64 wie das mosaische Gesetz, die Weissagungen der Propheten, die Vereinigung der Völker durch Sprache und politische Zustände erwähnt war, ging er etwas näher auf die Geschichte der alten Philosophie, speciell die akademisch-sceptische ein, die im ersten christlichen Jahrhunderte sich immer weiter verbreitete. Der Herr Examinator richtete dann an mich die Schlußfrage: Was aus der ganzen Betrachtung für uns rcsultire? Worauf ich mehr sprachlich gewandt als gründlich tiefer eingehend antwortete: 8pes et üäueia, üivinum numou res bumanas sie orckinaturum esse, nt religio ebristiana svnsim omnilms inna- teseat. Nachdem wir 2 Tage darnach noch in der Hofkirche einen Theil unsrer eingereichtcn Predigten (15 —20 Minuten lang) und in der Schule zu Rath und That unsre Katechesen gehalten hatten, konnten wir bald drauf in der Kanzlei über unsre Censuren Auskunft erhalten, und war für mich bezüglich der mündlichen Prüfung und der Katechese die Censur „sehr wohl" — was damals als die erste Censur galt — und für die Predigt „wohl" bestimmt worden. Ich hatte über den mir gestellten Predigttext: Joh. 4, 26: Jesus sprach zur Samariterin: „Ich bin's, der mit Dir redet —", anschließend an die 2 vorhergehenden Verse als Thema: „Das Zeugniß Christi über die rechte Anbetung Gottes im Geiste und der Wahrheit" aufgestellt und behandelt, wie der Herr Examinator erinnerte, in freier Weise; jedenfalls sollte ich, spcciellcr auf meine vorgeschriebenen Texteswvrte eingehend, das messianische Selbst- zeugniß Christi vor der Samariterin als meinen Hauptgedanken behandeln. Tags darauf kehrte ich nach Leipzig zurück und dankte meinem Gott, daß er mir Alles hatte wohl gelingen lassen. Ich hatte, da ich zu dem mir erst festgestcllten Prüfungstage nicht mich stellen konnte, mit meinem nachträglichen Admissionsgesuche Berücksichtigung gefunden; meine Gesundheit hatte ausge halten und namentlich hatten sich auch meine Sprachorgane, um die der Doctor besorgt war, wohl bewährt; die Prüfungsgegenstände waren mir nicht zu schwer und fremd; einige lateinische Sprachfertigkeit hatte mir gute Dienste geleistet, wenn auch wohl in einzelnen Fällen den Mangel an Gründlichkeit mit Rede fertigkeit verdeckt; dazu hatte ich von den griechischen und hebräischen biblischen Beweisstellen, die ich mir noch im letzten Semester eingeprägt, etliche meinen Antworten einverweben und damit einige weitere Kenntniß der biblischen Grund sprachen documentiren können; endlich war durch dies Alles mein kindlich-freu diges Gottvertraun, das mir von Jugend auf eingepflanzt war, von Neuem befestigt worden. Mit großer Freudigkeit schrieb ich nun auch an meinen Pflegvater Dinter, Bericht über das Examen erstattend und die Censur in Abschrift beilegend, und