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Morgenstunde nach der Kanzlei beschieden und ihnen hier der Wort laut der den Ständen vorzulegenden königlichen Proposition mitgeteilt. Mit Ausnahme Thurns waren alle Geladenen erschienen. Der Obcrstburggraf Adam von Sternberg hielt eine freundliche Ansprache, die insbesondere ans die Beschwich tigung der Protestanten berechnet war. Die Feststellung der Succession, so ließ er sich vernehmen, sei eine beschlossene und unvermeidliche Thatsache, es dürfte demnach besser sein, die selbe ruhig und gutwillig hinzunehmen und dadurch den künftigen König zum Danke zu verpflichten, als ihn durch eine nutzlose Widersetzlichkeit zu erbittern. Hierauf forderte er die Anwesenden auf, ihre Meinung nach Amt und Pflicht abzugeben. Der erste, der es ablehnte, dieser Aufforderung nachzukommen, war Wilhelm von Lobkowitz; er erwiderte, daß er erst im Landtage seine Meinung abgcbcn werde und beharrte ans seiner Weigerung, trotzdem daß der Kanzler ihm als einem Rate des Königs und des Landes zn sprechen befahl. Seinem Beispiele folgte Ruppa, der feine Verwunderung darüber ausdrückte, daß nur von der „Annahme" nnd nicht der „Wahl" eines Königs die Rede sei; er protestierte dagegen in seinem eigenen und mehrerer Freunde Namen. Der Oberstburggraf erwiderte hierauf: „Bewahre mich der Himmel vor der Vertretung einer solchen Ansicht, ich hätte denn zwei Köpfe." Der Oberstlandrichter, Herr von Talmberg, der zur königlichen Partei gehörte, entgegnete nichtsdestoweniger, er habe von Jugend auf gehört, daß deu Stäudeu vou Böhmen das Recht zustehe, ihren König frei zu wählen. „Es ist wohl richtig, lieber Freund", erwiderte hierauf der Kanzler, „daß wir uns vor anderen Völkern besonderer Privilegien rühmen nnd insbesondere des Rechtes, unsere Könige wählen zu dürfen, allein wenn wir dieses Recht beweisen sollten, so dürften wir übel daran sein, denn es findet sich unter nuferen Privilegien keines, das für nuser Wahlrecht einen Beweis abgäbe." Nach diesen Worten begann der Kanzler, der auf Ruppa's Einwendungen wohl vorbereitet war, eine umständliche Erörterung