Der Pferdnergutsbesitzer H. mW. fröhnte der Trunksucht auf die schlimmste Weise und drohte dadurch sein Hauswesen und Familenleben zu Grunde zu richten. Sein Weib, eine der bravsten Bauerfrauen und Hausmütter klagte mir unter Thränen ihre Noth, wie sie zur Rettung ihres Mannes Alles vergeblich angewendet habe und bat mich um Rath und Hülfe. Da meine Bitten und auch ernste Ermahnungeu nichts weiter als eitle, bald vergessene Zusagen zum Erfolg hatten, wendete ich mich an einen geistlichen vielerfahrnen Amtsgenosscn Z. in B., von dem bekannt war, daß er wiederholt Trunkenbolde mit Erfolg behandelt hatte. (Z. mischte pulverisirtes Mäusefleisch — wohl auch anderes Thierfleisch nach ärzlichem Rathe mit starkenr Kartoffelbranntwein, welches als starkes Vomitiv wirkte und auf längere Zeit große Abneigung gegen Branntwein hervorbrachte). Die empfohlnen Mittel hatten bei unserm H. vollkommne Wirkung. Die besorgte Frau suchte durch Fleischspeisen und andre Getränke (Kaffee, Warmbier) die geschwächte Natur des Mannes zu kräftigen, und schien derselbe längere Zeit hindurch von seinem Uebel geheilt zu sei». Siehe, da kommt eines Sonntags der arme, charakterschwache Mensch unter seine alten Trink- und Saufkameraden. Diese verhöhnen ihn, daß er unter dem Pantoffel stehe und aus Furcht vor der Frau keiu Glas anrühren dürfe. Darüber aufgebracht fängt er an unmäßig zu trinken so lange, bis er Verstand und Bewußtsein verloren hat; in einem kläglichen Zustande mußte er nach Hause gebracht werden. Der unsaubere Geist, der von dem Menschen ausge fahren, war (Math. 12, 43. ff.) mit sieben anderen bösen Geistern in das verlassene Haus zurückgekehrt, und war das Letzte schlimmer denn das Erste geworden. Der Mann fing nun an ernstlich zu kränkeln und starb nach nicht langer Zeit. "Anmerkung. Zum gründlicheren ernsten Studium der Sache dient die vorzügliche Schrift: „Der AlkoHolismus (Branntweingenußsucht) seine Verbreitung, Wirkung auf individuellen und socialen Organismus, Mittel zur Bekämpfung von Ur. Barr, Sanitätsrath am Strafgefüngniß Plötzensce- Berlin 1878". Der Verfasser beschreibt: 1. den Einfluß der Trunksucht auf das physische Leben, Wohlhabenheit und Sittlichkeit des Volkes; er bezeichnet sie als Hauptursache des Pauperismus, der vermehrten Verbrechen und Geisteskrankheiten, des angebornen Blödsinus. II. Unter den Mitteln zur Bekämpfung behandelt er 1) die Geschichte der Mäßigkeitsvereine, die sich von Nordamerika über England nach Deutschland weithin ausbreiteten, deren mit allem Fleiß ausge-