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Bekanntmachung. Die nachstehende Bekanntmachung der Königlichen Amtshauptmannschaft wird hiermit zur öffentlichen Keuntniß gebracht. Rabenstein, am 23. Oktober 1902. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Aus Anlaß erneut eingelaufener Klagen über das Auftreten der Blut- lans an Obstbänmen macht die Königliche Amtshauptmannschaft wiederholt auf die Gefahren aufmerksam, welche den Obstkulturen durch diesen Schädling entstehen. Die Besitzer von Obstbänmen werden daher angewiesen, ungesäumt und gründlich ihre Bestände auf das Vorhandensein der Blutlaus zu untersuchen und, wo sich dieselbe zeigt, nach Maßgabe der untenstehenden Anleitung das zur Vertilgung des Insekts Erforderliche zu thun. Unterlassungen in dieser Beziehung werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen geahndet, die nothwendigen Arbeiten aber im Säumnißfalle überdies auf Kosten der Pflichtigen ausgeführt werden. Chemnitz, den 19. Oktober 1902. Die König!. Amtshauptmannschaft. 2603 ä.. D,.. Hallbauer. K. Anleitung zur Vertilgung der Blutlaus. Die Blutlaus hat einen bläulichen Körper und ist mit einem weißen, wolligen Flaum überzogen, sitzt meist herdenweise an der unteren Seite der Zweige oder am oberen Rande der Astwunden und macht den Eindruck frisch gefallenen Schnees. Die Blutlaus durchsticht die junge Rinde und erzeugt durch ihr Saugen Wucherungen unter der Rinde, die letzterer ein grindiges, krebsartiges Aussehen geben. Zur Vertilgung ist Folgendes nöthig: 1. Stark befallene Bäume sind am besten abzuhauen und vorsichtig zu entfernen. 2. In der Krone befallene Bäume sind zu kürzen, die mit Blutlaus besetzten Stellen aber behutsam abzunehmen und zu verbrennen. 3. Vorbeugend ist auf eine gute Riudenpflege zu fehen dergestalt, daß Wuudränder und Riffe an Stamm und Aesten ausgeschnitten und mit Baumsalbe verstrichen werden. 4. An weniger stark befallenen Bäumen ist die Blutlaus mit Petroleum oder Fett (Schweinefett) zu vernichte». Es geschieht dies am besten L. bei mehrjährigem Holze durch sorgfältiges Abbürsten mit Petroleum. d. bei jüngerem Holze durch Verfüllung der entstandenen Nisse mit Fett, nachdem zuvor die lebende Brut zerdrückt wordeu ist. Am leichtesten und wirksamsten ist die Bekämpfung der Blutlaus in den Monaten März und Oktober. Im übrigen wird auf die bei den Gemeindebehörden aushängende Be lehrung über die Blutlaus und über deren Bekämpfungsmethode verwiesen. Oertliches. Siegmar, 24. Oktober. Herr Privatmann Ernst Morgenstern und Fran begingen heute das Fest ihres 50jährigen Ehejubiläums. Dem allgemein be liebten und geachteten Paar bringen wir auch hiermit die herzlichsten Glückwünsche. Siegmar. Sonntag, den 2. Nov., nachmittags 3 Uhr, hält der Verein für Obst- und Gartenbau von Siegmar u. Umg. im Gasthaus Siegmar eine Versamm lung ab, in welcher der Geschäftsführer des Landesobst bauvereins, Herr Gartenbauinspektor Braunbart aus Meißen, Vortrag über Obstsorten, spez. über das neue Landes-Obst-Sortiment halten wird. Da die Mitglieder zugleich selbstgeerutetes Obst ausstellen werden und Herr Braunbart als tüchtiger Fachmann bekannt ist, so verspricht die Versammlung eine höchst interessante und lehrreiche zu werden. Nichtmitgliedern wird der Zutritt gern gestattet. — Bei Verpackung von Drucksachen für die Postbeförderung wird von den Absendern häufig da durch gesündigt, daß nur ein Streifband verwendet und lose umgelegt oder ein ungeeigneter Briefumschlag gewählt wird. In die weit geöffneten taschenförmigen Falten solcher mangelhaften Streifbandsendungen, sowie in die offenen größeren Briefumschläge mit nach innen eingesteckter Verschlußklappe, die von den Post beamten mit gutem Gründe als „Brieffallen" gefürchtet werden, verschieben sich unbemerkt Briefe, Postkarten und andere kleine Gegenstände und machen sodann als blinde Passagiere wider Willen oft weite Irrfahrten in den Drucksachen mit. Günstigen Falles, wenn sie von einem Postbeamten in ihrem Versteck entdeckt oder vom Empfänger der Drucksache zurückgegeben werden, gelangen sie mit größerer oder geringerer Verspätung in die Hände des Adressaten; andernfalls sind sie ver schwunden. Die Postverwaltung ist eifrig bestrebt, durch geeignete Vorkehrungen die den anderen Sen dungen von den Drucksachen her drohende Unsicherheit abzuwenden. Im eigensten Interesse des Publikums liegt es, die Postverwaltuug iu diesen Bestrebungen zu unterstützen, indem es in der üblichen Drucksachen verpackung Wandel, eintreten läßt. Dies ist ohne erhebliche Mühe oder Kosten für den Absender sehr wohl angängig. Bei größeren Drucksachen, die unter Band verschickt werden sollen, bietet sich als wirksamstes Mittel zur Vermeidung breiter Spalten die Anlegung eines Kreuzbandes an Stelle des einfachen Streif bandes. Kann man sich aber hierzu nicht entschließen, dann sollte man wenigstens ein aus gutem Papier gefertigtes Streifband so eng wie nur möglich um die Drucksache legen und außerdem eine feste kreuzweise Umschnürung mittelst Fadens oder Gummibandes herumschlingen. Bei Drucksachen, die unter größeren Briefumschlägen zur Absendung kommen sollen, wären thunlichst Umschläge auzuwenden, deren Verschlußklappe sich nicht am breiten oberen Rande, sondern an der schmalen Seite befindet. Jeden falls soll man die Verschlußklappe nicht in den Um schlag einstecken; will man den Inhalt vor dem Herausfallen schützen, so verwende inan Umschläge, deren Verschlußklappe einen zungenartigen, zum Ein stecken in einen äußeren Schlitz des Umschlages ein gerichteten Ansatz besitzt. Auch in anderen Formen hat die Papierindustrie bereits sichernde Drucksachen hüllen auf den Markt gebracht. Damit die Versender von Drucksachen diese Anregungen beherzigen und, jeder für seinen Theil, ernstlich dazu beitragen, den von den Brieffallen ausgehenden Unzuträglichkeiten zu steuern, seien sie noch darauf hingewiesen, daß sie hier durch nicht blos im Interesse anderer sondern auch im eigenen handeln; denn dieselben Gefahren, die sie anderen durch mangelhafte Verpackung ihrer Druck sachen bereiten, drohen ihren eigenen Briefen und Karten durch Brieffallen von anderen Absendern und, wenn einem Versender auch vielleicht noch kein Leid in dieser Beziehung widerfahren ist, kann der böse Zufall jeden Tag einen wichtigen Brief von ihm oder an ihn in eine solche Falle führen. K QIU (Nachdruck Original-Roman von Irene v. Hellmuth. <5. Fortsetzung.» Er bemerkte mit heimlichem Entzücken den Zug bitterer Enttäuschung, der, ihr selbst wohl ani wenigsten bewußt, um den kleinen Mund lagerte, und wußte nun, daß Lori ihn ebenso liebte, wie er sie. „So werden Sie wohl von nun an nicht mehr hierherkommen?" fragte das Mädchen mit bebenden Lippen. „O, noch oft, vorausgesetzt, daß mein Bräutchen es mir gestattet," lachte Johannes. „Wenn Sie erst verlobt sind, werden Sie kaum noch Zeit für etwas anderes haben." „Warum nicht?" Er weidete sich an dem An blick des holden Geschöpfes, das kaum imstande war, sich zu beherrschen. „Und darf man fragen, wer die Erkorene ist?" fragte Lori, um deren Mund es seltsam zuckte. „Ja, errätst du es denn noch immer nicht?" — Wer anders könnte es wohl sein, als — du, — du, die ich liebe, so heiß und innig, daß ich an nichts anderes zu denken vermag, als an dich, jubelte der Glückliche, unfähig, das Wort noch länger zurückzu drängen. „Was fragst du denn? die du das Licht meines Lebens geworden bist!" Er hatte den Arm um das selig erschauernde Mädchen geschlungen und es an sich gepreßt in über quellender Lust und den frischen Mund geküßt, wieder — immer wieder. Er hielt das bebende Mädchen im Arm und Lori schmiegte sich an den Geliebten und wußte nicht, wie ihr geschah. Zu jäh war der Wechsel gewesen. Unfähig, ein Wort zu sprechen, lehnte sie das blonde, lockenum wallte Köpfchen an seine Brust und überließ sich willenlos dem Zauber dieser Stunde. „'S ist ja Maienzeit!" jubelten die Vögel und lugten mit neugierigen Aeuglein aus ihrem grüuen Versteck nach dem jungen glückseligen Paare drunten und hüpften von Ast zu Ast, als wollten sie es den Kameraden verkünden, daß zwei Menschen soeben den Bund fürs Leben geschloffen hatten. „'S ist ja Maienzeit!" dufteten die Blumen und nickten im lauen Wind mit den zierlichen Kelchen, als verständen auch sie etwas von dem zärtlichen Geflüster der Liebenden. „O Maienzeit, o Liebestraum, was ist so süß wie du?" Wie lange die Beiden in zärtlicher Umschlingung gestanden, sie wußten es nicht, und als sie sich endlich trennten, geschah es mit dem Versprechen, so oft als möglich hier zusammenzukommen. Als Lori mit glühenden Wangen nach Hause kam, und der Vater sie fragte: „Nun, mein Töchterchen, du bist ja heute ungewöhnlich lange ausgeblieben! Du wolltest doch Maiglöckchen pflücken, hast du keine gefunden?" — da hätte nicht viel gefehlt und sie wäre dem gütigen Vater um den Hals gefallen und hätte ihm ihr ganzes, großes, überschwengliches Glück gebeichtet. Aber das wollte genau und sorgfältig überlegt werden, wie es am besten anzustellen war, und sie beschloß, erst mit Johannes darüber zu beraten. Versöhnt mußten die beiden Alten werden, das stand fest. Aber wie sollte man das zu Stande bringen? Das war die einzige Sorge, die das Glück der Liebenden störte. Pläne wurden gemacht und wieder verworfen, doch Lori hoffte zuversichtlich, daß es ihr gelingen würde, eine befriedigende Lösung herbeizu führen. Lange ließ sich das süße Geheimnis allerdings nicht bewahren, Lori sah es ein, daß man bald da von munkeln würde und überdies entsprach es dem offenen, ehrlichen Sinn Johannes sehr wenig, nicht frei mit seiner Werbung hervortreten zu dürfen. Hoffte er doch, mit der Geliebten öfter und länger beisammen sein zu können, wenn diese erst vor aller Welt seine Braut war. Außerdem ärgerte Lori sich unbeschreiblich über ihre Kousine, die offenbar in Johannes verliebt war und ihm zu begegnen suchte, wo es anging. Helene hatte herausgekundschaftet, daß der junge Mann täglich um dieselbe Zeit einen Spaziergang machte und da nach richtete sie nun ihre Ausgänge ein. O, der Hochmütigen, die stets so verächtlich auf Lori herab sah, einmal sagen zu dürfen, daß sie sich getäuscht, daß Johannes nie daran gedacht, die stolze Helene zu beachten oder gar, wie sie sich einbildete, zu lieben, — das mußte eine wahre Wonne sein. „Morgen ist Jahrmarkt drunten im Städtchen," sagte Johannes eines Tages zu Lori, „könnten wir denselben nicht besuchen, mein Liebling, um wenigstens für längere Zeit beisammen bleiben zu können?" Lori überlegte eine Weile. „Ich will sehen, ob Helene mitgeht; wenn sie mitkommt, schließest du dich uns wie zufällig auf dem Wege an; denn allein mit dir darf ich nicht gesehen werden, sonst pfeifen es am nächsten Tage die Spatzen von allen Dächern, und die Kunde davon würde rasch genug unseren Vätern zugetragen." „Ja, ja, es ist am besten, du nimmst Helene mit; bist eben mein kluges, kleines Mädchen, und hast immer die besten Einfälle. Ist die Gegenwart einer dritten Person auch störend, so kann ich dir doch in die schönen Augen schauen, in deiner Nähe weilen und dir heimlich die Hand drücken; das ist schon Glück genug. Aber die verwünschte Heimlich thuerei muß bald ein Ende haben, das ertrage ich nicht mehr lange!" „Geduld, mein Liebster, — Geduld, — laß mich nur machen, ich sage dir, alles wird gut werden." „Na, ich hoffe es." „Also auf Wiedersehen morgen um 1 Uhr beim alten Steg. Du, — über das sage ich dir, vorsichtig mußt du sein, Johannes, daß Helene nichts merkt, lieber mache ihr einmal tüchtig die Cour; nachher, wenn sie erfährt, daß du mich, das kleine, unbedeutende Mädchen statt ihrer erwählt hast, dann wird sie aber Augen machen. Ich kann es kaum erwarten, bis ich es ihr sagen darf." Johannes küßte lachend den süßen Mund. „Ich glaube kaum, daß ich es fertig bringe, deiner Kousine den Hof zu machen. Diese kalte, berechnende stolze Natur kann mir nicht das geringste Interesse abge winnen." „Versuch es nur, es wird schon gehen," neckte Lori. „Na, wenn du es durchaus willst —" „Ja, ja, es kann nicht schaden, wenn Helenens Hochmut ein wenig herabgedrückt wird. Ich habe schon genug darunter gelitten. „Sage mir nur, Johannes," fuhr Lori nach einer kleinen Pause nachdenklich fort, „was du eigentlich an mir so liebenswert findest. Helene ist doch viel schöner und klüger als ich." Der junge Mann lachte laut auf. „Du bist doch das reizendste, süßeste Geschöpf, das mir je vor- gekommeu ist. Was ich am meisten an dir liebe, was mich geradezu entzückt, ist deine herzige, ungezwungene Natürlichkeit, die Reinheit deines Wesens, das, frei von jeder Koketterie, sich so giebt, wie es eben ist. Dies findet man so selten bei unseren jungen Damen, und wenn ich dich mit Helene vergleiche, so kommt es mir vor, als wäre jene eine parfümierte, künstliche Blume, und du ein frisches eben erblühtes Röschen. Glaubst du, daß einem da die Wahl schwer würde, mein geliebtes Mädchen? Mir ist es," fügte er nach kurzer Pause hinzu, „als ob ich dich schon immer