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VesterMch's Rechtfertigu«-. Die Augsburger Allgemeine Zeitung bripgt in ihrem Hauptblatte vom 4 d. an leitend« Stelle M Schreiben aus Mm über die „Enthüllungen des Herzogs vonÄramont", welches Oohl als die „officiöse Entgegnung" ange sehen w«dm darf, deren Veröffentlichung — wie die N. Fr. Pr. dieser Tage aNkündtgte — in. einem „auswärtigen Blatte" zu erwarten stand. Es heißt in dies« von der Ällg. Ztg. publicirten Entgegnung: „ES war ein doppeltes BeweiSthema, welches per Herzog v. Gramont ur sprünglich zur Rettung der napoleonischen Politik aufzustellen unternahm. Oe sterreich sollte einerseits Frankreich zum Krieg ermuntert und ermuthigt, anderer seits die Mitwirkung der österreichischen Waffen für den wirklichen Kriegsfall m Aussicht gestellt Wen. Beides entlastete zwar nicht vollständig die Politik des Herrn v. Gramont, der sich von dem Borwurf des Leichtsinns nur be- srette, um einem in französischen Augen viel schlimmeren Verdacht albern« Leichtgläubigkeit zu verfallen, aber sachlich thetlte er die Verantwortung. Er wälzte den größeren Theil d« letzteren auf ein System der Doppelzüngigkeit, der illoyalen Täuschung und der Verletzung d« öffentlichen Moral, welches die österreichischen Staatsmänner nur dem schärfsten und verächtlichsten Urchetl pretSgeben konnte. ES konnte indeß wohl kaum als ein sehr günstiges Zeichen betrachtet werden, daß der Herzog von Gramont sofort, als die Sache ernst wurde, sein BeweiSthema selbst einschränkte und den ersten Satz desselben völlig fteigab. Hatte er anfänglich die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Zett seines Wirkens als Botschafter in Wien gelenkt, und behauptet: in dieser Zeit bündige Zusicherungen, und zwar sowohl von Seite deS Grafen Beust als des Grafen Andrassy erhalten zu haben, so wurde dies« wichtige Punkt in der zweiten Erklärung des Herzogs mit einigen zweideutigen Bemerkungen abgechan. Vollends der Rame des Grafen Andrassy findet sich nicht weit« genannt. — Dafür spricht Herr v. Grammont dm zwar vollkommen wahrheitsgemäßen, aber in seinem Munde doch sehr überraschenden Satz aus: Oesterreich sei durch dm Auöbruch deS Kriegs auf daö peinlichste überrascht worden. Wa» man in sein« Vorbereitung gefördert hat, kann wohl nicht leicht über raschen. WaS man herbetzuführen gesucht hat, kann in seinem Ergeb nisse nicht wohl peinlich berühren. Bezüglich dieser Seite d« Frage hat Hr. v. Gramont selbst die Actm geschlossen. Oesterreich befand sich mithin zur Zeit deS Ausbruchs der Feindseligketten Frankreich gegenüber in keinem binden den Engagement. Es hatte sich die Freiheit seiner Entschließungen gewahrt, und eS war in jeder Richtung berechtigt, seine Neutralitätserklärung abzugeben. Allerdings konnte eS sich nicht verhehlen, daß gerade diese Erklä rung Frankreich als ein schwer« Schlag treffen würde. Die napoleonische Po litik hatte sich in eine so völlige Identität d« österreichischm und d« französi schen Interessen hineingeredet. Ein so wichtig« Punkt ihres Systems war durch die eventuelle Entscheidung Oesterreichs getroffen, daß sie Alles aufbot, dies« Entscheidung eine andere Richtung zu geben. In diese Zeit fallen die An strengungen Latour d'Auvergne'S, Oesterreich zum Abschluß eines Allianzvertrags, od« wenigstens zum Nichtabgeben der Neutralitätserklärung^ vermögen. Und ' S fehlte selbst an kaum »«hüllten Andeutungen üb« die Vorbehalte nicht, .welche Frankreich sich bei dies« Lage der Dinge für den Fall eines Erfolges >mch Oesterreich gegenüber auferlegen müsse. Diese Hinweisung war verständlich, und damals allerdings konnte sie auch nicht als so ganz unge fährlich betrachtet werden, wie dies nach den Ergebnissen des Jahres 1870 der Fall ist. Um eS mit klaren Worten zu sagm, die Stellung Oesterreichs war eine solche, daß seine Neutralität in Paris nicht als Neutralität, sondern als ein Act der Feindseligkeit betrachtet wurde. Siegten die franzö sischen Waffen, so stand allerdings ein Friedensarrangement zu besorgen, das seine Spitze im Wesentlichen gegen Oesterreich richtete. Der Fall war nicht ohne Beispiel, daß Napoleon IN. nach dm ersten Erfolgen bereitwillig sich zum Frieden verstand. ES lag nahe, die EompensattonSobjecte in Oesterreich zu suchen. Frankrelch in eine geradezu feindliche Stimmung ge- zen letzteres zu drängen, «schien ebenso bedenklich, als eS durch die Politik d« freien Hand, an welch« Oesterreich festhielt, keineswegs gefordert war und am allerwenigsten irgend ein Princip oder eine positive Verpflichtung verletzte. — Unter solchen Umständen erging die ««trauliche Depesche des Grafm Beust an den Fürsten Metternich, welche heute das Beweisstück bildet, auf welches dn Herzog von Gramont feine Behauptung stützt: eS fei ihm die bewaffnete Hilfe Oesterreichs in Aussicht gestellt wordm. Diese Depesche spricht allerdings von ein« Mitwirkung Oesterrelchs zu den Erfolgm Frankreichs „innerhalb d« Grenzen der Möglichkeit". Aber eS ist wohl unschwer, dm Nachweis zu füh ren, daß diese Grmzm von vornherein einen sehr mgm Kreis zogen. Jeden falls müssen sie die eben vollende Thatsache der Neutralität unberührt lassen, und eS konnte sich in der That nur noch um eine diplomatische Unterstützung Frankreichs handeln, wie sie denn auch fast unmittelbar darnach eingetreten ist. So wurde die Sache in Oesterreich verstanden. Daß sie aber auch in Frank reich nicht anders verstanden worden ist, dafür sprechen nicht nur die allge meinen Verhältnisse, wie sie eben geschildert wurden, sondern auch noch ei» an derer weit gewichtigerer Umstand. Hätte der Hnzog von Gramont, der von da ab bis zu sein« Ablösung durch Latour d'Auv«gne, also durch nahezu drei Wochen, noch an d« Spitze der Geschäfte stand, annehmen können, wirklich ein Recht auf den „oo-oon» »rmö" Oesterreichs zu besitzen, er hätte wohl kaum gezögert, von diesem Recht umfassenden Gebrauch zu machen. Sommation an Sommation, Telegramm an Telegramm hätte an daS Wim« Eabinet «gehm müssen, und mit ein« einfachen Nichtbeachtung dieser Anforderungen wäre die Sache zwischen Frankreich und Oesterreich schwerlich abgethan gewesen. Da« Wahre ist: Herr v. Gramont glaubt selbst nicht im entferntesten an die Stichhaltigkeit seiner Ausführungen. — So liegen die Dinge der Hauptsache nach, und eS verschlägt wmig ob der Herzog von Gra mont seinem äosmer »vcret noch einen oder dm anderen Vertragsentwurf ent-1 nimmt, dm Frankreich berathen wissen wollte, und der von Oesterreich abgelehnt wurde. D« Hauptunterschied zwischen d« Haltung beider Mächte war eben. Don vornherein, daß Frankreich die Verbindung mit Oesterreich unter allen Umständen, letzteres sie nur zu defensiven Zwecken wünschte. Bon diesem Gtandpunct aus hat Oesterreich die Offenfivstellupg Frankreichs mißbilligt, dm Krieg Widerrathen, und sich beim Ausbruch desselben auf seine etgmm In teressen zurückgezogen. Wmn der östeneichtschen Politik jetzt eine aktivere Hal tung zugemuthet wird, so ist dies eine grobe Fälschung der geschichtlichen Wahrheit. Leichtsinniger und haltloser ist in der That noch nie der versuch unternommen wordm dm dommmtarischm Nachweis für etwas zu liefern, wa« sich d« Natur d« Sache nach gar nicht beweisen läßt, wa« durch dm Gang d« großen Er eignisse auf'S greifbarste widerlegt ist. Da- Oesterreich seinerzeit Fühlung mit Frankreich gehabt und gesucht hat, weiß Jedermann; ab« Niemand wird i« Stande sein, sie auch nur mit dem Ähatten eines Arguments zu begründen, daß diese Fühlung wirklich auf der Tmdenz eines Kriege- gegen Deutschland beruht oder zu jener Politik der perfiden Täuschungen und des selbstsüchtigen Spiels mit Wahrheit und politisch« Gewissenhaftigkeit geführt habe, wie sie d« Herzog von Gramont geschildert hat." Deutschland. Berlin, 6. Januar. Die Nordd. Alla. Ztg. erwidert dem EzaS, d« in Folge d« Gramont'schen Enthüllungen Deutschland für berechtigt «klärt hatte, neue Friedensbürgschaften von Oesterreich zu »«langen, daß Deutschland solch« Bürgschaften nicht bedürfe. Die beste Bürgschaft biete das wohlverstandene Interesse Oesterreich-UngarnS, sowie der erfreuliche Umstand, daß d« Lett« der Monarchie jenes Interesse »«stehe und sich nur hiedurch bestimmen lasse. Hildesheim, 5. Jan. Wie die „H. A. Z." mitthettt, erschien heute der Herr, welcher kürzlich den — indeß bereu« «folgten — Abdruck d« päpst lichen Allocution unt«sagm wollte, wiederum auf dem RedactionSlocal, um sie vor der Wiedergabe aller zukünftigen Allocutionen, die etwa gegm Deutschland gerichtet sein sollten, auch in abgefchwächter Form zu wamen, widrigenfalls unweigerlich EonfiScation des Blattes «folgen werde. ES ist ihm geantwortet, daß die Redaction im gegebenen Falle nach eigenem Gutdünkm handeln werde. Oesterreich. Die Pester Officiösen fahren fort, den Gramont-Schwindel zur Hetze gegen Beust auSzunützen, und die national-liberalen preußischen Blätter drmm dieser Hetze, welche im Grunde nur eine Fortsetzung d« jetzt in Ungam flori- renden Deutschenhetzen ist, mit großer Bereitwilligkeit. Ob dieses GebahrenS scheint denn doch Graf Andrassy eine Art Scham zu empfinden — Scham auch im Namen der angeblich deutschen Blätter Wiens, welche unablässig bemüht find, ihr eigenes Vaterland zu verdächtigen. Wenigstens wenden sich Conespon- denzen, die augenscheinlich der Reichskanzlei entstammen, wider solches Gebahren. „WaS man auch immer sagen mag über einen noch nicht einmal festgestellten Passus deS vertraulichen Schreibens an Metternich vom 20. Juli 1870, so möge man darüber doch nicht die Hauptsache vergessen: daß diesem Schreiben die österreichische Neutralitäts-Erklärung beilag. Lautete das Schreiben noch so sympathisch für Preußens Feind, so enthielt eS doch keinesfalls so starke Dinge, als seinerzeit Herrn v. Werther'S KrönungSdepesche aus Pest und vor Allem die vielbesprochene Usedom-Depesche." Frankreich. Paris, 5. Jan. Der officiöse „Soir" fordert von d« Dreißiger-Commis- fion, daß ste ihre Arbeiten beschleunige und sich vor Allem über drei Fragen, nämlich üb« die Berlängernng der prästdentschaftlichen Gewalten, die Errichtung einer Vice-Präsidentschaft und die partielle Erneuerung ausspreche. D« jetzige Zustand kann, wie der „Soir" erklärt, von Thiers nicht länger geduldet werden, ohne daß das Land gegen ihn die nämlichen Klagen «hebt, wie gegen die Na tionalversammlung. ThierS müsse daher eine klare Haltung annehmen und sich nicht mit den Männern verwechseln lassen, die ohnmächtig seien, Etwas zu gründen, die aber Andere verhindern wollten, glücklicher zu sein als ste. Dem „Soir" erscheint eS übrigens unmöglich, daß die Kammer und besonders die Regierung sich noch läng« von der Eommission zum Vesten halten lassen; eS sei Pflicht der Regierung, die Debatte vor die Kamm« zu bringen, wenn binnen 14 Tagen die Sommisston ihre Arbeiten nicht beendet hätte und sich noch, wie in ihrer gestrigen Sitzung, fragen sollte, wa- zu thun sei. Der Artikel deS „Soir" gilt als vom Elysee inspirjrt. ThierS, so «zählt man, der sehe welchen schlechten Eindruck die Politik macht, die ei« Theil sein« Minister, besonders de Goulard und Dufaure, seit dem 14 Decemb« verfolgen, fange an, unge duldig zu werden, und wolle, daß die Sache endlich zur Entscheidung komme, vor den konstitutionellen Reformen wird ab« über die römische Frage diScutirt werden, wenn e- sich bestätigt, daß die Klerikalen diese sofort vor die Kamm« bringen wollen. Mehre derselben habe» bereits vor einigen Tagen an den Prä sidenten d« Nationalversammlung geschrieben und ihm angekündigt, daß sie schon am nächsten Montag eine Interpellation über die Frage Betreffs d« römische» Botschaft auf den Tisch deS Hauses niederlegen wnden. Die Klerikalen rechnen bei dies« Gelegenheit auf die Unterstützung d« ganzen Rechten, ja, sogar auf einige Mitglied« deS linken EentrumS. ES wird befürchtet, daß eS ThierS diesmal nicht geltngm wird, die Debatte dadurch zum Abschluß zu bringm, daß « einen Ausruf an die patriotischen Gefühle d« Versammlung macht und sie bittet, solche gefährlichen Diskussionen vor der Hand bei Seite zu lassen. Eine zweite Interpellation soll gleich nach Eröffnung d« Lamm« an den KriegS- minist« gerichtet werden: man findet, daß die Summe, welche er von den ein jährigen Freiwilligen verlangt, viel zu hoch sei, und man will von dem Minister wissen, ob derselbe — er verlangte neulich 1500 FrcS. von jedem Freiwilligen — den einjährigen Freiwilltgendienst dazu benutzen wolle, um das Einstehersystem wiederherzustellen. Paris, 7. Januar. Die «ste Subcommission hatte sich heute bei dem Präsidenten d« Republik eingefunden und ist, wie die „Agence HavaS" mit- theilt, hierbei üb« die künftige Theilnahme de« Präsidenten d« Republik an den Sitzungen d« Nationalversammlung rin Einverständniß in d« Weise «zielt worden, daß derselbe an dm Debatten der Nationalversammlung ferner nicht theilnehmen, wobl ab« bei besonders wichtigen Veranlassungen seine Ansichten derselben persönlich darleam wird. Die Sitzung soll in solchem Falle dann, nachdem der Präsident gesprochen, aufgehoben und die Berathung «st am darauf folgenden Morgen, in Abwesenheit deS Präsidenten, wieder fortgesetzt werden. Der Präsident der Republik hat, wie die „Agence HavaS" hinzufügt, bei dies« Gelegenheit die dm verschiedenen politischen Parteisteüungm angehörigen Mit glieder d« Eommission in dn nachdrücklichsten Weise zu versöhnlichen Gesin nungen ermahnt. Paris, 8. Januar. Rach aus London hier eingegangmen, von sonst gut unterrichteter Seite stammenden Nachrichten wäre in dem Gesundheitszustände deS Lais«- Napoleon eine nicht unerhebliche Verschlimm«ung eingetretm. Spanien. Bayonne, 7. Januar. Die Eisenbahnverbindung zwischen Miranda und Bilbao ist durch eine Earlistenbande zerstört; ein zwischen AlsaSna und Pampelona gelegenes Stationsgebäude nmrde von ihnen mit Petroleum in Vranv gesteckt, die Vahnbeamten «urdm gefangm fortgeführt. — Die vahnbe»