Volltext Seite (XML)
63 durch welchen die Lehrfreiheit der Kirchendiener in bemessenen Schranken erhalten werden müsse. b) Die eidliche Verpflichtung selbst nun auf die reine evangelische Lehre, wie sie in der heil. Schrift enthalten und in der Augsburger Confession re. bezeugt ist, habe ich in folgender Weise aufgefaßt und vollzogen: Vor Allem habe ich die reine evangelische Lehre nach den Hellen und klaren Aussprüchen Christi und seiner Apostel (nach Matth. 18, 18—20. u. a.) mit religiösem Geiste und wissenschaftlicher Forschung mir klar gemacht, wie dieselbe als Grund und Bestand in das Glauben und Leben der Kirchengemeinde schon wirksam übergegangen ist, und das zwar in Angemessenheit und Uebereinstim mung zu dem ökumenischen Lehrbekenntnisse aller christlichen Kirchen von Vater, Sohn und heiligem Geiste, in Angemessenheit zu dem formalen Princip von der heiligen Schrift als einiger Erkenntnißquelle, daraus die religiöse Vernunft, die ewige Wahrheit zu schöpfen hat, wie auch zu dem realen Principe, betreffend die Erlangung des Heils (Rechtfertigung vor Gott) aus freier göttlicher Gnade in Christo, der für uns gestorben, auferstanden und zum alleinigen un sichtbaren Haupte der Gemeinde verklärt worden ist. Indem ich das gethan, habe ich den Eid nicht als ein materieller Lutheraner abgelegt und ablegen wollen, welcher an jeden Satz und Ausspruch der Symbole sich gebunden fühlt; auch Reinhardt erklärt ja, „daß der Lehrer durch den Religionseid keines wegs verpflichtet sei, jeden außerwesentlichen Punct, jede zufällige Erläuterung, jede Schrifterklärung, jeden Beweis, jede Borstellungsart, die in den symbo lischen Büchern vorkommt, anzunehmen und zu billigen, versteht sich nicht nur von selbst, sondern die gewissenhaftesten Lehrer unsrer Kirche haben sich hierüber auch oft genug erklärt!" Ich habe den confessionellen Eid als ein principieller Lutheraner und Geistlicher der evangelischen Kirche abgelegt; doch aber auch wieder nicht so, daß ich jene principiellen und fundamentalen Lehren vom Vater, Sohn und heiligen Geiste, von der heiligen Schrift und der Rechtfertigungslehre aus dem Glauben, der durch die Liebe thätig ist an sich und allein habe bekennen wollen, sondern vielmehr auch mit allen wesentlichen Consequenzen und Erläuterungen, die dann an jene Principien in dem Symbole angeschlossen sind. Daß der Eid durch Beschluß der Kirchensynode von 1873 im Königreich Sachsen in eine Gelobung verwandelt und wesentlich auf das Evangelium von Christo bezogen ist, wie dasselbe in der heil. Schrift enthalten und in der Augsburger Confession und beiden Katechismen Luthers bezeugt ist, woruach die christlichen Lehrer nach bestem Wissen und Gewissen lauter und rein lehren sollen: das muß denn wohl für ängstliche und gewissenhafte Diener der evangel.