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«iltlrrmund kleinen Staaten, daß Bayern namentlich in allen und jeden Ding« auf Preußen angewiesen seien und daß jede Entwicklung von dort au-geb-n müsse, immer allgemeiner wird. Und doch — muß nicht das außerordentliche gcmülhiiche Stillleben, das bei uns auf jeden Anlauf zur bescheidensten Aktion sofort immer einzutreten pflegt, jede Hoffnung, daß auch unser Staat nach dieser und jener Richtung einmal «ine kräftige Initiative ergreifen wird, gründlich be seitigen? Wenn man die Hindernisse in'S Auge faßt, die stch gerade in Preu ßen einem kräftiasu Vorgehen auf kirchlichem Gebiete entgegenstellien, und ander seits den irischenAnlauf, den man hierin bei unS anfangs nehmen zu wollen schien, und nun dagegen hält, wie unendlich weit man verhältnißmäßig in Preu ßen vorwärts gegangen ist, wie bei uns dagegen auf den ersten Schritt vor wärts ein langer, langer Stillstand erfolgt ist, dann kann eine solche Vergleichung wahrhaftig nickt zu Gunsten unseres Staates ausfallen. Und doch erscheint eS unS als eine Hauptaufgabe auch der mittleren Staaten, ibre Triften, vor all m dadurch zu erweisen, daß ste selbstständig an der Entwicklung der Nationen Mitarbeiten und nicht bloS— oft sehr widerwillig — stch vom nationalen Strom mit forttragen lassen. Daß man dies nicht länger bei uns verkennen, und daß man die Achtung, die man dem bayerischen Rainen in Deutschland so gern ,u- gestebt, nickt durch Mangel an jeder Tha,kraft und Initiative verscherze, ist ge wiß der Wunsch eines jeden gMen Bayern/' Und wir meinen, die „Erl. Wochenschrift" hat vollständig recht, hat ein wohlgemeintes, patriotische-Wort ganz zur rechten Z it gesprochen. Möchte das wohlgemeinte Wort betreffenden OrtS Beherzigung finden! Deutschland. Hamburg, 5. Febr. Einem Londoner Telmramm der „Börsenhalle" zufolge ist gegen die Eigenthümer deS Dampfers „Murillo", obgleich dieselben tSpa-.ische Unterthanen sind, auf den Rath juristischer Autoritäten bei dem Englischen Admiralitätsgerichte eine EmschävigungSklage eingeleitet, «eil der Zusammenstoß mit dem „Northfl-et" in Englischen Gemässem st'ttgefunden hat. Der geforderte Schadenersatz beläuft sich auf 14,000 Lstr. Den Beklagten ist bereits die Vorladung zugegangen. Frankreich. Paris, 6. Febr. DaS Echo de Ltlle bringt heute weitere Enthüllungen deS Obersten Limard über die Kriegöverwalmng unter dem Kaiserreich. DaS betreffende Domment lautet r Ich habe Ihnen von dem Kn-gSgeräch gespro chen; heule will ich über den Zustand des Personals der Armee während der letzten Jahre deS Kaiserreich- sprechen. 1866, nach Gakowa, wurde General JeanningroS zum Commandanten deS Unter-MilitärdistrictS vm Lille ernannt und am Tage nach seiner Ankunft berief er alle oberen Officiere zusammen!: Infanterie, Artillerie, Genie und Intendantur. Nachdem wir alle versammelt waren, sagte er zu unSr „Meine Herren! Ich bin vom Kriegs-Minister er mächtigt, Ihnen zu sagen, daß wir bald in- Feld rücken werden. Ich komme au- Merlco, und es sind vier Jahre, daß ich meine Frau uns Kinder nicht gesthm. Ich verlangte vom Marschall eine Erlaubniß von 48 Stunden, um iie zu sehen; er verweigerte sie mir. ES liegt also Dringlichkeit vor. Ick habe Sie berufen, um mir über die Streitkräfte meines EommandoS Aufschluß zu geben." Dann befragte er jeden Chef. Oberst Labarth (vom 6. Infanterie- Regiment): „Wie stark ist Ihr Regiment?" Antwort: „1080 Mann." — Oberst Giraud (vom 57.) „Und das Ihrige?" — „1080 Mann." — Com- mandant Lienard (von der Artillerie, er ist der Verfasser deS DocumemS): „Haben Sie da- zur Bertheidigung deS Platzes nothwendige KriegSgeräth? Wie viele Kanonen?" — „Ich habe nichts." — Oberst Jahan (vom Genie): „In welchem Zustande befindet stch der Platz Lille?" — Antwort: „Die Cre- due sind unterdrückt worden. Der Platz ist offen, der Wall ist nicht beendet und die Vorwerke nicht in Angriff genommen." — Zum Unter-Jntensanten: „Wie steht eS um die Magazine?" — „Sie find leer." — Der General war wie zu Boden geschmettert. Die liller Regimenter hatten nicht em Drittel ihres Bestandes und da- nämliche war mit 88 anderen der Fall. Um die Kavallerie > war eS noch schlechter bestellt. 1867 stellte der Kaiser bei seinem Besuche in > Lille die nämlichen Fragen und erhielt ähnliche Antworten. 1870 bewies das PlebiScit, daß dH Armee (Combattanten und Nicht-Combattanten) aus 327,000 statt 450,000 Mann bestand, dessen Eristenz durch die 450 Millionen deS i KriegSbuvgetS indeß dargethan zu sei« schien. ... Am 15. Juli 1870 wurde in der Kammer die famose Erklärung GramontS zum Besten gegeben, welche die Vorrede zur Kriegserklärung war. Am 16. Juli fragte der KriegS-Mmi- - fier, wie viele Batterien ein jedes Artillerie-Regiment stellen könne. Als Ant wort erhielt er, daß jedes Ij, einige 2 Batterien, die 20 Regimenter alsohöck- stenS 40 Batterieen stellen könnten, und dieses für 300,s 00 Mann, die 200 Batterieen gebrauchten. „FrancaiS" äußert, eS sei gegründete Hoffnung vorhanden, daß die fünfte Milliarde im October gezahlt sein werde. Italien. Wie der vaticanische Chronist der „Gazzetta d'Jialia" mitiheilt, hat Hr. v. CorcelleS, welcher da- Unglück gehabt, den ganzen Haß der Herren J-sutten auf sich zu laden, dem Papst unumwunden erklärt, daß der Heilige Stuhl für seine polnischen Zwecke nicht auf Frankreicy zählen könne, und daß aucy nach de« Rücktritt oder dem Tode Thi-rS' keine Partei die Interessen deö Lande- so verkenn m werde, um dasselbe zu Gunsten der weltlichen Herrschaft) des Papste- in Conflicte zu verwickeln, die eS in den Abgrund stürzen würden. Auch von den übrigen Mächten sei nicht- zu erwarten. —DaS dürfte stimmen; denn wenn Frankreich den Papst erst fallen läßt, so werden eS die andern Mächte gewiß »thun. Rach dieser Unterredung soll der Heilige Vater denn auch dem Cardinal , Antonelli erklärt haben, daß ftme Hoffnung nur noch auf Gott beruhe. — So ^gehört es sich übrigens auch für einen Papst! Schweiz. Bern, 2. Febr. Der „Bund" erörtert die kirchenpolitischen Zer würfnisse und kommt dabei zu folgenden Schlüffen: „Die fünf Diöcesanftände, «welche Lachai entsetzt haben, sind weit entfernt von einem Angriff auf die katholische Religion al- solche; sie verlangen die Entfernung derjenigen Ele- mente, mit welchen unsere republikanisch-demokratische Staatsordnung sich nicht verträgt und fordern im Uebrigen da- Domkapitel zur Wahl eine- BiS- , thum-verweserS auf. Die Cantone stehen mit diesem Begehren auf vollkommen correcte« Boden. Wenn da- Domkapitel die verlangte Wahl »ornimmt, so ist , voraussichtlich die KrifiS beschwichtigt; stehen demselben aber die Personen La- «hat und Luret (der Kanzler und da- Factotum des Bischof-) Höber, als der tkandrSfriede, so wird die Aufregung noch «eh: steigen und vielleicht alle Schranken durchbrechen. Der endliche Sieg, darüber wohl Niemand i» Zweifel sein, wird nicht den römische« PrLtensionen, sonder« den angestammte« volkSthümlichen, republikanisch-demokratischen Institutionen unseres eigene« -an- des gehören. Werden die Dinge von klerikaler Seite auf die Spitze getrieben, so muß schließlich die Intervention des Bundes eintreten und für dies« Fall haben die Kämpen für SyllabuS und Unfehlbarkeit kaum viel Erfolg zu hoff«. Sie wissen wohl, «essen ste sich von den Behörden zu versehen haben, welche die Gesammtheit deS Schweizervolkes darstellen: ihr politischer PartikUlariSmuS ist nicht eine Politik deS Gefühls und der Ueberzeugung, sondern eine Politik deS nacktesten ParteiintereffeS. Sie scheuen dem Lund und seine pamälischen Institutionen und von ihrem Standpunkt aus mit Recht. Eine eidgenössische Intervention in der vorliegenden Diöc.sanfrage kann ihnen daher nicht ange nehm sein; von allen wahren Vaterlandsfreunden müßte dagegen eine solche Intervention freudig begrüßt werden; sie würde sofort die ganze Frage auf den Boden stellen, welcher der allein richtige ist, auf den Boden deS schweizerischen StaatSrechteS. Vielleicht werden die Dinge nicht bis zudem A-uß-lstm gedeihen. Was aber auch kommen mag, wir beglückwünschen di- fünf Diöce- sankantont dafür, daß ste den Muth gehabt haben, dem Andrängen deS jesuiti schen UltramontaniSmuS in der Schweiz die Spitze zu bieten und einer politischen Propaganda Schranken zu setzen, welche bei ungestörter Wirksamkeit unfehlbar ein viertes Mal unser Vaterland blutigem Bürgerkrieg entgegengeführt haben würde" Spanien. Cadtr, 5. Fbr. Der englische Consul beantragte gestern die Beschlag nahme des Sckiff-S Murillo und dessen Capitän. Die Mannschaft, welche wäh rend deS Zusammenstoßes die Wache hatte, ist als gefangen am Bord eines Kriegsschiffes zu bringen und die übrige Mannschaft am Bord der Murillo zu bewacken und derselben nicht zu gestatten an'S Land zu gehen. In Granada wurde eine Militär Verschwörung im Carlistischen Sinne entdeckt. Neunzehn Sergeanten wurden ftstaenommen. Rußland. Petersburg, 4. Februar. DaS „Journal de St. PeterSbourg" meldet, daß die vor drei Jahren begonnenen Unterhandlungen Rußland- und England- über die centralastatische Frage in Bezug auf Feststellung der Grenze für die beiderseitigen G bt t- und rücksichtlich der von beiden Staaten zu beobachtenden Handlungsweise zum Abschluß gelangt seien und zu einer vollständig befriedigende» Uebereinstimmunq geführt hätten. Rußlan)- Politik in Eeniralasten, wie in Europa sei nur auf Erhaltung und Sicherung deS Friedens gerichtet, wie ihm dies von seinen eigenen Interessen vorgeschrieben werde. Königreich Sachfen. Dresden, 3. F:br. Auf dem hiesigen Leipziger Bahnhofe haben gestem ungefähr 70 Arbeiter, Weichensteller und Wagenwärter, die Arbeit eingestellt, weil ihre Forderung um eine Lohnerhöhung nicht angenommen worden war. Wie die „Dr. N." hören, sollen heute bereits durch Heranziehung anderer Ar beitskräfte die Lücken wieder auSgefüllt worden sein. Dresden, 5. Februar. Heule Morgen ist im königl. Oberhofmarschall amte über das Befinden Ihrer Majestät der Königin das folgende Bulletin auSgelegt worden: „Ihre Majestät die Königin haben die Nacht ziemlich gut verbracht und weniger gehustet. Die Fiebererscheinungen find geringer. Die hohe Kranke fühlen Sich aber sehr schwach und angegriffen. vr Fiedler." Nachmittags 2 Uhr war der Zustand Ihrer Majestät noch unverändert derselbe, wie heute Morgen. Auch haben Ihre Majestät mit ziemlichem Appetit einige Stärkungsmittel zu Sich genommen. Zwickau, 5. Febr. Ein gestern Abend gegen 7 Uhr «it erstchtlicher Localkenntniß und raffinirter Berechnung in unserer nächsten Nachbarschaft, auf Schloß Planitz, auSg> führter Raubanfall beschäftigt auf das Lebhafteste die Ge- müther. Zu gedachter Zeit drangen plötzlich 3 Männer in das von der Straße aus zu üb-rsehende, in der Nähe deS ThorwegeS gelegene v. Arnim'sche Eanz- leilocal. Zwei von den Eindringlingen überwältigten die im Locale noch allein anwesenden Herren Secreiär Rudert und ErpeditionSbeamter Kaufmann, wäh rend der dritte sich über den offenstehenden Geldschrank machte, worauf dann alle drei eiligst v-rschwand-n, ohne daß den so unvermuthet Ueberfallenen ir gendwie Gegenwehr oder Hilferuf mö„lich gewesen wäre. Als Bellte brachten die Räuber, soviel jetzt verlautet, für 12,000 Thaler zu Ostern zahlbare Cou pons, ziemlich w-rthloS natürlich in solchen Händen, und für ca. 1000 Thlr. baareS Geld davon, während ste auf der eiligen Flucht für 1600 Thlr. Pa piergeld, bestehend in 1 Paqu-t von 1000 Thlr. in 10 Thalerscheinen, 1 der gleichen von 500 Thlr. in 20 Thalerscheinen und einen Hundertthalerschein, verloren haben, welche in der Nähe deS Schlosses wieder vorgefunden wurden. Außerdem fehlen noch 8 Zwickauer Sparkassenbücher. Eine nähere Personal beschreibung liegt nach Lage der Sache bis jetzt noch nicht vor, doch hat die Magd eine- benachbarten Gutsbesitzers zu gedachter Zeit einen Mann in Hut und Brille höchstwahrscheinlich behufs der Verstellung angelegt, vorbeilaufen sehe». Hoffentlich werden die Uebelthäter der strafenden Gerechtigkeit nicht entgehen. Buchholz, 2. Februar. In der Nacht von Freitag zum Sonnabend ist unweit Jöhstadt ein Schuhmacher auS Grumbach erfroren aufgefunven worden. Feuilleton. * Ueber einen historischen Rheumatismus geht der StaatSbürger- Z-itung folgende interessante Mittheilungs zu: „ES war im Jahre 1846, als ein Seconde-Lieutenant der damals noch eristirenden Landwehr-Uhlanen von ei nem F-ldmauöver bei Freiwalde in Pommern mit seinem Burschen nach der Stadt zurückkehrte. Der Herr Lieutenant mochte nach den Strapazen der Uebung wohl sein behagliches Quartier im Sinne haben, denn im sausenden Galopp sah man die beiden Reiter dahin sprengen. Plötzlich, als ste gerade den Sta- ritzsee passtrten, stürzte das Pferd deS Burschen und warf seinen Reiter kopf über in den an dieser Stelle besonders tiefen See. Der deS Schwimmens M- kundige Mann schien verloren; da springt der Officier, die Gefahr erkennend, vom Pferde und wirft sich ohne Besinnen in die Finthen, aus welche« er denn auch mit großer Anstrengung und eigener Lebensgefahr den Ertrinkenden heMS- holt. Da es von der Stelle des Unglücks bis M Wohnung de- Lieutenant noch weit war, so mußte derselbe einen länger« Ritt in der duHnäßten Klei dung bestehen, was zur Folge hatte, daß der edle Retter eine- Menschenlebens seit jener Zeit als Erinnerung an seine hochherzig« That rin rheumatisches Uebel mit sich herumschleppt. Der damalige Bursche de- Herm Lieutenant «her hat sich von seine« Herm nicht mehr getrennt und fungirt zur Zeit noch al-SD- ferim Dienste dr-Ersteren; dieser aber, trägt heut« noch mit Stolz daS Wi-