21 den und ein würdiger Träger des Amtes zu werden, das ihm zur Förderung der höchsten Interessen der Menschen übertragen ist. Ist dagegen die Gemeinde verloren im materiellen Leben und Streben und gleichgültig gegen Religion und Kirche, erfüllt sich, was dem Propheten Jesaias (6, 10.) bei seiner Berufung von Verstockung der Herzen, von dicken und tauben Ohren und blinden verschlossenen Geistesaugen vorausverkündigt wird: dann hat auch die erste Liebe und Begeisterung oft eine schwere Probe zu bestehen; sie wird matter und kälter, es verliert sich das Vertrauen zur Macht und Wir kung der evangelischen Wahrheit und zur Verwirklichung des Idealen und Gött lichen im Menschenleben. Der Geistliche wird dann leicht nur einseitiger Sittenrichter nnd Strafprediger auf seiner Kanzel, unfähig, den im menschlichen Gemüthe glimmenden Funken des Heiligen und Göttlichen zur Leuchte und Flamme anzufachen. In dieser Beziehung nun verdanke ich meiner Trebsener Gemeinde von Antritt meines Amtes i. I. 1828 an Vieles. Sie nahmen mich trotz meines jüngeren Alters als Verwalter des hochwichtigen geistlichen Amtes mit Achtung und Vertrauen auf, wie ich schon oben S. 1 fl. bemerkt; sie versammelten sich stets zahlreich an heiliger Stätte zur Anhörung der Predigt und gottesdienst lichen Erbauung; sie belebten meinen Muth und Eifer, und erwiesen sich bereit, die kirchlichen Interessen zu fördern. Mit Besorgniß und einer heiligen Scheu im Herzen, ob ich auch meiner Stellung genügen und den Erwartungen und höheren Bedürfnissen der zahlreich versammelten Menge entsprechen werde, bin ich dann immer in's Gotteshaus gegangen und auf die Kanzel gestiegen. Wenn und wo ich aber einen segensreichen Erfolg in der Gemeinde gewahrte, wurde ich zugleich mit Paulus nach Röm. 1, 12. inne, daß derselbe meinem eigenen inneren Leben zu einer Kräftigung und Förderung gereichte. Diese günstige und mir selbst förderliche Stellung verdanke ich, wie schon oben bemerkt, allererst mit dem Kirchenpatron und dem Geiste, der von ihm und den Seinen ausging. Es wirkten dazu mit die Lehrer, die in der Schule der Kirche vorarbeiteten, den Kirchengesang hoben, auch zeitweilig neben den vielfachen Amtsgeschäften, die in dem Filiale vorkamen, mich unterstützen mußten. Ich habe mit denselben immer nicht nur ein gesetzlich-amtliches, son dern auch ein collegialisch freundschaftliches Verhältniß bewahrt und ihr Interesse für Kirche und kirchliches Leben mit wach erhalten (vergl. ß. 19). Daneben habe ich die stille einflußreiche Wirksamkeit treubesorgter Hausfrauen nnd Mütter für Schule und Kirche mir immer gegenwärtig gehalten und habe bei meinen Hausbesuchen diese ihre erziehende Mitsorge bezüglich der Kinder und übrigen Hausgenossen vertrauensvoll in Anspruch genommen (vergl. Z. 13). —