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(13744- 45) * - bis zu einem Höchstbettag von mit Zeugnissen bei uns einzureichen. Chemnitz, den 23, December 1872. Clauß. E«Ke»-eschtchte. Der Rath der Stadt Chemnitz Vetters. da- „D. W. Bl": ,,Unbeschadet der Autorität des halbamtlichen Organes liegt eS doch auf der Hand, daß eine so eigenartige Persönlichkeit, wie die deS Feldmarschalls Grafen v. Roon, nicht vollständig in den Anschauungen de- Fürsten Bismarck aufzugchen im Stande sein wird. Die Trennung Preußens als Einzelpaat von dem Reiche ist durch diese letzteren Veränderungen bedeutend schärfer prononcirt worden, als man nach allen bisherigen Ankündigungen er, warten durste." Der „StaatSanzeiger" für Württemberg hat die „retchSgefährliche" Allo- cution deS Papstes nach ihrem Wortlaute veröffmtlichr, ebenso die halbamtliche „KarlSr. Ztg." Berlin, 4. Januar. Das Armee-VerordnungSblatt enthält einen könig lichen Erlaß an de» Kriegsminister, worin hervorgehoben wird, daß der König Werth darauf lege, daß Roon als Kriegsminister und Vorsitzender deS Aus schusses für das Landheer und die Festungen mit der oberen Leitung und Ver tretung der Armee-Angelegenheiten auch ferner betraut bleibe. Mit Rücksicht auf die Vermehmng der Geschäfte Roon'S in Folge der Uebernahme deS Minister- Präsidiums soll General v Kamecke als StaatSminister dm Geschälten deS Krieg-Ministeriums in Uebereinkimmung mit Roon verantwortlich vorstehen und den Kriegöminister überall, wo eS nöthig, vertreten. Der Erlaß beauftragt Roon, über eine zweckmäßige Theilung der Geschäfte Bericht an den König zu erstatten. Im Interesse einer prompteren Geschäftsführung wird General Kamecke autorifirt, den Kriegsminister überall mit voller Wirkung zu vertreten, so daß Rekurse gegen seine in Verwaltungs-Angelegenheiten erlassenen Entscheidungen nur an den König zu richten sind. Berlin, 6. Januar. Ueber die demnächst dem Landtage vorzulegendm Gesetzentwürfe, betreffend die DiSciplinargewalt der kirchlichen Oberen gegen untergebene Geistliche, die Vorbildung de- CleruS und die Bedingungen seiner Anstellung, soll sich das EtaatSministerium der „Spen. Ztg." zufolge einmüthig schlüssig gemacht babm. Unter diesen Umständen glaubt man, die allerhöchste Genehmigung hoffen zu dürfen. Eine große Anzahl hiesiger Bürger aus der Gememde der neuen Kirche vereinigten sich zu einer Protesterklärung gegen die Amtsentsetzung Sydow- an den CultuSminister, worin sie den Willen auSsprechm, aus der Gemeinde auszutreten, wenn er die Entsetzung ihres ersten Predigers aufrechterhalte. - Berlin, 6. Januar. Der „StaatS-Anzeiger" führt auö, daß ein angeb licher Widerspruch zwischen der Ernennung Roons zum wirklichen Ministerprä sidenten und der CabinetSordre, wonach das Mtnifterpräsidium dem ältesten StaatSminiüer zufalle, auf einer irrthümlichen Auffassung beruhe; daß man die erste vorläufige Verordnung als eine definitive Bestimmung über das Präsidium ansah, war keineswegs innerhalb der Regierung irgendwelcher Gegensatz hierüber. Die Ernennung RoonS entspricht durchaus den Wünschen deS Reichskanzlers; Roon war bereits bet dem Erlaß der CabinetSordre am 21. December v. I. bestimmt in Aussicht genommen und erfolgte deshalb nicht sofort, weil vorher eine definitive Entschließung des Königs bezüglich Erleichterung der bisherigen Arbeitslast Roon zu fassen, nicht erfolgt war. Die königlichen Entschließungen beruhen namentlich darauf, daß kein anderer Staatsmann als Roon nach seiner bisherigen Wirksamkeit und persönlichen Vertrauensstellung zu Bismarck die Bürgschaft dafür aiebt, daß er unter eigenem Namen und eigener Verantwortung in Wahrheit die Politik des Reichskanzlers in dessen Sinne, Geist und überhaupt in jeder Beziehung fortzufahren Willens und im Stande fei. Köln, 4. Jan. Nach einem der „Kölnischen Zeitung" auö Wien zuge- gangmen Telegramme vom heutigen Tage hat Graf Beust am 21. v. M. eine Privatzuschrift an den Herzog von Gramont gerichtet, welche dieser unter dem 27. v. M. beantwortet hat. Graf Beust steht nun jetzt im Begriffe, in Pa riser Zeitungen eine weitere Erwiederung folgen zu lassen, durch welche Deutsch land über Oesterreichs Politik Aufklärung gegeben werden soll. . Berlin. Wir nehmen Abschied vom alten Jahre mit dem Bewußtsein, daß Großes erreicht ist, Großes freilich noch uns übrig bleibt!" Go schließt die Spener'sche Zeitung ihren JahreSgruß. „Die goldene Zeit der allgemeinen Befriedigung und des mhigen Genusses ist weder uns, noch unseren Enkeln beschieden — fie eristirt nur in den Träumen einer thatenmüde« Phantasie. Für un- gilt, was der große Friedrich nach all seinen Siegen sagte: Loujours ea veäettc!" Auch die preußischen Nrovinzialblätter erklären das zweite Lebensjahr de- „deut schen Reiche-" für em fruchtbares und vielverheißendeS, da- zur Fortsetzung de- Kampfe- gegen alle der Finsterniß angehörigen Feinde ermuthigen müsse. Bei den Ehren, welche Kaiser Wilhelm am Neujahrötage unter die Ersten feiner Beamten auStheilte, wurde Graf Roon am ausdrucksvollsten bedacht. Man braucht nur die jüngste kalt-förmliche CabinetS-Ordre, in welcher Fürst Bismarck mit seiner Amtserleichterung bekannt gemacht wurde, neben dem mit Gnade geradezu durchtränkten Handschreiben an Roon zu vergleichen, um ein lehrsameS Stimmungsbild zu erhalten, das alle weiteren Commentare Überflüssig macht. Niemanden kann eS danach zweifelhaft bleiben, welchem Theile die persönliche und wärmste Zuneigung deS Kaiser- gehört und wer von Beide« nur wegen dc- Gewichte- seiner Unentbehrlichkeit anerkannt wird. Mainz, 2. Jan. Der Zuzug der elsässischen Rekruten dauerte so ziem lich den ganzen Tag, von Morgen- 8 Uhr bis Abend, in fünf Zügen von je 500 Mann, wovon einer nach Koblenz passtrte. Die Hauptzüge wurden vom FestungS-Jnspector empfange« und unter Borantritt von Musik in die Kaser nen geleitet. . Die Verthetlung ging ohne jede Störung vor sich. Die erste« AuSgehobenen der Reichslande zogen meistens, deutsche Lieder singend, in die Stadt; auch die Marseillaise war in aller Gemächlichkeit zu hören; nicht We- Da- walte Gott! die erste Wochenschau im neu begonnenen Jahre! Noch vor wenig Jahren war die Welt gewohnt, in den ersten Tagen ei ne- neubegonnenen Jahre- stets begierig der Worte zu lauschen, die der stolze Imperator, zugenannt Napoleon IN., bei dem üblichen Empfang der europäischen Diplomatie sprach. In Paris im Palast der Tuilerien stand das in menschliche Gestalt verkörperte politische Barometer, das am 1. Januar stets anzeigte, was für Wetter für das begonnene neue Jahr am politischen Himmel zu erwarten fti. Diese Zeit ist — Gott sei Dank! — urgründlich vorüber. Das politische Barometer an der Seine ist zertrümmert. Als gänzlich aus den Fugm gegangen liegt eS in einem ziemlich obskuren Winkel Englands und stellt wehmüthige Be trachtungen an über die Vergänglichkeit irdischen Ruhme-, irdischer Größe. So ändern sich die Zeiten! Von Paris ertönt kein die Welt in Furcht setzender oder mit Hoffnung nährender NeujahrSgruß mehr. Paris ist lahm gelegt; wollte Goit auf immer! Ereignisse von hervorragender Wichtigkeit haben selbstverständlich die ersten acht Tage deS neuen JahreS nicht gebracht; doch beschäftigen dreierlei Ange legenheiten die Welt in den ersten Tagen des neum JahreS und werden sie «och lange beschäftigen, die gleichsam al- Vermächtniß und Erbschaft das neue Jahr von dem dahin geschiedenen übernommen hat. Diese dreierlei Angelegen heiten find: 1) die zweischneidige und verbitterte Allocution de- Papste-, ge halten am Vorabend deS schönsten Festes der ganzen Christenheit, 2) die Ver schiebung der Personen und Verhältnisse im preußischen Ministerium und 3) hie immer noch andauernde KrifiS in Frankreich. Welche Folgen die Allocution deö Papste» noch nachziehen wird, darüber ist für jetzt noch gar nicht- Bestimmte- zu sagen. Daß Kaiser und ReichSregie- r«ng kräftige Gegenmaßregeln gegen die päpstlichen Anklagen ergreifen werden und müssen, liegt auf der Hand. Worin aber diese Gegenmaßregeln bestehen und welche Wirkungen fie hcrvorbringen werden, wer vermöchte jetzt schon ein Urtheil darüber zu fällen? Was zweite- die Verschiebung der Personen und Verhältnisse im preußi- * fchen Ministerium anlangt, so ist eS allerdings höchst bezeichnend, daß just der Kriegöminister v. Roon, bekanntlich ein vollendeter und straffer Militair von Kopf bi- zur Zehe, Präsident deS preußischen Ministerium- geworden ist. Die Partei der Nattonalliberalen hatte bekanntlich fest gehofft, daß der Rücktritt de- Fürsten Bismarcks von der Präsidentschaft des Ministeriums em freiheitliche- preußisches Ministerium zu: Folge habm werde. Die Ernennung RoonS zum Ministerpräsidenten scheint aber die Hoffnungen der Nationalliberalen sehr g«- ' waltig erschüttert zu haben, denn fie scheinen klar zu erkennen, daß ein Mini sterium Roon jedenfalls daö Gegentheil von einem fortschrittlichen und freiheit- , üchm Ministerium bedeute. Doch find die jüngsten Vorgänge im preußischen Ministerium und die eigentlichen Grundursachen zu den Veränderungen noch lange nicht aufgeklärt genug, um jetzt schon richtig darüber urtheilen zu können. Endlich dritten- die KrifiS in Frankreich, d. h. das Zerwürfniß »wischen dem Präsidenten Thiers und der Rechten der Nationalversammlung ist eine Erbschaft au- dem verflossenen Jahre, die leicht noch zum Ausbruch eines schwe ren politischen Gewitter- in Frankreich führen kann. Für jetzt scheint man auf beiden Seiten mit der größten Vorsicht zu lavtren. Wie lange diese- Lavtren noch anhalten und welche Partei endlich den Sieg davon tragen wird, müssen die nächsten Wochen lehren. Deutschland. Berlin, 4. Jan. Die Lage vieler preußischen Elementarlehrer illustrirt ein Schreibett au- Osterode in Ostpreußen vom 29. November, welche- die Leh rerzeitung für die Provinz Preußen veröffentlicht: „Sie werden eS Sich gar . nicht Vorsteven, mit welchem Gefühle ich diese Zeilen an Sie richte. Noth, - Verzweiflung und wiederum Hoffnung treiben mich dazu. Nachdem ich 15 Jahre treu und fleißig als Lehrer, und zwar 4 Jahre kommissarisch und dann 11 Jahre hindurch provisorisch gewirkt hatte, bin ich am 1. April 1871 wegen Blindheit au- dem Schulamte von der hohen königlichen Regierung zu Königs berg entlassen worden. Die Augenkrankheit, mit der ich belastet bin, ist der schwarze Staar, und eS ist diese schreckliche Krankheit bereit- so weit vorge schritten, daß ich mit dem rechten Auge gar nicht- und mit dem linken Auge nur noch sehr wenig sehen kann. Um daher noch mein Augenlicht zu retten, batte ich mich vor 3 Jahren in der Augenklinik zu Königsberg durch Henn Professor Jakobson behandeln lassen, dazu fast alle meine Habseligkeit geifert und dennoch leider keine Besserung deS Augenlichts gefunden. Ich bin jetzt mit meiner Frau und mit meinen fünf noch unerzogenen Kindern au- Osterode ge zogen, um hier durch sehr schwere Handarbeit unseren nothdürftigen Lebensun terhalt zu fristen. Zwar kann ich in der Beziehung schon wenig leisten, jedoch chut eS mir in der Seele leid, wenn meine Frau, die außerdem noch an einem Lungenübel leidet, sich förmlich aufopfem muß, um dm Hunger der Kinder zu stillen und nothdürftig ihre Blöße zu decken. Ich erhalte keine Pension, nur, Gott sei Dank, «ine kleine außerordentliche Unterstützung aus der Generalcaffe de- Hohm Ministeriums von jährlich 12 Thlr. Gustav Elwitz." Berlin, 4. Jan. Die „Prov. Corr." äußerte bekanntlich in ihrer letzten Rümmer: „Da- Ministerium Roon, in welche« Kürst Bismarck als Mitglied verbleibt, kann und soll nicht- Andere- sein, als eine Fortführung des Ministe rium- Bismarck in demselben Geiste und in derselben Richtung." Dazu bemerkt U Dieselbe ist mit -800 Thlr. ->erl, , , "Solchen BewerbM" Mche die juristische Staatsprüfung nach der Verordnung vom 20. Februar 1867 bestanden haben, würde ein Gehalt von 800 Thlrn. - - —, gewäMst werden, welcher bis zum Maximum von 900 Thlrtt., nach jedem Dimstjahre um 50 Thlr. — - — - erhöht wird. Verwerber »Aett ersucht, ihre Gesuche bi- zum iS. Januar 187S B Ma n n t m a ch u u g. , Bei de« unterzeichneten Siädttathe kommt-'mit Ende Januar 1873 die Stelle eine- Referendars zur Erledigung. ^ ^alte vok ÜÜO Thlrn. dotirt, welcher jedoch nach jedem Dimstjahre um 50 Thlr. — -