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Das zweite Konzert für Klavier und Orchester, das er 1930—1931 komponierte, ent stammt der Epoche seines Lebens, in der er sich dem Experiment verschrieben hatte und bewußt neue Wege suchte. Er scheut in diesem Werke vor keiner Härte zurück. Aber trotzdem greift er immer wieder auf die Volkslieder seiner Heimat Ungarn zurück und verarbeitet sie. Und immer — trotz Atonalität und Experiment — bricht sein un glaubliches Temperament durch und verleiht seinem Musizieren Schwung, Kraft und Elan. Das Konzert hat drei Sätze. Im ersten Satz läßt er das Soloklavier, das sofort mit seinen Passagen und gehämmerten Rhythmen unerbittlich einsetzt, nur von Holz- und Blechbläsern und dem Schlagzeug begleiten. Dieser Satz ähnelt einer Toccata. Immer wieder hämmert das Klavier, immer wieder spielen Trompeten und Hörner ungarische Volkslieder dazu, allerdings in einer rücksichtslos harten Sprache. Trommeln und Pauken unterstreichen die Härte, die zur Besessenheit ausartet. Das Adagio läßt zunächst, im schärfsten Gegensatz zum vorhergehenden Satz, nur die gedämpften Streicher aufklingen, zu denen sich bald das Klavier, später Holz- und Blechbläser gesellen. So verträumt und verhalten, wie dieser Satz begann, schließt er auch. Der Schlußsatz bringt, nach einem rasenden Lauf über die ganze Klaviatur, das Thema in den Pauken. Das Klavier unterstützt es. Auch dieser Satz lebt, wie der erste, von einem motorischen Rhythmus, der wie eine ungeheure Maschine stampft. Kraft steckt in ihm, aber auch Rücksichtslosigkeit auf den Schönklang. Mit diesem Werk ist Bartok ganz Kind der Zeit um 1930. Thomas Mann hat einmal gesagt, daß er, falls er Komponist geworden wäre, wie C6sar Franck geschrieben hätte. Er hat noch hinzugesetzt, daß ihm das handwerkliche Können dieses Meisters imponiere, daß ihm die Verschmelzung von französischem und deutschem Wesen sympathisch sei, daß er eine gewisse Schwermut in Cesar Franck erkenne und liebe und daß er sich in dem einen Punkt mit ihm verwandt fühle: nämlich ein Eklektiker zu sein, also vorwiegend denkend, auswertend und nachschaffend schöpferisch tätig zu sein. Thomas Mann hat damit eine umfassende Erklärung der Persönlichkeit C6sar Francks gegeben, der wenig hinzuzufügen ist. Franck (1822—1890) wurde in Lüttich geboren und wuchs in Paris auf; beide Eltern waren jedoch Deutsche. Man nennt ihn gern den französischen Brahms, obgleich seine Werke in Deutschland außer seiner Violinsonate fast unbekannt sind. Ab und zu hört man seine Sinfonischen Variationen für Klavier und Orchester, die 1885 komponiert worden sind. Franck variiert zwei kurze, jeweils nur vier Takte lange Themen, die zu Beginn des Werkes sofort auftreten. Das erste wird unisono vom Streichorchester gespielt und haftet durch seinen kräftigen, punktierten Rhythmus im Ohr, während das zweite Thema vom Klavier allein vorge tragen wird und melodisch-lyrisch gestaltet ist. In einer durchlaufenden, zügigen Art wandelt Franck die beiden Einfälle ab und verwandelt sie dabei. Erstaunlich ist seine große Kunstfertigkeit und sein tiefes, aber verhaltenes Gefühl, das in der Spätromantik beheimatet ist. 1788 war für Mozart ein bedeutungsvolles Jahr. Es war deshalb bedeutungsvoll, weil er in ihm eine Reihe genialer und überragender Werke schrieb. Der leider so früh ver storbene Mozart (1756—1791)1 den die Lungenschwindsucht dahinraffte, der in seinen letzten Lebensjahren in kümmerlichen Verhältnissen lebte und der im Armengrab bei gesetzt wurde, schrieb seine drei letzten Sinfonien, die in Es-Dur, in g-Moll und C-Dur. Sie stellen den Höhepunkt seines sinfonischen Schaffens (40 Sinfonien) dar. Sie sind ein Beweis für Mozarts unglaubliche Arbeitskraft und Arbeitsfreudigkeit, da die Es-Dur- Sinfonie im Juni 1788, die in g-Moll im Juli und die Jupitersinfonie in C-Dur im August