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sv Fehler in so unbefangener und natürlicher Weise einzugehen, ist an und für sich schon nur Sache eines Weisters, der in der Gefühlsanschauung des Mittelalters ganz aufgegangen ist. Mit der Ausführung des Schäfer'schen Entwurfes überliefern wir unseren Nachkommen ein vollkommen getreues Bild dessen, was der Meißner Dom geworden wäre, wenn das Mittelalter selbst ihn vollendet hätte." Um einem Versprechen zu genügen, hat er gleichzeitig drei weitere Entwürfe eingesandt, nicht eigentliche Restaurationen, wie er schreibt, sondern eine „Arbeit unseres Jahrhunderts, welches es unternommen habe, dem dringenden Bedürfnis nach Ergänzung in seinem eigenen Sinne gerecht zu werden, und darauf bedacht, das originelle und charakteristische Motiv der Freitreppen nicht versanden zu lassen, sondern es in einer Weise zum Abschluß zu bringen, die seine Daseinsberechtigung nachträglich bekräftigt". Linnemann hat sich dann auch selbst überzeugt, wie er unter dem 7. Januar (Y02 dem Berichterstatter geschrieben hat, daß „die Zweiturmanlage dem Zeitgeschmack am meisten entspreche und populärer sei", und als er bald darauf für die Ausstellung der Entwürfe noch eine große Perspektive ankündigte (3. Februar (Y02), dies nach seinen: Briefe nur getan, „um sich ein ehrenvolles Begräbnis zu sichern". Mir hatten von seinen reichen Erfahrungen und seiner künstlerischen Gestaltungskraft für die innere Restau ration des Domes viel gehofft und bedauern aufrichtig, daß der hochherzige und genial bean- lagte Mann an: 22. September dieses Zahres gestorben ist. Die Tätigkeit unseres Vereins hat während des Sommers wenig in die Öffent lichkeit treten können. Eine persönliche Rücksprache von Oberbaurat Schäfer mit Geheimrat Wallot an: 7. Mai in Dresden führte zwar zu einer Vereinbarung über die Grundzüge der Umarbeitung des ersten Projekts; die Erneuerung der Rirche Jung St. Peter in Straßburg, des Friedrichsbaues des Heidelberger Schlosses und andere Bauten beschäftigten ihn jedoch so ausschließlich, daß die sehnlichst erwartete Umarbeitung erst am 5. Dezember eintras. Alles war vorbereitet, um die Entscheidung endlich herbeizuführen. Zunächst beschloß der Vorstand in einer Sitzung am 14. Dezember neben Erledigung von Rassengeschäften einstimmig, „der Generalversammlung zu empfehlen, den Entwurf des Herrn Oberbaurat Schäfer mit der Maß gabe anzunehmen, daß demselben anheimgegeben werde, die vom kunsthistorischen Standpunkte gegen die zweitürmige Anlage erhobenen Bedenken zu erwägen", nachdem besonders von Geheim rat Wallot das zweite Schäfer'sche Projekt als eine „ganz ausgezeichnete und wundervolle Arbeit" gerühmt worden war. Zedoch sollte Oberbaurat Schäfer gebeten werden, vor jener Versamm lung nach Dresden zu kommen und sich mit den Sachverständigen des Vorstandes wegen der zwei- oder dreitürmigen Anlage zu vernehmen. Dieses Runstgespräch fand am 27. Dezember in der Akademie statt, hauptsächlich zwischen den Herren Schäfer und Gurlitt, und führte zu dem Ergebnis, daß sich der erstere dazu bestimmen ließ, der Lösung einer dreitürmigen Anlage näher zu treten und die anwesenden Mitglieder des Vorstandes (außer den: Vorsitzenden des Bauausschusses Oberschulrat Or. Peter die Herren Hofoberbaurat Dunger, Hofrat I)r. Gurlitt, Baurat Schmidt, Professor Seitler, Geheimer Baurat Temper, Architekt Weidenbach und Geheimer Baurat Wallot) einstimmig den Beschluß faßten: „dein Herrn Oberbaurat Schäfer die Ausführung der Wiederherstellungsarbeiten zu übertragen", wogegen dieser „sich bereit erklärte, die durch Herrn Hofrat Or. Gurlitt und die anderen Herren Sachverständigen gegen die zweitürmige An lage in der Sitzung erhobenen Bedenken in Erwägung zu ziehen, in Berücksichtigung derselben eine dreitürmige Anlage zu versuchen und die diesbezüglichen Vorschläge bis zum (H. Februar des Zahres (902 abzugeben"; darauf solle eine von der Generalversammlung zu wählende Rommission den eingereichten Entwurf begutachten und ihn mit den Plänen einer hierüber zu berufenden Generalversammlung Ende Februar vorlegen. Zu der Generalversammlung am nächsten Tage in der Aula der technischen Hochschule, in der vor fast sechs Jahren die ersten Schritte zur Gründung des Dombauvereins getan worden waren, fanden sich unter dein Vorsitze des Geheimen Rats Or. Wach über (00 Mitglieder des Vereins ein. Oberbaurat Schäser legte selbst seine Auffassung über die Ergänzung der Westfassade dar und hielt sie auch gegen die