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81 3. Mitmirlumg bei der Knibererziehimg. Die Kindererziehung bleibt in den ersten sechs Jahren der Hauptsache nach Aufgabe der Familie, speciell der Mütter, denen, was die Arbeiterfamilien anlangt, die Muhmen in der Kinderbewahranstalt heut zu Tage helfend zur Seite stehen. Sie, die Mütter und Muhmen, müssen in reinlichen Wohnungen für gute Luft, gesunden Schlaf, passende Ernährung, Kleidung, Bewegung bei Spiel und Beschäftigung Sorge tragen, dann aber auch einen sittlichen Grund legen durch Gewöhnung an Ordnung, Reinlichkeit, Müßigkeit, nützliche Thätig- keit, Wahrheitreden, Dankbarkeit, Schamhaftigkeit, Frömmigkeit. Die Schule, welche für die von der Zeitkultur geforderten Kenntnisse und technischen Fertig keiten der Kinder Sorge trägt, hat neben der Familie jene sittliche Grundlegung fortzuführen, zu befestigen und eine christliche Charakterbildung anzubahnen. Die Kirche mit ihrem erziehenden Einflüsse soll in Gemeinschaft mit Familie und Schule darnach der Gesammterziehung ein christlich-religiöses Gepräge geben, über niedere einseitige Bestrebung erheben und für das Christenleben der Erwachsenen in Familie, Staat und Kirche herausbilden helfen. Darauf habe ich privatim und öffentlich hingewiesen und dazu die ermahnt, welche mit wirken sollten. Bei meinen Hausbesuchen habe ich auf die oben bezeichnete Aufgabe der Mütter unter herzlicher Theilnahme an den Kleinen aufmerksam gemacht und meine Freude ausgedrückt, wenn dieselben reinlich und ordentlich gehalten, schon vom dritten und vierten Jahre an die Spindel drehten, Flachsfäden aus deni Rocken zogen, beim Bleichen, bei der Seilerarbeit, bei der Versorgung der Haus- thiere und sonst in Feld und Wald allerlei kleine Dienste leisteten. Ich habe gern mit den Müttern über den Schulbesuch der Heranwachsenden Kinder und ihre Schularbeiten, besonders aber auch über die Kinder gesprochen, welche an dem Confirmandenunterrichte Antheil nehmen sollten. Bei meinen Schulbesuchen, besonders bei Gelegenheit der jährlichen und halbjährlichen Prüfungen habe ich unter Berücksichtigung der vorgelegten Censur- tabellen mit meinen pädagogischen Mitarbeitern über den Geist der Schuljugend im Allgemeinen gehandelt, sonst auch vielfach mich über die hervorragenden begabten einer Seits, andrer Seits über die in der Erziehung versäumten und zurückgebliebenen besprochen, und über die letzteren gern die Frage in Erwägung gezogen, welche Abhülfe oder Nachhülfe hier zu beschaffen sein möchte, bezüglich der ersteren aber die Frage, ob und wie sie etwa auf eine höhere Stufe der Bildung und Wirksamkeit im späteren Leben erhoben werden könnten.