F. Dahn SÄNGERSPRUCH ; O. Wermann Mit Andacht, wie im lernpel, tollt ihr laufchen, wo deutfchen Sanges heil ge Wogen raufchen! Nur dann umfchwebt euch hehrer Mächte Gunft, denn Gottesdienft ift auch der Dienft der Kunft! DER GONGE R* D er Oft fährt klirrend durch das Reth und knattert gegen die Scheiben, hoch hinter dem Deich ein Wimpel weht und flaggt und will nicht bleiben. „Leb wohl, Ichön Elsbe, Du liebes Blut, ein fahr, bald ift es vergangen! Mein Kompaß weift nach Ehre und Gut, es gilt das Glück zu fangen!" „Du Ichwurft mir Irene bei Gott dem Herrn, halt feft, Ralf Olvers, dein Steuer! Kehr’ heim, Ralf Olvers, aus Sturm und Fern, du über den Tod Getreuer! Und ftarrt die See von Klippen und Riff, lie roll dich nicht verfehlen, denn meine Liebe tragt dein Schiff! Du mulyt mir wiederkehren!" Schön Elsbes Tiichlein vom Deiche winkt, die blauen Augen flehen, ihr Haar blondleuchtend flattert und flinkt, ihr Röcklein baulcht lieh im Wehen; ins Segel fpringt der Wind mit Wucht und knirfcht an Schoten und Troffen; die ftolze Brigg entflieht der Bucht auf fchaumenden Meeresrolfen. Ein Lämpchen leuchtet ins Meer hinaus weit über die kahlen Dünen, es flimmert durch Stille und Wettergraus, fieht Sträucher und Bäume grünen, es blinkt durch Blüten, die Frucht fällt fchwer, die Blätter welken und gleiten: Es baut eine filberne Brücke aufs Meer, Ralf Olvers zur Heimat zu leiten. Deert Holk, Brun Kröger kehrten zurück, Hein Mews ohne Kompaß und Karten, fie brachten Ehre, Gut und Glück, Ralf Olvers lieh auf fich warten. Zerlumpt und arm kam Geike Hark landüber mit fröhlichem Pfeifen und trug unterm Arme feine Bark, ein Brettchen nur konnte er greifen. „Löfch aus, löfch aus das lockende Licht! Ralf Olvers fiehft du nicht wieder! Sein Schiff zerlchellte, wie Glas zerbricht, ihn rify die liefe nieder!" „Drei Tage, drei Nächte noch fließt das Jahr, bis ich mich feiner erfreue, ihn feftet lein Schwur gegen jede Gefahr! — „Der Tod ift ftärker als Treue!" Der Nordfturm feRt das blanke Horn an feine eifigen Lippen, er Ichmettert Grimm und wettert Zorn und raft gegen Küften und Klippen, er frifyt des Landes landigen Saum und knickt die ragende Eiche, er ftampft das Meer zu GiTcht und Schaum und pocht mit Macht an die Deiche. Drei Tage, drei Nächte umfehnob er das Haus, Ichön Elsbe konnte nicht Ichlafen, fie ftarrte ftumm in die Sturmnacht hinaus. — Wann findet Ralf Olvers den Hafen? Sie fcfiiityte mit zarter, zitternder Hand des fchwachen Leuchtleins Leben, der Nordwind wühlte an Tür und Wand und lieh die Fenfter erbeben. Drei Tage, drei Nächte währt lein Schrei’n, da brach er das gläferne Gitter, er ftiefj feine Tahe ins Zimmer hinein und prankte die Lampe zu Splitter. Er legte die Lippen ans Fenfter und fpie, knifternd verlöfchten die Flammen, fchön Elsbe fuhr aus dem I raum und fchrie: „Ralf Olvers!" und brach zufammen. Hohl heult die See, da tappt ein Mann mit fchweren, miihfeligen I ritten, die Becher klatfehten, er trappt heran, kommt über den Deich gefchritten, das Ölzeug trieft von Waffer und lang, die Stiefel vom Schlick der Priele, der Riegel klappert, die I iir feufzt bang — Ralf Olvers fteht auf der Diele. * Nach einer alten Nordreefage foll lieh der Geift der im Meere Ertrunkenen den Hinterbliebenen zeigen. Die Kiiftenbewohner nennen diele E.rfcheinung „Gonger".