Volltext Seite (XML)
Die Schweiz fährt fort entschieden und mannhaft gegen die Ultramon tanen aufzutreten. So hat am 48. Zan. hie Baseler Diocesan-Conferenz mit 5 gegen 2 Stimmen (die bigott katholischen Luzern und Zug) die «bs-tzung tzeS äußerst widerhaarigen Baseler Bischofs ausgesprochen. Der Bischof wird allerdings feierlichst protestiren, allein^ wird ihm wenig nutzen. Aus dem Deutsche« Reich ist zu melden, daß die GesammtauSprägung von den neu n Goldmünzen in allen Münzstätten des Reiches bis zum t>. Zan. d,J. 433 Mill. 854 836 Mark betragen hat, wovon 339 Mill. 115 780 Mark in Zwanzigmarkstücken und 94 Mill. 739,059 Mirk in Zehnmark stücken belieben. Wann werden denn aber diese massigen Millionen Goldmünz'N ihre Rundreise durch daS deutsche Reich und die Welt antreten? In unsere Berge haben sich bis jetzt bloS einzelne Stück n von den 433 Millionen verirrt. — Der Klotten-GründungSplan, welcher der nächsten Reichs lagSsssion vorgelegt werden wird, nimmt den Bau einer größern Unzahl von Torpedo-Booten, schwimmenden Batterien und Monitors zum Küstenschutz in Aussicht. — D m Bund.Srath ist der preußische Entwurf einer Llrafprozeßordnung für daS R ich mit dem Antrag vorgelegt worden eine aus deutschen Juristen bestehende Com misston mit der Anfertigung eines Entwurfs zu beauftragen. Die Vorlegung dcS MünzgeseheS wird demnächst erwartet. Auch ein Gesetzentwurf über eine Börsen stell er für das deutsche Reich ist in der Arbeit. — Die allgemeine Militärvfhcht treibt in Preußen fortwäyrend eine bedeutende Anzahl junger Männer über daS Me r. In einer und derselben Nummer des „Oeffnt- lichen Anzeigers" (Amtsblatt) des Regierungsbezirks Stralsund finden stch hinter einander 1 gerichtliche Ediktalladungen gegen nicht w Niger als 340 Militär pflichtige und Wehrmänner die wegen unerlaubten AuSwandeznS ber- itS verurtheilt worden sind oder zur Untersuchung gezogen w rd-n sollen. Die Türkei will daS stehende Herr auf 100,000 Mann ermäßigen. Recht schön und gut; allein der Herr Türke wird stch doch etwa von Rußland nicht überlisten lassen, und wird entwaffnen, damit man dann um so leichter mit ihm fertig wird? In Rußland werden die Vorbereitungen zur Expedition gegen Khiwa sehr geheim betrieben; eS dringt nichts darüb r in die Oeffentlichkeit, als daß wirklich die Absendung dreier militärischer Kolonnen beschlossen worden sein, welche die Aufgabe hätten, concentrisch gegen das Chanat vorzudringen. Die Ausrüstung der Expedition dürfte nicht vor dem Spätfrühjahre abgeschlossen sein, da Winbrfeld,üge in den eigentlich n Gebieten dcS kontinentalen Klima'S zu den ixfährli^sten Wagstücken gerechnet werden müff n. Deutschland. DaS gewerbtreibende Publikum, welches bekanntlich in der Annahme von ZinScouponS als Zahlungsmittel sehr coulant ist, machen wir darauf aufmerk sam, daß Coupons der italienischen Eisenbahn, als deren E nlösungSort u. A. Frankfurt a. M. angegeben ist, nur unter gleichzeitiger Vorzeigung der resp. Obligation eingelöst werden; einzelne Coupons find muhin völlig werthloS. —- Die Modalität müßte unseres Erachtens für alle CouponSeinlösungen eingeführt werden, damit dem Unfug, derartige ZinSanweisungen an Zahlungsstatt in den Verkehr zu bringe», was oft noch vorzeitig geschieht, doch endlich ein Ende ge macht werde. Berlin. Die „D. R.-C." schreibt unter« 31. v. M.: die gestrige Hofcour bet dem Kaise.paare ließ, nach den Mitthcilungen derjenigen, w iche derselben beizuwohnen, Gelegenheit hatten, namentlich den reichen Dammflor »ermiffn, durch den fie diese Hoffestlichkeiten, stets aus zeichneten, so daß so gar n »geadelte Damen der Börsenaristokratie in den Vordergrund traten. Ra mentlich wurden v'ele Conseroative bei diesem Feste vermißt, und man «eint, daß diese dadurch ihrem Groll wegen der KreiSordnung Ausdruck geben wollten. Auch Fürst Bismarck war zu dem F ste nicht erschienen; er hatte stch w gen s ineS leidende, ZukandeS entschuldigen lassen. DaS Organ deS Bischofs von Mainz, daS ,,Mainzer Journal" vom 25. v. M. enthält in einem Leitartikel, welcher die Falkschen Gesetzentwürfe be spricht, folgende bemerkenSwerthe Stelle: „Nachdem man an den Altkatholiken schlechte H dämmen für daS zu gebärende Kind einer germanischen National kirche gefunden, sucht man die Zange der GesetzeSmackerei anzuwenden. Der Dusel deS Germanismus bat dermaßen alle Köpfe verrückt, daß man wahrlich keinen Grund mehr hat, schlechte Witze über die „Aloiro «le l» xeonäo „tinn" m machen. Deutsch; nichts als Deutsch und immer wieder Deu'sh! Deutsche Wissenschaft, deutsche Kunst, deutsch: Sitte, deutsche K rche, deutsch: Gottesfurcht, wenn daS so weiter geht, dann kann eS gar nicht auSbleiben, daß mit den an-eren Eigenschaften auch die Dummheit und Narrheit urgermanisch Werden." Frankreich. Paris, 29. Jan. ES ist nicht begründet, daß man in Wien ein beson deres PalaiS für ThierS gemiethet hat? ThierS wird beim framöstschen Bot schafter wohnen und stch gleich nach der Bezahlung der vierten Milliarde nach Wien begeben. Portugal. Lissabon, 31. Januar. In Folge eines unter dm Maschinisten und Heizern der Portugiesischen Eisenbahn auSg brochenen StrikeS ist die B förderung der Güierzüge eingestellt. Die Kurlerzüge kurstr n noch und werden von den ausländischen Angestellten geführt. Die Regierung w rv daS Einschreiten v-r G richte gegen die Sinkenden veranlassen. Die Eisenbahncompagnien woll n noch mehr ausländisches Personal zur Wiederaufnahme des Betriebes heranziehen. Serbien. Belg rad, 30. Jan. Nachdem die Groß Zworniker Türken d n Bazar sperrten, tue vornehmsten Christen gefangen nahmen und drohten, ste würden die Kirche an zünden, falls ihnen nicht die Glocken auSgelieferc würden, fo mußte letzterer Forderung willfahrt werden. (Griechenland. Athen, 29. Jan. Der italienische Gesandt« brach die Beziehungen zu dem griechischen Minister deS Aeußern ab wegen eines beleidigen dm Briefes, die Laurionfrage betreffend. Amerika. In einer Betstunde in Washington wurden heiße Gebete zum Himmel gesmdet, daß der liebe Gott die moralischen Eigenschaften der ZeitungS-Redac- teure verbcffern möge. Königreich Sachsen. Utber den Stand der Kasernirungen in Sachsen, wofür 1868 der Landtag dem KriegSministerium einen Vorschuß in Höhe von 1,400,000 Thlr. zur Ver fügung gestellt hatte, gtebt da- letztere jetzt dem Landtag Rechenschaft. E- find seitdem Kasernen in Zittau und DreSdm gebaut worden, die fiir die Infanterie in Zittau kostete incl. Ausstattung 250,200 Thlr., die Dresdner Schützenkaferne 361,700 Thlr., wozu die Stadt Dresden 30,000 Thlr. zuschoß, wie auch Zittau große Opfer brachte. Ein Bataillon zu kaserntren kostet mindestens 110,000 Thlr. Von Bunde mitteln find außerdem seither gebaut worden Hospitäler in Dresden, Rochlitz, Großenhain und M ißen, Ererrierhäuser in Dresden und Freiberg, 2 Heergeräthschuppm in Dresden, ebenda Magazinschuppen zur Unterbringung von 33 000 Entner Körner- und 15,000 Centner Rauhfutter, Dienstgebäude für die Kommandantur, den Generalstab, das Obe-kriegSgericht und die G.nie- direction in Dresden, endlich Pulverhäuser in Bautzen und Zittau. Zu Ka sernen,wckm sind keine Bundesmittel vorhanden. Von dem erwähnten SandeS- vorschuß lind 40,000 Thlr. als unvrzinSliche Vorschüsse an R itergarnizon- städte gewährt worden - außerdem wurden verbaut 199,600 Thlr. für Kasernen in Chemnitz, 95 200 Tblr. in der Pl'ißmburq in Leipzig, 146,200 Tblr. für Kasernen und N uhauS in Oschatz, 187,000 Thlr. für Kaserne, Ererrierplatz u s. w. in Frew rg. Gegenwärtig sind noch 7 Bataillone nicht kasernirt r in Zwickau, Plauen, Ickweb-ra, Kamenz und Meißen, sowie in Marienberg und Freiberg, die jedoch noch in Kas rnen nach Chemnitz und Freiberg ve'l'gt werden. Wie uns aus Oschatz mttgetheilt wird, bat stch am Dienstag während der Kr^nprinzllch n Ja w ein schöner Nwbock, aus dem Gebüsch stürz nd, derartig verirrt, daß er einem Treiber gerade in'S G sicht sprang, ihn umriß und da derselbe rasch im Fallen seine Arme um daS Thier oeschlunqen, mit ihm auf der Erde Herumkoll rte. ES kamen Leute dazu, die den tollkühnen Rehbock mit fest hielten und vor den Kronpnnzen druckt n, der ihm die Freiheit wiedergab. Das geängstete Tbier mag nickt schlecht g laufen sein und der Treiber wird ihm wohl etwas grämlich nachgeschaut haben. Ein Reh auf der Jagd zu umarmen und weiter nickt- als ein blutiges G »tickt davon m tragen— ist freilich nickt erh iternd. A e » i ! l et o n * Wenn in Kalifornien der Klingelbeutel in der Kirche herum gebt, wird Jed r noch besonders zum Geben aufgefordert. Gin ehrlich auS- sebender Goldwäscher saß in einem Kirchenstuhle, und als stch der Vorsteher mit dem Klinqelb'Utel näherte, entspann stch folgende» Gespräch: Vorsteher: „Komm. Will m, gieb etwas." Goldwäscher: „Kann nicht " Vorsteher: „Warum nicht? Ist die Sache keine gute?' Goldwäsch.r: „O ja gut ge nug, aber ich kann nichts geben." Vorsteher: Na. na, daS w iß ich besser; du mußt eine bessere Ausrede machen, als diese." Goldwäscher: „W-ll, ich bin zu arg in Schulden. Erft muß ich Schulden bezahlen, ehe ich Geschenke machen kann." Vorsteher: „Aber Willem, du schuldest Gott M'hr, al» irgend eine« Menschen." Goldwäscher: „Dat ist wahr, aber er drängelt mich nicht so, wie meine andern Gläubiger." * Adelaide. Weiße Koh'en in Australien. Auf dem australischen Kontinente hat man einen neuen Brennstoff entd ckt, den man dort ..weiße Kohlen" nennt. Er besteht au» einer Art verfilzter Pflanzenfasern, zwischen de nen stch ein feiner Sand befindet und hat ungefähr die Conststenz eine- Weizen- kuchen», ist leicht entzündlich und brennt mit Heller Flamme. Die weißen Koh len b decken ganze Landstriche, brauchen nicht erst au- der Erde gegraben zu werden und werden bereit» in groß n Massen zur Feuerung verwendet. -^öffentliche Gerichtsverhandlung. Eibenstock, 29. Januar. Bor dem hiesigen Königl. Bezirksgerichte er schien in der beute unter Zuziehung von Schöffen abgehaltenen Hauptverhand- lung de- Handarbeiter Ernst Hermann Friedrich Livpold wn hier, 47 Jahre alt, unter der Anklage vollendeten einfachen D: bstahl». Der Tatbestand ik folgender. Während des letzthin hier abgehaltenen Jahrmart S, 4. Novbr. p., batte Angekl igter da» Pseed deS zugereisten Fuhrmann» Lichtenberg r in daS Gasthaus zum Stern geführt und dort mit dem E q nthümer de» P'erde» eine ordentliche Mahlzeit eingenommen. Beide, Lippold und Lichtend rg r, gingen bald daraus zum Schnaps und erü-rer trank, seiner eignen AuS aqe zufolge, „a seins paar Rätterle", die der Fuhrmann b zahlte. In vielleicht etwas an geheitertem Zusta ve ging hierauf Lippold an den Mark stand deS Ausrufer- und SchuntwaarenhändlerS Fink l und kaufte dort 4; Elle gewöhnliches Hosen- zeuq. Zm Begriffe damit fortzugehen, wurde er jedoch vom Verkäufer zurückqe- rufen und zur Bezahlung aukqefowert Hierbei richtete sich die Aufmerksamkeit d S Jnrulpaten auf daS wohlgefüllte Portemonnaie d S Verkäufe», daS er im verm iN'lich unbewach en Augenblick: zugleich mit d-m eignen in seine T'sche verschwind n l eß »>w dam t nach dem Stalle de» Gasthauses zum Stern m ück- gmg, um angeblich dem Piwe des Fuhrmanns Licht 'ckerger H u aufzustecke», in Wirklichkeit aber seinen Raub in Sicherheit zu bring ». Svät r nach dem Neuma kt zur ckge'ehrt, wurde h er Znculpat, auf dessen Person sich der Verpacht des liebst tkls IN zimich bestimm er W ise gelenkt hatte, vom G'N am Stübner arrelirt u w nach vor, nonmner B sitalion im Beisein d S Pol'zewimerS Uhlig um da» Verbl lben deS Portemonnai 'S befragt. Die Wächter d'S Gesetzes hatten einen n'chiS we üg r a<» schw ren Stand, denn der vlumper W i''e gelungenen That stand nicht im Entferntesten die Pf fstgkeil deS UrkeberS zur S ite. AnsangS legte stch der V drängte zwar aufs Leugnen, suchte sogar die Pe son d S schon genannten Fih-manuS zu verdächtigen, räumte jedoch zum guten Ende doch ein, daß da» Port monnaie,. „wmn er eS schon einmal haben sollte," im Stern liegen müff» und lnkte nach elnigen Winkelzügen endlich die Aufmerksamkeit der B treffenden auf die Krippe, wo das Portemonnaie mit Inhalt im Betrage von 23 Thlr im Futter versteckt vorgefunden und dem Eigenthümer in der Folge wieder einqehändigt wurde. Denin der Vorunterjuchung unbedingt zugestrndmen Sachverhalt suchte Znculvat während der Hauptverlhandun z durch d ie Behaup tung zu m ldern, daß er total betrunken gewesen sei und daher das Portemonnaie nur in völliger Zerstreuung, also ohne Bewußtsein der Thit an sich genommen habe. Damit standen allerdings die ZugenauSsageu in Widerspruch. Dr in dieser Eigenschaft vernommene Hausbesitzer Gottlob Zeuner aus Oberstützengrütt versicherte mit Bestimmtheit, gesehen zu haben, wie Jlculpat das fragliche Portemonnaie allmälig an stch gezogen und mit dem seinigen zugleich in die Tasche gesteckt habe. Auch die Aussagen deö Gendarm Stübner und deS Polizeidieners Uhlig einigten sich dahin, daß die Trunkenheit deS Jnrulpaten, obwohl wahr nehmbar, durchaus nicht der Art gewesen sei, daß ein Zustand von Besinnungs losigkeit angenommen wnrden könne. Die AuSsthrung der Königl. Staatsan waltschaft bezog sich auf die Han;lungSweise, um durch dieselbe, insofern sie Bewußtsein und Ueberlegung bedingte, die Zurechnungsfähigkeit de» Jnrulpaten bis zur Evidenz nachzuweisen. Der Gerichtshof trat dieser Ansicht bet und belegte den bis j ht mit Ausnahme einer Berurtheilung wegen Sachbeschädigung und Beleidigung noch nicht bestraften Jnrulpaten mit 6 Monaten Gefängntp.