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75 Ermahnungen nicht achten wollte: richtete ich an die Gemeinde eine bezügliche schriftliche Ermahnung, welche von dem Vorstande in öffentlicher Versammlung verlesen wurde. Trotzdem hielt der genannte H. an einem der nächsten Sonn tage, da es mit der Feldarbeit gar keine Eile oder Noth hatte, mit seinem Geschirr und dem beladenen Wagen vom Felde kommend, seine Auffahrt mitten durch die Reihen der heimkehrenden Kirchgänger das Dorf entlang, welche sich theils darüber ärgerten theils lächelten, neugierig, was es für Folgen haben würde. Nothgedrungen erstattete ich nun Anzeige an das Gericht, in deren Folge der Mann zur gesetzlichen Strafe von 5 Thalern (15 Mark) verurtheilt wurde. Klagend und seufzend kam er nun zu mir, „er habe jetzt gar kein Geld und möchte ich die Sache rückgängig machen oder ihm die Summe vor schießen!" was ich beides ablehnen mußte. Beim Weggehu wendet sich aber der Mann im Parterre des Pfarrhauses noch an die junge Frau Pfarrerin, welche, da sie gerade in ihrer Wirthschaftskasse einen kleinen Vorrath hatte, sich durch das Darlehen glaubte bei der Gemeinde beliebt machen zu können und nach Einholung meiner ungern ertheilten Zustimmung das Geld auf kurze Zeit vorschoß. Der arglistige Mensch blieb aber längere Zeit hindurch seiner abzu tragenden Schuld uneingedenk, und fing die Sache schon an, lächerlich zu werden. Da ging ich eines Tags, als er eben aus seinem gut bestandenen Walde eine Anzahl Klaftern hereingefahren, zu ihm, hielt ihm seine Gewissenlosigkeit und Untreue vor und nöthigte ihn, durch Anfuhr einer Klafter auf meinem Pfarr hofe die Sache zu reguliren. Diesem meinen Verlangen leistete er denn auch willig Folge! 8- 13. Mahrhrit und Lügt in der Kmmide. 1. Achte die Wahrheit über Allles! Bei meiner seelsorgerisch-päda gogischen Wirksamkeit unter den Erwachsenen wie unter der Jugend ist's immer mein Hanptgrundsatz gewesen: Wahrheit über Alles! Hasse die Lüge und Falschheit! Also: Rede und handle deinem besten Wissen und Gewissen gemäß! (Moralische Wahrheit!) Halte dich an wirkliche Thatsachen, und laß dich nicht durch Wähnen und Meinen und allerlei Zungensünden der Menschen irre führen! (Historische Wahrheit!) Was dein Verhältniß zu Gott und der unsichtbaren Welt betrifft, halte heilig, was dir als göttliche Wahrheit und Offenbarung von deinen Vätern überliefert ist, und was die Edelsten und Weisesten in der Christenheit sich als dem herausgebildeten Selbst- und Gottesbewußtsein entsprechend angeeignet und zu ihrem seligsten Gewinn als Norm und Regel ihres Lebens befolgt