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88 Angelegenheit ein diplomatischer Meinungsaustausch stattfindet, scheine« die Dinge an Ort und Stelle keinen acuten Verlauf zu nehmen. AuS Petersburg wird nämlich berichtet, daß die Expeditionstruppen nach Khiwa bereits marschfertig sein und noch in diesem Monat abrücken werden. Man findet diese Eile um so auffallender, als ein Winterfeldzug in der Regel mit großen Strapazen ver knüpft ist, die in vorliegendem Falle noch gesteigert werden durch den langen und beschwerlichen Marsch durch eine wüste und öde Gegend. Diese Erwägungen erfüllen das Publikum mit ernsten Besorgnissen, und man ist geneigt, dem gleich zeitig von Orenburg und Ost-Indien verbreiteten Gerüchte, daß der Khan von Khiwa den Krieg bereits begonnen habe und gegen die russischen Grenzfestungen vorrücke, Glauben zu schenken. Dazu kommt eine Nachricht aus Konstantinopel, nach welcher Jacub Khan an der Spitze einer mit Hinterladern und Artillerie stark bewaffneten Armee von 40,000 Mann stehen und zur Seite einen tüchtigen polnischen General haben soll, dem eS gelungen, aus Sibirien zu entkommen. Diese Armee befindet sich, dieser Nachricht zufolge, gegenwärtig auf dem Marsche gegen Taschkand, wo Jacub die russischen Streitkräfte, die dort in der Stärke von 20,000 Mann concentrirt sind, zu umzingeln hofft. Jacub Khan, heißt eS, stellt an die Russen, die Forderung, daß sie Taschkand, Uliata und Ak-Meschdzid sofort verlassen, und droht im entgegengesetzten Fall diese Orte mit Gewalt zu nehmen. UeberdieS hat er den Khan von Khokan ebenfalls unter Androhung von Waffengewalt aufgefordert, mit seinen gesummten Streitkräften ihm zu Hilfe zu kommen. — Möglich, daß diese Vorgänge Rußland gerade veranlaßt haben, sich mit Großbritannien über Central-Asien zu verständigen. Griechenland. Athen, 16. Jan. Von mehreren Kapitalisten, unter welchen sich die Gesellschaft selbst befindet, ist der Griechischen Regierung die Bildung einer Actiengesellschaft zum Zweck der Ausbeutung der Laurionberg- werke vorgeschlagen worden und eS gewinnt Wahrscheinlichkeit, daß die Regie rung mit den gedachten Kapitalisten in ein GefellschaftSverhältniß mit gleiche» Gewinnantheilen treten wird. In dem von dem Englischen Geologen Anstet der Regierung überreichten Memoire wird der aus den Laurionhalden zu er zielende Reingewinn auf 7 Millionen Pfund Sterl, angeschlagen. Königreich Sachsen. Dresden, 17. Jan. Die zweite Kammer hat heute in der Schlußbe- rathung deö Volksschulgesetzes bei Paragraph 6 ihren Beschluß, konfessionslosen Schulen, mit 41 gegen 37 Stimmen aufrechterhalten und den Zusatz der ersten Kammer dazu, über den Religionsunterricht der Disfidentenkinder, mit 46 gegen 32 Stimmen abgelehnt. Morgen Fortsetzung. Der Ministerialdirektor Geheim- rath Weinlmg liegt sehr schwer krank darnieder. * (Liebig über das Bier.) Liebig, der berühmte Chemiker, sprach sich kürzlich folgendermaßen über daö Bier, seinen Rutzen und die jetzigen Mängel in der Herstellungsweise aus: „Bier ist unstreitig zuträglicher als Branntwem. Der Mensch muß ein gewisses Stimulans haben, eS ist dies LebenSbedürfniß. Branntwein jedoch ist ein großes Uebel. Wir finden, daß sich das Bier be reits auch in eigentlichen Wein ländern seinen Weg bahnt. Allerdings nimmt Bier als Nahrungsmittel einen sehr untergeordneten Rang ein, eS steht nicht höher als die Kartoffel und man wird finden, daß in kelner Stadt ein so ge waltiger Fleischkonsum vorkomml als gerade in München, woselbst doch die größten Massen Bieres vertilgt werden. Bier erfordert eben Fleisch und Ei weißstoff; vor jedem Bierkeller in München wird man einen KäShändler an- treffen. Warum? Weil der Käse den Eiweißstoff enthält, welcher dem Biere mangelt. Aus diesem Grunde sind Bier unk Käse unzertrennlich, sie ergänzen sich gewissermaßen Eines das Andere. Aber, wie gesagt, als Nahrungsmittel ist Bier nicht sehr bedeutend. Schnaps zerstört die Arbeitskraft. Durch unseren letzten Krieg hat unsere Achtung vor Tabak, Caffee und Fleischertract bedeutend zugenommen; ein Arzt erzählte mir, daß, wenn di« Verwunderen gar nichts zu sich nehmen konnten, sie doch begierig nach einer Cigarre langten; die Auge« glitzerten — die Armen fühlten ein Aufleben der bereits finkenden Nerventhä- tigkeit — diese Wirkung mußte der Tabak hsrvorgerufen haben. Häufig konnte man Verwundeten keinen größeren Liebesdienst erweisen, als indem man ihnen eine Cigarre gab. Auf diese Weise kam man zu dem Schlüsse, daß Tabak ein wenhvolleS Anregemittel sei. Eine Eigenthümlichkeit der Amerikaner ist, daß fie beinahe Alles besser wie wir zu machen verstehe,». Ich bin überzeugt, daß eine Zeit kommen wird, in welcher ^>aS amerikanische Bier das deutsche über flügelt haben wird. Bei uns bleibt eben Alles beim Alten, die schlechtesten Bierbrauer sind in Baiern, obgleich früher das beste Bier von dort kam. Wa rum dies? Man betrachte nur das dort beobachtete Brauverfahren. Die Brauer sind unwissende, jeder Neuerung unzugängliche Leute, sie brauen ihr Bier bloS mit Routine nach althergebrachter Weise und sind unfähig, sich selbst zu helfen. Aber sobald die Amerikaner etwas Verbesserungsbedürftiges bei uns sehen, so unterlassen fie nie, die nöthige Verbesserung zu bewerkstelligen, und wir bekom men sie dann als amerikanische Erfindung zurück." * Eine kostspielige Depesche. Daö sehr detaillirte Telegramm, in wel chem die Nachricht von dem Tode Napoleon'S III. von London nach Amerika an die New-Uork Times gesandt wurde, kostete nicht weniger als 3500 Francs. »7 »»72: »772 1S72: 48. »4. 77. 16. 10. . 41».' Aufgeb. P.: «etr. P.; Verstorben«: Lommunic: - 24» 77. »1. iso. 222». 20. Auszug auö den über das Kirchspiel Nenstädtel geführten Kirchenbüchern auf das Jahr 1 872. ä) Geborne: (einschließl. IS todtgeb. und unget. verst.) 243, als 13S m. u. 10 8 w. Geschl. darunter 3g unehel. K. — Von dies. Gef.-Zahl in Neustädtel: >96, als 10 7 m. u 89. w. Geschl.; 32 unehel u. 12 todtg. u. unget. verst. — Im Lindenau 41, als 24 m. u. 17 w. Geschl. 6 unehel. u. 3 todtg. u unget. verst. K. —Im Schneeberger Rathsgebiet: 2 Töcht In Neudörfel: 4 Knäbl, darunt. l unehel. — 0) Aufge boten: 77 Paare; getraut: S1 Paare —Von diesen aus Neustädtel: 41, aus Lindenau: 10 Paare. — 6) Verstorbene: ISO (einschließl. IS todtg. rc.K.) ais 80 m. n. 70 w. Geschl. darunter 22 unehel. K-— Von dieser Ges.-Zahl in Neustädtel: I2S, als 67 m. u. S9 w. Geschl. darunter 12 todtgeb. re- K. io unehel. K. — 6 Ehemann., 7 Ehest., S Witt wer u. 9 Witlwen- — In Lindenau: 22, als 12 m. u. 10 w. Geschl., mit 3 todtgeb. u. 3 unehel. Kind., 2 Ehem. — 2 Wittwer u. I Wittwe. — In Neudörfel I Ehemann. Im Schneeberger Rathsgebiet: I Tüchterl. - 0) Eommunicanten: 222», al» 888 m. u. 1333 w. Geschl darunter 104 Konfirmanden, als zu Ostern 6« u. zu Michael: 40, u. zwar 47 m. u. S7 w. Geschl — HauS-Cowmunionen: 20, als 1t Fr. u. 9 M. — Im Vergleiche mit 1871 sind im 2 »872 44 mehr geboren, 7Paare weniger aufgeboten, 13 Paare mehr getraut, 2 mehr verstorben, 126 Eommunicanten u. s Konfirmanden mehr S8. 23. 1». 32. 2SL». 1«. Hauscomm: - — ') Lheumng und Hungersnoth, wichtigsten Syrgtn sein, die EorcelleS anvertraut seien. Frankreich ermuthtge keineswegs eine dem Heiligen.Stuhle feindliche Politik. Der Minister wies schließlich auf die Schwierigkeiten hin, die der französtfchen Regierung daraus erwüchsen, daß fit genöthigt sei, zwei Repräsentanten in Rom zu haben, und bat die Versammlung, auf diese Schwierigkeiten Rückficht zu nehmen. Cheönelong dankte dem Minister und bemerkte, er erkenne diese Schwierigkeiten an, beschwöre «der die Regierung, das Interesse Frankreichs nicht von dem des KatholiciSmuS zu nennen und jo der Beschützung deö Papstes, dessen Muth und Tugenden die ganze Welt bewundere (?) fortzufahren. Der Zwischenfall war hiermit erledigt. Italien. Rom, 13. Jan. Die jesuitische Voce della Verita hat über den „Na poleon Ul." überschriebenen Artikel ein Kreuz, darunter den Wortlaut der Lon doner Depesche, welche seinen Tod berichtete, und dann nachstehende salbungs vollen Worte: Wir verehren die Rathschlüsse Gottes und respectiren die Gräber. Wir denken heute nicht an den Mann von Rimini; PlombiereS, Mailand und Ehambory, nicht an den Verfasser des Briefes an Ney und den heiligen Va ter, nicht an den Urheber der Convention vom 15. September, und wie man endlich Rom im Stiche gelassen hat. Wir denken lieber an den Hüter eines langen Friedens, den Mohlthäter vieler Kirchen, welche im Jahre 1849 Rom dem heiligen Vater zurückgab, eS im Jahre 1867 verkheidigte und trotz mancher Schuld und großer Verirrungen die Kirche nie offen verfolgte. Friede seiner Seele! Pio lX. sieht auch dieses Grab sich schließen, während vielleicht Na poleon auf Len Tod deö Papstes wartete. Frankreich lebt und wird fortleben und mit ihm Pio tX. Rom, 15. Jan. An der hier anläßlich des Ablebens Napoleons veran stalteten Todtenseier nahmen Cardinal Bonaparte, Mitglieder der Familie Bo naparte, die Elite der römischen Gesellschaft, Mitglieder des Parlamentes und zahlreiche andere Personen Theil. Rom, 16. Januar. Der Pap verkündete bei einer heute ertheilten Au dienz, daß man nach wiederholten Nachforschungen gestern Abend in der Kirche der heiligen Apostel die Gebeine der beiden Apostel Philippus und Jacobus aufgefunden zu haben glaube. In Mailand war eö, wo Louis Napoleon bei seinem Einzuge im Jahre 1859 von schwärmerischen Damen beinahe vom Pferde hetuntergeküßt wurde. Auch diesmal ist Mailand voran in überschwenglicher Schwärmerei für Bona parte. Nicht nur hat der Gcmeinderath der Wittwe sein Beileid telegraphirt, sondern eine Subscription für ein zu errichtendes Denkmal hat sogar in weni gen Stunden 25,000 Lire eingetragen. Notorische Bonapartisten waren indeß Hauptzeichner. Die größten Beträge sind der deS Grasen Arese, deö vielge- schäfrigen Unterhändler» deö Er-Kaiserö zwischen ihm und Italien, mit 5000 Lire; der deö Herzogs Mclzi d'Eryl, dessen Herzogökrone ja napoleonischen Ursprunges ist, mit 2000 Lire; wie man der Spener'schen Zeitung mittheilt, auch die Subscription des „österreichischen" ConsulS mit 2000 Lire u. s. w. England. London, 15. Jan. Niemals wohl hat ein englisch-S Dorf so viele Ritter der Ehrenlegion an einer Stelle und zu gleicher Zeit gesehen, wie Ehisel- hurst. Man glaubt, wenn man sich auf dem dortigen Bahnhofe befindet, in einer französtfchen Stadt zu sein, so vorherrschend wird französtsch gesprochen. Auch Olivier ist endlich angekommen und der Herzog von Gramont. Von de nen, die zum ersten Male die kaiserliche Wohnung besuchten, find zu erwähnen der Herzog und die Herzogin Taranto, der Herzog und die Herzogin Mont morency, Herr und Madame de Rainbäur, Herr und Madame Leon Chev eSur. Lie Kaiserin, welche noch sehr leidet, hat nur selten die Leiche besucht und bleibt fast immer in ihren Gemächern, umgeben von den Hofdamen. Der kaiserliche Prinz wohnt bei dem Grafen Clary und hat gestern Camden House nicht besucht, wo in der That für einen Trauernden schon zu viel Geschäftig keit herrscht. Auch in der Kirche werden Vorbereitungen getroffen, die Wände mit schwarzem Tuch beschlagen und Sitze für die Prinzesstnnen und Prinzen hergerlchtet. Cardinal Bonaparte kann nicht zum Leichenbegängniß kommen, und so wird denn der Ortögeistliche, Herr Goddard, den kirchlichen Dienst ver richten. Der Lord Mayor von London hat eine Botschaft nach Camden House geschickt, daß die Corporation der City die Erlaubniß ersucht haben würde, an der Leichenfeier sich zu betheiligen, daß aber in Rücksicht auf den beschränkten Raum dieser Wunsch aufgegeben worden sei und die londoner City bitte, sich nur durch ihre oberste Magistratsperson ohne jedes Gefolge vertreten lassen zu dürfen. Von dem Kommandanten von Woolwich, General-Major Sir David Wood, ist ein Befehl ergangen, der alle öffentlichen Vergnügungen in der Gar nison bis nach der Beisetzung deS Kaisers untersagt. DaS Militär soll, wenn eS während der Uebungen in die Nähe von Chiselhurst- komme, die Musik ein stellen. In Windsor wurde am Sonntag Abend, nach dem Gottesdienste, da der. Kaiser ein Ritter deS Hosenbandordens war, der Todtenmarsch aus „Saul" gespielt, London, 15. Januar. Das Begräbniß Louis Napoleon'S währte von 11 bis nach 12 Uhr Mittags. Die Zahl der Zuschauer wurde auf 50,000 geschätzt. Im Trauergefolge befanden sich sämmtliche Prinzen und HauSbeamte deö napoleonischen Hauses nebst Rouher, Fleury, de Failly, Canrobert, Palikao, Bourgoing und andere Jmperalisten. Mehrere italienische Generale, sowie Delegirte der Pariser Arbeiter wurden bemerkt. Lord Ranelsgh folgte ebenfalls. Der Prinz folgte hinter dem achtspännigen, schwär,behangenen und mit dem kaiserlichen Wappen verzierten Leichenwagen in langem Trauermantel mit dem Großcordon der Ehrenlegion darunter. Die Polizei bildete ein dichtes Spalier bis zur Kirche, wo nur die nächsten Freunde zugelassen wurden. Bon der benachbarten prote stantischen Kirche läuteten die Glocken. Die ganze Menschenmaffe entblöste ihr Haupt, während der Trauerzug pasfirte. Eine Unzahl von Equipagen war hinter den Zuschauem aufgefahren. Der Prinz von Wales war nicht zugegen, an- gebllch, weil auch bei LouiS Philipp'S Begräbniß die königliche Familie unver treten gewesen. Unglücksfälle find nicht vorgekommen, viele elegante Läden Londons waren geschlossen und viele Schaufenster theilweise verhängt. Sonst merkte man nur auö der Anwesenheit vieler Franzosen auf den Straßen, daß etwas Ungewöhnliches vorgefallen war. Die Joumale bezeichnen dm Tod LouiS Napoleon'S als einen harten Schlag für die Sache der Bonapartisten. Dänemark. Kopenhagen, 16. Januar. Nachdem gestern von 80 vautischlergesellm die Arbeit eigeffellt wurden, haben fämmtliche Mrister diese» Gewerke» auf Grund vorher getroffener Übereinkunft ihrerseit» ebenfalls die Arbeit eingestellt. Rußland. Während in London zwischenRußland und England über di« central-astatisch« 2 Hauscommunionen wenig» gewesen. — Di« Vergleichung mit früh«r«n 2ahrhund«rt«n ««gibt Folgende-: Seborn«: IS72: "