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73 und Liebe täglich Hinweisen (Pf. 8, 3: „Aus dem Munde der Säuglinge rc."); andre Frauen, Jungfrauen, Männer werden durch zerstreuende Lectüre von allerlei gehaltlosen Schriften und Zeitblättern zur Religionsskepsis und Haltungs losigkeit auch dem kirchlichen Cultus gegenüber hingerissen. Lehrer in Kirchen und Schulen, die amtlich viel mit Religionslehre beschäf tigt sind, Werden im eignen religiösen Glaubensleben vorwärts oder rückwärts gebracht, je nachdem ihr innerer Mensch aus der Wahrheit ist, je nachdem sie ihren Beruf im Dienste des Herrn und zur eignen Fortbildung oder nur als ein Opus ovoratum betreiben. Am meisten habe ich religiösen und kirchlichen Sinn in den Familien mäßig begüterter Landleute gefunden, die im Bunde mit dem Gotte Himmels und der Erde täglich ihr Werk treiben, die, mit dem Dichter zu reden, „dem dunkeln Schooße der Erde den köstlichen Saamen anvertrauen, in Hoffnung, daß er entkeimen werde zum Segen nach des Himmels Rath"; christlich kirchlicher Sinn ist oder war doch bis in die jüngst vergangenen Zeiten herein bei Vielen der selben eine gar schöne Familiengewohnheit. So sagte einst ein Landmann aus einem eingepfarrten Orte: „Das Kirchengehen am Sonntage gehört zu meinem Leben, wie die Arbeit und Landwirthschaft in den Wochentagen; und wenn ich einmal von der Kirche wegbleibe, so schmeckt mir das Mittagsbrod nicht am Sonntage". Im Gegensatz dazu wähnen Wohl Fabrikherrn, Fabrikarbeiter und Hand werker den Erfolg und Segen ihrer Arbeit nur von Menschen, von ihrer Thätigkeit, ihrer klugen Spekulation abhängig. Man hat Fabrikbesitzer ange klagt, daß sie mit ihren, angeblich unvermeidlichen, Sonntagsarbeiten ihre Untergebenen an dem Besuche des öffentlichen Gottesdienstes behindern; manche betrachten den Sonn- und Feiertag als einen für das Geschäft verlorenen Tag; einzelne Handwerker in meiner Parochie, die sich von der Kirche fern hielten, verwendeten den Sonntag zu Geschäftsreisen. Auf meine herzlich gemeinte Erinnerung an Hebr. 10, 25.: „Lasset uns nicht verlassen unsere Versamm lungen rc." erhielt ich hin und wieder die Antwort, daß sie sich auf ihren Sonn tagswanderungen doch auch in der Freude über die Natur, über Himmel und Ebbe erbauten; worauf ich erwiederte: „Der Wandrer in freier Natur mag Wohl voll einzelnen religiösen Gefühlen einmal erregt werden; aber die Natur, sagte ich, zeigt uns den verborgenen unsichtbaren Gott nur von der Ferne; das Evangelium aber und die christliche Predigt zeigt den offenbaren Gott in der Nähe. Zum Vater kommen wir allein durch den Sohn, den Eingebornen, der hat es uns verkündigt!"