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wie verkehrt, polizeilich zu verfahren, statt pädagogisch streng, doch liebevoll und weise! So ganz verkehrt kann gar kein Erzieher handeln; aber in einzelnen Fällen macht jeder Fehler, und jeder muß über sich wachen, daß er nicht unweise handle. Ein weiser Lehrer und Erzieher ist allemal auch ein konsequenter, und in Ho- der Konsequenz offenbart sich der sittliche Ernst des Vaters zum Dritten. Konsequenz muß mit der Weisheit verbunden sein; denn wie könnte der Weise ohne erprobte Grundsätze sein und diese, die besten, die er kennt, nicht getreulich festhalten, ohne seinen Charakter ganz zu verleugnen? Der Konsequente hält aber an klar erkannten und bewährten Grundsätzen nur in allen wesentlichen Dingen fest, so daß ihm Pedanterie also gänzlich fremd bleibt, wenn die Weisheit die Mutter der Konsequenz ist. Wo es not thut, setzt der Konsequente seinen Willen mit aller Strenge durch; es fehlt ihm also auch die rechte Energie nicht. Wie sollte ein Zögling gegen die rechte Konsequenz, die immer mit Energie verbunden ist und auch in Strenge, nur nicht in Härte, übergehen kann, auf die Dauer seinen verkehrten Willen geltend machen können! Ist der Lehrer konsequent, so weiß der Schüler, was er zu erwarten hat und wird es nicht versuchen, den Erzieher zu bearbeiten, sondern sich nach dessen Willen richten, während ein in konsequenter Lehrer leicht von den Schülern beherrscht und gemißbraucht wird. Nur wenn der Lehrer Herr ist und bleibt, können Unterricht und Erziehung ge deihen. Bezüglich des Unterrichts ist namentlich das konsequente Festhalten be stimmter elementarer Formen und die Durchführung einer als zweckmäßig erkannten Methode von Wichtigkeit; denn so allein kommt Stetigkeit in das Unterrichts verfahren, wodurch sicheres Lernen erzielt wird. Bezüglich der Erziehung im engeren Sinne aber sind Konsequenz und Energie bei Durchsetzung bestimmter Forderungen, wie auch bei der Übung behufs guter Gewöhnung unerläßlich; denn ohne dies ist kein sittlicher Ernst in der Sache und keine volle Fügsamkeit von Seiten der Zöglinge, die sich nicht selbst beherrschen können, zu erwarten. Ein konsequentes Wesen ist stets auch ein erhabenes, ein würdevolles, II a. und in der Erhabenheit giebt sich der Ernst des väterlichen Lehrers und Erziehers zum Vierten kund. In der Konsequenz weiß und fühlt man sich den Zöglingen überlegen; das Gefühl der Überlegenheit ist aber enthalten in dem der Erhabenheit, und dieses offenbart sich im würdevollen Verhalten des Lehrers und Erziehers, welches der gottgeordneten Stellung des Erziehers und seiner Verantwortlichkeit entspricht. Erhaben soll sich der Erzieher aber nur deshalb über seine Zöglinge fühlen, um diesen ein großes Vorbild aufzustellen und sie wohlwollend zu sich hinauf zu ziehen. Also nicht eingebildet und hochmütig soll der Lehrer sein, nein, im Gefühle seiner Würde demütig wie ein Kind, ein wahres Muster für die Schüler, doch auch wohlwollend zur Nacheiferung reizend. Als Lehrer muß man den Schülern durch seine Kenntnisse und seine Geschick lichkeit imponieren, jedoch ohne es zu beabsichtigen, also in Demut; sonst lernen sie nicht begeistert und eifrig. Als Erzieher aber muß man durch Lügende» groß vor ihnen stehen, ohne tugendstolz zu sein, und durch die Liebe sich ihnen unent behrlich gemacht, sie zu Dank verpflichtet haben als ihr Wohlthäter, wenn sie gehorchen und auf dem Wege, den der Erzieher sie zu ihrem Wohle führen will, gern folgen sollen. Wehe dem Lehrer und Erzieher, dem solche Erhabenheit, dem die rechte Würde fehlt! Sie fehlt, wo man sich im Reden nicht wahr, fein und streng sittlich hält, wenn der Lehrer keinen sittlichen Wandel führt, nicht verträglich ist, wenn er schlecht wirtschaftet, wenn er seinen Pflichten gegen die Schüler nicht vollständig und pünktlich nachkommt, wenn er sich läppisch zu den Zöglingen erniedrigt, wenn er parteiisch, ungerecht ist, wenn er das Scheinwesen begünstigt.