Volltext Seite (XML)
87 und Tode nicht verlassen! Er wird mich erlösen von allem Uebel und aus helfen zu seinem himmlischen Reiche! Er hat mir's ja gesagt und es steht geschrieben!" — Mit welcher Freudigkeit wiederholten sie oft die schönen inhaltreichen Lieder- Verse, bisweilen mit Hinweisung auf die älteren Gesangbücher, aus denen sie gelernt hatten, und mit danbarer Erinnerung an die frommen alten Lehrer, die ihnen das Wort Gottes gesagt und an die Seelsorger, die ihnen beim Confir- mandenunterrichte diese Sprüche und Verse als Lebensbrod und Stärkungs mittel für die Zeit der Noth und für die letzten Kämpfe in den Stunden des Todes mitgegeben hatten. Freilich streute ich auch hin und wieder Saamen auf hart getretenen und steinigen Boden, da er verkümmerte oder bald zertreten ward. Ich habe auch auf meine Ansprachen Antworten erhalten, als: „Was soll mir das helfen? Das weiß ich lange als Kind schon!" Worauf ich denn keine andre Antwort hatte, als: „Kommen wir dahin, wo kein Mensch mehr helfen kann, so kann und muß uns allein der barmherzige Gott und sein gnadenreiches Wort helfen. Darum wirf nicht die große Hoffnung hin, die dir dein Glaube reichet!" 4. Der Verfasser kann an dieser Stelle nicht umhin, einer Schrift zu ge denken, deren Lectüre ihm theils die an Kranken- und Sterbelagern gemachten Erfahrungen bestätigt, theils auch seine Kenntniß der Menschen von dem ge gebenen Standpunkte aus bereichert hat, der Schrift: „Die letzten Stunden und der Tod, in allen Classen der Gesellschaft (auch der verschiedenen Confessionen und Nationalitäten) aus den: Gesichtspunkte der Humanität, der Physiologie und der Religion betrachtet von H. Lau Vergne, Oberarzt der Marine und des Hospitals am Bagno zu Toulon. Nach dem Französischen bearbeitet — Leipzig, Ernst Fleischer 1843, zwei Bände. — Dieser hochgebil dete französische Arzt vertritt den unendlichen Werth und das Bedürfniß der Religion und des christlichen Glaubens für das Leben und ganz besonders auch für ein friedevolles Abscheiden von der Erde; er wird dabei ein strenger auf richtiger Kritiker des vordem ausgeartcten französischen Nationalgeistes, und fühlt sich dazu berechtigt auf Grund der reichsten Erfahrungen und der mannich- faltigsten Beobachtungen des Menschenlebens, womit er alle seine Behauptungen bestätigt. (Auch die beim Ausbruch der Revolution als Göttin der Freiheit verehrte pariser Dirne hat Lauvergne in ihren letzten Tagen und Stunden be- rathen und behandelt. (Vergl. Cap. 1 pag. 61 ff.) Aus der Einleitung des Buches fügen wir noch einige kurze Stellen hinzu: „Wenn der Tod einen Menschen nicht ganz plötzlich (und im bewußt losen Zustande) hinwegrafft: so geben die Erscheinungen und Vorgänge des