Volltext Seite (XML)
67 allgemeinere Interesse in Anspruch, und erwartet man davon bessere und glück lichere Zeiten! Wenn die Zeitbestrebungen Vieler einmal auf Läuterung und Befestigung des kirchlich - confessionellen Lebens gingen: so lenkt sich jetzt wiederum das Interesse auf freie unabhängige Kirchengemeinschaften, und wird auch schon zur Entwicklung derselben durch Gesetzgebung die Bahn geöffnet, u. s. w. Ueber solchen wechselnden veränderlichen Zeitrichtungen soll nun der evan gelische Geistliche eine höhere Stellung einnehmen. Wohl erkennt er auch das Gute und Heilsame in solchen Bestrebungen, aber er warnt vor Einseitigkeit und Ausartung; er weist fort und fort auf die höhere ideale Richtung des Menschen lebens, auf das Reich Gottes hin, nach dem wir am ersten trachten müssen, dessen Glaubens- und Liebesleben alles andere Trachten und Streben durch dringen und verklären soll. Gefährlich bleibt's, wenn der Geistliche in einseitige Zeitrichtungen, in materielle Speculationssucht oder in politische, reformato rische, oder selbst revolutionäre Tendenzen hineingezogen wird. Er verliert damit so leicht seine höhere Berufsaufgabe aus den Augen und wird verhindert, seinen Beruf zu erfüllen. a) Bedenklich und gefährlich, sage ich, bleibts immer für den Geistlichen, sich in politische Partheibestrebungen zu mischen oder als Leiter derselben auf zutreten. Von Bischof Borowsky (vergl. oben Z. 7) rühmt König Friedrich Wilhelm III., daß derselbe bei den vielfachen Gesprächen, die er mit ihm (dem König) gehalten, nie sich in politische Angelegenheiten gemischt, daß er aber Bitterkeit und Haß, den er (der König) gegen Napoleon gehegt, bekämpft und den Glauben an die göttliche Weltregierung und Fürsehung über das Leben der Völker und Fürsten befestigt habe. Beim Rückblicke auf die revolutionären Bewegungen der Jahre 1848 und 1849 gedenke ich zweier verstorbener, mir bekannter Geistlicher, die in früheren Jahren in derselben Stadt als geistliche, allerdings auch schon als disharmonische Amtsgenossen gelebt und gewirkt hatten, später aber wieder getrennt und in andere höhere geistliche Stellungen in Provinzialstädten versetzt worden waren; beide mischten sich in entgegengesetzter Weise in die politischen Angelegenheiten jener Zeit ein, aber beide zu ihrem Schaden. Der Eine (W.) treulos gegen König und Verfassung schlug sich zur Partei der Revolutionären, weihte die Fahnen derer in seiner Provinzialstadt, die als Zuzügler der Revolution nach der Hauptstadt zogen und feuerte dieselben zum Kampfe an. Er verbüßte sein Vergehn in der Correctionsanstalt und verlebte auch nach seiner späteren Begna digung ein verfehltes zweideutiges Leben. Der Andre, dem Verfasser näher be freundet, ein gewissenhafter, treugesinnter Mann, hatte damals seine höhere geist-