Volltext Seite (XML)
- b ilden*), wie bei aller höheren Culturentwicklung in Künsten und Wissenschaften, so in der speciellsten Weise auch bei der religiösen christlichen Bildung der Menschheit eine Bedeutung; jenes Gesetz, das von classischen Geistern älterer und neuerer Zeit geltend gemacht ist, und in unsern Tagen wieder in Erinnerung gebracht werden muß. — Jean Paul bezeugt's in seiner Weise also: „ Die Menschheit empfing ihre akademischen Grade aus der Hand ein zelner excentrischer Geisterregenten. Die Menge konnte nicht die Menge bilden. Die Million Richtungen einer Million Quecksilbertropfen laufen nicht in die Kraft einer einzigen zusammen; ganze Völker, wie die Chinesen, die Wilden bleiben unverändert auf Einer Stufe; aber ein einziger mächtiger Geist steht als der Abhang und das Ufer sämmtlicher Tropfen auf; die Menschheit wird, wie nach der Sage das älteste Egypten, von Göttern regiert". Schiller bezeugt dasselbe in seinem gnomischen Distichon: „Nujsstas xoxuli". — „Majestät der Menschennatur! Dich soll ich beim Haufen Suchen? Bei Wenigen nur hast du von jeher gewohnt! — Einzelne Wenige zählen; die übrigen Alle sind blinde Nieten; ihr leeres Gewühl hüllet die Treffer nur ein!" Verwandt hiermit ist, was Niedner (erst Professor in Leipzig, später in Berlin) in seiner akademischen Vorlesung zur 30ttjährigeu Gcdächt- nißfeier des Todes Luthers über das Zeitbewußtsein sagt, wornach als einem Princip Neukatholiken, wie Neuprotestanten die Kirchenlehre reformiren und in eine symbolische Form bringen wollen. Er sagt daselbst S. 31: „Unter den auf die Wahl gekommenen Neuprincipien steht das Zeit bewußtsein oben an, ohngefähr so zur Zukunft sich verhaltend, wie die Weltsubstanz Spinozas zur Welt. Das Princip ist vollkommen richtig, wenn der Begriff richtig ist, d. h. wenn das Zeitbewußtsein noch außer dem Vielen, was es selbst schafft, möglichst Biel des Besten oder doch des Besseren aus der Vergangenheit zu seinem Inhalte hat, von diesem der Niederschlag ist. Falsch ist dasselbe, wenn es ohne diese Bedingniß gelten soll, wenn also z. B. Religion, die eine Geschichte noch fernerhin habe, und allen den gar mannichfaltig Organisirten entspreche und so erst zugleich sociales Band sei, doch ohne besondere ihr sich weihende Wissenschaft bleiben soll. „Das Princip in solcher falschen Fassung der Unbedingtheit ist auch ein sehr massives: Die Forin seines Verfahrens ist, anstatt des Achtens auf *) Die weitere Erläuterung dieses Gesetzes siehe in des Verfassers Denkschrift: Die göttliche Erziehung der Menschen, Grimma 1850.