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W di, IV. K a u s h a l Gute Lehren und verständige Rathschläge für angehende Hausväter und Hausmütter. 1) Anfänger im Haushalten thun wohl, sich zu erfahrenen Hausvätern und Hausmüttern zu halten, deren Umgang ihnen lehrreich sein wird. Sie thun besser, wenn sie jenen es nachzuthun suchen, anstatt auf eigene Versuche cs ankom- nicn zu lassen. 2) Sie thun wohl , wenn sie ihre eigenen Erfahrungen aufschreibcn, welches allenfalls in Form einer Tabelle geschehen kann. Man zeichne an, wo man dieses oder jenes gekauft hat, wo dieses oder jenes gemacht ist, welche Vortheile oder Nachthelle man dabei gehabt hat. Man berichtige und ergänze die vorjährigen Bemerkungen durch die disjährigen. Wer dis lange fortsetzt, sammelt sich einen Schatz allgemeiner nutzbarer Erfahrungen. 3) Vor allen Dingen glaube man nicht, daß man Alles, was Andere ha ben und' brauchen, auch haben müsse. Es ist unglaublich, wie viel man von den Bedürfnissen, an die Andere gewöhnt sind, entbehren kann, sobald man nur will, und wie wenig man vermißt, wenn man nicht schon daran gewöhnt ist. — So ost also eine neue Sache zum Ankäufe reizt, untersuche man ohne Vorurtheil, ob man sie nicht ohne Schaden und Unbequemlichkeit entbehren könne. 4) Man trachte nie da nach, Anderen im Aufwande gleich scheinen, oder Andere sei nes Standes dem Scheine nach übertreffen zu wollen. Solche Leute sind durch Nath schwer schuldenfrei, und noch schwerer reich zu machen. Sie streben nach dem Scheine, nicht nach der Sache selbst, entfernen sich also immer weiter vom Ziele. Wer Meister werden will, muß lernen; wer reich werden will, muß sparen können. 5) Anfänger müssen nur selten an ihre Einnahmen, oft aber an ihre Ausgaben denken; erstere nicht durch ein Vergrößerungsglas, und letztere nicht durch ein Hohlglas ansehen. 6) Die gefährlichste Zeit für Unerfah rene rind Anfänger ist die, wo sie auf einmal viel Geld erhal ten. Es scheint ihnen Anfangs unerschöpflich. In diesem Falle lese man fleißig seine Tabelle. 7) Viel läßt sich auch dadurch sparen, daß man die einmal üngcschafften Sachen schont. Unsere Vorfahren sagten: wie wir eine Sache ehren, so ehrt sie unS wieder. -- Unbezahlte Sachen verbrauchen, führt zu Schande und Verderben. 8) Man hüte sich vor falschen Begriffen von Ehre. Diese verursachen nicht selten daS Unglück der Familien. So sieht man, daß oft geschickte, kluge und sonst vortreffliche Menschen dasjenige unterlassen, was sie doch selbst für gut und recht halten, und dasjenige thun, was sie für Unrecht erklären. Sie scheinen zu glau ben, dem Spotte anderer Menschen ausweichcn zu können; aber das können sie dennoch nicht. Spottet der Thor über sie , so spottet und bemitleidet sie der Kluge. Es findet sich kein gescheidter, redlicher und verdienter Mann, der den Spott hätte vermeiden können; aber es stirbt auch Keiner daran, und 6t t u n g s k u u - e. Keiner wird durch ihn um ein Quentchen unglücklicher. Man merkt diese Schwäche am häufigsten beim Spiel, 9) Man scheue kleine Ausgaben mehr wie die großen. Diese Regel scheint sonderbar: sie ist aber bewährt. Die großen sind sel ten, und wenn sie vorkommen, so müßte Einer wenig Ver stand haben, wenn er nicht vorher sein Vermögen um Rach fragen wollte. Es ist gewiß ein seltener Fall, daß Jemand durch Ankauf eines großen Hauses, durch Anschaffung von Equipage, oder durch eine Reise in entfernte Länder verarmt wäre. Die Meisten verarmen durch kleine Ausgaben. Diese gleichen schleichenden Giften, die unbemerkt bcigebracht wer den, langsam die Kräfte aufreiben, und sicherlich tödten. Täglich 8 Pfennige mehr oder weniger ausgegeben: welch eine Kleinigkeit! nicht werth, daß man davon redet! Allein fehlen sie am Thaler, so ist er nicht voll. Wer täglich nur 8 Pfennige ersparet, — und wie viele Haushaltungen wür den das können? der sparet jährlich 10 Thlr. 3 Gr. 4 Pf, und zieht dadurch die Zinsen eines zu 4 Procent verliehenen Capitals von 253 Thlr. 11 Gr. 4 Pf. — Wer wöchentlich einen Thaler- ausgeben will, muß 1300 Thlr. Capital haben, welches zu 4 Procent sicher ausgethan ist. 10) Man hüte sich, bei Vermehrung der Einnahme, auch die Ausgaben wachsen zu lassen. Wer dis nicht unterläßt, ^>er hat am Schlüsse des Jahres nichts übrig, auch wenn eö Tausende verdiente 11) Wer Obligationen besitzt, verwahrt sie am be sten in einem blechernen oder eisenblechernen Kasten, den man irgendwo in einem verschlossenen Schranke bergen kann — Metall, Gold, Silber, Diamanten und sonstige Kostbarkei ten haben einen eigenen Schimmer, der Leute, die nicht sehe fest stehen, zu Dieben und Mördern machen kann, und schon unzählige Male gemacht hat. Man lasse dergleichen nicht leicht, und am wenigsten den treuesten Domestiken und Be dienten sehen; denn je treuer diese sind, um so größer muß unsere Sorgfalt sein, sie treu zu erhalten. 12) Ein kluger Mann wird in derjenigen Kasse, aus welcher er seine alltäg lichen Ausgaben nimmt, zwar Münzen verschiedener Art vor- räthig haben, aber nie im Uebermaße. — Ein verschlossenes blechernes oder eisenblechernes Kästchen in einem wohlver wahrten Schranke oder Koffer muß die Haupt - Eaffe enthal ten. Wer aus dieser etwas holt, thue dis ohne Zuschauer, ohne alles Aufsehen. 13) Man mache es sich zur Pflicht, über alle und jede Zahlung sich Quittung geben zu lassen. Kann man aber z. B. einem Handwerker dis etwa nicht gut zumuthen, so schreibe man selbst einige Zeilen, und lasse Kie ses von ihm unterschreiben. Es ist eine höchst unangenehme Sache , wenn geleistete Zahlungen, die man nicht mit Quit tungen belegen kann, noch einmal gefordert werden. Wer bekannt ist, daß er sich über Alles Bescheinigung geben läßt, wird nicht leicht mit einer doppelten Forderung angegangen werden. Die Quittungen leicht zu finden, lege man die eines