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in dm nächsten Wochen vollständig von Frankreich gezahlt werden und die deut schen Truppen würden dann bereits im Monat März wieder zwei Departe ments räumen und sich auf Belfort zurück ziehen. Such kosten Pariser Jour- mle, daß bis zum nächsten Oct ob er die ganze Fünf-Milliarden-Schuld an Deutschland abgezahlt sein und daß sodann die vollständige Räumung Frank reichs von deutschen Truppen und eine Neuwahl der Nationalversammlung stattfinden würde. Mr wird eS auch in Frankreich nicht entschieden bester »erben, bis diese wwerhaarige und in ihrer Majorität reaktionäre Nationalve.- fammlung heimgeschickt ist. «uS Italien brachte die verflossene Woche keine Neuigkeit von einiger Wichtigkeit. In der Schweiz entbrennt der Kampf gegen den Baseler Bischof La ch a t und den Bischof von Genf immer hitziger. Die weltlichen Behörden gehen unerschrocken gegen die beiden Kirchenlichter vor und es ist gar nicht unwahrscheinlich, daß man beide ihrer Stellen entsetzen wird. Der Papst wird sich dem entschieden widersetzen, allein was wird eS nützen? Aus der Türkei brachte die verflossene Woche eine bedenkliche Nachricht. In Konstantinopel fürchtet man nämlich allen Ernstes, daß die Khiwa-Erpe- dition Rußlands eigentlich auf — die Türkei gemünzt sei. Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir bereits vor vierzehn Tagen diese Ansicht in einem Leit artikel „Zur Khiwa'schen Frage" (Erzgeb. VolkSfr. No. 26) ausgesprochen haben. Man glaubt in Konstantinopel daß die untere Donau bald eine wich tigere Rolle als der OruS in Asten spielen werde. Auch :n Wien soll die Ansicht anfangen vorzuherrschen. Unwahrscheinlich scheint uns eben die Sache gar nicht, denn jetzt wäre die „orientalische Frage" deshalb leichter m Fluß zu bringen, weil Frankreich halb lahm gelegt ist. In Preußen wirbeln die vier vom CultuSminister Falk eingebrachten Kirchengesttze viel Staub auf. Der Klerus scheint entschlossen, sich den Kir- chengesctzen, so viel in seiner Macht steht, zu widersetzen. Nachdem der Bischof Martin von Paderborn einen energischen Protest erlassen, der die Widersetzlich keit des vreußiseben Episkopats in Aussicht stellt, und der Bischof von Posen dem Beispiele seines Paderborner AnttSb-uverS gefolgt ist, soll nachdem „Wests. Merkur" eine Vorstellung deS preußischen Episkopats gegen die Kirchmgesetze au den Kaiser gelangt sein, welche an Offenheit und Entschiedenheit; der Sprache nichts zu wünschen übrig läßt. (Nach dem „Frkf. Journal" ist dies nicht ge schehen, und die „Germania" weiß nur von einer dergleichen Vorstellung an das Ministerium, deren Wortlant sie veröffentlicht.) Der niedere CleruS aber schickt sich an, die Bischöfe in Adressen seiner Zustimmung und Anhänglichkeit zu versichern. Deutschland. Berlin, 8. Februar. In der heutigen Sitzung deS Abgeordnetenhauses brachte der Abg. Lasker einen Antrag ein auf Einsetzung einer Commission von 7 Mitgliedern zu Untersuchung der Eisenbahn Verwaltung Bei der DlScusston über den früheren Antrag deS Abg. LaSker auf Vorlegung sämmtlicher Bahn- concessionen erklärte der HandelSminister Graf Jtzenplitz mit dem Anträge sich einverstanden und bat nur, ihm die nöthige Zeit zu lassen. Die gestrigen An griffe werde er actengcmäß widerlegen, sobald die Rede LaökerS stenographisch vorliege. Der Minister bestreitet, daß der Geh. Rath Wagener die ihm ver liehene Eoncesfion verkauft habe, und bebt hervor, daß die drei gestern genannten Eoncesstonäre, als sie um die Concersion nachsuchten, nicht übel beleumundet waren. Von dem, was der Abg. LaSker gestern vorgebracht, habe er keine Ahnung gehabt; jedenfalls sei die Sache genau zu untersuchen. Als Urheber eines großen Brandes Eppingen (Baden) ist ein Maurer geselle verhaftet worden; derselbe hat bereits eingestanden, daß er nicht nur die sen, sondern auch frühere Brände verursacht habe. Ein anderer gleichfalls ver hafteter Maurer gestand, ebenfalls an einem Brande schuld zu sein, und zwar habe er deshalb Feuer angelegt, um — die Arbeitslöhne in die Höhe zu treiben ! München, ö Febr. ES dürfte zur Charakteristik der Zustände in Bayern dienen, wenn wir die Mittheilung machen, daß dem bisherigen Vorstand der hiesigen Altkatholiken, Ober-StaatSanwalt v. Wolf, von höherer Seite bedeutet wurde, er könne nur unter der Bedingung auf Beförderung rechnen, wenn er aufhöre, der Vorstand deö Altkatholiken Comitb zu sein. Zugleich mit seiner Ernennung zum Direkter deS obersten Gerichtshofes drang deshalb auch die Nachricht von seinem Ausscheiden aus dem AgUatione-Comite der Altkatholiken ln die Oeffentlichkeit. Frankreich. Der Prinz Napoleon soll sich gegen einen englischen Staatsmann über die Wonapartistische Partei und über seine eigenen Pläne ausgesprochen haben, aus welchen Mitteilungen allerdings hervorgehen würde, daß der Prinz durchaus Line Neigung hat, Lulu als daS Oberhaupt der Partei anzuerkennen. Dabei hat Plonplon — die Wahrheit der Mittheilung vorausgesetzt — bis zu einem gewissen Grade ganz richtige Ansichten zum Ausdrucke gelangen lassen, indem er die Meinung anssprach, daß weder der Graf v. Chambord noch die Prinzen v. Orleans, an'ö Ruder kommen werden, sondern daß nur die Bonapartistcn und die radikalen Republikaner ernstliche Aussichten hätten; der Hauptkampf werde zwischen ihm und Gambetta statifinden. Einer Alliance mit Rußland, für Vie man in Frankreich im gegenwärtigen Augenblick» vielfach schwärmt, soll der Prinz nicht geneigt sein; dafür aber will er die Alliance des Westens, d. h. einen Bund zwischen Frankreich, England, Italien und Spanien; das Zustande kommen eines solchen Bündnisses könne, falls seine Partei ans Ruder komme, nicht auSbleiben, da dasselbe einerseits durch seine Verwandtschaft mit den Königen von Italien und Spanien bedingt und anderseits im Interesse Italiens sei, welches die franjöstschen Klerikalen nicht mehr zu fürchten habe, und in dem von England läge, welches Frankreich im Orient notbwendig habe. — Der Plan dürfte, wenn er wirklich gefaßt sein sollte, indessen daran scheitern, daß der Prinz unter solchen Umständen die Klerikalen als Gegner haben würde, die in Frankreich immer noch, namentlich wenn eS sich darum handelt, erst die Herrschaft zu gewinnen, nicht gering anzuschlagen find. Schweiz. In der Schweiz hat der Kampf zwischen dem Heiligm Stuhle und der dortigen Regierung, wie bereits mitgetheilt, durch die Ernennung deS vom Genfer StaatSrathe seines Amtes entsetzt:« Pfarrers Mermtllod zum apostolischen Bicar deS EantonS Genf mit bischöflichen Gewalten «inen international« Charakter angenommen, und allem Anscheine nach wird die Sache nicht in Gmf, sondern in Bern zur Entscheidung gelangen. Man darf auf den AuSgang gespannt sein. England. London, 6. Februar. Die Königin hat auf Vorschlag de« Herm Glad stone der Wittwe de- ertrunkenen CapitänS der „Northfleet", Fra« Knowles, in Anerkennung deS heldenmüthigen Betragens ihres verstorbenen Gatten bei de« Untergange dieses Schiffes eine JahreSpenfion von 50 Lstrn. aus der Civilliste auSgesetzc. London, 7. Februar. Die von Lord Granville in der gestrigen Sitzung deS Oberhauses über die centralastatische Frage gegebenen Mittheilungen haben im Wesentlichen folgenden Inhalt: Im October v. I. empfing die Englische Regierung von Rußland in Beantwortung deS Vorschlages, eine bestimmte Demarkationslinie zwischen den beiden Mächten in Centralasten zu vereinbaren, eine D pesche, in welcher Gortschakoff nach einer Rekapitulation deS historischen Verlaufs der ganzen Angelegenheit das Elnverständniß Rußland'- mit einem großen Theil der vorgeschlagenen Grenzlinie constatirt, zugleich aber seine ab weichende Meinung hinsichtlich der beiden Provinzen BadakShan und Wakhan darlegt. Nach einer Unterredung mit Graf Schuwaloff sandte die Englische Regierung am 8. Januar eine Depesche an den Englischen Botschafter in St. Petersburg, Lord LoftuS, von welcher Granville einen Theil verliest. ES heißt darin: . Graf Schuwaloff habe seiner Ueberraschung darüber Ausdruck gegeben daß sich aus Anlaß der centralasiatischen Frage m England eme gewisse Auf regung und Gereiztheit habe kundgeben können, während doch der Kaiser von Rußland keine Frage kenne, welche das gute Einvernehmen zwischen den beiden Mächten zu beeinträchtigen vermöge; allerdings, fuhr Schuwalloff fort, herrsche keine volle Uebereinstimmung in Betreff einiger Detail-, welche auf da- zwischen Clarendon und Gortchakoff über die Afghanische Grenze verabredete Arrangement Bezug hätten, aber dieser Umstand sei nicht geeignet, daö gute Verhältniß beider Länder zu stören. Der Kaiser stimme mit fast allen Verlangen Englands überein; eS bleibe allein der auf BadakShan und Wakhan bezügliche Punkt übrig, doch lönne der Kaiser unmöglich annchmen, daß sich daraus eine Ursache von Diffe renzen zwischen den beiden Staaten ergeben könne, und gebe er die feste Ver sicherung, daß dies nicht der Fall sein werde. Im Weiteren erklärte Graf Schuwaloff, daß die Erpedition nach Khiwa, welche im Frühjahr 4 s Bataillone stark aufbrechen werde, nur zum Zweck habe, räuberische Anfälle zu bestrafen und 50 gefangene Russen zu befreien, aber keine EroberungSpläne verfolge, und knüpfte hieran beruhigende Versicherungen in der positivsten Form. Lord Gran ville schloß seine Rede mit der Erklärung, in Anbetracht der in Rußland herr schenden Regierungöform sei jenen Versicherungen ein solches Gewicht beizu messen, daß sie der formellsten Verpflichtung gleich erachtet werden könnten. London, 3. Febr. Man schreibt der K. Ztg.: Der Winter macht end lich sein Recht geltend, seit gestern früh steckt London in einem mehrere Zok starken Schncefutteral und ist dadurch Drangsalen aller Art ausgesetzt, von de nen unsere an starke Schneefälle gewohnten deutschen HeimathSstädte keine Vor stellung haben. Zum großen Theile find fie komischer Natur, da die Leute stch höchst ungeschickt benehmen, wenn sie das ungewohnte Element unter den Füße» fühlen, zum Theil aber recht trauriger Art, da Beinbrüche und schwere Ver stauchungen in Menge vorfallen. Jnmitren der Schneemaffen, die von den Dächern fallen, und denen, die auf dem Plaster zu einem scbmutzigen Brei zu sammenschmelzen, ist eS schwer, mit heiler Haut vorwärts zu schreiten. Mühsam winden sich die schweren Omnibusse und Frachtwagen hindurch; die Droschke» halten sich von dem Schauplatze ihrer öffentlichen Thätigkeit sorgsam fern oder fordern überspannte Preise; zähneklappernd kehren schmucke Dienstmädchen den Schnee von den zu d n Hausthüren führenden Stufen, und die liebe Straßen jugend verbittert harmlosen Wanderern das Dasein durch rücksichtsloses Schnee- ballenwerfen. Alles dies gehört zur komischen Seite der Winterbescheerung. Traurig dagegen ist, daß Tausende von armen Leuten, zumal solche, die sich sonst ihr Brod auf der Themfe und in den Docks verdienen, durch den Frost mit Eincm Schlage beschäftigungslos werden und zur Straßenbeitelei greifen. In der Hauptstadt hilft öffentliche und private Mildthätlgkeit der vorübergehenden Noth noch ziemlich rasch ab, schlimmer dagegen ist es auf dem flachen Lande, und aus den Kohlendezirken von Wales, woselbst viele Tausende von Bergwerks- und Eisen arbeitern in einer massenhaften Arbeitseinstellung begriffen find, lauten die Be richte äußerst betrübend. So lange das Wetter milde war, gestaltete die Existenz der dort im Strike Begriffenen sich, wenn nicht gerade überaus behaglich, doch allenfalls erträglich. Ungleich schlimmer ist daselbst die Lage, seitdem Roth an Feuerung sich der schmalen Kost zugesellt. Große Schwärme bettelnder Frauen wandern von Hauö zu Haus und bitten um einen Biffen Brot. Die sonst so starken, rüstigen Arbeiter auS den Eisenwerken schleichen gebeugten HaupteS und blaffen Angesichts daher WaS zu versitzen war, ist längst verpfändet, nochdürftig schützt die leichte Kleidung sie gegen den plötzlich ein getretenen Winterfrost. Aber trotz alledem ist vorerst noch keine Aussicht auf eine Wiederaufnahme der Arbeit vorhanden. Die Effena.bester möchten wohl gern, aber so lange die Kohlenar beiter, die von ihren Gewerkvereinen wöchentliche Unterstützung erhalt:» und von diesen zum Ausbalten gezwungen werden, auf dem Strike beharren, fehlt eS den Eifenhütten an Brennstoff und somit den Meistern sowohl wie den Arbeitem an der Möglichkeit, die unterbrochene Arbeit wieder aufzunehmen. Wie viel unverschuldetes Elend dadurch erzeugt wird, davon können wir Städter unS kaum einen Begriff machen, und wie lange dieser Zustand noch anhalten wird oder auch anhalten kann, ohne daß die Leute zur Verzweiflung getrieben werden, entzieht sich jeder menschlichen Berechnung. Königreich Sachsen. Dresden, 10. Febr. DaS gestern Morgen 9 Uhr vom Leibarzt vr Fiedler auSgelegte Bülletin lautet: Ihre Majestät die Königin haben die Nacht über gui geschlafen, der Appetit hebt sich, die Kräfte nehmen zu. Unter der Ueberschrift „SocialeS Wahrzeichen" bringt der „Dresdner Volksbote" folgenden freundlichen Herzenserguß: Fast täglich liest man von Bränden, die durch Unvorsichtigkeit oder Spielerei stch selbst überlassener Kinder, veranlaßt worden find. Nun öffnet einmal eure Ohren, ihr menschenfreundlichen Manchesterapoftel, Capitalmachrr, Arbeiterpatrone und wie ihr sonst heißen mögt, wir wollen euren schwerfälligen Begriffen zu Hülfe kommen. Nach dem ehernen Lohngesetz ist der Mann zugestandenermaßen nicht im Stande, seine Familie zu erhalten, die Krau muß mit hinaus an die Maschinen und Webstühle. Könnt ihr euch nun ein Bild macken, was unterdeß aus dm Kindern wird? Nein das könnt ihr nicht! Damit hat stch jene Masse, die ihr in euren Schädeln mit herumschleppt, und die bei vernünftigen Mmschen Gehirn heißt, nie be schäftigt. Daß die Heranwachsende Generation einer gräßlichen Entartung ent gegen gehen muß, das kümmert euch nicht: „oprb, »oa» le äelogc I" Aber daß euch die Regierung beim Kopfe nehmen mußte, wenn die durch euer Trei ben verlassenen, verwahrlosten Kinder dem Gemeinwohl gefährlich werden, da begreift ihr? — Nicht l Nun, dam werdet ihr vielleicht begreif«, wem dte- Gefchlecht groß geworden, und euch einst dm rothen Hahn auf- Dach setzen wird!"