62 8- 11. Per siebente Grundsatz betrifft die Stellung des evangelischen Geistlichen zum Bekenntniß (Symbol) seiner Kirche, zur Wissenschaft, zum Zeitgeiste; er lautet: „Halte zum Bekenntniß deiner Kirche mit wissenschaft lichem Sinne und Geiste und behaupte deine Stellung über den wechselnden Richtungen und Partheiungen des Zeitgeistes". 1. Stellung nm Symbol der Kirche; coufessiineUe vtrpllichtung. Als der Verfasser im Dezember 1828 nach dem früheren Eidesformular als evangelisch-lutherischer Geistlicher mit den Worten verpflichtet wurde: „ Ich gelobe und schwöre, bei der reinen evangelischen Lehre, wie solche in der heiligen Schrift enthalten, in der ungeänderten Augsburger Confession und dem lutherischen Katechismus erklärt und dargestellt und in den übrigen symbolischen Büchern wiederholt ist, fest und standhaft zu verbleiben, ihr gemäß zu lehren rc. rc." konnte er sich dieser eidlichen Verpflichtung nicht ohne alle Beschwerung des Gewissens unterwerfen. Er hatte, der auf den Universitäten damals vor herrschenden Zeitrichtung gemäß, die rationalistischen Schriften von Wegscheider, Bretschneider u. A. durchstndirt; er hatte vorher in der Dinter'schen Schule vorzugsweise die practisch-moralische Seite der christlichen Religion auffassen gelernt, und ob er schon von andern theologischen Universitätslehrern tiefer in die Kirchenlehre eingeführt worden war, so hatte er doch bezüglich mancher speciclleren Kirchenlehre noch einen Gährungs- und Durchbildungsprozeß zu bestehen. In den Collegien über Symbolik hatten wir über Entstehung und Lehrinhalt der Symbole viel historisch-dogmatische Borträge angehört, aber keine Unterweisung über die Verpflichtung der Geistlichen ans dieselben erhalten. Wir jüngeren, in der biblischen Exegese mehrfach geübten Theologen und Can didaten wünschten nun zunächst, daß die Verpflichtung der Geistlichen wesent lich nur auf die heilige Schrift und das von Paulus 1. Cor. 3, 10—15. ausge sprochene Grundgesetz aller Kirchenbildung und kirchlichen Erbauung geschehe, das heißt, daß auf den persönlichen Christus gebaut und in der Kraft seines Geistes fortgebaut werden solle. Es wurde uns aber von competenten Ver tretern der Kirche dagegen eingewendet, daß die heiligen Urkunden wohl an großen Lebensbildern und ewigen Heilswahrheiten reich seien, daß aber ihre Grundsätze, Regeln und Aussprüche, in morgenländische Formen eingekleidet, nicht Zweifel und Antithesen ausschließen, welche zu Mißbrauch und Verwir rung in der Kirche veranlassen könnten, daß die Kirche ein geordnetes Lehrsystem, einen bestimmten evangelisch-apostolischen Lehrtypus nicht entbehren könne,