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2. Die Gemeindevorstände, ob sie schon in jener Zeit noch nicht in Form von wirklichen Kirchenvorständen verpflichtet wurden, glaubte ich als Rathgeber und Mithelfer in allerlei wichtigen Angelegenheiten des amtlichen Lebens betrachten zu dürfen, und habe bei solchem vertrauensvollen Entgegen kommen sie immer der großen Mehrzahl nach dienstwillig zur Förderung der Sachen gefunden. Vertrauen weckt Vertrauen nicht nur, sondern weckt und stärkt auch vielfach die Kräfte und Gaben Gottes, die in dem Menschen verborgen liegen, wie auf der andern Seite Mißtrauen und Mißachtung gar leicht den Menschen herabzieht und schlechter macht. — Unter diesen meinen Gemeinde- Vorständen kann ich nicht umhin, Eines Mannes insbesondre hier zu gedenken. Gottlieb Streller, eine Zeit lang Bürgermeister im Städtlein Trebsen, war in mehrfacher Hinsicht ein seltener und merkwürdiger Mann; er war's wie seiner äußeren Erscheinung, so seinem inneren Wesen, seinem ganzen Leben und Wirken nach. Sein gewaltiger Kopf, der mit Einem großen hell leuchtenden Auge (das andere war erblindet und verfallen) die Welt anschaute, saß auf einem kleineren Rumpfe mit Doppelhöcker auf Brust und Rücken, der aber mit kräftigen Gliedmaßen, Armen und Füßen, versehen war. Mit diesem arbeitete er in seinem Seilerhandwerk, so lange die Jahreszeit es gestattete, sammt seinem Burschen ausdauernd im Freien nnd war, obschon von Hans aus arm und von armen Eltern geboren, durch Sparsamkeit und haushälterisches Wesen, später durch Verheirathung mit einer äußerlich unansehnlichen, aber sehr arbeitsamen Wittwe in den Besitz einiger Wohlhabenheit, insbesondre eines brau- und schankberechtigten Hauses gekommen. Wegen seiner besonder» Geistes gaben, seines Practischen Verstandes und Urtheils, oft verbunden mit einem schneidenden Witzwort, war ihm das Bürgermeisteramt des Städtchens übertragen worden, welches zu der Zeit, da hier eine Städteordnung noch nicht eingeführt war, als ein nur gering dotirtes Ehrenamt galt. Die Quelle seiner inneren Zufriedenheit war ein christlich-religiöser Sinn, den er durch regelmäßigen Besuch der Kirche und ernstes Aufmerken auf das göttliche Wort und seine Auslegung sich bewahrte. Am 16. x. Mmit. war in der Predigt über die Sonntagsepistel (Ephes. 3, 13—21: „Ich beuge meine Kniee vor dem Vater Jesu Christi, daß er euch Kraft gebe stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen rc.") über „die Stärke des Christen am inwendigen Menschen" gehandelt worden: I. Wie sie erlangt werde durch Gemeinschaft mit Christo und seinem Geiste. II. Wie sie sich erweise 1) durch Festigkeit in christlich-religiöser Lebens- Anschauung; 2) durch selbstverleugnende Liebe und Treue; 3) durch getrosten Muth und Hoffnung, und war theils in der Einleitung, theils in der Ausfüh-