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31 der Gemeinschaft mit dem Herrn nothwendig seien, hat mich immer wieder vor Unlust und geistlichem Dienstmechanismus bewahrt. Die Gefahr, aus der beseligenden Kindesgemeinschaft mit seinem Herrn herauszutreten, droht dem Christenmenschen insbesondere auch, wenn bei anhal tender schwerer Krankheit brennender Schmerz über sein Gebein ausgegossen ist und das Athmen seiner Lungen schwerer aus- und eingeht; wie jg auch der Satansengel bei Hiob 2, 5. spricht: „Taste sein Gebein und Fleisch an; was gilt's, er wird dich in's Angesicht segnen! d. h. dir Lebewohl sagen, sich von dir scheiden! Der Seelsorger hat denn in Krankheitsnoth seine Gemeindeglieder, wenn sie nur irgend zugänglich sind, zu besuchen, sie im Glauben und Vertrauen zu bestärken, vor Muthlosigkeit und Verzweiflung zu bewahren; wenn dann der letzte Kampf herannaht, soll er sie zum Heimgang in die himmlische Heimath in die Hand des treuen und barmherzigen Herrn befehlen. o) So habe ich auch während meines 10jährigen Predigerlebens mannich- faltige Krankenbesuche besonders in den Häusern armer mühseliger alter Leute gehalten; ach, und ich hätte wohl noch mehr thun sollen in dieser Beziehung, als ich gethan habe! Wenn ich sie, die Leidenden und Kranken nun mit meinem geistlichen Zuspruche vor Verzagtheit, Abfall und Verzweiflung bewahrte, so erfuhr ich an dem eigenen Herzen vielfach das Wort aus Prediger Salom. 7,3. „Es ist besser in das Klaghaus gehen, denn in das Trinkhaus; denn in jenem ist das Ende aller Menschen und der Lebendige nimmt's zu Herzen!" Friede reicher bin ich zurückgekehrt, nachdem ich armen Duldern den Frieden im Herrn gebracht hatte. Auch, wenn bei schwerer Krankheit Gefahr drohte oder ich in der Zeit der Nacht gerufen wurde, was jedoch seltener geschah, habe ich mich dieser vom geist lichen Amte gebotenen Pflicht nicht weigern mögen; und wehe mir, wenn ich es gewollt hätte! Der Nachtwächter M. in unserem Städtlein, ein armer Weber, war ein treuer Vater seiner zahlreichen Kinder, von denen der älteste Sohn mit fremder Unterstützung auswärts (vor Errichtung des Trebsener Privatseminars) für den Lehrerberuf vorbereitet wurde; derselbe war aber auch ein gewissenhafter Ver walter seines Amtes, der bei sehr ungünstiger Witterung und großer Kälte seine nächtlichen Umgänge nimmer versäumte und der, Wenn seine dürftigere Kleidung ihm nicht immer ausreichenden Schutz gewährte, zu Zeiten mit einem Gewand seiner Frau überkleidet mit Wächterhorn und Waffe gerüstet die Straßen durchwanderte. Die Jahre hatten ihn nun aber gebeugt und die Beschwerden seines Amtes hatten ihm eine tödtliche Krankheit zugezogen. Zur Mitternacht des