund Herr v. Bergen nach Leipzig und Hamburg gefahren fei. Währeud- desfeN vertrieb sie sich die Zeit tagsüber in der Fried richstraße und des Nachts in den Cafes. Dabei stach sie alle Rivalinnen durch die Kostbarkeit ihres Schmuckes aus. Ihr Oskar hatte ihr echte Brillanten verehrt, Brillanten aus der Liebermannschen Pfand leihe, wie die beobachtenden Kriminalbeamten bald erkannten. Dann kam ein Telegramm aus Hamburg nach der Zimmerstraße 57. Oskar fragte seine Lona: „Kann ich kommen, oder haben sie Lampen?" Diese Depesche erhielt aber nicht Lona, sondern die Kriminal polizei, die dann das Haus beobachtete. Sie tele graphierte Herrn v. Bergen zurück: „Komm', haben keine Lampen!" Ahnungslos kam Herr v. Bergen wieder nach Berlin, nachdem er mit seinem Schwager seinen Anteil an der Liebermannschen Beute in Leipzig und Hamburg zum größten Teile versetzt hatte. Die Kriminalpolizei ließ ihn ruhig nach Hause gehen, nur daß ihm einige Beamte auf dem Fuße folgten. Das selbe Geleit erhielt Kasselkraut nach seiner Wohnung in der Brunnenstraße. Lona war zwar etwas über rascht, aber doch hocherfreut, ihren Oskar sobald wiederzusehen, und noch dazu mit soviel Geld. Be vor sie aber noch dazu kam, ihn zu fragen-, weshalb er schon so früh gekommen sei, sand das Wiedersehen eine unangenehme Störung. „Herr v. Bergen" wurde unverzüglich nach dem Polizeipräsidium geholt, und Lona mußte ihm folgen, sobald sie das leichte Kostüm, in dem sie sich augenblicklich befand, mit einem anderen vertauscht hatte. Am Alexanderplatze fand sich zur selben Zeit auch „Baron v. Möllendorf" alias Heinz Schütte und Moritz Kasselkraut auf besondere Ein ladung ein. Die Herrschaften wollten von einem Einbruch bei Liebermann nichts wissen, als was in den Zeitungen stand. Als man ihnen jedoch die in der Wohnung in der Vorsigstraße und bei Lona Hildebrandt unterdessen beschlagnahmten Kostbarkeiten zeigte, gaben sie schließlich klein bei. Die ganze Gesellschaft wurde dem Untersuchungsrichter zngeführt. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 22. Sonntag p. Irin, den 26. Oktober L. c. Predigtgottesdienst Vorm. 9 Uhr inderSchulezuReichen- brand, Vorm. 1/2II Uhr in der Schule zu Siegmar. Ani 31. Oktober a. c., am Resormationsfest, Predigtgottesdienst Vorm. 9 Uhr in der Schule zu Reichenbrand,Vorm. V2II Uhr inder Schule zu Siegmar. Nachrichten des K. Standesamtes zu Reichenbrand vom 18. bis mit 24. Oktober 19V2. Geburten: Dem Kohlenhändler Emil Otto Päßler in Reichenbrand t K.; dem Strumpfwirker Carl Otto Herrmann in Reichenbrand 1 K. und 1 M.; dem Anstreicher Bruno Oswald Mehlhorn in Reichenbrand 1 K.; der ledigen Martha Ella Bretschneider in Reichenbrand 1 K., todtgeboren. Aufgebote: Vacat! Eheschließungen: Der Schlosser Oscar Bernhard Löhnert in Chemnitz mit der Arbeiterin Anna Lina Fiedler in Reichen brand; der Fabrikarbeiter Max Emil Gräbner in Schönau mit der Strickerin Anna Alma Martin in Reichenbrand; der Metalldreher Arthur Ernst Berthold in Grüna mit dem Appreturmädchen Martha Lina Uhlig in Siegmar. Sterbefällc: Der ledigen Formerin Anna Klara Knoth in Ncichcnbrand 1 K., 1 Monat alt. Krpeditionszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr Vorm, nnd 2—6 Uhr Nachm. Sonn- und Festtags geschlossen. Nachrichten vom Kgl. Standesamt Rabenstein vom 18. bis zum 24. Oktober 1802. Geburten: Ein Sohn: Eisendreher Paul Köhler hier; Strumpfw. Theodor Otto Herold hier; Milchhändler Karl Ernst Weiß hier- Ein Mädchen: Gutsbesitzter Max Hermann Nehnert, Rottluff. Eheaufgebote: Ludwig Donaubaucr, Geschirrführer iu Rottluff mit Magdalena Trauner, Strickerin ebendaselbst; Emil Max Barth, Handarbeiter in Rottluff mit Auguste Lina gcschied. Scheibe geb. Nenhaus ebendaselbst. Eheschließungen: Keine SterbefäUe: Der Gußputzer Otto Bruno Drechsel, Rottluff, 40 Jähre alt; die Rentnerin Johanna Christiane verw. Schönherr geb. Seidel hier, 77 Jahre alt; 1 Sohn des Handschuhstrickers Hugo Otto Junghans hier, 10 Monate alt; der Maurer Friedrich Hermann Steger hier, 56 Jahre alt. Zusammen: 4 Geburten und zwar 3 männl, nnd 1 Weibl. 2 Eheaufgebote. — Eheschließung. 4 Sterbefälle und zwar 3 männl, und 1 wcibl. Geschäftszeit. Wochentags: 8—12 Uhr Vorm, und 2—6 Uhr Nachm. Sonntags: 11—12 Uhr Vorm. nur zur Entgegennahme von Todtgeburtsanzeigen. Beim Gemeindeamt Rabenstein zum Aushang am Amtsbrette von auswärts ciugegangene Eheanfgebote vom 15. bis 24. Oktober 1802. Hermann Linus Kempe, Fleischer, Eppendorf, mit Anna Louise Lohse, Wirthschafterin, Helbersdorf. Briefkasten. Herrn S. in Rbftn. Die betreffende Notiz war nur eine harmlose Lokalnachricht. Ein weiteres Eingehen darauf muß um des lieben Friedens willen abgelehnt werden. VSIÄS-Kgh ligbenztein Elektrische Lichtbäder und Bogenlichtbestrahlnng elektrische 11. mmelte MMe, Dumps- u. WmneiMer, sowie alle Großartige Kurerfolge bei Gicht, Rheumatismus, Podagra, Katarrhen, Fettsucht, Magen- und Leberleiden. Kurzeit von früh 8 bis Abends 6 Mhr. Sonntags nur bis Wittags. n < 4 giebt's am Sonntag den 26. Okt. Akt HuM s ui MustM Ein Paar Lackschuhe M Klitscher verloren gegangen. Gegen Be- . lohnung abzugeben wird gesucht ..... Lonäitorei 6a8ttisu8 gsiobenbrsnä. Siegmar, HvfersN'llße 15. eiWW Mm, kjöMr leieM U 19 Buchhandlung und Zeitungsspedition. IckMk U 19 Empfehle anerkannt vorzügliche ttsufmännwebo und wi88öN8obMiebö Kicher, somit Zeit- unk Kchschristni, gebunden oder in Lieferungen zu beziehen, sowie alle in- und ausländischen Damen- und Herren-Modenzeitungen, Gratulationskarten für alle Gelegenheiten paffend, und * « llinichttMNranen in großer sMrvabl. « * Annoncenannahme und Ausgabestelle für Khemnißer Tageblatt, Khemnißer Allgemeine Zeitung u. a. m. Ein Laufbursche, Ein Mädchen nicht unter 12 Jahre alt, wird gesucht von 17 Jahren sucht Stellung. Off. im Korbgeschäft Siegmar. H. Buchhandlung Siegmar erbeten.