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29 du diesen göttlichen Gnadenact auch an dem ärmsten Kinde, auch an dem un ehelich gebornen mit Ernst nnd Würde unter brünstigem Weihgebete und Für bitte, unter Mahnung zn treuer pädagogischer Fürsorge vollziehen, störendes Getümmel dabei von der heiligen Stätte fern halten, auch nicht thun, wie jener alte Landgeistliche, der, wenn die Taufzeugen nicht zur pünktlichen Zeit sich eingestellt hatten, die Taufrede mit einer Strafanrede an dieselben zu eröffnen pflegte, und das zur kirchlichen Zucht, die er halten müsse, rechnete. b) Wenn die Auslegung des göttlichen Wortes in Predigt, Katechismus- und Confirmandenunterricht den Christenglauben der Jungen und Alten zu einer bewußteren freudigen Gemeinschaft mit dem Herrn erheben soll: so wird der evangelische Geistliche, diese Aufgabe vor Augen behaltend, seine religiöse Unterweisung nicht mit trocknen Moralregeln abthun, auch nicht auf die beim Jugendunterrichte unentbehrliche Fragekunst allein den Werth legen, noch weniger mit moderner Schönrednerei „fremdes Feuer" selbstgefälliger Eigenliebe anzünden. Er wird vielmehr das erhabene Bild Christi als Aus gangs- und Zielpunktzugleichnehmen, der die vollendete Gemeinschaft mit dem Vater als Menschen- und Gottessohn zur Anschauung bringt; er wird, selbst in der Gemeinschaft Christi und seines heiligen Geistes beharrend, mit erbaulicher licht voller Ansprache, in dialogisirender Rede, mit Gebet die Seinen in solche Ge meinschaft einzuführen bestrebt sein; er wird das bezwecken, indem er zugleich die Lebensbilder der heiligen Menschen Gottes, wie sie in der Bibel auftreten, die der gottseligen evangelischen Liederdichter, die in den classischcn Kirchenliedern ihr glaubensstarkes inneres Leben bezeugen, als Vorbilder aufstellt und damit den ganzen inneren Christenmenschen mit Seele, Geist, Herz und Gemüth wachsen läßt an Dem, der das Haupt ist, Christus. (Vergl. auch Z. 7, 8, 21.) e) Die Sünde (8uncka, die Trennung) stört und löst die Gemeinschaft mit dem heiligen Gott. Auch der Christenmensch trägt noch „den alten Adam am Halse", und, so lange er mit seinen Füßen auf der Erde wandelt, bleibt er von dem Schmutz des sündigen Weltlebens nicht frei; er bedarf, wenn er schon mit aufgerichtetem Haupte zum himmlischen reineren Lichte aufschauen möchte, er bedarf der wiederholten „Fnßwaschung"; er bedarf des sonntäglichen Bußgebets mit der Absolution; er bedarf der Erneuerung und Befestigung der Bundesgemeinschaft mit dem Herrn durch Beichte und Abendmahl. Dessen eingedenk waltet der Geistliche seines Amtes als priesterlicher Liturg am Hochaltar mit feierlichem Ernste; er bereitet Alles überblickend, sorg fältig vor und beharrt Segen und Gnadengaben spendend selbst in heiliger Gemeinschaft mit dem Gnadenreichen, in dessen Auftrag er bittet und mahnt: „Lasset euch versöhnen mit Gott!" — Seine geweihte Gemüthsstimmung steht