24 Sache ergriffen, mich zuerst mit Vorsicht und Bedacht zur klaren und sicheren Erkenntniß durchzuarbeiten hatte, in Erwägung des Göthe'schen Ausspruchs: „Liegt gestern vor Dir klar und offen, So wirkst Du heute kräftig frei, Und darfst auch auf ein Morgen hoffen, Das selbst nicht minder glücklich sei!" — Dazu nöthigte mich zugleich das Amt selbst. Die Aufgabe desselben erschien mir immer so groß und das Resultat meines Wirkens befriedigte mich bei der Menge der Geschäfte und der Verschiedenheit der Personen, mit denen ich zu thun hatte, oft so wenig, daß ich von einer quälenden Unzufriedenheit mit mir selbst nicht frei wurde, so langeich sie nicht, auf bestimmte Vernunft- und schrift gemäße Principien recurrirend, bekämpfte. Ich schrieb mir solche nieder und bearbeitete sie zu einem Vortrag mit dem Thema: „Psychologische Grundsätze, die der evangelische Geistliche als Verwalter des öffentlichen Gottesdienstes zu befolgen hat", welchen ich dann im November 1833 im Predigervereine zu Grimma meinen älteren Amtsgenossen zur Prüfung vorlegte. Auf Grund späterer Erfahrungen habe ich dieselben erweitert und geläutert, und theile ich sie nun als Grundsätze meines pfarramtlichen Lebens und Wirkens in modifi- cirter Form mit. Ich habe sie als solche bezeichnet, welche theils Grund und Zweck des Amtes betreffen, theils U. die Mittel zum Zwecke. Der erste ist Hauptgrundsatz, aus dem alle andre abgeleitet werden können; der zweite weist auf die Haupt aufgabe des Amtes hin; der dritte, vierte, fünfte geben speciell Mittel zum Zwecke an, und der letzte bezeichnet die auch neuerdings wieder in Frage ge kommene Stellung des Geistlichen zum Symbol der Kirche, zur Wissenschaft und zum Zeitgeiste. ^1. Grund und Zweck betreffend. 8- 5. Erster Grundsatz. „Als evangel. Geistlicher bist du (1. Cor. 4, 1.) ein Diener Christi und ein Haushalter über Gottes Geheimnisse (geoffenbarte Heilsrathsschlüsse mit uns)!" — 1) Wie mir dieser Satz durch das Amt selbst deutlicher und ge wisser worden ist. Schon in der Einleitung zu Cap. 1 habe ich bemerkt, daß ich zu Anfang vielfach wähnte, die Stoffe zu dem, was ich der Gemeinde bieten wollte, aus mir selbst nehmen zu sollen. War mir nun gleich bei meiner Ordination und meiner Amtseinweisung wiederholt gesagt, daß ich als ein Diener Christi und