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174 4^ - l -! i daß von den in Leipzig resp. freiwillig au-geschiedenen oder entlassenen Der- bandSmitgliedern kein- hier in Arbeit eingestellt wird. — Cs soll demnächst »ine Generalversammlung sämmtlicher vuchdruckereibefiher Berlin- einberufen werden, um dm Versuch zu machen, eine Einhelligkeit der Berliner Prinzipalität über diese Punkte herbetzuführ«. Thorn, 19. Febr. Unter äußerst zahlreicher Betheiligung hat die Feier de- vierhundertjährigen Geburtstages von CopernicuS ihrm Anfang genommen. Diele Universitäten und wissenschaftliche Vereine Deutschlands und Italien- Haben dazu Vertreter entsandt. Bon hervorragenden Persönlichkeiten, welche dem Feste beiwohnen, find unter Anderem der RegierungSprästdenl Graf Eulenburg aus Marienwerder und der Unterstaatvsecretär Thompson aus New-Uork zu nennen. AuS Gera berichtet man den „8. TM.": In letzter Z.it find hier einige sehr bedeutende Steuerhinterziehungen an'S Tageslicht gekommen. Besonders nach zwei Todesfällen stellte eS sich heraus, daß die Verblichenen Nicht den dritten Theil ihre- betrüblichen Vermögens versteuert hatten. Dafür bat man nun den Erben die Nachzahlung dieser Steuersätze auf eine ziemliche Reihe vonJabren auferlegt, wodurch der Steuercasse außerordentliche Einnahmen zugeflossen find In gleicher Weise hat man auch ein bedeutende- Etablissement, welche- sich vor nicht allzulanger Zeit in ein Actienunternehmen umwandelte, zu einer bedeutenden Steuernachzahlung gezwungen. TaS indrustrielle Etablissement hatte, so lange «S in Privathänden war, eine gewisse Einkommensumme angegeben und war auf diese besteuert worden. Als die Umwandelung desselben in eine Actienunterneh- mung vor sich ging, trat man mit ganz anderen Angaben in dem Prospekt des Actienunternehmen- hervor, auf Grund dessen sich die Steuerbehörde bewogen ta-d. die Besitzer zur Nachzahlung zu zwingen Oesterreich. In dm Oesterreich» schen Provinzialblättern findet sich eine bochofficiöse Kundgebung, in welcher daS Oekerreichilch; auswärtige Anu seine Stellung zu den Vorgängen in Spanien, wie uns scheint, durchaus korrekt und in einer auch für Berlin interessanten Weise abgrenzt. Der in officiöser Manier ziemlt !> breitgetretene Salm besagt dem Wesen nach Folgende-: „Die nächsten Vor gänge in Spanien müssen mit einer gewissen Bedeutung auf die Europäi'che Politik zurückwirken, um so mehr, al- die Gründer der Republik in Spanien entschlossen find, ihre Solidarität mit den GestnnungSgenoffen in Frankreich und Italien zum Ausdrucke zu bringen: darin liegt eine Gefahr für die heutige Ge- wichtSeinthrilung der Europäischen Politik. Da- dynastische Ansehen Victor Emanuels hat unleugbar einen schweren Schlag erlitten, dessen Folg-n sich um so nachdrücklicher geltend machen könnm, als die Hoffnungen der Jesuiten sich leit lange an die Chancen eine Niederlage der Savoyischen Dynastie in Madrid knüpfen. Nirgends hat die Abdankung Amadeo'S solchen Jubel erregt wie im Vatikan; nirgend- ist man besser darauf vorbereitet, diese Eonstellation gegen Victor Emanuel auözubeuten. Der UltramontaniSmuS ist entschlossen, zu dem Behuf« ein Bändmß mit dem Radikalismus einzugehm, und dieser Allianz muß eine moralische Beihülfe von Seiten der clericalm Republikaner Frankreichs er wachsen. So kann möglicherweise eine ganz neue Parteigruppirung entstehen. Die Republik in Spanien degagirt Frankreich auf einer wichtigen strategischen Linie seiner Politik, und Italien hat ein Gegengewicht weniger in die Wagschale seine- VerbälmiffeS zu Frankreich zu werfen. Daraus folgt für Victor Emanuel die Nothwendigkeit eine- engeren Anschlusses an die Gruppe, zu der er schon fetzt gekört, an da- Deutsche Reich und an Oesterreich — die Freundschaft dieser Staaten hat an Werth für Italien zugenommm, seit der Zertrümmerung seiner Machtstellung in Spanien. DeS aufrichtigen Entgegenkommens und der lebhaft« Sympathien der Völker Oesterreich-UngarnS darf dabet Italien auf alle Fälle gewiß sein" .... (Der Freundschaft Deutschlands kann eS wohl ebm so sicher sein, wenn eS dm vernünftigen Rath befolgt.) Wien, 19. Febr. Der „Presse" wird aus Paris gemeldet: ThierS er klärte dem deutschen Gouvernement, daß da- Hau- Rothschild und die Banque ve Paris ihm die fünfte Milliarde der Kriegsentschädigung zur Disposition ge stellt habe, doch proponire er im Interesse des europäischen Geldmärkte- die Aus zahlung in Monatraten gegen die Räumung de- Territoriums im September. Frankreich. Pari-, 17. Febr. Em Specialcorrespondent, welchen der TempS nach Madr'd seinem ordcmlichen Correspondenten zu Hülfe geschickt hat, ist, nachdem er kaum die Franzö Ische Grenze passtrt hatte, zu Besam zwischen Tolosa und Zumarraga im Schnee stecken geblieben und schreibt von dort, daß, da die Car- listen das Reisen bei Nacht nicht gestatten, eS ihm erst am nächsten Tage mög lich sein werde Alsasua zu erreichen; von hier ab sei der Schienenweg bis Vittoria durch die Schneefälle unpracticabel gemacht, der Schnee jedoch eben rin Schmelz« begriffen; in Jrün und St. Sebastian kannte man die Mudrider Neuigkeiten lediglich au- den französischen Zeitungen. — In Versailles war heute daS Gerücht verbreitet, daß man in Floren, eine Verschwörung gegen dm König von Italien entdeckt hätte. — Der Präfect der Haute-Garonne (Tou louse), Charles Kerry, hat eine Verordnurg erlassen, wonach sich kein Spanier, auch wenn er mit regelmäßiger Legitimaiion versehen ist, in diesem Department ohne besondere Erlaubniß der Regierung aufhalten darf; Spanier, welche sich diesen Aufenthaltsschein nicht binnen 48 Stunden verschaffen, sollen verhaftet und je nach Umständen internirt oder aus Frankreich vertrieben werd«. Parts, 18. Febr. An der Börse war da- Gerücht verbreitet, daß zwi schen Frankreich und Deutschland heute ein Vertrag abgeschlossen worden sei, dcm zufolge die Räumung de- Gebietes im Mai beginnen und Ende Juni voll ständig beendet sein soll. Die Renten waren in Folge dessen äußerst fest. Laut Avenir Rational hat sich übrig«S der Finanz Minister beim Empfange, der vor zwei Tag« beim Seine-Präfecten Stadt fand, in dieser Hinsicht folgender Maß« auügrdrückt: „Die vierte Milliarde wird Juni vollständig bezahlt sein. Diese- unterltrgt keinem Zweifel, denn die Regierung besitzt schon jetzt die zur Bezahlung nothwendigen Gelder und Wechsel. Was die fünfte Milliarde an belangt, so seien Sie ohne Unruhe; die Dinge werden einen schneller« Fort gang haben, als man erwart« konnte. Die Geschicklichkeit deS Herm ThierS triumphirt über Schwierigkeiten, welche den Kühnsten unüberwindlich vor gekommen waren." Schweiz. Als Mermillod das Au-weisung-papier erhielt, nahm er eS, wie daS Uni- ver- meldet, „mit ruhigem Angesichte und mit einer Majestät an, vor der sich zu beugen selbst seine Verfolger nicht erwehren könnten", „Voll-", hat er ge sagt, indem er das StaatSpapier empfing, „ein werthvolleS Geschenk, und ;ch bettachte eS als ein« Paß zum Paradiese I" UniverS seht hinzu: „Ja, Mon- setgneur, und diese- Papier wird Ihn« bald und selbst in dieser Welt dienen, um im Triumphe in Ihre Stadt wieder einzuzieh«, den« Sott ist gerecht und daS Verbrechen wird nicht immer ohne Straft bleib« l" Bern, 16. Febr. So eben war Bern der Schauplatz eines Rachspiel- zur Netschajew-Affaire. Ein offenbar erpreß zu diesem Zwecke aus Zürich nach Bern gekommener Pole, ein Conditorgehülfe RamenS Skrzyn-tz Witold, der polnischen social-demokratischen Partei angehörend, hat gestern Nachmittag um 3 Uhr, also am Hellen lichten Tage, auf den Polen GtempowSkt, welcher von einem Theile seiner Landsleute als der Verräther Retschajew'S angeklagt wird, welche Anklage neuerdings von der „Züricher Presse" auch gegen dm Züricher Arbetter-Agitatar „Bürger" Greulich erhoben wurde, in dessen Wohnung drei Revolverschüffe abgefeuert und einen vierten sogar auf die Gattin de- Stem- pow-ki, welche den Fanatiker um Schonung deS Lebens ihres Mannes anflebte. Der Attentäter konnte vorläufig entkommen; jedenfalls wird aber die Polizei .seiner noch habhaft werden. StempowSki, der ein sehr talentvoller Porzellan- Maler sein soll, wohnt seit letzten Herbst in Bem. Zürich hatte er mit seiner Familie — er ist verheirathet, wie bereits bemerkt, und Bater dreier Kinder — wegen Verfolgungen verlassen, welche er schon dort zu erleid« hatte. (Der Ter- rorlömu- de- Züricher CoMmune-GestndelS treibt wirklich immer schönere Blüthm l) Genf, 19. Febr. In der heutigen Sitzung des groß« RatheS wurde daS Gesetz, betreffend die Wahl der Geistlichen durch daS Volk, definitiv mit 16 gegen 8 Stimmen angenommen. Bei Beginn der Sitzung kam ein Protest der katholischen Geistlichen deS Ca itonS zur Verlesung, welcher in sehr belei digend« Ausdrücken gegen die Canlonal- und Bundesregierung abgefaßt war, zur Verlesung. Die Versammlung ging nach stürmischer Debatte über diesen Protest zur Tagesordnung über. England. London, 20. Febr. Die Portugiesische Regierung hat, einem Paris« Telegramme der „Times" zufolge, ihre Vertreter im Auslande angewiesen, die Aufmerksamkeit der auswärtigen Kabinete darauf zu lenken, welchen Gefahrm Portugal durch die Errichtung der Föderativ-Republik in Spanien ausgesetzt sei; die Vertreter sollen die beruhigendsten Zusicherungen von den fremd« Regie rungen empfangen hab«. — Nach einer Meldung der „Daily newS" aus Madrid wird die Nationalversammlung innerhalb 14 Tagen die Neuwahl der Municipal- und Provinzial-Räthe anordne»; nach Vornahme der Wahlen soll die Auflösung der Versammlung erfolgen. Spanien. Madrid, 19. Febr. Durch eine heute ergangene Verfügung der Regie rung sind die Posten deS CivilgouverneurS in Barcelona, deö Mililärgouver- neur- in Malaga, sowie des Civil und des Militärgouverneurs in Sevilla neu besetzt. Zum Chef der Armee in Catalonien ist der General Contreras ernannt. Madrid, 12. Februar. Für die Auffassung, welche die Regierung von ihrer eigenen Stellung und von den Pflichte» ihrer heimisch« Vertreter hat, ist daS folgende Rundschreiben Pi v Margall'S, deS Minister- de- Innern, an die Gouverneure der Provinzen von Bedeutung: Herr Civil-Gouverneur! Nachdem der Thron durch die Abdankung Don Amadeo'S von Savoyen erledigt worden, haben der Kongreß und der Senat als souveraine CorteS constituirt alle Gewalten in die Hand genommen Md die Republik verkündigt. Die von meinem Ministerium abhängigen Behörd« hab« daher die Pflicht, diese Regiemngöform befestig« zu Helf« Md sie mit dem Ansehen, dessen ste bedarf, zu umgeb«. Die Gründung der Republik ging ohne Blutvergießen, ohne Bewegung, ohne die geringste Störung der öffentlich« Ruhe vor sich; dieselbe muß sich nun in dieser Weise auch erhal ten, um alle diejenigen zu beruhigen, welche die Anarchie von ihr unzertrenn lich halten. Ordnung, Freiheit, Gerechtigkeit ist der Wahlspruch der Republik, die ihrem Endzwecke nicht entsprechen würde, wenn nicht da- Recht aller Bür ger geachtet, alle Mißbräuche au-gerottet würdm und Alle ohne Unterschied der Autorität deS Gesetzes sich beugten. ES wäre ferner gegen die Idee der Re publik, wenn die Aeußerungen deS Gedankens und Gewissen- nicht unum schränkter Freiheit genössen, wenn da- geringste der in der Verfassung von 1869 enthaltenen Rechte verletzt würde, so w;e andererseits auch, wenn eine strafbare Schwäche duldete, daß eine der Parteien, in welche Spanten sich theilt, die ihr vom Gesetze vorgeschriebenen Grenzen überschritte. Denn eS ist nicht zu vergessen, daß der Au, stand aufhört, ein Recht zu sein, sobald Dank dem all gemeinen Stimmrecht die Souverametät der Nation und deS Individuums völ lige Freiheit hat, sich kundzugeben, und ihre Zwecke ohne die barbarische Zu- hülfenahme der Waffen zu erreichen. Ich hoffe, Herr Gouverneur, daß Sie, wohl durchdrungen von diesen Ideen, Ihre Handlungsweise danach einrichten werden, wie dieselben auch mich in oer Ausübung meiner Pflichten leiten werden. Die constiiutrenden KorteS werden sich zu versammeln haben, um die Republik zu organifiren. E- ist da her von Wichtigkeit, daß in den ihnen vorangehenden Wahlversammlungen die Ungesetzlichkeit« früherer Zeit« sich nicht mehr wiederholen. Kein Zwang, keine Zntriguen, kein Betrug mehr, kurz, keiner jener Mißbräuche mehr, die bisher die Wahlen fälschten, und sollte sich Jemand dessen schuldig machen, so ist derselbe sofort zu strafen. Ohne die Achtung vor dem Gesetze wäre die Republik nur eine Täuschung mehr für «4 Volk, und wir alle, die wir pro visorisch mit der Regierung betraut find, werden niemals zugeben, daß da- Volk daS Opfer eines JrrthumS werde und seine letzte Hoffnung verliere. P: y Margall. Portugal. Lissabon, 19. Febr. In der Sitzung der CorteS wurde von dem Mar quis von Avila darauf hingewiesen, daß eS angesichts der Ereignisse in Spa nien nothwendig erscheine, Maßregeln in Erwägung zu ziehen, um die Un abhängigkeit Portugals und seiner Institutionen vor jeder Beeinträchtigung zu bewahren. Amerika. New-Uork, 20. Febr. Der Präsident Grant hat eine Deputation von Farbig« empfangen, welche da- Ansuchen stellten, den Insurgent« auf Cuba die Rechte einer kriegführenden Macht zuzugestehen. Der Präsident erwiderte, er werde thun, wa- in seinen Kräft « stehe und mit feiner Pflicht vereinbar sei. Die neuerdings zwischen den Bereinigten Staaten und Spanien in Betreff Cuba'S gepflogene Correspondenz soll nicht ander- als auf Verlang« deS Kongresses veröffentlicht werden. Königreich Sachsen/ Dresden, 18. Febr. Der Redacteur der „Leipziger Grenzboten" vr HanS Blum, ist in einen neu« Preßproceß verwickelt worden, den der würtem- bergifche Justüminister Mittnacht gegen ihn wegen eines vor Kurzem in der genannten Zeitschrift veröffentlicht« Artikels über würtembergisch« Justiz-Zustände