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Iken hiesigen Bahnhof, von den« d» größte Theil au- der Provinz stanunt. — Lie neursien westprcußifchm Blätter bringen Mittheilungen aus der Gegend von Schwctz, Mewe Lonitz rc., nach welchen dle Auswanderung eine für die GutS- lüfitzer höchst bedenkliche Gestalt anmmmt. Die SonntagSnummer der „Danz. Mg." enthält drei Evtrespondenzen aus verschiedenen Theilen Westpreußens voll Klagen über die in diesem Frühjahre erschr, ckende Dimensionen annehmende Aus wanderung der ländlichen Arbeiterdevölkerung. Für Den, welcher die Lebens weise dieser Klaffe kennt, tft diese Erscheinung kein psychologisches Räthsel: Möglich schwere Arbeit bis zur Erschöpfung — bei einer elenden Beköstigung, «eist nur aus Kartoffeln und einigen Hülsenfrüchten bestehend — keine Erholung, Lin geistiger Genuß, ein Leben ohne Empfindung, ein Vegetiren. „Schlechter! kann eS uns nirgends gehen; arbeiten «ollen und können wir, und die Arbeit wird dort gut bezahlt" — In Schwetz fand am 2. und 3. April da- Departe- «mS-Ersatz-Geschäft statt und wurde zur Kenntnißnahme für den Staatsanwalt Amstattrt, daß ca. 1000 Militärpflichtige auSgewandert find. Im Kreise Mewe «Men sich etwa 700 Leute, Anfangs Mai Deutschland zn verlaffen. 3« Kreise Lonitz haben viele Rittergüter schon die Hälfte ihrer Arbeiter eingebüßt. Mehrere Gutsbesitzer versuchen ihre Tagelöhner durch Lohnerhöhung zurückzuhalten! jedoch Lie Leute stellen bereits so hohe Lohnforderungen, daß sie die Rittergutsbesitzer in der That nicht gewähren könmn." So weit die Berliner Volkszeitung. Wtr unsererseits meinen: Eine übermäßige Auswanderung ist stets kür den Vater- kan.-freund eine betrübende Erscheinung, sie zeugt aber stets von ungesunden Alstündcn deS betreffenden SlaateS. — Bevor unsere Reichstagsabgeordneten in die Osterferien gingen, hielt die Kommission, die über den deutschen Jnva- Üdenfond zu berathm hat, noch eine Sitzung. In dieser Sitzung soll — wie Berliner Blätter berichten — der Kommissar der Reichsregierung, General VoigtS- Rheetz, die wenig trostreiche Aeußerung gethan haben: „Ich glaube annehmen m können, doß, ehe der letzte Invalide aus diesem Kriege gestorben, wir wieder Lutige Krieg: mit vielen Invaliden gehabt haben werden." Diese Worte geben allerdings reichen Stoff zum Nachdenken. — Die Väter der ReichShauptüadt Berlin find höchst betreten über einen ganz eigenthümlichen Plan d.S derzeitigen Polizeipräsidenten von Madai in Berlin. Der Polizeipräsident will nämltch die ganze Berliner Stadtpoliz-i oder Schutzmannschaft mit Weib und Kind in — großen Kasernen umcrbringen. Geeignete Grundstücke hat Herr Madai dazu auch schon auserlesen zum bescheidenen Werth von 2 Millionen Thlr. E«n- fchlteßlich der Baukosten würde die Ausführung der Stadt 7 Millionen oder pro Schutzmann 3500 Thlr. kosten. Durch stets bespannte Wagen soll dann die Lchuhmannschaft gleich Windeseile allen Punkten zugeführt werden können, „an weichen Unruhen drohen." Also zu den in Berlin schon in groper Anzahl vor handenen Militärkräften auch noch eine Polizeikaserne und eine — fahrende Polizei! Alles recht schön, aber was wird Berlin, daS ohnehin nicht weiß woher genug Geld für die städtischen Bedürfnisse nehmen, zu den sieben Millionen! sagen, welche der Madai'fche Plan verschlingen würde? Jedes Land hat bekanntlich, so wie jeder einzelne Mensch, seine Sorgen »Md Bekümmernisse. Auch B rier» wurde zrithrr von einer schweren Sorge gedrückt. Doch dem Himmel sei Dank! der große und schwere Sorgenstein, der seit Wochen auf allen bairischen Herzen und durstigen Seelen mit Zentnerlast 'ag, ist fü: dieses Jahr wenigstens, glücklich beseitigt. In München, Nürnberg, Landshut rc., überhaupt in allen großen Städten BaiernS wollten die Brauer e t n Liier Dier Mir für 8^ Kreuzer auSschänken. Lamento, Klagelieder und Herzeleid durch LaS ganze Baiernlan», ob dieser Preiserhöhung von einem halben Kreuzer pro Lit r. Endlich haben sich die Brauer erweichen lassen, und haben einmüihig Geschloffen, den Bierpreis vorläufig nicht über 8 Kreuzer per Liter zu erhöhen. Und Jubel und Freude allenthalben im bierdurstigen Baiernlande! In Frankreich haben die jüngsten Vorgänge, namentlich die Wahl deö Erzreaktionärs Buffot zum Präsidenten der Nationalversammlung furchtbar böseS Blut gemacht, und der Stirn deS hochbetagten ThierS ist im raschen Nie- drrsinken begriffen. Das Balancir- und Schaukelsystem, die elende Politik der unbegreiflichen Zweideutigkeiten deS alten ThierS, ist und wird aber in der That auch wahrhaft unerträglich und kann nun und nimmermehr zu etwas Gutem führen. Alle freiheitlich gesinnten Blätter Frankreichs ziehen seit acht Tagen in den bittersten Ausfällen gegen ThierS zu Felde. Der Rücktritt Grevy'S war, wie man nachirägl'ch erfährt, insbesondere auch durch die zweideutige Haltung ThierS veranlaßt worden, welcher dem charaktervollen Republikaner die von ihm verlangten nolhwcndigen Garanrien für die Sicherheit d-r R publik zu geben flch weigerte. , Herr Th« rö", schließt das Organ Gambetta'S, welchem alle vepublrkaätschen Blätter und sogar der officiöse „Soir" secundiren, „ThierS steht H ute zmu'chen der unpopulären, verschrieenen und feindlichen Versailler Ver sammlung und dem Lande, daß fein Vernarren gewährt und welches zu fürch ten anfängt, daß eS dasselde in schlechte Hände gegeben habe. ES handelt sich Lei dem Präsidenten der R publtk aber nicht allein um seine Gewalten, sond rn auch um seinen guten Ruf ln der Geschichte, vor Allem jedoch um die Zukunft Frankreichs, das so vieler Unsicherheit, so vieler Zweideutigkeit und so vieler Zaghamgk it müde ist." Die nächste Zeit wird eS lehren, ob der Präsiv nt Ler Republik diesen ernsten Mahnruf begriffen hat, oder ob er in greisenhafter Verblendung nicht den Abgrund gewahrt, dessen Dunkelheit sein gesammteS Stre ben und Wirken hart am Ziele der Laufbahn zu verschlingen droht. Aus Spanien ertönte >n der verflossenen Woche kort uns s»rt daS alte Thema mit neuen warationen. Karlistengreuel, Unzuverlässigkeit des Heeres, Anordnung überall. Deutschland. Berlin, 12. April. Dem „OSnabr. Anz." ist es gelungen, einiges aus Ler letzten am Palmsonntag zu Osnabrück abgehaltenen Katholiken Versammlung m erfahren und die von ihm mitgethetlte Probe gestattet einen Schluß auf den Charakter der übrigen Borträge. Der Caplan Müller erging sich darnach in folgender drastischen Weise über die liberale Presse: „Ich will Euch das Trei ben di/er liberalen Sorte mal an einem Beispiele klar machen. ES ist kürzlich Jahrmarkt gewesen, den Ihr wohl Alle besucht habt, Wenn wir über den Jahrmarkt gehen, so sehen wir zuerst eine Bude, vor der -in Kerl sitzt, ein Menschenfresser, der mit unersättlich r Gier feine Mitmenschen verschlingt; eben so gierig find jene, unS, ihre katholischen Mitmenschen, in ihren Blättern zu verschlingen, um deren unersättlichen, leeren Magen zu füllen. Gehen wir zu einer zweiten Lude, so erblicken wir eine Menagerie, und in dieser eine Hyäne, La- ist der rechte vergleich; wtr die Hyäne gehen die Liberal« aus Raub, und wie die Hyäne nähren sie sich am liebsten von AaS, von dem AaS der Lüge, Las sie überall auSgrabcn um ihren Magen, ihre Blätter damit zu füllen. Eine dritte Bude z igt uns einen Haifisch; meme Herren, de:Haifisch ist ein gefähr liche- Raubthier, aber «och nicht so gefährlich wie Lie Liberalen; ein Matrose hat uns gezeigt, daß «an ruhig seine, Kops m dessen Rache« legen kann; die Liberalen aber verschlingen All-S gierig, um eS in ihren Blättern wied r aus zuspeien. Wir kommen schließlich za den Carouff.lS; ich bin zwar noch nicht darauf gefahren, ab r ich habe mir erzählen lassen, daß sich dabei Alle- wirr ia unserem Kopfe dreht, daß wir nicht i« Stande sind, ein klare- Bild von den Gegenständen, die an unS vorüb rgehcn, auszunehmen; «eine Herre«, gerade so geht es diesen Liberalen, sie find nicht im Stande, das, was um sie her vorgeht, klar und unbefangen anzuschauen, es dreht sich Alles wüst in ihrem Kopfe herum." Königsberg, 1t. April. In dem von dem hiesigen Comite deS Katho lik »Vereins veröffentlichten, an alle „altgläubigen Katholiken Königsbergs" ge richteten Aufruf, mit welchem die regelmäßige Abhaltung eines altkatyolischen Gottesdienstes und die regelmäßige Verrichtung aller kirchlichen Handlungen durch den altkatholischen Pfarrer Grunert angezeigt wird, verwahrt sich da» Comitö gegen jede au- der Abhaltung deS Gottesdienstes in eine« protestantische« Gotteshaus« herzuleitende Beroächtigung. Mit Bezug hierauf wird ausdrücklich erklärt: „Wir find und bleiben volle und wahre Katholiken, die Alles glaube» und festhalten, waS wirklich die katholische Kirche, unsre gemeinsame Mutter, >eit den Zeiten der Apostel immer und überall als ungefälfchte Wahrheit Christi festgehalten und Allen überliefert hat. Wir wollen demgemäß weder das päpst liche und bischöfliche Amt, noch das Priesterthum oder sonst etwas Wes ntliche» in der Kirche adschaffen, noch protestantische oder andere Neuerungen einführen, sondern wir bekämpfen gerade aus allen Kräften alle Neuerungen, besonders jene, welche der Papst und die Bischöfe in neuester Zeit zum Ruin der Kirche er funden und denen sich auch unsere hiesigen Orr-geistlichen früher aufs Aeußerste widersetzt haben, bis sie durch ihre schmähliche Unterwerfung vom 3t. März 1871 der Einheit der Kirche zu Liebe die Wahrheit derselben verleug- neren und dadurch UN- oder neukatholisch wu den. Nicht wir also sind es, die diesen Spalt in der Gemeinde verursacht haben, sondern daS find jene Geist lichen, welche während und noch lange nach dem Concil nicht genug über die unerhörten Anmaßungen deS Papstes spotten, davor warnen und dagegen Un terschriften sammeln lassen konnte«. Um nicht allein die älteren, unzulässig gewordmen Maße und Gewichte gänzlich aus dem Verkehre zu entfernen, sondern auch die dauernde Erfüllung der über die Beschaffenheit der neuen Maße und Gewichte ergangenen Vorschrift ten zu sichern, ist eS als unerläßlich erachtet worden, mit den Revisionen und mit strafrechtlicher Verfolgung der dabei entdeckten Zuwiderhardlungen unnach sichtlich fortzufahren. Der Handelsminister hat deshalb bestimmt, daß in Zukunft neben dem laufenden AufstchtSdienste alljährlich mindestens zweimal allgemein« Revision der im Verkehr, namentlich in den Geschäftslocalen der Gewerbetreibend m zur Anwendung kommenden Maße und Gewichte durch die Bezirksregierungen ange ordnet und die Revisionen mit besonderer Sorgfalt durchgeführt werden sollen. DaS Telegramm deS Königs von Bayern an Kürst Bismarck lautete nach Mittheilung deS Hamb. Corr.: „Die wärmsten Glück und SegenSwünkche zum G burtStaze! Se. Majestät hoffen, daß der Tag, an welchem der Fürst mit erhbendem Bewußtsein auf ein Leben voll der reichsten staatSmänmschen Thätigkeit zurückblicke, dem Kanzler noch ost wiederkehren möge." Die Stadtbehörde in Kassel hat die strikend-n Mitglieder deS Deutschen Buchdruckerverbandes zur sofortigen Arbeitsaufnahme bei Meidung von 10 Thlr. Conventionalstrafe aufgefordert. Die Gehülfen protestiren. Oesterreich. Wiener-Neustadt, 12. Aoril. Eben werden Placate asfichirt, daß Fabrikant Sigl vienstag die Fabrik ganz schließt, wenn die Schmiede weiter striken. Unter den Arbeitern h rrschr große E bitlerung. Dieselben wollen die verbotene Versammlung abhalten. Die Truppen Haden Mun tion gefaßt und sind in den Kasernen consignirt. Man befürchtet Erceffe. Italien. Rom, 12. Avril. Der König hat auf dle ihm durch den Oesterreichische» Gesandten, Graf Wimpffen, überbrachte Einladung deS Kaisers Franz Joseph zu einem Besuche in Wien während der bevorstehenden Weltausstellung sein Er scheinen unter der Voraussetzung zugesagt, daß die politischen Verhälmtffe Italien» ihm solches erlauben würden. Rom, 12. April. Die Besserung im Befinden deS Papstes ist nach der „Voc. dell. Verita" anhaltend; der Papst hat heute mehrere Cardinäle und Prä laten empfangen. Dagegen leidet „Kanfulla" zufolge der Papst noch immer an Schmerzen in der linken Seite u b gänzlicher Appetitlosigkeit. England. London, 12. Apr'l, Nach aus Penang eingelangten Nachrichten hatten sich die Holländer zw ier E dv rtheidigungSwerke, welche dl« Atchinesen errichtet hatten, bemächtigt und schickten sich an, den Wohnsitz deS Sultan- von Alchm anzu- greifen. Von Batavia waren telegraphisch weitere Verstärkungen verlangt worden. Spanien. Madrid, 12. April. Nachrichten aus Puycerda meld», daß die Zahl der CaMisch-n Truppenabtheilung unter Saballs, welche Puyceida zu nehmen suchte, 1000 Mann betrug, während die Garnison deS Platz S aus nur 400 Mann bestand. Unter den Einwohnern gab sich keinerlei Sympathie für die Carlisten kund, In Roncal und anderen Orten Navarras sind von den Ear- listen Eontributionen ausgeschrieben, man «st aber entschlossen, denselben keiae Folge zu geben und erforderlichen Falls thätlichen Widerstand zu leisten. Amerika. New-Uork, 11. April. Nachrichten aus Central-Amerika zufolge hat ein furchtbares Erdbeben in San Salvator stattgefunden, wobei 800 Mensche» umS Leben gekommen sind. Der ferner dadurch verursachte Schaden w:rd auf 12 Mill. Doll, veranschlagt. Für die Ausstellung zur hundertjährigen Feier de» Bestehens der Republik der Vereinigten Staaten, welche im Jahre 1876 in Philadelphia abgehalten werden wird, haben beide HL iser Ler Legislatur von Pensylvaniek die Summe von 1,OM,000 Dollars bewilligt, und wurde da- betreffende Gesetz vom Gou verneur am 27. März bereit- unterzeichnet. »Vnigreich Tachfe«. Leipzig, S. April. D'e Klagen für die m Umlauf befindlichen massen haften sogenannten wilden Kassenscheine sind bekanntlich im Handelsstande gan- allgemein verbreitet. Dieser leidige Umstand wurde in einer jüngst bet vera- thung der neuen Tare für Geldsendungen vom Generalpostdirector Stephan t« Reichstag gehaltenen Rede in folgender Weise gekennpzetchnet: „Die Geldbriefe bis 50 Thlr. sind der Postverwattung allerdings nicht so angenehm, wie sie im Allgemeinen dem Empfänger sein werden, aber, meine Herren, eS ist leider i«