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Johannes Brahms (1833—1897) Sinfonie Nr. 3 F-Dur, op. 90 Die Sinfonie Nr. 3 in F-Dur, op. 90, schrieb Brahms 1883 in Wiesbaden und hei Aufenthalten im Taunus. Man will deshalb aus ihr Waldgeheimnisse und die Schatten tiefer Tänniehte heraushören. Aber hei der Neigung des Komponisten zur absoluten Musik sind solche Deutungsversuche wohl zu einseitig und zu ober flächlich. Sie jedoch als Zeugnis der erreichten Reife anzusehen, ist richtig. Manche Betrachter reichen diesem Werke aus dem Gesamtschaffen Brahms’ die Krone; vielleicht tun sie recht daran. Brahms ist als Mensch auf dieser Entwicklungsstufe seines Lehens mit sich im reinen, das spürt man deutlich aus diesem Werke. Es stellt sich deshalb in formaler Klarheit und Übersichtlichkeit vor, obgleich es eine vom üblichen Aufbau abweichende Eigentümlichkeit zeigt. Die eigentliche dramatische Entladung, der wirkliche Höhepunkt des Werkes liegt im Finalsatz. Die drei vorhergehenden Sätze bereiten diesen sturmgepeitschten Augenblick vor, sie sammeln die Kräfte, sie hauen die innere Dynamik auf, die dann im Schluß satz daherstürmt und sich wild verschwendet. Man könnte sagen, daß der letzte Satz die eigentliche Durchführung der gesamten Sinfonie darstelle. Tatsächlich spielt in den ersten drei Sätzen die Durchführung nicht die übliche Rolle. Der erste Satz beginnt gleichsam mit einem Motto. Die drei Töne F — as—f in der Oktave sind für den inneren Aufbau äußerst wichtig. Selten ein Takt, in dem dieses Motiv nicht erschiene. Brahms stellt die beiden Themen auf, ein männlich-kraftvolles und sich immer wieder behauptendes. Das zweite Thema, von der Klarinette geblasen, mutet wie ein verhaltenes Volkslied an. Über dem zweiten Satz, dem Andante, liegt ein dunkles Licht, das ihn in einer gleichsam mystischen, eigentümlich ergreifenden Färbung erscheinen läßt. Zwei Themen prägen diesen Satz, wobei die eigentliche Durchführung des zweiten Themas erst im Finale eintritt. Mit einem weitgesponnenen Melodienbogen der ausdrucksvoll singenden Violon celli beginnt der dritte Satz (poco allegretto), der in der dreiteiligen Liedform aufgebaut ist und durch seine etwas stillmelancholische Art als Kontrast zum Schlußallegro gedacht ist. In diesem dominiert zu Beginn eine etwas unheimliche Unruhe, eine Stimmung von etwas bedrückter Art. Auch hier sind zwei Themen da, von denen das zweite dem langsamen Satz entstammt. Die nun einsetzende Durchführung steigert sich zu einem wild ausbrechenden Höhe- und Gipfelpunkt. Nach ihm ebbt das musikalische Geschehen allmählich ab, der Satz verklingt leise, nochmals das Zitat des Beginns der Sinfonie ertönen lassend, womit der Kreis dieses Werkes geschlossen ist. Es sagt über den abgeklärten Brahms am meisten aus, es ist das Werk der höchsten Reife dieses Meisters, es ist auch im Gesamtbilde der Musik ein ent scheidendes, ein großes, ein vollkommenes Werk.