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(S725) Gottschald. LvItrmatmLvkuiiK. In der «acht vom 1S. zum 20. März d. I. ist aus einem hiesigen Gehöfte eine vollständig gegerbte fettige Kuhhaut entwendet worden. Wildenfels, am 5. April 1873. . Das Königllche GerlchtSamt das. Stoß. Bet dem unterzeichneten Stavtrathe kommt demnächst die Stelle eines Referendars zur Erledigung. Dieselbe ist mit einem Gehalte von 600 Thalern do- tort, welcher jedoch nach jedem Dienstjahre um 10) Thaler — - — - bis zu einem Höchstbetrage von 900 Thalern ----- erhöht wird. Bewerber werden veranlaßt, ihre Gesuche bis , ) zum LS. Apttt 187L bei uns mit Zeugnissen einzureichen. Chemnitz, am 28. März 1870. Der Rath der Stadt Chemnitz. Müller, Bürgermstr. , Clauß. Ta^-eg schichte. Deutschland. Berlin, 5. April. Die vereinigten Ausschüsse des Bunde^ratheS für Zoll- und Steuerwelen, so mir für Handel und Berkehr haben nunmehr ihren Gericht über die Aufhebung der Sal,steuer oder vielmehr über deren Ersatz durch die Tabakvsteuer erstattet. ES wird dadurch unsere fiühere Nachricht, daß die Tabaksteuer schon im BundeSrathe mit großen Schwierigkeiten zu käm pfen bade, vollständig bestätigt. Die Ausschüsse gingen davon aus, daß die Aufhebung der Ealzsteuer einen Ausfall ergebe von 12,750 000 Tklr., daS Mehrerträgniß durch Erhöhung der Tabakssteuer sich belaufe auf 8,141,321 Thlr. oder mindkstenS auf 7,512,300 Thlr. Tie Ausschüsse erkannten an, daß man aus den Besteuerung des Tabaks einen sehr hohen Ertrag gewinnen könne, namentlich wmn man sich zur Einführung des TabakemonopolS entließen konnte, wovon jedoch unter allen Umständen abzusehen sei. Ma.» r'am überein, daß man zunächst sich über die Vorfrage zu verständigen hätte, ob die vorge schlagene Tabakösteuer einen völligen oder theilwetten Ersatz für die Salzsteuer zu buten im Stande sei. Hiergegen erhob sich in so fern Widerspiuch, als be merkt wurde, eS stehe ja fest, daß die Tabakssteuer nur einen partiellen Ersatz für oie Aufhebung der Lalzsteuer biete und daß deßhalb auch erst die übrigen Steuerproj cte vorliegen müßten, bevor man zur Entscheidung dieser Frage schrei ten könnte. Toch hielten diese Bedenken die weitere Erörterung der Präjuvi- ciolfrage nicht aus. Man war darüber einig, daß die Aushebung der Salz- struer vor Ersatz durch andere geeignete Reichösteuer nicht erfolgen könne. ES stellte sich nach statistischen Ermittelungen heraus, daß eine Familie von fünf Köpfen an Salzsteuer wie an Tabaksteuer 1 Thlr. 15 Sgr. zahlt, »er Tabak wurde in seiner Eigenschaft als Genußmittel und gewisser Maßen als Lebens mittel betrachtet, und die Frage, ob der TabakSconfum durch die Vorlage ab- «ehmen möchte, verneint, gleichwohl aus allen diesen Erwägungen daS Resultat gezogen, daß die vorgeschlagene Tabakssteuer nicht geeignet ist, die Salzsteuer wenn auch nur theilweise zu ersetzen. Gegen den Steuermodus wurden die lästigen Conttolen, die unausbleibliche Schädigung deö TabakSbaueS, die Ver- letiung zum Schmuggel geltend gemacht und auS allen d:esen Gründen schließ lich die Behauptung ausgestellt, daß die Einführung einer TabakSsteuer wie die vmgeschlageve „als eine sehr drückende und harte in fast allen Kreis n empfun den werden wird." Die Minorität der Ausschüsse trat diesen Ansichten ent gegen. Lie machte alle Gründe für Aufhebung der Salzsteuer geltend, gegen welche die Tabakssteuer ganz zurücktreten Und sicher nicht als eine Last empfun den werden möchte und H elt die geäußerten Bedenken nicht für stichhaltig. Man schwankte, ob man in die SpecialdiScussion der Vorlage überbaust eintreten sollte, entschied sich ab r schließlich dafür, weil nur so die Möglichkeit gegeben würde, das Gesetz dem Reichstage noch in dieser Session vorzulegen, doch wur den die Berathungen nur in dem Falle als wirksam erachtet, daß der Bundeö- rath in seiner Majorität die Prinopiensrage bejahen wird. Berlin, 6. April. Die „N. Ztg." bemerkt zu den vorgestrigen Debatten irn Reichstage: ES wird j tzt Niemand mehr behaupten, der Abg. Lasker habe sich vor zwei Monaten mir seiner großen Rede im Landtage umsonst bemüht. Die hier uuo da geäußerten Zweifel, ob bet den Arbeiten der U tersuchungS- Commissiou etwas herauskommen werde, müssen jetzt v.rstummen; denn mehr als manchen Personen lieb sein mag, ist bereits dabei „herauSgekommen", und ! noch anderes wird an seinem Ort zu Tage gefördert werden. Ind m die Bühne in den Reichstag verlegt wurde, war eS em neuer Erfolg, daß der Präsident i des Reichskanzler«»«- sofort anerkannte, eS seien allerdings auf dem Gebiete des AciienwesenS sehr bemerkenSwerthe Uebelstände hervorgetmen, und daß er , «»zeigte, die Regierungen würden sich angelegen sein lassen, die betreffende Ge setzgebung zu verbessern. Berlin, 7. April. Tie M nister-Conferenzen über die GerichtSorgani- sation ftnd beendigt,! ohne eine Verständigung über die Einsetzung eine- obersten Reichsgericht-herdeimführen. Die Vertreter Bayerns, Württembergs und Sach- ßenS befürworten die Herstellung eines Reichsgerichts mit Beschränkung der Eomperenz auf daS Reichsrecht unter Beibehaltung der obersten LanveSgerichtShöfe. Königsberg, 7. April. Die Betriebsinspection der Ostbahn hat an die strikenoen Arbeiter die Aufforaerung erlassen, morgen die Arbeit zu den früheren Lohnsätzen wieder auszunehmen und ihnen Nachsicht wegen der Arbeitseinstellung zugestchert. Die Arbeiter lehnten indessen die Aufforderung ab. Wegen der Unerfahrenheit der neueingetretenen Arbeiter machen sich Stockungen im Güter verkehr bemerklich. Wie auS Insterburg und Eydkuheen gemeldet wird, beginnen auch die dortigen Arbeiter die Arbeit niederzulegen. Der Domäncnpächter Böckler auf Treuen, welcher bekanntlich schon im vorigen Jahre auf die Wiederfindung seiner auf so räthselhafte Weise verschwun denen jetzt fünfjährigen Tochter Anna eine Belohnung zustchcrte, macht eine neu« Anstrengung, um über da- leider in Dunkel gehüllt gebliebene Schicksal de- Kinde- Gewißheit zu erhallen. Er erläßt eine Bekanntmachung, in welcher er sich in rechtsverbindlicher Weife verpflichtet, demjenigen, welcher ihm seine ge raubte Tochter lebend zurückbringt oder den zuständigen Behörden Mittheilungen «nacht, »te zur Wiedererlangung führen unter Verfichtung strengster Verschwie« genhe.t d;e Summe von 2000 Thlrn. zu zahlen. Für den Fall, daß Jemand das Kind käuflich erstanden und geneigt sein sollte, dem Vater dasselbe gegen Zahlung der oben gedachten Summe zurückmgeben, will Hr. Böckler demselben in bindendster Form versprechen, über die Person von der das Kind gekauft ist, keinerlei Nachforschungen anstelle» zu wollen. Falls die Vermißte nicht mehr am Leben sein sollte, verspricht der Vater demjenigen, der ihm die Leiche des selben nachweist, sobald die Identität mit dem geraubten Kinve festgest-llt ist, die Summe von 1000 Thlrn. zu zahlen. Es wird dieser Aufruf gewiß nicht verfehlen die Aufmerksamkeit auf die zwar noch nicht vergessene, aber doch schon einigermaßen in den Hintergrund getretene traurige Angelegenheit von Neue« zu lenken. Daß der nach vielen anderen vergeblichen Berochen j-tzt einge- schlagcne Weg, vielleicht auf gütliche Weise über den Verbleib des Kindt- Auskunft zu erhalten, schneller und besser zum Ziele führen möge, wünsche» wir von ganzem Herzen. Posen, 6. April. In Ostrowo, wo der geistliche Religionslehrer am dor tigen Gymnasium wegen der Weigerung, den Anordnungen der Regierung in Betreff der Unterrichtssprache Folge zu leisten, suöpendirt ist, wird der Bicar Fürst Radz!will Privat-Religionöunterricht für die Schüler des Gymnasium- ertheilen. Frankfurt, 5. April. DaS Schwurgericht verurtheilte die Telearaphen- beamten Klier, Kaiser und Florenz wegen DepeschenverratHS zu je fünf Monate» Gefängniß und zur Unfähigkeit, binnen Jahresfrist ein öffentliches Amt zu »er sehen; die Kaufleute Auerbach, Werner und Jourdan wegen Beamtenbestechung zu 500, 400 und 200 Thalern. Der ehemalige Telegraphen-HülfSarbeiter Hermann und Sensal Nonne wurden freigesprochen. Frankreich. Paris, 5. April. Was seit einigen Tagen hier geschieht, bedeutet eine Verschiebung der inneren Lage, deren Tragweite stch noch gar nicht absehen läßt. Zunächst hat die Regierung durch den Mund Goulard'S in der lyoner Ange legenheit sich auf die Seite des Marquis de Meaur, eine- Mannes, der noch mehr zu jesuitischen als zu orleanistischm Tendenzen schwört, gestellt. Daß ThierS in inneren Angelegenheiten dem Andringen der Reaction ohne Schwie rigkeit nachgeben würde, war schon vor zwei Monaten vorau-gesehen, daß er eS aber in dem Grade thun würde, ließ sich nicht erwarten: der Schritt der Re gierung bedeutet geradezu, daß Goulard und Dufaure die Führung in derselben übernommen haben. Die Wirkung auf die Linke ist begreiflich bedeutend: der Gemeinderaih von Lyon gibt seine Demission, eine gewisse Aufregung wird im ganzen Lande stch geltend machen, und hier in Pari- blüht seit heute Morgen die Candidatur Barodet; der Ex-Bürgermeister wird dem Grafen R-musat für die nächsten Ersatzwahlen, gegenübergestellt. Und die Aussichten für ibn sind erheblich; der g nze pariser RepublicaniSmuS wird stch ihm anschließen. Aehnlich in der Provinz: die Wahrscheinlichkeit, daß die durchgehenden Candidaten radical gefärbt stad, nimmt von Tag zu Tage zu. Die Regierung hat nicht Unrecht, Lyon selbst von der Ersatzwahl auözuschl'eßen; eS möchte sonst eine gar zu deutliche Antwort auf ihre Fürsorge in Gestalt blutrother Namen aus der Urne kommen. Linke und äußerste Linke sind demnach auS ihrer bisherigen Mäßigung in die Opposition gedrängt; eS fragt sich, wie Rechte und rechtes Centrum stch stellen. Der Name Buffet gibt die Antwort. Die Sensation, womit er aus genommen wurde, war unendlich; und in der That, er verdient sie einiger Maßen. Man denke stch einen Augenblick, daß ThierS während der Ferien krank w.rde oder gar sterbe; und man wird alsbald den ganzen Unterschied bemerken, den > das neue Präsidium in die Lage bringt! ES ist ein Präsidium „sie comknt", die Rechte hat die Offensive ergriffen. Sie fand dm Zwischenfall mit Krövy i verfrüht, aber als er einmal eingetreten, als sie dm republ'canischen Führer von i seinem Sessel entfernt hatte, hat sie sich entschlossen, dem geführten Schlage nun auch die Schritte folgen zu lassen, welche den Erfolg desselben sichern; sie wählt Buffet, und mit einer Majorität von 9 Stimmen. Grävy war Präsident der ganzen Versammlung und er fühlte seine Autorität schon erschüttert, als bei den letzten Wahlen die Ernmnur'g nicht mehr mit einer an Einstimmigkeit gräazenden Ueverza ft geschah; Buffet ist Präsident der Majorität, und die letztere kann auf der eingeschlagenen Bahn nur fottkommen, wenn sie von jetzt ab ihre früheren Rücksichten bet Sette setzt, wenn st' die Linke „majoristrt". Vie letztere erhält an Greoy einen neuen Führer, der den Kampf mit aller Energie aufnehmen wird und der von heute ab Tandidat für «ine künftige Präsidentschaft der Re publik ist. Der Streit der Parteien ist also wieder vor der Thür und Niemand kann sagen, wt« weit er gehen wird. Vorläufig hat die Rechte den Vortheil, sie hat eine Probe ihrer materiellen Macht geliefert und hat den Muth gewonnm, ihren Willen weiter durchzuführen, zunächst wohl in dem Ginne, daß sie die künftigen Wahlen in die Hand bekommt. Und Herr ThierS? Ich drückte Ihnen neulich meine Verwunderung darüber aus, daß er stch immer wieder auf die beiden Stühle zu setzen verstände; jütt scheint eS mir, als ob er endl'ch zwilchen dieselben gerathen sei. Beweis die Candidatur Barodet einerseits und der Name Buffet andererseits. Daz« kommt, daß die neugewäblte Permanenz-Commission auf 25 Ramen kaum 6 republikanische enthält. Die Majorität rechnet sch»» ohne ihn; eS gibt Stimmen, welche zischeln: „Grävy hat wenigstens da- Bei spiel gegeben, wie man feine Entlassung nehmm muß; wenn Herr Thiers stch da» für vorkommende Fälle merken möchte!" In derTbat, der Fall liegt nicht außerhalb der Möglichkeit, daß man kür ihn eine ähnliche Gelegenheit ähnlich zu benutzen gedenkt, wir für Grövy. Sein Sitz ist bedeutend gelockert wordM