Volltext Seite (XML)
74 3. Wie kirchlich-religiöser Sin» »och mit argem Aberglauben verbunden vorkam, beweist folgende Geschichte: Eine kirchlich-religiöse gutmüthige Familie im eingepfarrten Dorfe P. wurde erst durch lange Krankheit eines erwachsenen Sohnes, dann durch Un glück in der Viehwirthschaft heimgesucht. Es fiel eine erkrankte Kuh, andre verwarfen, die Milchwirthschaft, eine Hauptquelle der Einnahme, hörte fast ganz auf. Da glaubten die Leute, in deren Familie Etwas von einem mittelalter lichen Teufelsglauben traditionell geblieben, ein böser Geist treibe sein Wesen im Hause, und verführt durch andre böse Rathgeber, setzten sie sich in Verbin dung mit einem theils abergläubischen, theils betrügerischen Manne, der den bösen Geist bannen wollte, aber zuvor die Forderung stellte, daß dem Bösen durch Vergrabung eines lebendigen Kalbes ini Stalle ein Opfer gebracht würde. Davon benachrichtigt, eilte ich hinaus und strafte die Leute alles Ernstes mit dem Bedeuten, daß gewissenhafte christliche Leute, welche Beten und Arbeiten zu ihrem Wahlspruch machten, unter keinem Einflüsse böser Geister stehen könnten. Ich besichtigte bald darauf in Begleitung eines botanisch-practisch gebildeten Freundes, des Oberlehrers N. Kunze aus Grimma, die wenig sauber gehaltene Stallung, besonders aber die versumpften Wiesen, auf denen keine guten Futter- krüuter wuchsen. Wir empfahlen ihnen dringend, daß sie durch Gräben die Wiesen entwässerten, durch Düngung den Graswuchs verbesserten, Stallung und Tröge sehr reinlich hielten und sich noch weiter mit wirthschaftlich erfahrnen, wo möglich thierärztlich gebildeten Männern berathen und wenn auch mit Opfern eine verbesferte Fütterung und Tränkung der Thiere einrichten möchten. So wurde nach einiger Zeit das Uebel des Hauses beseitigt. 4. Wit ich Htilighaltuug des Feiertags mid der gottesdienstlichen Zeiten forderte. Ueberwachung solcher Heilighaltung, wenn auch nur indirect durch die Polizeiorgane, habe ich immer für eine Berufspflicht des Geistlichen gehalten, insbesondere auf dem Lande. Dem fleißigen, die Woche über an fremden Dienst gebundenen Tagearbeiter, wenn er sonst nur mit den Seinen einen kirch lichen Sinn Pflegt, muß man ja gewähren lassen, wenn er nach den Gottes diensten, da Andere oft rauschenden Vergnügungen nacheilen, noch nothwendige Arbeiten im Garten, auch Wohl zu Zeiten auf dem Felde verrichtet; grobe Uebertretungen des Sabbathsgesetzes dagegen habe ich gerügt, ja auch bei Wiederholungen, Mißachtung, ja Verspottung des Verbots behufs gerichtlicher Bestrafung zur Anzeige gebracht. Als auf dem Filiale die Sonntagsarbeit selbst während des Gottesdienstes einzureißen drohte und namentlich ein Bauergutsbesitzer H. auf persönliche